Verwaltungsrecht

Erfolgloser Asylantrag einer Minderjährigen

Aktenzeichen  M 13 K 17.38579

Datum:
16.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 163112
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3a Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 84 Abs. 1
ZPO § 708 Abs.1
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen. 
II.    Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit kann im Wege des Gerichtsbescheids entschieden werden, da die Sache keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist und die Beteiligten hierzu angehört worden sind (§ 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) i.d.F. d. Bek. vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), neu gefasst durch das Gesetz zur Umsetzung der RL 2011/95/EU vom 28. August 2008 (BGBl I S. 3474), ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich außerhalb seines Herkunftslandes aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe befindet. Diesem Flüchtling wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylG), soweit nicht bestimmte, in § 3 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG geregelte Exklusionsklauseln den Flüchtlingsschutz ausschließen.
Als Verfolgungshandlung, die den Flüchtlingsschutz im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG auslösen, gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG entweder Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder solche Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in vorstehend beschriebener Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG).
Neben der staatlichen Verfolgung (§ 3c Nr. 1 AsylG) kann die Verfolgungshandlung auch von Parteien oder Organisationen ausgehen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den vorgenannten Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG).
Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung begründet ist, ist es gemäß § 3b Abs. 2 AsylG unerheblich, ob der Flüchtling tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
2. Die einschlägigen Voraussetzungen für die Annahme der Flüchtlingseigenschaft und deren förmliche Zuerkennung liegen bei der Klägerin nicht vor. Die Klägerin ist weder vorverfolgt aus Syrien ausgereist noch liegt ein beachtlicher Nachfluchttatbestand vor (§ 28 Abs. 1a AsylG).
Syrischen Staatsangehörigen droht bei einer unterstellten Rückkehr nach Syrien über den Flughafen Damaskus nicht schon allein deswegen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung, weil sie Syrien (illegal) verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich längerfristig in Deutschland aufgehalten haben (hierzu ausführlich BayVGH, U.v. 12.12.2016 – 21 ZB 16.320338, 21 ZB 16.30364, 21 ZB 16.30371, 21 ZB 16.30372 – juris; OVG NW, B.v. 6.10.2016 – 14 A 1852/16.A – juris; OVG SH, U.v. 23.11.2016 – 3 LB 17/16 – juris; OVG RhPf, U.v. 16.12.2016 – 1 A 10922/16 – juris).
Gefahrerhöhende Umstände in der Person der Klägerin sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
4. Die Klägerin hat auch derzeit keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als Familienangehörige nach § 26 Abs. 5 i.V. m. Abs. 1 AsylG. Die Klage der Eltern der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist in einer anderen Kammer beim Verwaltungsgericht München unter dem Aktenzeichen M 5 K 16.33739 noch anhängig. Laut Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts München gelten mit getrennten Bescheiden entschiedene Fälle von Familienangehörigen nicht als zusammenhängend und werden daher nicht einer Kammer zugeteilt. Selbst wenn in der vorliegenden Entscheidung die Verpflichtung gegenüber der Beklagten ausgesprochen worden wäre, den Eltern der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wäre diese in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung des Gerichts noch nicht unanfechtbar. Sollte eine eventuell erfolgende Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eines Elternteiles unanfechtbar werden, kann die Klägerin einen auf § 26 Abs. 5 AsylG gestützten Folgeantrag stellen, sofern ihr die Flüchtlingseigenschaft dann nicht ohnehin von Amts wegen zuerkannt wird.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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