Verwaltungsrecht

Erfolglose Anhörungsrüge bei Ablehung eines Beweisantrags

Aktenzeichen  20 ZB 17.31672

Datum:
21.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 139209
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 101 Abs. 2, § 138

 

Leitsatz

1. Keine Gehörsverletzung, da kein Anspruch auf Vorabverbescheidung eines Beweisantrags in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren nach § 101 Abs. 2 VwGO besteht, wenn der Beweisantrag vor oder gleichzeitig mit der Erklärung des Verzichts auf mündliche Verhandlung gestellt wurde. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer PTBS ist es wegen der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome der fraglichen Erkrankung in vergleichbarer Weise zu rechtfertigten, gewisse Mindestanforderungen an (fach-) ärztliche Atteste zu stellen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

20 ZB 16.30113 2017-10-23 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Anhörungsrüge (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 VwGO) ist nicht begründet. Die Ablehnung der Berufungszulassung durch den angefochtenen Beschluss vom 23. Oktober 2017 verletzt nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO).
Der Kläger stützt seine Anhörungsrüge darauf, dass die in seinem Antrag auf Berufungszulassung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. April 2016 bezeichneten Verfahrensmängel im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 VwGO vorlägen. Diese Mängel liegen jedoch nicht vor.
1. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger nicht durch eine fehlerhafte Ablehnung des Beweisantrags vom 7. April 2016 das rechtliche Gehör versagt.
a) Soweit der Senat in seinem oben genannten Beschluss ausgeführt hat, der Kläger habe mit dem vor seiner Verzichtserklärung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO gestellten Antrag schon keinen formellen Beweisantrag gestellt, bezogen sich diese Ausführungen auf die Pflicht zur Vorabentscheidung nach § 86 Abs. 2 VwGO. Wie das Bundesverwaltungsgericht in den im angefochtenen Beschluss genannten Entscheidungen ausgeführt hat, besteht kein Anspruch auf Vorabverbescheidung eines Beweisantrags in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren nach § 101 Abs. 2 VwGO, wenn der Beweisantrag vor oder gleichzeitig mit der Erklärung des Verzichts auf mündliche Verhandlung gestellt wurde. Das Verwaltungsgericht durfte somit über den Beweisantrag im Urteil entscheiden und war nicht zu einer Vorabentscheidung verpflichtet, weshalb unter diesem Aspekt keine Gehörsverletzung vorliegt (vgl. Dawin in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 86 Rn. 126 ff.).
b) Die Ablehnung eines Beweisantrags verletzt des Weiteren den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn sie von einer Begründung getragen wird, die im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st.Rspr., z.B. BVerfG, B.v. 30.1.1985 – 1 BvR 393/84 – NJW 1986, 833, juris; BVerwG, B.v. 17.6.2013 – 10 B 8.13 – juris Rn. 8). Gemessen daran liegt hier keine Gehörsverletzung vor. Das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung der beantragten Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht für die Substantiierung einer PTBS-Erkrankung aufgestellten Grundsätze auf inhaltliche Mängel der vorgelegten ärztlichen Atteste gestützt (S. 12/13 des Urteilsabdrucks). Dem gegenüber macht der Kläger geltend, dass diese Anforderungen auf die Substantiierung der von ihm – neben einer PTBS – außerdem geltend gemachten anderen psychischen Erkrankungen (Panikstörung, soziale Phobie, Schlafstörungen) nicht übertragen werden dürften, weshalb das Verwaltungsgericht die Substantiierungsanforderungen überspanne. Zwar wird diese Rechtsauffassung in der Rechtsprechung vertreten (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2016 – 13a ZB 15.30248 – juris Rn. 5; B.v. 26.8.2014 – 13a ZB 14.30219 – juris Rn. 5). Dem gegenüber wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung aber auch die Auffassung vertreten, dass die genannten Substantiierungsanforderungen auf andere psychische Erkrankungen zu übertragen seien, wenn – wie bei einer PTBS – die Unschärfe des Krankheitsbildes sowie die vielfältigen Symptome der fraglichen Erkrankung es in vergleichbarer Weise rechtfertigten, gewisse Mindestanforderungen an (fach-)ärztliche Atteste zu stellen (OVG NRW, B.v. 21.3.2017 – 19 A 2461/14.A – juris m.w.N.). Indem das Verwaltungsgericht die Anforderungen an die Substantiierung einer PTBS auf die anderen geltend gemachten psychischen Erkrankungen des Klägers übertragen hat, hat es sich daher im Rahmen der zur Frage der Substantiierung vertretenen Rechtsauffassungen bewegt. Von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus gesehen, auf den es hier allein ankommt (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2016 – 9 BN 3.16 – NVwZ-RR 2017, 1037), war damit die Ablehnung der begehrten Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht nicht verfahrensfehlerhaft.
2. Die weiteren, zur Darlegung des behaupteten Gehörsverstoßes vorgetragenen Gründe decken sich im Wesentlichen mit den Ausführungen des Klägers im Berufungszulassungsantrag. Damit hat sich der Senat bereits in dem angefochtenen Beschluss auseinander gesetzt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch den Senat ist insoweit daher nicht dargelegt, so dass sich ein erneutes Eingehen darauf erübrigt.
Die Kosten der erfolglosen Anhörungsrüge sind gemäß § 154 Abs. 1 VwGO dem Kläger aufzuerlegen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen