Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage eines kasachischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  AN 4 K 17.31187

Datum:
6.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2382
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4, § 77 Abs. 2
AufentG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Eine religiös motivierte staatliche Verfolgung der Zeugen Jehovas in Kasachstan ist nicht zu befürchten. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Asylanerkennung, auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf die Zuerkennung von subsidiärem Schutz (§ 4 AsylG) oder auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 und Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, denen sich das Gericht anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylG). Hierzu ist gerichtlicherseits, mit Blick auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG), folgendes zu ergänzen:
1. Das Gericht verkennt nicht, dass die Lage für die Zeugen J1. in Russland sich anders darstellt als in Kasachstan.
Für den Kläger als kasachischen Staatsangehörigen ist die Rückkehr in sein Heimatland jedoch zumutbar. Eine asylverfahrensrelevante Bedrohung liegt unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrags des Klägers nicht vor. Eine relevante individuelle Bedrohung ist aus ihm schon nicht erkennbar. Hinweise auf eine religiös motivierte staatliche Verfolgung der Zeugen J1. sind vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen nicht zu befürchten.
a) Der klägerseitig angeführte Bericht auf www.j…org vom 5. Juli 2017 steht im Zusammenhang mit den regelmäßigen Inspektionen von religiösen Einrichtungen durch das kasachische Ministerium für religiöse und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten. Dabei wird die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen gemäß dem Terrorismusbekämpfungsgesetz überprüft. Diese Inspektionen werden von mehreren religiösen Gemeinschaften als Belästigung empfunden.
Unter Berücksichtigung der Auskunftslage, insbesondere des U.S. Department of State sowie der U.S. Commission on International Religious Freedom geht das Gericht nicht von einer asylverfahrensrelevanten Bedrohungslage aus. Die staatlichen Maßnahmen erreichen nicht die relevante Schwelle der beachtlichen Gefahr einer Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG oder eines ernsthaften Schadens i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG. Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklung der administrativen Einstufung der Zeugen J1. Bezogen auf das Jahr 2018 wurde von einer verbesserten Atmosphäre für Zeugen J1. in Kasachstan berichtet. Die Religionsgemeinschaft blieb legal und Gemeinden konnten sich offiziell registrieren (U.S. Commission on International Religious Freedom, 2019 Annual Report, Country Reports, Tier 2, Kazakhstan, April 2019). Individuelle Zeugen J1. konnten insbesondere erfolgreich staatlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
Am 8. Februar wurden gegen drei Zeugen J1. in …, … …,… und … wegen illegaler Missionstätigkeit Bußgelder von jeweils 168.350 KZT (ca. 450 USD) verhängt. Am 13. Februar wurde gegen eine Zeugin J2. in …, … …, ein Bußgeld von 85.000 KZT (ca. 230 USD) verhängt, weil sie religiöse Versammlungen in ihrem Haus abhielt und sich die Nachbarn über ihre beharrlichen Missionierungsversuche beklagten (U.S. Department of State, International Religious Freedom Report Kazakhstan 2018, S. 11). Am 10. Juli ordnete das Verwaltungsgericht Kokshetau infolge einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs an, das im Jahr 2013 gegen den Zeugen J2. … wegen illegaler Missionstätigkeit verhängte Bußgeld von 173.100 KZT (ca. 460 USD) zurückzuerstatten. Vier seit 2017 ergangene Urteile des Obersten Gerichtshofs hoben untergerichtliche Entscheidungen auf und bestätigten das Recht der Zeugen J1., ihre Religion frei auszuüben, einschließlich des Rechts, Proselytismus zu betreiben (U.S. Department of State, a.a.O. S. 13).
b) Der klägerseitig angeführte Bericht auf www.e…de vom 7. Februar 2017 betraf die Verhaftung von zwei Zeugen J1., … und …, in … im Januar 2017 wegen Anstiftung zu religiöser Zwietracht. Diese trafen sich mit einer Gruppe junger Männer, die geheime Informanten der Polizei waren, sich aber als Studenten ausgegeben hatten und an Diskussionen über ihren Glauben teilnahmen. Die Gespräche wurden heimlich aufgezeichnet und später als Beweismittel gegen sie verwendet. … erhielt fünf Jahre Freiheitsbeschränkung. Der 60-jährige … wurde zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und ihm wurde jede Form von religiöser Predigt verboten (U.S. Department of State, International Religious Freedom Report Kazakhstan 2017, S. 9; U.S. Commission on International Religious Freedom, 2018 Annual Report, Country Reports, Tier 2, Kazakhstan, April 2018). In der Folge forderte die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierung mehrmals die sofortige Freilassung von …, damit er wegen seiner Krebserkrankung stationär behandelt werden konnte. … wurde am 4. April 2018 infolge einer umfassenden Begnadigung durch den Präsidenten freigelassen (U.S. Commission on International Religious Freedom, 2019 Annual Report, Country Reports, Tier 2, Kazakhstan, April 2019; U.S. Department of State, International Religious Freedom Report Kazakhstan 2018, S. 13).
Dem Gericht sind keine Berichte bekannt, denen zufolge es in Kasachstan in der Vergangenheit oder in der Folgezeit zur Verhängung einer Freiheitsstrafe oder Freiheitsbeschränkung gegen weitere Zeugen J1. gekommen ist. Aktuell sind nach eigenen Angaben der Religionsgemeinschaft keine Zeugen J1. in kasachischer Haft (www.j…org/de/a…/, abgerufen am 3. November 2019).
2. Damit war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 83 b AsylG, 154 Abs. 1 VwGO.


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