Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  B 6 E 18.1281

Datum:
9.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17855
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 58, § 60a, § 71 Abs. 1 S. 1
ZustVAuslR § 1, § 2, § 3, § 6 Abs. 1 S. 2
LKrO Art. 37
VwGO § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Zentralen Ausländerbehörden sind zuständig für alle ausländerrechtlichen Entscheidungen betreffend Ausländer, die verpflichtet sind bzw. waren, in Aufnahmeeinrichtungen oder in Ausreiseeinrichtungen zu wohnen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin … wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 1.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, iranischer Staatsangehöriger, reiste am 19.04.2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 09.05.2018 gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig ablehnte, verbunden mit der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, sowie einer Abschiebungsanordnung nach Rumänien. Der Antragsteller wohnte in der Aufnahme- und Rückführungseinrichtung II in der Stadt B.
Auf Antrag der Regierung von Oberfranken – Zentrale Ausländerbehörde (im Folgenden: ZAB) ordnete das Amtsgericht B. mit Beschluss vom 29.11.2018 gegen den Antragsteller Abschiebungshaft längstens bis zum 27.12.2018 an.
Mit Schreiben vom 07.12.2018 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers bei der ZAB Akteneinsicht.
Nachdem die von der ZAB veranlasste Abschiebung am 19.12.2018 am Widerstand des Antragstellers gescheitert war, verlängerte das Amtsgericht Erding auf Antrag der ZAB die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 30.01.2019.
Mit Schriftsatz vom 20.12.2018, beim Verwaltungsgericht Bayreuth an diesem Tag auch eingegangen, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers folgenden Antrag gestellt:
In Sachen …, … – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin …, … gegen Landkreis B. – Zentrale Ausländerbehörde -, vertreten durch den Landrat, B., beantrage ich namens und in Vollmacht des Antragstellers: 1) Dem Antragsgegner wird es im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Antragsteller nach Rumänien abzuschieben.
2) Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3) Dem Antragsteller wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der Unterzeichnerin gewährt.
Der Antrag wurde dem Landkreis B. zugestellt und der ZAB zur Kenntnisnahme übersandt.
Das Landratsamt B. teilte mit Schriftsatz vom 02.01.2019 mit, der Antragsteller könne bei der Ausländerbehörde am Landratsamt B. nicht zugeordnet werden. Eventuell sei eine andere Ausländerbehörde (Stadt B., ZAB B.) zuständig.
Die ZAB hat mit Schriftsatz vom 02.01.2019 im Verfahren des Antragstellers „gegen Freistaat Bayern“ beantragt,
Der Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO die vorläufige Aussetzung der Abschiebung anzuordnen, wird abgelehnt.
Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und 2 ZustVAuslR sei die ZAB die für den Antragsteller zuständige Ausländerbehörde.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Ausländerakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargestellten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Infolgedessen kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwaltes gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.
2. Der zulässige Antrag ist unbegründet, weil der als Antragsgegner bezeichnete Landkreis B. nicht passiv legitimiert ist.
Die Passivlegitimation bezeichnet, dass der Beklagte bzw. Antragsgegner nach materiellem Recht zu der vom Kläger bzw. Antragsteller begehrten Leistung bzw. Unterlassung verpflichtet oder aber zur Verweigerung berechtigt ist (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 24. Aufl. 2018, Vorb § 40 Rn. 28).
Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sind für die Abschiebung eines Ausländers (§ 58 AufenthG) und für ihre vorübergehende Aussetzung (§ 60a AufenthG) die Ausländerbehörden zuständig. Gemäß § 1 ZustVAuslR sind Ausländerbehörden 1. die Kreisverwaltungsbehörden, 2. die Regierungen (Zentrale Ausländerbehörden), 3. das Landesamt für Asyl und Rückführungen (Landesamt) und 4. das Staatsministerium des Innern und für Integration (oberste Landesbehörde).
Der als Antragsgegner bezeichnete Landkreis B. ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt oder verpflichtet, den Antragsteller abzuschieben bzw. die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen.
Die Ausländerbehörde an einem Landratsamt (Kreisverwaltungsbehörde) ist nicht Kreisbehörde, sondern Staatsbehörde, weil sie rein staatliche Aufgaben wahrnimmt (Art. 37 Abs. 1 LKrO). Im Falle der Zuständigkeit des Landratsamtes B. wäre der Antrag daher gegen den Freistaat Bayern und nicht gegen den Landkreis B. zu richten.
Obläge der Vollzug des Aufenthaltsgesetzes betreffend den Antragsteller gemäß § 2 ZustVAuslR der Kreisverwaltungsbehörde, wäre der Antrag gegen die Stadt B. zu richten, weil diese, nicht das Landratsamt B., örtlich zuständig wäre. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 ZustVAuslR ist örtlich zuständig die Ausländerbehörde, in deren Bezirk der Ausländer zu wohnen hat. Im Falle des Antragstellers war dies nicht der Landkreis B., sondern die Stadt B., die als kreisfreie Stadt gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 GO im übertragenen Wirkungskreis alle Aufgaben erfüllt, die sonst vom Landratsamt als der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrzunehmen sind, und insoweit Kreisverwaltungsbehörde ist.
Zuständig für den Antragsteller ist aber nicht die Kreisverwaltungsbehörde, sondern die Regierung von Oberfranken als Zentrale Ausländerbehörde. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 a) und b) ZustVAuslR sind die Zentralen Ausländerbehörden zuständig für alle ausländerrechtlichen Entscheidungen betreffend Ausländer, die – wie der Antragsteller – verpflichtet sind bzw. waren, in Aufnahmeeinrichtungen oder in Ausreiseeinrichtungen zu wohnen. Passiv legitimiert ist daher der Freistaat Bayern.
3. Der gegen den Landkreis B. gerichtete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Antragsteller als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abgelehnt.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG (ein Viertel des Auffangstreitwertes).


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