Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage gegen Abschiebungsandrohung mangels Rechtsverletzung

Aktenzeichen  M 2 K 15.31369

Datum:
17.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG AsylG § 34

 

Leitsatz

1 Wiedersprüchliches und sich steigerndes Vorbringen führen zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit von Schilderungen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Körperliche Misshandlungen durch Familienangehörige führen nicht zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 AufenthG. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage wird dahingehend verstanden, dass auch die in Ziff. 3 des Bescheids ausgesprochene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung aufgehoben werden soll.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 13. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Annahme des BAMF, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Albaniens nicht vorliegen, ist nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Verneinung dieser Abschiebungsverbote im Hinblick auf die humanitären, sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen in Albanien, bestehen seitens des Gerichts keine Bedenken. Insoweit wird zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Würdigung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Bescheid des BAMF verwiesen.
Der Kläger hat sich zur Begründung seines Antrags und seiner Klage sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch gegenüber dem Gericht ausschließlich auf eine Bedrohung durch seinen Vater berufen. Dieses Vorbringen rechtfertigt indes nicht, von einer Gefährdung des Klägers im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG auszugehen. Es bestehen bereits Zweifel, ob der Vater des Klägers tatsächlich so massiv gegen den Kläger vorgegangen ist, wie erst mit Schriftsatz vom 11. November 2015 und in der mündlichen Verhandlung behauptet wurde. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt hatte der Kläger als Grund für seine Ausreise aus Albanien zunächst nur angegeben, er wolle eine Schule besuchen, und erst im weiteren Verlauf berichtet, er sei häufig geschlagen worden. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er sei jeden Abend und jede Nacht von seinem Vater geschlagen worden, stellt dies eine erhebliche Steigerung seines Vorbringens dar, die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Schilderung weckt. Ähnliches gilt für die Angaben zur Verhinderung des Schulbesuchs. Bei seiner Anhörung hatte der Kläger noch angegeben, er sei manchmal nur zwei oder drei Tage zur Schule gegangen, während er in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, er habe seit seinem 13. Lebensjahr nicht mehr zur Schule gehen dürfen. Letztlich kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Angaben des Klägers, von seinem Vater am Schulbesuch gehindert, zur Arbeit mit seiner Mutter gezwungen und heftig geschlagen worden zu sein, voll zutreffend sind. Denn selbst wenn diese Angaben nicht übertrieben oder gar falsch sind, erfüllt das behauptete Verhalten des Vaters, auch wenn es in Deutschland unzulässig wäre, nicht die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Die Angaben des Klägers lassen nicht den Schluss zu, dass er von seinem Vater einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen, in Leibeigenschaft gehalten oder zur Verrichtung von Zwangs- oder Pflichtarbeit gezwungen wird (§ 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3, 4 MRK) oder für ihn in Albanien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) und kein Schutz vom Staat oder von Privaten, insbesondere von Verwandten, gewährt wird. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eingeräumt, dass er sich überhaupt nicht an die Polizei gewendet hat. Es war und ist dem Kläger auch zuzumuten, diesen zur Verfügung stehenden Schutz durch den albanischen Staat auch in Anspruch zu nehmen. In Albanien wurde 2010 das Gesetz zum Schutz der Kinder verabschiedet, das neue institutionelle Strukturen etabliert. Es wurden Kinderschutz-Center gegründet, Informations- und Aufklärungskampagnen organisiert sowie Gesetzesvorschläge für ein umfassendes Minderjährigen-Schutzgesetz gemacht. Zudem haben die Regierung und etliche Nichtregierungsorganisationen rund um die Uhr geschaltete kostenfreie Notrufnummern für Opfer häuslicher Gewalt eingerichtet (Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 10. Juni 2015, S.9).
Da dem Kläger kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zusteht, ist auch die gemäß § 34 AsylG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.


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