Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage, Luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit, Einmaliges Versenden eines Briefes (Reichsbürger)

Aktenzeichen  M 24 K 19.4362

Datum:
4.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25087
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LuftSiG § 7
LuftSiZÜV § 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.
1. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). Auch konnte vorliegend der Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden, weil die Beteiligten auch hiermit ihr Einverständnis erklärt haben (§ 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO).
2. Die Klage ist zulässig. Die fristgerecht erhobene (§ 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 VwGO) Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft, da der Kläger nach Verweigerung der beantragten Feststellung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit durch das Luftamt nunmehr den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG begehrt. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.
3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist unter Berücksichtigung des einschlägigen materiellen Rechts der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da Streitgegenstand der Anspruch des Klägers auf Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit ist.
3.1. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Feststellung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit ist § 7 LuftSiG. Der Kläger unterliegt als Berufshubschrauberführer der Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 Abs. 1 LuftSiG. Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit im Sinne dieser Vorschrift werden in § 7 Abs. 1a LuftSiG und § 5 Abs. 1 Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftSiZÜV) konkretisiert.
Gemäß § 7 Abs. 1a LuftSiG bewertet die Luftsicherheitsbehörde die Zuverlässigkeit auf Grund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls. Zuverlässig im Sinne des § 7 Abs. 1 LuftSiG ist nur derjenige, der Gewähr dafür bietet, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Der Betroffene muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen, selbst bei dem Inaussichtstellen von Vorteilen oder bei der Androhung von Nachteilen die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs zu wahren und die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffe jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (§ 7 Abs. 3 Satz 2 LuftSiG), obliegt es dem Kläger, etwaige Zweifel in Bezug auf seine Zuverlässigkeit auszuräumen. Verbleibende Zweifel gehen dabei zu Lasten des Klägers. Wegen des gerade beim Luftverkehr hohen Gefährdungspotenzials und der Hochrangigkeit der zu schützenden Rechtsgüter sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Zuverlässigkeit ist gemäß § 5 Abs. 1 LuftSiZÜV bereits dann zu verneinen, wenn geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit verbleiben (vgl. auch § 7 Abs. 6 LuftSiG; BVerwG U.v. 15.7.2004 – 3 C 33/03 – BVerwGE 121, 257, Leitsatz 2, juris). Es ist also nicht erforderlich, explizit eine Unzuverlässigkeit festzustellen, vielmehr genügen bloße Zweifel an der Zuverlässigkeit, um eine solche nicht (mehr) festzustellen.
Der Begriff der persönlichen Zuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der zwar der Konkretisierung bedarf, sich indes anhand gängiger juristischer Auslegungsmethoden unter Einbeziehung insbesondere der Zielsetzung des Gesetzes und einschlägiger Rechtsprechung zum Begriff der Zuverlässigkeit in anderen ordentlichen Zusammenhängen hinreichend präzisieren lässt. Die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit kann bereits dann nicht festgestellt werden, wenn ausreichend begründete Anknüpfungspunkte vorhanden sind, die auf einen charakterlichen Mangel oder sonstige Schwäche der Persönlichkeit hinweisen, die ihrerseits gefährdend auf die Belange der Luftsicherheit auswirken können. (BayVGH, B.v. 10.8.2010 – 8 CW 10.1566 – BeckRS 2010, 51883, Rn. 18).
Die Entscheidung der Sicherheitsbehörde über die Zuverlässigkeit der überprüften Personen unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle. Der Behörde steht kein Beurteilungsspielraum zu (Meyer in Grabherr/Reidt/Whysk, Luftverkehrsgesetz Kommentar, Stand Januar 2019, LuftSiG § 7 Rn. 81; BVerwG, U.v. 15.7.2004 – 3 C 33/03 – juris Rn. 16).
3.2. Dies zu Grunde gelegt, hat der Beklagte die Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 LuftSiG zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner persönlichen Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG, weil die erforderliche Gesamtwürdigung des Einzelfalles zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ergibt, dass Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers verbleiben, die nach der gesetzlichen Konzeption zur Versagung der begehrten Feststellung der Zuverlässigkeit führen müssen. Seine Einschätzung stützt das Luftamt zutreffend darauf, dass eine Zugehörigkeit des Klägers zur Reichsbürgerszene nicht ausgeschlossen werden kann und daher Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen, die der Kläger nicht ausräumen konnte.
3.2.1. Im vorliegenden Fall sind Regeltatbestände im Sinne von § 7 Abs. 1a Satz 2 LuftSiG, bei denen es regelmäßig an der erforderlichen Zuverlässigkeit des Betroffenen fehlt, nicht einschlägig.
In § 7 Abs. 1a Satz 2 LuftSiG hat der Gesetzgeber Regeltatbestände geschaffen, um eine Orientierung für die Konkretisierung des Begriffs der Unzuverlässigkeit zu schaffen. Dabei handelt es sich ausweislich der Gesetzesbegründung um typisierte Fallgruppen, die keinesfalls abschließenden oder ausschließenden Charakter besitzen. Der Katalog orientiert sich dabei inhaltlich an § 18 Abs. 2 der Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV) sowie an § 5 Waffengesetz (WaffG) und trägt der besonderen Gefährdung des Luftverkehrs durch mögliche Innentäter Rechnung (BT-Drs. 18/9752 S. 53).
Gemäß § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 LuftSiG fehlt es dabei in der Regel an der erforderlichen Zuverlässigkeit, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die betroffene Person Bestrebungen nach § 3 Absatz 1 Bundesverfassungsschutzgesetz verfolgt oder unterstützt oder in den letzten zehn Jahren verfolgt oder unterstützt hat. Dieser Regeltatbestand ist im Fall des Klägers nicht erfüllt, weil entsprechende Erkenntnisse nicht vorliegen. Das LfV hat in seiner Stellungnahme gegenüber dem Luftamt ausdrücklich erklärt, dass keine eigenen Erkenntnisse zum Kläger vorliegen, dieser aber das fragliche Schreiben vom … Juli 2016 an den Direktor des Amtsgerichts … gerichtet habe. Weitere Erkenntnisse im Sinne des Regelbeispiels sind, worauf der Kläger zutreffend hinweist, zu keinem Zeitpunkt an das Luftamt herangetragen oder sonst bekannt geworden.
3.2.2. Zu Recht ist der Beklagte aber davon ausgegangen, dass infolge des in klarer Reichsbürgerdiktion abgefassten Schreibens des Klägers an den Direktor des Amtsgerichts … vom Juli 2016 sonstige Erkenntnisse vorliegen, aus denen sich im Rahmen der Gesamtwürdigung des Einzelfalles Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers ergeben und zwar in Form eines Sachverhaltes, aus dem sich Zweifel am Bekenntnis des Klägers zur freiheitlich demokratischen Grundordnung ergeben (§ 7 Abs. 1a Satz 4 Nr. 3 LuftSiG).
3.2.2.1. Personen, die ihren Äußerungen nach erkennbar die Existenz und staatliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland und ihrer geltenden Rechtsordnung ablehnen und ignorieren, bieten keine hinreichende Gewähr dafür, dass sie bereit sind, auch in luftverkehrsrechtlichen Zusammenhängen jederzeit für die Geltung und Durchsetzung der Rechtsordnung einzustehen. Wer erklärtermaßen bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften nicht als für sich verbindlich anerkennt und sich deshalb nicht verpflichtet sieht, die darin enthaltenen Regelungen zu beachten, gibt Anlass zur Besorgnis auch die Bestimmungen der Rechtsordnung zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs nicht strikt zu befolgen. Personen, die der „sog. Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie zu eigen gemacht haben, besitzen daher nicht die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 7 LuftSiG (vgl. VG Regensburg, B.v. 30.1.2020 – Az. Rn 8 S 20.42).
Nach dem Verfassungsschutzbericht des Bundes 2017 (S. 90) ist die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ vielschichtig. Sie besteht überwiegend aus Einzelpersonen ohne strukturelle Anbindung, aber auch aus Kleinst- und Kleingruppen, virtuellen Netzwerken und überregional agierenden Personenzusammenschlüssen. Verbindendes Element ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschlands sowie deren bestehender Rechtsordnung. „Reichsbürger“ definieren sich als außerhalb der Rechtsordnung stehend und sprechen den Vertretern des Staates die Legitimation ab. Regelmäßig überziehen Reichsbürger Behörden und Gerichte mit querulatorischen Schreiben, in denen sie der öffentlichen Verwaltung und der Justiz ihre Autorität oder Existenz absprechen. Zum Teil verfolgen sie damit das Ziel, sich rechtlichen Verpflichtungen, wie z. B. Forderungen des Staates aus Steuer-, Bußgeld- oder Verwaltungsverfahren zu entziehen (Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 174ff., 180).
3.2.2.2. Die Äußerungen des Klägers im Schreiben vom … Juli 2016 an den Präsidenten des Amtsgerichts … weisen darauf hin, dass der Kläger Anhänger der Reichsbürgerszene ist oder sich mit deren Zielen identifiziert.
Das Schreiben weist die typische Reichsbürgerrethorik auf. Bereits die Überschrift „Akzeptanzschreiben“ suggeriert die für Reichsbürger typische Annahme, dass Forderungen des Staates nur ein Angebot darstellten, dass der Kläger akzeptieren könne. In dem Schreiben äußert er erkennbar, sich von der demokratischen Grundordnung zu distanzieren, indem er ausführt, der Adressat solle innerhalb von 72 Stunden seine Legitimation nachweisen, da anderenfalls Schadensersatzforderungen gegenüber dem Kläger fällig würden: „a) Sie erbringen mir Ihre amtliche Legitimation. Sie weisen darin in notariell beglaubigter Form nach, wofür, wie, wodurch und von wem Sie Rechte zur Vornahme hoheitlicher Handlungen übertragen bekommen haben. Gleichzeitig weisen Sie nach auf welchen Staat Sie vereidigt worden sind. (…)“. Ferner bezeichnet sich der Kläger als „O., Mann aus der Familie B. Mensch und Natürliche Person entspr. § 1 des staatlichen BGB“. Die Bezeichnung „O, Mann aus der Familie B.“ findet sich im Rahmen des Schreibens auch jeweils als Angabe der Unterschrift. Auch dies stellt eine szenetypische Verhaltensweise dar. Zuletzt versieht der Kläger das Schreiben noch mit „seinen“ AGB und zeigt damit, dass er die Beziehung zu Behörden und Gerichten als geschäftliche Beziehungen unter Privaten ansieht (vgl. zu diesem reichsbürgertypischen Verhalten den Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 180). Die Rhetorik des Schreibens sowie dessen Inhalt deuten somit klar auf einen Reichbürgerbezug hin. Es wird mit dem Schreiben letztlich der Eindruck erweckt, der Verfasser fühle sich an die geltenden Gesetze und Legitimationen des Staates nicht gebunden. Damit stellt der Kläger sich dem Inhalt des Schreibens nach außerhalb der freiheitlich demokratischen Grundordnung, so dass Zweifel im Sinne von § 7 Abs. 1a Satz 4 Nr. 3 LuftSiG an seinem Bekenntnis zu dieser Grundordnung bestehen. Es kommt dabei auch entgegen den klägerischen Ausführungen nicht darauf an, ob es sich bei den Reichsbürgern um eine per se gewaltbereite Organisation handelt oder ob es sich bei den bekannt gewordenen Gewalttaten um Einzelaktionen handelte. Gewaltbereitschaft ist keine Voraussetzung für die Versagung der Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG.
3.2.3. Im Rahmen der sodann nach § 7 Abs. 1a Satz 1, Satz 3, Satz 4 Nr. 3 LuftSiG vorzunehmenden Gesamtabwägung verbleiben Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit des Klägers.
3.2.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass, worauf der Kläger zu Recht hinweist, in der Person des Klägers keine über das fragliche Schreiben vom Juli 2016 (und das weitere nach Angaben des Klägers inhaltsgleiche Schreiben an den Gerichtsvollzieher) hinausgehende Erkenntnisse dahingehend vorliegen, dass der Kläger der Reichsbürgerbewegung angehört oder sich mit ihren Zielen identifiziert. Das BLfV hat entsprechende eigene Erkenntnisse gerade nicht und auch sonst sind keine derartigen Erkenntnisse offenbar geworden. Es liegen auch weder aus der Zeit vor, noch nach dem fraglichen Schreiben sonstige Umstände vor, die geeignet wären, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers zu begründen, wie etwa eine Straffälligkeit oder sonstige in § 7 LuftSiG genannte Aspekte. Dieser Umstand ist gewichtig in die Gesamtabwägung nach § 7 Abs. 1a LuftSiG einzustellen.
3.2.3.2. Den nach dem Inhalt des Schreibens vom Juli 2016 entstandenen Eindruck, dass der Kläger der Ideologie der überaus heterogenen Reichsbürgerszene zuneigt, hat dieser nicht ausräumen können.
Bei der Prüfung der Zuordnung einer Person zur Reichsbürgerbewegung und der darauf gestützten Annahme der Unzuverlässigkeit kommt es im Fall reichsbürgertypischer Äußerungen darauf an, ob das Gericht die Überzeugung gewinnt, dass diese Äußerungen Ausfluss einer inneren Haltung sind oder nachvollziehbar aus anderen Motiven erfolgen (zum Waffenrecht: VG München, U.v. 21.5.2019 – Az. M 7 K 17.2544 – BeckRS 2019, 11941, Rn. 29, 32 – 35). Der Kläger hat vorliegend hinsichtlich des mit klarer Reichsbürgerdiktion verfassten Briefes andere Motive nicht nachvollziehbar darlegen und damit den Verdacht einer Zugehörigkeit zur Reichbürgerbewegung oder Identifikation mit deren Gedankengut nicht beseitigen können.
In seiner Stellungnahme vom … Juni 2019 erklärte der Kläger, bereits zu seinen Zeiten als Offizier bei der Bundeswehr einen Eid auf die Verfassung geschworen zu haben. Ferner beschreibt er sich selbst als kritischen Menschen, der Vermutungen oder Behauptungen gern eigenmächtig auf den Grund ginge. So habe ihn auch die langjährige Zeit als Offizier bei der Bundesluftwaffe geprägt, unterschiedlichste Meinungen zu hören, zu bewerten und zu entscheiden, welche als richtig oder falsch einzuordnen sind. Hätte er erkannt, dass das Schreiben einen Reichsbürgerbezug aufweise, hätte er sich wesentlich früher davon distanziert, da es lediglich ein solches aus dem Internet war. Auch im Klageverfahren hat der Kläger diesen Vortrag wiederholt.
Diese Ausführungen vermögen das Gericht nicht zu überzeugen. Sie sind in sich widersprüchlich. Zum einen hat der Kläger in formaler Hinsicht nicht einfach einen Baustein eines im Internet gefundenen Schreibens verwendet. Das in Rede stehende Schreiben weist an zahlreichen Stellen eine Missachtung der Legitimation des Staates und staatlicher Einrichtungen auf. Der Kläger hat nicht nur versehentlich eine kleine Passage übernommen, sondern es handelt sich um einen Text von zwei Seiten, der durch und durch mit Reichsbürgerrhetorik und zusätzlich mehrseitigen „AGB“ als Anlage versehen ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger selbst erklärt, er sei ein kritischer Mensch und ginge Vermutungen und Behauptungen gern eigenmächtig nach, ist schwer vorstellbar, dass er bei einem Schreiben an das Gericht die Formulierungen des Schreibens einschließlich der „AGB“ mit den darin enthaltenen „Gebühren“ von bis zu 750.000,- EUR nicht in Frage stellt, sondern einfach „blind“ übernimmt. Dies gilt umso mehr, als der Kläger jahrelang im Staatsdienst war und den Gehalt des Schreibens überblicken musste. Selbst wenn der Kläger behauptet, er habe dieses Schreiben nicht als solches der Reichsbürgerszene erkannt, lässt es unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Szene die Missachtung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung erkennen. Der Kläger hat ferner berichtet, er habe eine Ausbildung zum Offizier bei der Bundeswehr. Da es sich dabei um eine anspruchsvolle Ausbildung handelt, ist davon auszugehen, dass der Kläger erfahren genug ist, Texte mit letztlich verfassungsfeindlichem Bezug zu erkennen und einzuordnen. Der Einwand des Klägers, er habe das Schreiben unbesonnen aus dem Internet heruntergeladen und lediglich auf seine Person angepasst, greift damit insgesamt nicht durch.
Aus diesem Grund ist auch in inhaltlicher Hinsicht die Darstellung des Klägers, es gehe ihm stets um Meinungen, deren Bewertung und ihre Einordnung als „richtig oder falsch“, nicht geeignet, den Eindruck der Identifikation mit der Reichsbürgerideologie zu widerlegen. Es handelt es sich bei dem Inhalt des Schreibens gerade nicht um Meinungen, die als richtig oder falsch einzuordnen wären. Für einen auf dem Boden der freiheitlichdemokratischen Grundordnung stehenden Menschen, erst recht wenn es sich wie beim Kläger um einen ehemaligen Soldaten und Offizier handelt, ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass die in dem Schreiben enthaltene Darstellung jeglicher Grundlage entbehrt und lediglich die Legitimation der Behörden und Gerichte in Frage stellen soll. Der Kläger hingegen erklärt die in dem von ihm verfassten Schreiben vom Juli 2016 enthaltenen Ausführungen zu Meinungen, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit bedürfen, und legt weiter dar, er habe mit seinem „Akzeptanzschreiben“ lediglich „Antworten oder Argumentationen“ erhalten wollen, um die im Internet verbreiteten Informationen zu entkräften „oder zu bestätigen“. Er hält ersichtlich die in dem Schreiben zum Ausdruck kommenden Argumentationen der Reichsbürgerideologie für grundsätzlich diskutabel und zeigt entgegen dem Ziel seines Briefes erneut, dass die erforderliche Distanz zu der Reichsbürgerideologie gerade nicht besteht.
3.2.3.3. Das Gericht sieht aber auch ungeachtet der Zuordnung des Klägers zur Reichsbürgerbewegung oder deren Gedankengut Restzweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers bereits darin begründet, dass er sich das nach eigenen Angaben im Internet abgerufene Schreiben gleichsam „blauäugig“ zu eigen gemacht hat. Dies zeigt eine allzu leichte Beeinflussbarkeit, die im Ergebnis entscheidend in Frage stellt, dass der Kläger – wie nach den Maßstäben der Rechtsprechung zur luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit erforderlich – stets das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringt, selbst bei Inaussichtstellen von Vorteilen oder bei der Androhung von Nachteilen die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffen in den Luftverkehr jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen.
3.2.3.4. Die erforderliche Gesamtwürdigung fällt somit insgesamt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass das fragliche Schreiben vereinzelt geblieben und der Kläger nicht nochmals entsprechend aufgefallen ist, zu Lasten des Klägers aus. Auch die Erklärung des Arbeitgebers in Bezug auf das Verhalten des Klägers am Arbeitsplatz vermag die Überzeugung des Gerichts nicht zu ändern, dass die sich aus dem fraglichen Schreiben vom Juli 2016 ergebenden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers nicht umfassend ausgeräumt werden konnten.
3.2.4. Das Gericht folgt im Übrigen der zutreffenden Begründung des streitgegenständlichen Bescheides und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
3.2.5. Verbleiben somit Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit des Klägers, so scheidet die vom Kläger begehrte Feststellung seiner Zuverlässigkeit nach § 7 Abs. 1, Abs. 1a LuftSiG aus (§ 5 Abs. 1 Satz 1 LuftSiZÜV). Da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) und auch keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung unter der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) hat, war die Klage demgemäß abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. § 708 ff ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben