Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage äthiopischer Staatsangehöriger

Aktenzeichen  B 7 K 17.31995

Datum:
8.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30699
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Personen, die der Volksgruppe der Oromo angehören, droht in Äthiopien keine Gruppenverfolgung wegen dieser Volkszugehörigkeit.  (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Bescheid vom 10.04.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch auf Zuerkennung internationalen Schutzes. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden.
I.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen (§ 3c Abs. 1 Nr. 2 AsylG) oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft muss sich das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss, ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 – juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris).
Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (EU-Qualifikations-RL) ist hierbei die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von einer solchen Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht schließt sich zunächst den zutreffenden Gründen im angefochtenen Bescheid der Beklagten an und sieht daher insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zum gerichtlichen Verfahren des Klägers Folgendes auszuführen:
1. Dem Kläger droht wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo in Äthiopien keine Gruppenverfolgung im Rechtssinne, wobei nach § 77 Abs. 1 AsylG auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist. Grundsätzlich kann sich die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer zwar nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden Gruppen gerichteten Verfolgung setzt dabei voraus, dass eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr einer Betroffenheit besteht. Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, wenn also auch keine in zumutbarer Weise erreichbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht (vgl. VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris m.w.N.).
Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. In Äthiopien ist eine für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen nicht zu erkennen (vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.3..2018).
2. Auch aus dem individuellen Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm ein Anspruch auf Zuerkennung der geltend gemachten Rechtspositionen zustehen würde. Der Kläger hat insoweit vor dem Bundesamt lediglich eine fragmentarische Rahmengeschichte geschildert, die nicht den Eindruck erweckt, als dass es sich hierbei um tatsächliche Erlebnisse des Klägers handeln würde. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf die erkennende Einzelrichterin beim Vortrag seines Verfolgungsschicksals nicht den Eindruck gemacht, dass seine knappen Schilderungen über die Demonstration und anschließende Fahndung erlebnisbasiert gewesen sind. Der Vortrag ist vielmehr an mehreren, maßgeblichen Stellen vage und steht teilweise im Widerspruch zu den klägerischen Äußerungen beim Bundesamt.
a) Allgemein ist festzustellen, dass es dem Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. An den entscheidenden Punkten musste das Gericht mehrmals nachfragen. Die Antworten kamen – außerhalb des vom Kläger offensichtlich auswendig Einstudierten – nur äußerst zögerlich und regelmäßig nur auf (teils wiederholte) Nachfrage des Gerichts.
b) Vage, detailarm und daher im Ergebnis unglaubwürdig blieben insbesondere die Ausführungen des Klägers im Zusammenhang mit der Demonstration anlässlich derer er ausgereist sein will. Auch auf Nachfrage hin konnte er sich nicht mehr an deren Zeitpunkt erinnern. Er erklärte dies in der mündlichen Verhandlung damit, in Deutschland nur zu essen und zu schlafen, gestresst zu sein und daher keine Möglichkeit zu haben, sich zu erinnern (vgl. S. 3 der Niederschrift). Das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger, hätte er tatsächlich an einer Demonstration teilgenommen, aufgrund derer er anschließend geflüchtet ist, zumindest an den Zeitpunkt und einige Details sofort erinnern könnte, da es sich schließlich – nach den Angaben des Klägers – um das für ihn persönlich fluchtauslösende Ereignis handelt.
c) Der Kläger konnte überdies auch (auf Nachfrage) keinerlei Angaben dazu machen, in welchem Zeitraum er sich in Äthiopien politisch engagiert hat (vgl. S. 5 der Niederschrift) und wie lange seine Mutter für die Organisation seiner Ausreise benötigte (vgl. S. 3 der Niederschrift), was ebenfalls nicht gerade zur Glaubwürdigkeit des Klägers beiträgt. Vielmehr geht die erkennende Einzelrichterin deshalb davon aus, dass sich der Kläger, da er nicht mehr genau wusste, was er bei der Anhörung des Bundesamtes diesbezüglich angegeben hatte, in der mündlichen Verhandlung bewusst nicht äußerte, um Widersprüche zu vermeiden. Die pauschale Erklärung des Klägers der Erinnerungslücken durch Stress überzeugt das Gericht nicht.
d) Grob widersprüchlich sind die Angaben des Klägers dazu, wie und wo er davon erfahren hat, polizeilich gesucht zu werden. Beim Bundesamt gab er dazu an, er sei nach Hause gekommen und dann habe seine Mutter ihm dort davon erzählt (vgl. S. 5 der Anhörungsniederschrift). Dem Gericht erklärte er in der mündlichen Verhandlung zunächst hingegen, seine Mutter habe jemanden zu ihm geschickt, der ihm von der Suche der Polizei berichtet habe, zu diesem Zeitpunkt sei er nicht zuhause gewesen (vgl. S. 4 der Niederschrift). Auf den Widerspruch angesprochen, gelang es dem Kläger nicht, diesen überzeugend aufzulösen. Nachdem das Gericht den Kläger im Laufe der mündlichen Verhandlung nochmals auf diese Thematik ansprach, erklärte der Kläger plötzlich, es sei ein Brief nach Hause geschickt worden, aus welchem sich ergebe, dass er von der Polizei gesucht werde. Gesehen habe er den Brief nie. Auf den gerichtlichen Vorhalt hin, woher er wisse, dass es diesen Brief gebe, wenn er ihn nie gesehen habe und warum er beim Bundesamt nichts davon erzählt habe, vermochte der Kläger keine überzeugende Antwort zu geben (vgl. S. 5 der Niederschrift). Er berief sich vielmehr auf gerichtsbekannte Ausflüchte, nämlich auf Probleme mit dem Sprachmittler bei der Anhörung beim Bundesamt (vgl. S. 6 der Niederschrift). Auf weiteren Vorhalt, warum die Fehlerhaftigkeit des Protokolls bei der Rückübersetzung nicht moniert worden sei, konnte der Kläger ebenfalls keine Erklärung abzugeben. Es wäre zu erwarten – falls es tatsächlich Unrichtigkeit im Protokoll geben sollte – dass der Asylbewerber zeitnah auf solche Unstimmigkeiten hinweist und nicht erst auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung. Weder im Rahmen der Frist des § 74 Abs. 2 AsylG, noch im Rahmen der vom Gericht mit der Ladung gesetzten Frist nach § 87b Abs. 3 VwGO wurden Fehler bei der Anhörung beim Bundesamt gerügt.
d) Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass der Kläger eine Fluchtgeschichte referiert hat, die er so jedenfalls nicht selbst erlebt hat, sondern die er sich zurechtgelegt hat, um seine Chancen im Asylverfahren zu verbessern. Eine individuelle Vorverfolgung im Heimatland des Klägers im Sinne des Asyl- und Flüchtlingsrechts wurde damit nicht glaubhaft gemacht.
II.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach § 16a Abs. 1 GG. Es fehlt schon offensichtlich an den inhaltlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter i.S.d. § 16 a Abs. 1 GG. Auf die vorstehenden Ausführungen zum Flüchtlingsschutz wird verwiesen.
III.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.
1. Es gibt – insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz – keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465.7 – juris).
Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 – AN 3 K 16.30505 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris).
IV.
Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
1. Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Der Kläger hat zudem die Schule in Äthiopien besucht. Er ist auf sämtliche Hilfstätigkeiten zur Sicherung seines Existenzminimums zu verweisen. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland sein Existenzminimum nicht sichern könnte. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch fragwürdig, dass der Kläger angibt, zu niemandem in Äthiopien mehr Kontakt zu haben. In Zeiten des Internets und Smartphones erscheint es dem Gericht absolut unglaubwürdig, dass der Kläger – selbst wenn er sämtliche Telefonnummern verloren hätte – nicht von Möglichkeiten wie Facebook Gebrauch macht, um weiterhin mit seiner Familie in Kontakt zu bleiben bzw. Kontakt aufzunehmen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger über familiären Rückhalt in Äthiopien verfügt, sodass bei einer Rückkehr in Notsituationen von einer Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes auszugehen ist. Nach den allgemein bekannten familiären und gesellschaftlichen Strukturen ist in Äthiopien vom Vorhandensein gegenseitiger Hilfe durch Familie, Großfamilie, Clan oder andere sich unterstützende Netzwerke auszugehen. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.
2. Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte diesbezüglich sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
V.
Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung (Äthiopien) im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling bzw. Asylberechtigter anzuerkennen, noch steht ihm ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes oder auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu. Er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).
VI.
Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, nicht ersichtlich.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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