Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage ukrainischer Staatsangehöriger

Aktenzeichen  RO 9 K 17.30823

Datum:
15.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 136711
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG § 3, § 4

 

Leitsatz

Anders als bei Separatisten ist davon auszugehen, dass Nationalisten auch in Kiew auf Personen zugreifen würden, auf die sie ihr Augenmerk gerichtet haben und deren sie habhaft werden wollten. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Diese haben keinen Anspruch auf einen Schutzstatus im beantragten Umfang (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Gericht folgt den Feststellungen und Gründen des angefochtenen Bescheids und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Richtigstellungen des Klägers zu 1) zu bestimmten Annahmen in den Gründen des angefochtenen Bescheids führen nicht dazu, dass das Vorbringen des Klägers zu 1) auch nur in Teilen als glaubhaft angesehen werden könnte. Für diese Annahme ist vor allem der Umstand entscheidend, dass der Kläger zu 1) trotz der angeblichen Geldforderung in Höhe von 40.000 US-Dollar, die die Klägerin nur in Höhe von 20.000 US-Dollar erfüllt haben will, im September 2014 der Klägerin, die mit dem Kläger zu 3) bereits um den 9. Juli 2014 L* … Richtung Kiew verlassen haben will, dorthin nachfolgen habe können, obwohl er von den Nationalisten nur mit der Auflage freigelassen worden sein soll, dass die Klägerin in den nächsten zwei Wochen die restlichen 20.000 US-Dollar bezahlt. Hätte diese Erpressung tatsächlich stattgefunden, hätten beide Kläger, die Ernsthaftigkeit der Drohung, ihn zu finden, wenn er nicht den Rest des Geldes bezahle, nicht problemlos nach Kiew reisen können. Nach dem die Erpressung nach der Schilderung des Klägers zu 1) im Juni 2014 erfolgt sein soll, wären vor der Abreise der Klägerin nach Kiew die zwei Wochen auch bereits abgelaufen gewesen, sodass eine entsprechende Reaktion der Nationalisten vorher hätte erfolgen müssen. Eine solche ist aber unterblieben, sogar bis zur Abreise des Klägers zu 1) nach Kiew im September 2014. Die Klägerin hat trotz dieser angeblichen Bedrohungssituation bereits im Zeitraum 15. bis 25. Juli 2014 mit dem Kläger zu 3) mit Schengen-Visa eine Urlaubsreise nach Teneriffa unternommen. Das weitere Verhalten der Kläger, nämlich im September 2014 eine Urlaubsreise nach Ägypten anzutreten und anschließend nach Kiew zurückzukehren, spricht ebenfalls sehr eindeutig gegen den Wahrheitsgehalt der angeblich gegen die Kläger erhobenen Geldforderung, die zur Hälfte beglichen worden sein soll. Anders als bei Separatisten ist davon auszugehen, dass Nationalisten auch in Kiew auf Personen zugreifen würden, auf die sie ihr Augenmerk gerichtet haben und deren sie habhaft werden wollten. Die Kläger hätten – auch im Falle einer Wahrunterstellung ihres Vorbringens – nicht davon ausgehen können, gefahrlos keiner weiteren Verfolgung durch Nationalisten ausgesetzt zu sein. Der Umstand, dass der Kläger zu 1) ohne plausible Angabe von Gründen im Anschluss an den Ägyptenurlaub mit der Klägerin nicht nur nach Kiew, sondern sogar in die Konfliktregion um L* …, nämlich in das Heimatdorf seiner Eltern, zurückgekehrt sein will, lässt das gesamte Vorbringen des Klägers zu 1) noch abwegiger erscheinen. Das Dorf soll Ende Januar 2015 beschossen worden sein und die Klägerin unternahm mit dem Kläger zu 3) im Zeitraum 30. Dezember 2014 bis 8. Januar 2015 ebenfalls mit Schengen-Visa einen Italienurlaub. Hieran lässt sich deutlich erkennen, dass das durch entsprechende Einträge in den Reisepässen belegte Freizeitverhalten der Kläger mit der angeblichen Bedrohungssituation in der Krisenregion um L* … kontrastiert. Die Klägerin hat bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, immer wieder durch Anrufe bedroht und nach dem Kläger zu 1) gefragt worden zu sein. Sie hat in diesem Zusammenhang sogar die Militärpolizei ins Spiel gebracht. Die Situation in der Krisenregion war auch bereits vor dem angeblichen Beschuss des elterlichen Dorfes Ende Januar 2015 gefährlich bzw. lebensbedrohlich, sodass es nicht nachvollziehbar erscheint, dass die Klägerin mit dem Kläger zu 3) noch eine Urlaubsreise nach Italien unternimmt. Warum der Kläger zu 1) sich so lange Zeit nach dem Ägyptenurlaub noch in der Krisenregion ohne erkennbaren Grund aufgehalten haben will, erschließt sich nicht und ist mit der Lebenswirklichkeit nicht in Einklang zu bringen. Der Erklärungsversuch des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung, wonach davon auszugehen gewesen sei, dass der Konflikt in spätestens zwei Monaten erledigt sei, hatte sich bereits im September 2014, als der Kläger zu 1) nach dem Ägyptenurlaub mit der Familie wieder nach Kiew zurückkehrte, bereits durch Zeitablauf erledigt. Das vom Kläger zu 1) geschilderte Fluchtszenario aus der Gefangenschaft des ukrainischen Militärs, nach dem er angeblich als Separatist ausgemacht worden sei, bedarf vor diesem Hintergrund keines weiteren Eingehens. Die vorstehend geäußerten massiven Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens erfassen auch diesen Teil der Verfolgungsgeschichte. Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, dass die Kläger wiederum mit Schengen-Visa die Ukraine verlassen konnten. Der vom Kläger zu 1) am Ende der mündlichen Verhandlung unternommene Versuch zu erklären, warum diese letzte Ausreise problemlos erfolgen konnte, ist unbehelflich und gibt einen weiteren deutlichen Hinweis auf den fehlenden Wahrheitsgehalt des gesamten Vorbringens der Kläger. Das gesteigerte Vorbringen des Klägers zu 1) zu einem behaupteten Eintrag seiner Person in einer angeblichen Datenbank ist zudem völlig substantiiert. Vor diesem Hintergrund war den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Beweisanregungen des Klägervertreters nicht zu folgen. Diese erscheinen wegen dem fehlenden Bezug zum Vorbringen der Kläger aber auch mangels hinreichender Substantiierung unbehelflich und kommen einer Beweiserhebung „ins Blaue“ gleich.
Das mit Schriftsatz vom 8. Mai 2017 vorgelegte fachärztliche Attest vom 26. April 2017 kann für die Klägerin Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen. Abgesehen davon, dass das Attest nicht den Anforderungen des § 60 a Absatz 2c und 2d AufenthG entspricht, geht daraus nicht hervor, dass für die Klägerin eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung im Raum steht, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG).
Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 b AsylG).
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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