Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag eines Waffensammlers gegen verwehrte unbeschränkte sprengstoffrechtliche Erlaubnis

Aktenzeichen  24 ZB 17.811

Datum:
18.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14627
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SprengG § 27
VwGO § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
WaffG § 10 Abs. 3, § 17 Abs. 1

 

Leitsatz

Regelmäßig besteht kein Bedürfnis dafür, mit Sammlerwaffen zu schießen, weshalb eine Waffenbesitzkarte für Waffensammler nicht die Befugnis zum Munitionserwerb umfasst. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 7 K 16.1347 2017-02-15 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Erteilung einer unbeschränkten sprengstoffrechtlichen Erlaubnis.
Der Kläger ist Sportschütze und besitzt zahlreiche Sammlerwaffen. Er war im Besitz einer Erlaubnis nach § 27 SprengG, beschränkt auf das nichtgewerbliche Laden und Wiederladen von Patronenhülsen. Bei der am 29. Februar 2016 vorgenommenen Verlängerung bis zum 6. März 2021 wurde die Beschränkung geändert und lautet nunmehr wie folgt: „Die Erlaubnis gilt nur für das Laden und Wiederladen von Patronenhülsen für die in der Waffenbesitzkarte des Antragstellers eingetragenen Waffen. Sie gilt nicht für Sammler-, Erb- und Altwaffen und auch nicht für sonstige Waffen, die nicht zum Schießen verwendet werden dürfen.“
Die insoweit erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 15. Februar 2017 ab. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend. Auch ein Sammler habe ein Interesse daran, gelegentlich seine Sammlerwaffen auszuprobieren und mit ihnen zu schießen. Die Verwendung fabrikmäßiger Munition sei unzumutbar, da sie zu einer Beschädigung der Sammlerwaffen führen könne. Jedenfalls für zwei seiner Sammlerwaffen sei überhaupt keine Munition mehr erhältlich. Hieraus ergebe sich ein ausreichendes sprengstoffrechtliches Bedürfnis. Ein anderes Verständnis führe auch dazu, dass die Vorschrift des § 27 Abs. 1a SprengG leerlaufe. Aus den gleichen Gründen beruft er sich daneben auf besondere tatsächliche bzw. rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache.
Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
1. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das Darlegungsgebot gestaltet das Zulassungsverfahren dahingehend, dass das gerichtliche Prüfungsprogramm im Zulassungsverfahren jedenfalls im Wesentlichen darauf beschränkt ist zu klären, ob der Rechtsmittelführer seine Darlegungslast erfüllt hat und die dargelegten Gründe eine Zulassung der Berufung tragen (BVerfG, B.v. 23.7.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163). Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG dürfen allerdings die Anforderungen an die Darlegung nur in einer Weise gestellt werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Anwalt mit zumutbarem Aufwand noch erfüllt werden können (BVerfG, B.v. 8.1.22009 – 2 BvR 758/07 – BVerfGE 125, 104). Dem Darlegungsgebot ist genügt, wenn der dargelegte Zulassungsgrund in der Sache auf einen der gesetzlichen Tatbestände zielt (BVerwG, B.v. 2.10.2003 – 1 B 33/03 – NVwZ-RR 2004, 220). Das Oberverwaltungsgericht muss sich aber nicht aus einem Darlegungsgemenge das heraussuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BayVBl. 2011, 338). Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist ein Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.
a) Der Kläger macht zunächst ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend. Solche sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden können (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Für die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel genügt keine unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung.
In Ansehung des Zulassungsvorbringens bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Es ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt, dass regelmäßig kein Bedürfnis dafür besteht, mit Sammlerwaffen zu schießen (BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 21 ZB 15.1972). Das folgt ohne Weiteres daraus, dass das Waffenrecht für einen Waffensammler anders als bei einem Jäger oder Sportschützen lediglich ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen anerkennt (§ 17 Abs. 1 WaffG). Eine Waffenbesitzkarte für Waffensammler umfasst deshalb nicht die Befugnis zum Munitionserwerb. Damit soll die Benutzung von Sammlerwaffen zum Schießen zumindest wesentlich eingegrenzt werden (vgl. Lehmann, Aktuelles Waffenrecht, Loseblattkommentar, § 17 WaffG Rn. 15). Ein anzuerkennendes sprengstoffrechtliches Bedürfnis, ausnahmsweise mit bestimmten Sammlerwaffen zu schießen, hat der Kläger schon nicht substantiiert dargelegt. Vielmehr beharrt er darauf, dass die Befugnis zum Besitz von Waffen zu Sammlungszwecken auch die Befugnis umfassen muss, mit diesen Waffen gelegentlich zu schießen.
Darüber hinaus liegt es – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – auf der Hand, dass die Regelung des § 27 Abs. 1a SprengG nicht ins Leere geht, wenn man insoweit eine Beschränkung für zulässig hält. Die Vorschrift bestimmt, dass eine Erlaubnis zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 WaffG gilt und bezweckt damit nur, für den privaten Wiederlader das Einholen zweier Berechtigungen zu vermeiden. Aus der Vorschrift kann nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Erlaubnis zum Laden und Wiederladen unbeschränkt erteilt werden muss.
b) Tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache sind von vornherein nicht ersichtlich. Es liegen aber auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor. Das ist nur dann der Fall, wenn eine kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt (Seibert DVBl 1997, 932). Die gebotene kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung kann nur zum Gegenstand haben, ob sich die durch den Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits in der Rechtsprechung geklärt sind (Eyermann/Happ, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124 VwGO, Rn. 29), was hier der Fall ist (vgl. oben a)).
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO)


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