Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag gegen Ausweisung, Befristung und Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 25 S 17.4284

Datum:
7.12.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG AufenthG § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 2 Nr. 9

 

Leitsatz

Das Interesse des Ausländers, sein Studium in Deutschland beenden zu können, ist als Bleibeinteresse zu berücksichtigen, ihm kommt aber kein besonderes Gewicht zu. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist iranischer Staatsangehöriger und reiste am 1. Februar 2013 erstmals zum Zweck der Studienvorbereitung in das Bundesgebiet ein.
Auf Antrag hin erhielt er von der Stadt … eine vom 10. April 2013 bis 9. April 2015 gültige Aufenthaltserlaubnis zum Zweck eines Maschinenbaustudiums, das er in der Folge auch aufnahm. Die Aufenthaltserlaubnis wurde in der Folgezeit verlängert, zuletzt am 18. Februar 2016 bis zum 17. Februar 2017.
Am 19. Dezember 2016 wurde der Antragsteller festgenommen und befand sich bis 17. Februar 2017 in Untersuchungshaft.
Nach seiner Haftentlassung beantragte er am 23. Februar 2017 die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Fortführung seines Studiums und erhielt zunächst eine Fiktionsbescheinigung.
Am 15. April 2017 verzog der Antragsteller in die … und beantragte dort am 2. Mai 2017 erneut die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Fortführung seines Studiums verbunden mit einem Hochschul- und Fachrichtungswechsel, da er künftig an der … Elektro- und Informationstechnik studieren wolle. Der Antragsteller hat sich zum Sommersemester 2017 an der … für diesen Studiengang eingeschrieben (1. Fachsemester/8. Hochschulsemester). Sein Girokonto wies zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben von 2.060,38 Euro auf. Der Antragsteller erhielt von der Antragsgegnerin eine Fiktionsbescheinigung, die zuletzt am 27. Juli 2017 bis zum 2. November 2017 verlängert wurde.
Mit Urteil des Amtsgerichts … vom 20. April 2017 (1 Ls 210 Js 46563/16) wurde der Antragsteller wegen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von zwei Jahren zu Bewährung ausgesetzt wurde.
Mit Bescheid vom 3. August 2017 hat die Antragsgegnerin den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziff. 1) und das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf zwei Jahre beginnend mit der Ausreise befristet (Ziff. 2). Die Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat die Antragsgegnerin abgelehnt (Ziff. 3), den Antragsteller zur freiwilligen Ausreise aufgefordert (Ziff. 4) und für den Fall der Nichtbefolgung dieser Aufforderung die Abschiebung in den Iran oder einen anderen Staat, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Ziff. 5).
Insbesondere angesichts der strafrechtlichen Verurteilung überwiege das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Antragstellers. Im Hinblick darauf, aber auch auf den nicht gesicherten Lebensunterhalt des Antragstellers sei auch der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abzulehnen gewesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Der Antragsteller hat hiergegen mit bei Gericht am 8. September 2017 eingegangenem Schreiben Klage erhoben und zudem
„die Anordnung der aufschiebenden Wirkung“
beantragt.
Der Bescheid widerspreche der Entscheidung des Amtsgerichts, wonach er während der Bewährungszeit in Deutschland zu bleiben und jede Änderung der Anschrift anzugeben habe.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 21. November 2017 beantragt, den Antrag abzulehnen und zur Begründung im Wesentlichen auf ihren Bescheid Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Eilantrag bleibt ohne Erfolg.
1. Soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der in Ziffer 1 des angegriffenen Entscheidung geregelten Ausweisungsentscheidung begehrt, ist der Eilantrag unstatthaft, weil bereits die erhobene Klage, wie sich im Umkehrschluss aus § 84 Abs. 1 AufenthG ergibt, aufschiebende Wirkung entfaltet.
2. Soweit sich der nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellte Eilantrag auf das in Ziffer 2. angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot bezieht, ist dieser ebenfalls unstatthaft und damit unzulässig. Ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die isolierte Befristungsentscheidung ist unzulässig. Denn mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde nur die getroffene Befristungsentscheidung suspendiert, so dass das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde, mit der Folge, dass es für den vorläufigen Rechtsschutzantrag am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Befristungsentscheidung ist deshalb durch eine Regelungsanordnung im Verfahren nach § 123 VwGO zu erlangen. Ein solcher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO wurde indes im vorliegenden Fall nicht gestellt und ist auch nicht im Wege der Auslegung zu ermitteln. Dem Antragsteller geht es ersichtlich darum, gar nicht erst aus dem Bundesgebiet ausreisen zu müssen und nicht (lediglich) darum, innerhalb einer kürzeren Frist wieder einreisen zu dürfen.
3. Soweit sich der nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellte Eilantrag auf die in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides getroffene Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bezieht, ist dessen Zulässigkeit zumindest zweifelhaft.
Der Antragsteller hat seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit der früheren Aufenthaltserlaubnis gestellt. Diese war bis zum 17. Februar 2017 gültig. Erst am 23. Februar 2017 und damit verspätet hat der Antragsteller Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gestellt. Es ist zumindest fraglich, ob dieser Antrag die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG ausgelöst hat. Zwar hat der Antragsteller sowohl von der Stadt … als auch in der Folge von der Antragsgegnerin jeweils Fiktionsbescheinigungen erhalten. Ob diese dabei allerdings eine rechtsbegründende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 S. 3 AufenthG angeordnet haben bzw. anordnen wollten, lässt sich aus den Akten nicht ohne weiteres ersehen (zur Notwendigkeit einer aktenmäßigen Dokumentation insoweit Samel, in: Bergmann/Dienelt, § 81 AufenthG, Rn. 24).
Selbst wenn man aber zu Gunsten des Antragstellers von einer rechtsbegründenden Fiktionsbescheinigung ausgeht, bleibt der vorliegende Antrag ohne Erfolg. Er ist dann zwar zulässig, aber unbegründet.
Zulässig ist der Antrag in diesem Fall, weil bereits die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis den Antragsteller belastet, denn mit der Versagung des Aufenthaltstitels erlischt vorliegend die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Da die Klage gegen diese Versagung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), folgt aus ihr gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG die vollziehbare Ausreisepflicht des Antragstellers. In Konstellationen, in denen zunächst eine Fiktionswirkung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG eingetreten ist, ist trotz § 123 Abs. 5 VwGO ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Hat ein Rechtsmittel gegen einen Verwaltungsakt – wie hier gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kraft Gesetzes – keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Das Gericht trifft dabei eine Ermessensentscheidung, wobei es zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen hat. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wichtiges, wenn auch nicht alleiniges Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind. Ergibt die im Eilverfahren allein mögliche summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das private Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der angegriffene Bescheid hingegen schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, so verbleibt es bei der Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden öffentlichen bzw. privaten Interessen.
Nach diesen Maßgaben ist der Eilantrag abzulehnen, weil die Antragsgegnerin die Erteilung eines Aufenthaltstitels an den Antragsteller wohl zu Recht abgelehnt hat. Die Klage in der Hauptsache auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dürfte deshalb nach der im Eilverfahren allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids überwiegt mithin das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs.
Dem Erfolg der Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht bereits die Sperrwirkung der verfügten Ausweisung entgegen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AufenthG). Einem ausgewiesenen Ausländer wird auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt.
Die Ausweisung des Antragstellers ist noch nicht bestandskräftig oder vollziehbar, weil die dagegen gerichtete Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie ist aber trotz der gegen sie gerichteten Anfechtungsklage wirksam (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Dies genügt für die Auslösung der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG (vgl. schon BVerfG, B.v. 29.3.2007 – 2 BvR 1977/06 – juris Rn. 26, HessVGH, B.v. 17.8.1995 – 13 TH 3304/94 – noch zu den entsprechenden Vorschriften des AuslG, juris Ls 1).
Die bereichsspezifisch auf das Ausländerrecht bezogene Einschränkung des § 80 Abs. 1 VwGO durch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die es einer Behörde ermöglicht, durch den bloßen Erlass einer Ausweisungsverfügung selbst die Grundlagen für die Auslösung der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG zu schaffen, verlangt wegen des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG die inzidente summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO, für den Fall, dass eine Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung unter Bezugnahme auf eine gleichzeitig erlassene, nicht mit der Anordnung des Sofortvollzugs versehene Ausweisungsverfügung ablehnt (HessVGH, B.v. 17.8.1995, juris Rn. 9 m.w.N.).Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgebend (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2007 – 1 C 45.06 – BVerwGE 130, 20 ff., juris Ls 1).
Die summarische Inzidentprüfung führt vorliegend zum Ergebnis, dass derzeit keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung bestehen. Deshalb wird die Sperrwirkung der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG für die Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels vorliegend nicht durchbrochen und kann der Versagungsgegenklage in der Hauptsache entgegengehalten werden mit der Folge, dass die Versagung des Aufenthaltstitels rechtmäßig ist.
Vorliegend dürfte die Antragsgegnerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen haben, dass das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse überwiegt (a.); die Ausweisung ist auch nicht unverhältnismäßig (b.). Die (mittlerweile) als gebundene Entscheidung ausgestaltete Ausweisungsentscheidung dürfte daher nach summarischer Prüfung rechtmäßig ergangen sein.
a. Die Ausweisung findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 1 AufenthG, wonach ein Ausländer ausgewiesen wird, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose hinsichtlich der Wiederholungsgefahr zu treffen, ohne dass sie an die Feststellungen der Strafgerichte rechtlich gebunden sind (vgl. zum Erfordernis etwa BVerwG, U.v. 26.2.2002 – 1 C 21/00 – juris Rn. 22). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Tat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Wiederholungsgefahr gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18). Der Rang des bedrohten Rechtsguts bestimmt dabei die mögliche Schadenshöhe, wobei jedoch keine zu geringen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden dürfen (BVerwG, U.v. 10.7.2012, a.a.O.). Allerdings sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden wäre.
Gemessen hieran dürfte davon auszugehen sein, dass eine Wiederholungsgefahr auf Seiten des Antragstellers besteht, so dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Der Antragsteller hielt sich zum Zeitpunkt der zur Verurteilung führenden Taten noch keine vier Jahre im Bundesgebiet auf. Bereits bei der ersten Straftat handelt es sich um weit mehr als um eine Bagatelle. Immerhin führte die Körperverletzungshandlung nach den Feststellungen des Strafrichters zu einer nicht unerheblichen Verletzung des Geschädigten und zog eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nach sich. Zudem bezog sich der Diebstahl auf einen Gegenstand mit keinem besonderen Wert (32,54 Euro). Wenn der Antragsteller schon relativ geringwertige Gegenstände stiehlt, lässt dies befürchten, dass seine wirtschaftliche Situation ihn hierzu gebracht hat. Auch dies lässt eine Wiederholungsgefahr befürchten, wobei der Antragsteller gezeigt hat, dass er – auf frischer Tat ertappt – versucht, sich einem Zugriff durch Körperverletzungshandlungen zu entziehen.
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägung zwischen Ausweisungs- und Bleibeinteresse mit dem Ergebnis des Überwiegens des Ausweisungsinteresses dürfte im Hauptsacheverfahren Bestand haben.
Der Antragsteller wurde mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts … vom 20. April 2017 wegen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Damit wiegt das Ausweisungsinteresse schwer i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG, da die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe für vorsätzlich und tateinheitlich begangene Straftaten nicht mehr als geringfügig anzusehen ist.
Demgegenüber dürfte für den Antragsteller kein überwiegendes Bleibeinteresse streiten. Der Antragsteller ist aktuell (allenfalls) im Besitz einer Fiktionsbescheinigung, nicht aber – wie von § 55 AufenthG vorausgesetzt – eines Aufenthaltstitels (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 4.7.2011 – 19 B 10.1631 – juris Ls 1, Rn. 41, VGH Baden-Württemberg, U.v. 20.10.2011 – 11 S 1929/11 – juris Rn. 23). Der Antrag auf Verlängerung des befristet erteilten Aufenthaltstitels wurde im angegriffenen Bescheid abgelehnt. Das Interesse des Antragstellers sein Studium hier beenden zu können, hat die Antragsgegnerin berücksichtigt. Sie dürfte aber zutreffend davon ausgegangen sein, dass diesem Interesse kein besonderes Gewicht zukommt. Der Antragsteller ist im Übrigen ledig, hat keine besonderen Bindungen im Bundesgebiet, sondern vielmehr gegenüber der Behörde erklärt, seine gesamte Familie lebe im Iran. Es ist zudem auch nicht ersichtlich, wovon der Antragsteller dauerhaft seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Zwar befindet sich bei der Behördenakte ein Kontoauszug, der ein Guthaben des Antragstellers von 2060,38 Euro ausweist; Umsätze und insbesondere regelmäßige Lohnzahlungen oder entsprechende Gutschriften sind aber nicht ersichtlich. In seinem Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 2. Mai 2017 hat der Antragsteller auch keine Angaben zur Sicherung des Lebensunterhalts gemacht.
b. Die Ausweisungsentscheidung ist auch nicht unverhältnismäßig. Wie schon ausgeführt, bewertet das Gesetz das Ausweisungsinteresse in Fällen wie dem des Antragstellers als schwerwiegend. Besondere individuelle Gesichtspunkte, die die Entscheidung als ungeeignet, nicht erforderlich oder gar unangemessen erscheinen lassen, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Insbesondere steht die Ausweisungsentscheidung auch in keinem Widerspruch zu den Bewährungsauflagen, da der Antragsteller mit seiner Ausreise in Befolgung der Ausweisungsentscheidung nicht gegen Bewährungsauflagen verstößt.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5, 8.1. und 8.2 des Streitwertkatalogs.


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