Aktenzeichen AN 9 E 19.30963
Leitsatz
1. Sieht das Bundesamt in einem Asylfolgeverfahren von einer erneuten Abschiebungsandrohung ab, muss der Betroffene in unmittelbarer Anwendung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens stellen, wenn er eine nachträgliche Änderung der Sach- und/oder Rechtslage geltend machen will. Zur Sicherung dieses Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens kann der Betroffene im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO beantragen, dass der Bundesrepublik Deutschland aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsandrohung abgeschoben werden darf (VGH München BeckRS 2015, 45805). (Rn. 18) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Nach neuerer Erkenntnislage haben sich in Äthiopien die Verhältnisse für politisch engagierte Menschen stark entspannt. So hat das Parlament im Juli 2018 beschlossen, die bisher als terroristisch eingestufte OLF, ONLF und Ginbot 7 aus der Liste der terroristischen Organisationen zu streichen und wurde der Ausnahmezustand im Juni 2018 aufgehoben; infolge des Wechsels des Ministerpräsidenten ist mit einer Öffnung des politischen Systems in Äthiopien zu rechnen (VGH München BeckRS 2019, 3416). (Rn. 27) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Die Regelung des § 77 Abs. 1 AsylG soll dazu beitragen, den Streit über das Asyl- und Bleiberecht eines Ausländers umfassend zu beenden und neue Verwaltungsverfahren möglichst zu vermeiden. Diesem Zweck sowie der Wertung des § 51 Abs. 2 VwVfG liefe es zuwider, wenn ein Antragsteller versuchen würde, Sach- und Rechtsfragen nicht im Ausgangsverfahren geltend zu machen, sondern in ein Folgeantragsverfahren zu verlagern (vgl. VG Augsburg BeckRS 2018, 25938). (Rn. 32) (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Der Gegenstandswert beträgt 3.000,00 EUR.
Gründe
I.
Der nach eigenen Angaben am … 1968 geborene Antragsteller zu 1) sowie die nach eigenen Angaben am … 1990 geborene Antragstellerin zu 2) sind äthiopische Staatsangehörige. Die Antragsteller stellten am 7. Dezember 2015 einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 7. April 2017 wurden die Asylverfahren eingestellt. Hiergegen wurde unter dem Aktenzeichen AN 3 K 17.32516 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 18. Juni 2018 wurde das Klageverfahren unter dem Aktenzeichen AN 9 K 17.32516 eingestellt.
Am 23. Januar 2019 stellten die Antragsteller einen Asylfolgeantrag. Die Begründung des Folgeantrages erfolgte im Rahmen einer persönlichen, informatorischen Anhörung. Die Antragsteller erklärten, sie hätten bis zu ihrer Ausreise in der Region Oromia, Stadt …, Kleinstadt … gelebt. Der Antragsteller zu 1) erklärte, er habe die Schule bis zur 6. Klasse besucht und Äthiopien im Jahre 1984 verlassen. Dort habe es zwischen der OLF und der äthiopischen Derg-Regierung Kämpfe gegeben und es seien viele Studenten verhaftet worden. Auch viele seiner Freunde habe man verhaftet; deshalb sei er auch geflohen. Im Sudan sei er als Verkäufer tätig gewesen. Zuvor habe er vor allem als Bauarbeiter oder in einer Werkstatt gearbeitet. In Äthiopien verfüge er über zwei Schwestern, vier Brüder sowie die Großfamilie. Als Befürchtung im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien benannte der Antragsteller zu 1) den Umstand, vor 34 Jahren geflohen zu sein. Viele Mitglieder seiner Volksgruppe seien ermordet worden. In diesem Land wolle er nicht leben und er habe dort keine Heimat. Zudem werde der Ort … momentan noch bombardiert. In Deutschland habe er eine Demonstration und Versammlungen der OLF als Unterstützer besucht. Zudem sei er sechs Monate Vorsitzender bei der OLF in … gewesen.
Die Antragstellerin zu 2) gab an, sie sei in der zweiten Klasse aufgefordert worden, ein Gedicht vorzutragen. Danach habe der Lehrer ihr gesagt, sie sei eine Unterstützerin der OLF und habe ihr verboten, die Schule zu besuchen. Polizisten hätten sie von zuhause abgeholt und befragt. Sie habe erklärt, ihre Schwester sei ein Mitglied der OLF. Die Polizei habe ihre Schwester gesucht. Im November 2007 sei diese verhaftet worden. Dann habe der Bruder der Antragstellerin Angst bekommen und sei von zuhause geflohen. Die Polizei sei oft zur Antragstellerin nach Hause gekommen und habe sie zu Bruder und Schwester befragt. Wegen der Geschwister habe sich ihre Mutter viele Gedanken gemacht. Deswegen habe die Antragstellerin nicht weiter in Äthiopien leben können und sei geflohen. Weiter erklärte die Antragstellerin zu 2), sie habe an Demonstrationen und Versammlungen der OLF teilgenommen. Eine besondere Funktion habe sie jedoch nicht begleitet. Als Befürchtung im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien gab die Antragstellerin zu 2) den Umstand an, die Stadt … werde momentan bombardiert. Die Antragstellerin gab an, sie selbst sei beschnitten; eine Beschneidung werde jedoch nur einmal durchgeführt.
Mit Bescheid vom 29. Juli 2019 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1) und lehnte den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 7. April 2017 (Az.: …*) bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 des AufenthG ab (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass der Antrag unzulässig sei, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Die Voraussetzungen des § 51 VwVfG seien nicht gegeben. Für die Antragsteller habe bereits die Möglichkeit bestanden, die Asylgründe im Erstverfahren im Rahmen ihrer Anhörungen dazulegen. Die Antragsteller seien jedoch zum damaligen Zeitpunkt unentschuldigt nicht zu den Anhörungen erschienen. Sie hätten somit unter Verletzung der ihnen zumutbaren Sorgfaltspflicht ihre Mitwirkungspflicht verletzt. Hinsichtlich der Nichtgeltendmachung der Wiederaufgreifensgründe läge somit ein grobes Verschulden der Antragsteller vor; die im Rahmen der informatorischen Anhörung dargelegten Asylgründe seien folglich bereits nach § 51 Abs. 2 VwVfG präkludiert.
Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben. Es sei zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorlägen. Diese seien allerdings, wie bereits entsprechend dargestellt, nicht erfüllt. Das Verfahren könne jedoch im Interesse der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns wieder eröffnet und die bestandskräftige frühere Entscheidung zurückgenommen oder widerrufen werden. Insoweit bestehe ein Anspruch der Antragsteller auf fehlerfreie Ermessensausübung. Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidung zu § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG rechtfertigen würden, lägen jedoch ebenfalls nicht vor. Weder aus dem Vortrag des Antragstellers zu 1) noch aus den Angaben der Antragstellerin zu 2) ließen sich Umstände erkennen, die für die Antragsteller bei einer Rückkehr nach Äthiopien den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK erreichten. Es lägen keine Erkenntnisse über zielgerichtete Maßnahmen gegen oromische Volkszugehörige vor. Zwar komme es in den Grenzregionen der Siedlungsgebiete der Volksgruppen der Oromo und Somali im Osten des Landes immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen sowohl zwischen den Volksgruppen als auch mit den Sicherheitskräften, doch erreichten diese auch nicht die erforderliche Intensität. Hierbei werde nicht verkannt, dass auf den Bundesstaat Oromia ein erheblicher Teil der behaupteten Menschenrechtsverletzungen entfalle. Nach Angaben sachkundiger Beobachter solle es häufig zu Inhaftierungen von Oromo ohne Haftbefehl und Anklage kommen. Dabei werde aber weitestgehend unberücksichtigt gelassen, dass die Festnahmen vor allem anlässlich gewalttätiger Demonstrationen erfolgten, bei denen es auch zu Toten komme und deren tatsächlicher Verlauf häufig ungeklärt bleibe. Es gebe auch sonst keine Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigten, jedem oromischen Volkszugehörigen in Äthiopien drohe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine auch von ihrer Intensität her unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Dagegen spräche neben der Tatsache, dass die Oromo mit ca. 35% die größte Bevölkerungsgruppe Äthiopiens bildeten und ihre Interessen durch die OPDO im Parlament vertreten würden, auch der Umstand, dass zahlreiche Oromo im Dienste der Regierung Äthiopiens stünde und sie mit Ministerpräsident und Staatspräsident die beiden höchsten politischen Ämter ausübten. Außerdem sei das Zusammenleben der vielen Volksgruppen ein zentrales Anliegen des äthiopischen Staatswesens.
Auch aus der Unterstützung des Antragstellers zu 1) für die OLF in Deutschland und der Teilnahme an Demonstrationen und Versammlungen durch die Antragstellerin zu 2) ließe sich nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bei der Rückkehr nach Äthiopien ableiten. Gesicherte Erkenntnis sei es, dass die Aktivitäten äthiopischer Exilorganisationen von regimetreuen Bürgern oder im Ausland lebenden Behördenvertretern bis zuletzt intensiv beobachtet würden. Die äthiopische Auslandsvertretung verfüge über ein gut ausgestattetes Überwachungssystem, das in der Lage sei, entsprechende exilpolitische Aktivitäten von Oppositionellen zu erkennen, die Daten der Betroffenen zu speichern und bei der Rückkehr nach Äthiopien vorzuhalten. Dem gegenüber sollten Aktivitäten einfacher Parteimitglieder von den äthiopischen Behörden – nicht zuletzt auch aufgrund mangelnder Ressourcen – in der Regel nicht registriert worden seien. Die Antragsteller seien innerhalb der exilpolitischen Bewegung nicht in herausragender Position tätig geworden. Ihre Betätigung hebe sich nicht in signifikanter Weise von den übrigen Versammlungs- bzw. Demonstrationsteilnehmern ab. Auch sonst sei nichts dafür ersichtlich oder von den Antragstellern vorgetragen, das ein besonderes Interesse des äthiopischen Sicherheitsdienstes an ihnen begründen könne. Insoweit könne eine Identifizierung der Antragsteller zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, sei aber nicht beachtlich wahrscheinlich. Für die Antragstellerin zu 2) sei keine Verletzung des Art. 3 EMRK vor dem Hintergrund einer erneut drohenden weiblichen Beschneidung ersichtlich. Schließlich drohe den Antragstellern auch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK aufgrund eines innerstaatlichen Konfliktes. Richtig sei, dass es derzeit im Grenzgebiet zwischen Oromia und der Somali-Region vereinzelt zu Unruhen komme. Diese Gewaltakte erreichten aber schon im Ansatz nicht das für eine Schutzgewährung hohe Niveau, demzufolge jedem Antragsteller allein wegen seiner Anwesenheit in dieser Region Schutz zu gewähren wäre. Auch in den anderen Landesteilen gebe es keine internationalen oder innerstaatlichen Konflikte. Bei Rückkehr nach Äthiopien könne zudem im Allgemeinen von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Der Antragsteller zu 1) verfüge in Äthiopien noch über seine Großfamilie. Zudem sei er im Sudan als Verkäufer tätig gewesen und habe zuvor vor allem als Bauarbeiter oder in einer Werkstatt gearbeitet. Es seien daher keine Gründe ersichtlich, weshalb die Antragsteller eine Fortführung ihrer Lebensgemeinschaft im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung nicht in der Lage seien könnten, das Existenzminimum zu erwirtschaften.
Einer erneuten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung bedürfe es gemäß § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nicht. Die erlassene Abschiebungsandrohung sei weiter gültig und vollziehbar.
Die Antragsteller erhoben am 7. August 2019 Klage (Az.: AN 9 K 19.30964) und beantragten einen Rechtsschutz im Hinblick auf eine drohende Abschiebung.
Mit Schriftsatz vom 30. August 2019 führte der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller aus, dass neue Erkenntnisse über zielgerichtete Maßnahmen gegen oromische Volkszugehörige vorlägen. Verhaftungen bei Demonstrationen seien politische Willkürmaßnahmen. Nach wie vor drohe Oromos unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Hinsichtlich der Einordnung der aktuellen Verhältnisse in Äthiopien liege eine grundsätzliche Bedeutung der Sache vor. Dies werde auch durch die Medien bestätigt. So berichte beispielsweise das Handelsblatt am 25. Juni 2019 über einen gescheiterten Putschversuch in Äthiopien. Mit dem Putsch sei nun wieder die Zersplitterung des Landes in den Fokus gerückt. So zwängen die neuausgegebenen Personalausweise die Bevölkerung, eine bestimmte Volkszugehörigkeit zu wählen, obwohl viele eigentlich eine ethnisch gemischte Herkunft hätten. Zudem sei der Antragsteller zu 1) eine herausragende Persönlichkeit bei der Oromos Exilorganisation. Er sei zeitweise sogar deren Vorsitzender gewesen. Es werde ein Schreiben vorgelegt, dass die Lage in Äthiopien und die herausragende Tätigkeit des Antragstellers zu 1) beschreibe.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufzugeben, gegenüber der für die Abschiebung der Antragsteller zuständigen Ausländerbehörde zu erklären, dass die Abschiebung der Antragsteller bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG im Hauptsacheverfahren nicht vollzogen werden darf.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 19. August 2019, den Antrag abzulehnen.
Mit Schriftsatz vom 11. November 2019 legte der Antragstellerbevollmächtigte einen weiteren Bericht über die aktuelle Lage in Äthiopien vor.
Mit Schriftsatz vom 21. November 2019 ließ der Antragstellerbevollmächtigte einen „verfahrensbegleitenden Parallelantrag“ stellen, wonach beantragt werde, der zuständigen Ausländerbehörde, dem Ausländeramt der Stadt …, mitzuteilen, dass jedenfalls gegenwärtig keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ergriffen werden dürften.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO bleibt ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft, § 123 Abs. 1 und 5 VwGO.
Die nach § 88 VwGO zulässige und gebotene Auslegung ergibt, dass das Begehren der Antragsteller auf einstweiligen Rechtsschutz nicht als ein Fall des § 80 Abs. 5 VwGO einzuordnen ist. Das Bundesamt hat mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid keine erneute Abschiebungsregelung erlassen, so dass die Vollziehbarkeit der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung aus dem Erstverfahren nicht durch eine Gerichtsentscheidung im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren beseitigt werden könnte. Sieht aber das Bundesamt von einer erneuten Abschiebungsanordnung ab, so muss der Betroffene in unmittelbarer Anwendung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens stellen, wenn er eine nachträgliche Änderung der Sach- und/oder Rechtslage geltend machen will. Zur Sicherung dieses Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens können die Antragsteller im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO beantragen, dass der Bundesrepublik aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung abgeschoben werden darf (vgl. BayVGH, Beschluss vom 21.4.2015 – 10 CE 15.810 – juris, Rn. 5 m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 13.12.2017 – 12a L 3499/17.A – juris, Rn. 4; VG München, Beschluss vom 27.2.2019 – M 11 E 19.50096 – juris, Rn. 13).
Mit dieser Auslegung wird zugleich dem Rechtsschutzbegehren des „verfahrensbegleitenden Parallelantrags“ Rechnung getragen.
b) Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um etwa wesentliche Nachteile abzuwenden. Eine derartige Regelung setzt das Glaubhaftmachen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus.
Zudem ergibt sich aus § 71 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 4 AsylG, dass Maßstab der Prüfung im gerichtlichen Eilverfahren ist, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, hier also der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG bestehen. Dies verschärft den Maßstab für einen erfolgreichen Eilantrag. Daher müssen erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung nicht standhält (Bergmann in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Auflage 2018, § 36 AsylG, Rn. 21; VG Ansbach, Beschluss vom 11.10.2018 – AN 3 E 18.31175 – juris, Rn. 27).
Ein solcher Anordnungsanspruch wurde seitens der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
aa) Nach § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweise vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Das Bundesamt hat den Asylfolgeantrag in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides zu Recht als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG abgelehnt, weil die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71 AsylG, 51 VwVfG nicht vorliegen.
Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich die dem Bescheid vom 7. April 2017 zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten der Antragsteller geändert hätte.
Hierzu kann vollumfänglich auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen werden, § 77 Abs. 2 AsylG.
Insbesondere haben sich nach der neueren Erkenntnislage für Äthiopien die Verhältnisse dort für politisch engagierte Menschen stark entspannt. So beschloss das Parlament im Juli 2018, die bisher als terroristisch eingestufte OLF, ONLF und Ginbot 7 aus der Liste der terroristischen Organisationen zu streichen (http://aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html). Der Ausnahmezustand wurde im Juni 2018 aufgehoben (http://www.dw.com/de/äthiopien-hebtausnahmezustand-auf/a-44078868), insbesondere infolge des Wechsels des Ministerpräsidenten ist mit einer Öffnung des politischen Systems in Äthiopien zu rechnen (http://dw.com/de/schritte-zu-mehr-demokratie-in-aethiopien/a-44783940; vgl. hierzu BayVGH, Beschluss v. 13.2.19 – 8 B 18.30257).
Andere Gründe etwa nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 und 3 VwVfG, die einen Anspruch der Antragsteller zur Durchführung eines Folgeverfahrens begründen könnten, sind nicht vorgetragen.
bb) Der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens steht zudem § 51 Abs. 2 VwVfG entgegen, wonach der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande gewesen sein muss, den Grund für das Wiederaufgreifen in den früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
Die durch die Antragsteller erhobenen ursprünglichen Asylanträge gelten durch Bescheid vom 7. April 2017 als zurückgenommen, da die Antragsteller die Verfahren nicht betrieben haben. Daher wurde festgestellt, dass die Asylverfahren eingestellt sind (32 AsylG). Dieser Bescheid wurde durch die (fingierte) Rücknahme der hiergegen im gerichtlichen Verfahren AN 9 K 17.32516 erhobenen Klage unanfechtbar. Somit liegt eine unanfechtbare Ablehnung eines Asylantrags i.S.d. § 71 Abs. 1 AsylG vor.
Das Vorbringen der Antragsteller betreffend ihres Lebens in Äthiopien vor der Ausreise sowie die Darlegungen zur Teilnahme an Demonstrationen und Versammlungen der OLF, insbesondere die Tätigkeit als Vorsitzender der OLF, hätten die Antragsteller ohne Weiteres im Erstverfahren geltend machen können. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG hat das Gericht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Im Verfahren AN 9 K 17.32516 war weder eine mündliche Verhandlung anberaumt gewesen, noch eine gerichtliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergangen; die Klagen galten gemäß § 71 Satz 1 AsylG wegen Nichtbetreiben des Klageverfahrens als zurückgenommen mit der Folge, dass die Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen waren.
Angesichts von § 51 Abs. 2 VwVfG ist es zu Lasten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sie durch Nichtbetreiben des Klageverfahrens den ursprünglichen Bescheid bestandskräftig haben werden lassen, bevor es zu einer Terminierung oder Entscheidung im Hauptsacheverfahren kam. Die im § 77 Abs. 1 AsylG getroffene Regelung soll gerade dazu beitragen, den Streit über das Asyl- und Bleiberecht des Ausländers umfassend zu beenden und neue Verwaltungsverfahren sollen möglichst vermieden werden. Diesen Zweck sowie der Wertung des § 51 Abs. 2 VwVfG liefe es zuwider, wenn ein Antragsteller versuchen würde, Sach- und Rechtsfragen nicht im Ausgangsverfahren geltend zu machen, sondern in ein Folgeantragsverfahren zu verlagern (siehe hierzu VG Augsburg, Urteil vom 19.10.2018 – Au 4 K 18.31033 – juris, Rn. 35).
cc) Auch auf das Bestehen von nationalen Abschiebungsverboten können sich die Antragsteller im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht mit Erfolg berufen. Insoweit wird in vollem Umfang auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2. Nach alledem waren die Anträge abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
Die Entscheidung ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.