Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag Zulassung zum Studium – Erschöpfung der Kapazität

Aktenzeichen  M 3 E 15.5606

Datum:
17.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123

 

Leitsatz

Eine Überprüfung der festgesetzten Zulassungszahl von Amts wegen, allein im Hinblick auf die pauschale Behauptung der Antragspartei, die Kapazität sei nicht erschöpft, hat das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht vorzunehmen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium des Maschinenbaus (Bachelor), erstes Fachsemester, im Wintersemester 2015/2016 an der Hochschule M. (im Folgenden: die Hochschule) außerhalb der festgesetzten Kapazität.
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2015 lehnte die Hochschule den Antrag des Antragstellers vom … Oktober 2015 auf Zulassung zum Studium im Bachelorstudiengang Maschinenbau im Wintersemester 2015/2016 außerhalb der Kapazität ab. Der Bescheid ging laut Eingangsstempel am 3. Dezember 2015 bei den Bevollmächtigten des Antragstellers ein.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom … Dezember 2015, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht München erheben. Außerdem ließ er beim Verwaltungsgericht München beantragten:
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Hochschule verpflichtet, den Antragsteller zur Zuweisung eines Studienplatzes in der Fachrichtung Maschinenbau Bachelor zum Wintersemester 2015/2016 im ersten Fachsemester an der Hochschule M. an einem vom Gericht anzuordnenden Vergabeverfahren zu beteiligen und vorläufig zuzulassen, falls auf ihn ein ermittelter Rangplatz entfällt.
Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, jedem Studienbewerber stehe ein verfassungsmäßig gewährleistetes Recht auf Zulassung zu einem Hochschulstudium seiner Wahl und an einem von ihm zu bestimmenden Ort zu. Die Kapazitäten im Studienfach Maschinenbau an der Hochschule seien nicht ausgelastet. Die tatsächliche Ausbildungskapazität liege erheblich höher. Der Antragsteller habe deshalb einen Anspruch auf Zulassung, soweit auf ihn ein im Vergabeverfahren zur Verteilung der noch nicht besetzten Studienplätze ein solcher entfällt. Ein Anordnungsgrund liege vor. Ein mehr an Darlegung und Nachweisen für die fehlerhafte Kapazitätsberechnung der Hochschule könne vom Antragsteller nicht verlangt werden. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG habe die Hochschule den Datenerhebungssatz für den Berechnungszeitraum zum Wintersemester vorzulegen und die Berechnung der Studienplatzhöchstzahl schriftsätzlich zu erläutern. Kapazitätsmindernde Maßnahmen seien glaubhaft zu machen. Auch die Entwicklung der Grundsätze zur Kapazitätsermittlung und -festsetzung seien offenzulegen. Der Antragsteller besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Abdruck seines Zeugnisses der Fachhochschulreife war beigefügt, ebenso eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, dass er weder vorläufig noch endgültig an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes zum Studiengang Maschinenbau zugelassen sei, einen Studienplatz im Studiengang Maschinenbau auch nicht aus eigenen Entschluss wieder aufgegeben habe und bisher kein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich abgeschlossen habe.
Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2016 beantragte der Antragsgegner, vertreten durch die Hochschule,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Hochschule habe nach der Zulassungszahlsatzung für den Bachelorstudiengang Maschinenbau eine Kapazität von 111 Studienanfängern für das erste Fachsemester im Wintersemester 2015/2016 festgelegt. Tatsächlich seien am 16. November 2015, dem Stichtag der Lieferung der Daten an das Bayerische Landesamt für Statistik, 111 Studierende im Bachelorstudiengang Maschinenbau immatrikuliert gewesen. Zum Zeitpunkt der Ablehnung des Antrages des Antragstellers seien noch 112 Studierende im ersten Semester des Bachelorstudiengangs Maschinenbau immatrikuliert gewesen. Die festgesetzte Zulassungszahl sei somit ausgeschöpft.
Die zugrunde liegende Kapazitätsberechnung, eine Übersicht über die Verminderungen, eine Stellenübersicht sowie die Zulassungszahlsatzung der Hochschule M. wurden von der Hochschule vorgelegt und am 29. Februar 2015 den Bevollmächtigten des Antragstellers zugesandt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung eines bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Die Antragspartei muss demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO).
Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d. h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zu dem von ihm gewünschten Studiengang zum Wintersemester 2015/2016 bzw. zum nächstmöglichen nachfolgenden Termin zugelassen zu werden.
Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er hat sich nicht konkret dazu geäußert, weshalb an der Hochschule M. im Wintersemester 2015/2016 im streitgegenständlichen Bachelorstudiengang Maschinenbau im 1. Fachsemester über die bereits zugelassenen 111 Studierenden hinaus, womit die festgesetzte Zulassungszahl von 111 Studienplätzen erschöpft wurde, ein weiterer Studienplatz zur Verfügung stehen sollte, den er in Anspruch nehmen könnte.
Eine Überprüfung der festgesetzten Zulassungszahl von Amts wegen, allein im Hinblick auf die pauschale Behauptung der Antragspartei, die Kapazität sei nicht erschöpft, hat das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht vorzunehmen (ständige Rechtsprechung, z. B. VG München, B. v. 30.10.2014 – M 3 E 14.4246, rechtskräftig). Hinsichtlich der inhaltlichen Nachprüfung von Kapazitätsberechnungen ist es zwar verfassungsrechtlich grundsätzlich geboten, dass die Verwaltungsgerichte bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von ihrem Erkenntnis- und Erfahrungsstand ausgehend die gegebenen Begründungen nachvollziehen, Streitpunkten entsprechend dem Stand der Rechtsprechung und öffentlichen Diskussion nachgehen sowie die Einwände der Prozessbeteiligten würdigen (BVerfG vom 22.10.1991 – 1 BvR 393/85, 1 BvR 610/85 – BVerfGE 85, 36, Rn. 77, betreffend die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin). Im vorliegenden Fall hat die Antragspartei keine konkreten Einwände gegen die vom Antragsgegner der Festsetzung der Zulassungszahl zugrunde gelegte Kapazitätsberechnung erhoben und auch sonst nichts vorgetragen, weshalb noch ein weiterer freier Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität vorhanden sein sollte. Die mit Antragstellung abgegebene Begründung ist völlig pauschal und geht nicht ein auf die konkrete Kapazitätsberechnung.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1, 2 GKG.


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