Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag gegen behördliches Hausverbot in einem Jobcenter

Aktenzeichen  M 30 S 18.2854

Datum:
15.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 51920
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40, § 80 Abs. 5
SGG § 51 Abs. 1 Nr. 4a
BayVwVfG Art. 28, Art. 45

 

Leitsatz

1. Für eine Streitigkeit über ein von einem Jobcenter ausgesprochenes Hausverbot ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet; die abdrängende Sonderzuweisung in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG an die Sozialgerichtsbarkeit greift nicht ein (a.A. BSG, BeckRS 2014, 71272). (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vor Erlass eines Hausverbots bedarf es gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG der Anhörung des Betroffenen; ergeht ein Hausverbot nicht unmittelbar auf eine im betroffenen Gebäude eskalierende Konfliktsituation, ist dem Betroffenen grundsätzlich auch schriftlich der dem beabsichtigten Hausverbot zugrundeliegende Sachverhalt zu schildern, die Verhängung des Verbots anzukündigen und ihm Gelegenheit zu geben, sich vor dem Erlass des Hausverbotes zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Trotz fehlender vorheriger Anhörung können die Erfolgsaussichten einer Klage noch als offen anzusehen sein, wenn die mögliche Heilung des Anhörungsmangels beabsichtigt und eingeleitet ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug des Hausverbots überwiegt das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers, wenn für ihn infolge eines Umzugs nunmehr ein anderes Jobcenter zuständig ist und er vermutlich äußerst aggressiv und verbal verfehlt aufgetreten ist, ohne sich zwischenzeitlich beruhigt zu haben, so dass weitere Eskalationen zu besorgen sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen ein ihm gegenüber von der Antragsgegnerin ausgesprochenes Hausverbot.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2018 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber ein Hausverbot für das Dienstgebäude O.platz 11, 8… M. mit sofortiger Wirkung bis zum 31. Oktober 2018 erteilt (Nr. 1) und die sofortige Vollziehbarkeit diesbezüglich angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde auf einen Vorfall am 10. April 2018 verwiesen, bei dem der Antragsteller eine Mitarbeiterin beschimpft habe. Der Wachdienst und die Polizei hätten hinzugezogen werden müssen. In der Vergangenheit sei der Antragsteller bereits mehrfach ausfallend gegenüber den Beschäftigten der Antragsgegnerin geworden, habe z.B. geäußert, dass er eine Kollegin am liebsten nach Israel einladen würde, dort gäbe es für solche Leute genügend Bäume. Am 10. April 2018 habe er zudem der Polizei gegenüber erklärt, dass er gut schießen könne und über Erfahrungen aus dem Bosnienkrieg verfügen würde. Das Verhalten des Antragstellers stelle eine Bedrohung für die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten dar. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor jedweder Art der Bedrohung und Gewaltausschreitungen zu schützen. Durch sein Verhalten sei für die Zukunft ein gesittetes Verhalten des Antragstellers nicht zu prognostizieren. Das Verhalten störe vielmehr erheblich den ordnungsgemäßen Dienstbetrieb. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.
Hiergegen hat der Antragsteller am 8. Juni 2018 zur Niederschrift Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (M 30 K 18.2762).
Zur Begründung führt der Antragsteller aus, das Hausverbot sei unverhältnismäßig. Er habe niemanden bedroht, vielmehr werde er schikaniert und seine Anliegen nicht zügig und korrekt bearbeitet. Mit Schreiben vom 25. Juni 2018 und 16. Juli 2018 reichte der Antragsteller weitere Unterlagen ein, insbesondere ein Schreiben vom 20. März 2018 an das Jobcenter. Zudem beschuldigt er die Mitarbeiterin des Jobcenters des Psychoterrors ihm gegenüber. Unter dem 23. August 2018 wirft er der Antragsgegnerin unter anderem Amtsmissbrauch, Rassismus, absichtliche Manipulation und Ignoranz der existierenden Gesetze vor. Das nun nach seinem Umzug zuständige Sozialbürgerhaus habe sich ohne einzigen weiteren Grund wegen eines weiteren Hausverbots alleine wegen des Hausverbots bezüglich des O.platz 11 bei ihm gemeldet. Seine Rechte würden daher weiterhin manipuliert. Er bekomme eine Beleidigung, Drohung und Erpressung nach der anderen.
Der Antragsteller beantragt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes:
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schreiben vom 14. August 2018, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2018 und 14. August 2018 hat die Antragsgegnerin Stellung genommen und Unterlagen, insbesondere Stellungnahmen und Vermerke zum Vorfall am 10. April 2018 vorgelegt. Das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Hausverbots überwiege das Interesse des Antragstellers, das benannte Dienstgebäude persönlich aufsuchen zu dürfen. Nach einem Umzug sei nunmehr ein anderes Jobcenter für den Antragsteller zuständig. Insofern sei der Antragsteller unter keinerlei Gesichtspunkten mehr darauf angewiesen, das Dienstgebäude am O.platz 11 aufzusuchen.
Mit Beschluss vom 18. September 2018 ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe im Eil- und Hauptsacheverfahren bewilligt worden. Auf zeitgleichen richterlichen Hinweis in Bezug auf eine nach Gerichtsaktenlage fehlende Anhörung vor Bescheidserlass und Aufforderung zur unverzüglichen Vorlage der vollständigen Behördenakten teilte die Antragsgegnerin am 2. Oktober 2018 mit, dass die Anhörung nachgeholt werde. Das Hausverbot bleibe aber aufrechterhalten. Die vom Antragsteller bislang vorgebrachten Gründe seien zur Kenntnis genommen worden, aber nicht zutreffend. Es läge keine Unverhältnismäßigkeit des Hausverbots vor. Die Angelegenheiten des Antragstellers seien stets fachlich und sachlich angemessen bearbeitet worden, die Ansprüche rechtszeitig angewiesen und der Antragsteller zu keiner Zeit schikaniert worden.
Ausweislich der vorgelegten Behördenakte hat der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Oktober 2018 Gelegenheit zur Äußerung zum Hausverbot und diesbezüglich entgegenstehender Gründe bis zum 2. November 2018 erhalten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten zu den Verfahren M 30 K 18.2762 und M 30 S 18.2854 sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage gegen das Hausverbot der Antragsgegnerin das Dienstgebäude O.platz 11 betreffend ist zulässig, aber unbegründet.
1. Für das vorliegende Verfahren ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Bei einer Streitigkeit über ein Hausverbot, ein Jobcenter betreffend, handelt es sich nach einhelliger Meinung um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (vgl. Ehlers/Schneider, VwGO, 34. EL Mai 2018, § 40 Rn 331 m.w.N in Fn 1424.; Eyermann – Rennert, VwGO, 14. Auflage 2014, § 40 Rn 66; OVG NRW, B.v. 13.5.2011 – 16 E 174/11 – beck-online; LSG Sachsen, U.v. 13.8.2015 – L 3 AS 708/15 – beck-online m.w.N.). In Rechtsprechung und Literatur ist jedoch sehr umstritten, ob hierfür die abdrängende Sonderzuweisung in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG an die Sozialgerichtsbarkeit greift (siehe u.a. die umfangreiche Darstellung hierzu im Urteil des LSG Sachsen, U.v. 13.8.2015 – L 3 AS 708/15 – beck-online). Während das Bundesozialgericht für den Fall bzw. wegen eines sachlichen Zusammenhangs zur Verwaltungstätigkeit der Behörde nach dem SGB II den Sozialrechtsweg für eröffnet sieht (BSG, B.v. 1.4.2009 – B 14 SF 1/08 R – beck-online Rn 14 ff.; BSG, B.v. 21.7.2014 – B 14 SF 1/13 R – juris), lehnen das OVG NRW, OVG Hamburg und OVG Bremen neben einigen Landessozialgerichten die Einschlägigkeit der Sonderzuweisung im SGG ab (OVG NRW, B.v. 13.5.2011 – 16 E 174/11 – und B.v. 11.2.1998 – 25 E 960/97 – je beck-online; OVG Hamburg, B.v. 17.10.2013 – 3 So 119/13 – beck-online; OVG Bremen, B.v. 25.3.2013 – 1 B 33/13 – beck-online). Hatte sich die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts München noch der Auffassung des Bundessozialgerichts angeschlossen (VG München, B.v. 16.2.2003 – M 17 K 11.6025 – beck-online)), hat sich die 10. Kammer bei ihren Entscheidungen hierzu nicht näher ge-äußert, sondern vielmehr stillschweigend den Verwaltungsrechtsweg bejaht (vgl. u.a. VG München, B.v. 14.2.2017 – M 10 S 16.4797 – beck-online). Auch in der Literatur trifft die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf ablehnende Haltung (s. u.a. Eyermann – Rennert, VwGO, 14. Auflage 2014, § 40 Rn 66). Die Argumentation des Bundessozialgerichts für den Sozialrechtsweg, dass bzw. wenn das Hausverbot eine Sachnähe zur sozialrechtlichen Verwaltungstätigkeit darstellen würde, überzeugt aus Sicht der erkennenden Kammer nicht. Das Gericht schließt sich daher den Ausführungen der Oberverwaltungsgerichte NRW, Bremen und Hamburg an und nimmt auf die dortigen Ausführungen Bezug. Das Hausverbot gründet sich nicht in der konkreten Verwaltungstätigkeit, die in dem behördlichen Dienstgebäude ausgeübt wird – das Hausverbot bezüglich eines Finanzamtes macht eine Streitigkeit auch nicht zur finanzgerichtlichen (vgl. FG Münster, B.v. 30.8.2010 – 14 K 3004/10 – juris) -, sondern in der Ausübung der allgemein verwaltungsrechtlich geprägten Ordnungsgewalt der Behördenleitung. Dass bei der Ausübung dieser Ordnungsgewalt, u.a. im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung und des Ermessens Aspekte des zwischen dem Betroffenen und der Behörde zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses eine Rolle spielen (können), ist nicht prägend für den Charakter des Hausverbots als sozialrechtlich, finanzrechtlich, zivilrechtlich oder verwaltungsrechtlich (vgl. OVG Bremen a.a.O.; OVG Hamburg, a.a.O.). Eine derart differenzierende Betrachtungsweise bei der Eröffnung des jeweiligen Gerichtswegs ist im Übrigen wenig praktikabel und wenig zielführend, beispielweise bei Hausverboten von Behörden mit unterschiedlicher Verwaltungstätigkeit (z.B. Landratsämter).
2. Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen, wenn das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Interessensabwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren einzubeziehen. An der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts besteht kein öffentliches Interesse. Erweist sich der Verwaltungsakt dagegen als offensichtlich rechtmäßig, besteht hingegen in der Regel ein überwiegendes Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Sind die Erfolgsaussichten hingegen offen, kommt es auf die Interessensabwägung im Übrigen an.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt sich, dass die Erfolgsaussichten der Klage zwar zum derzeit maßgeblichen Zeitpunkt noch offen sind. Es mangelt dem streitgegenständlichen Bescheid der Antragsgegnerin an einer vorheriger Anhörung des Antragstellers, dessen noch mögliche Heilung in die Wege geleitet und beabsichtigt ist (a) und b)). Im Rahmen der Interessensabwägung überwiegt jedoch das öffentliche Interesse das Interesse des Antragstellers, das betroffene Dienstgebäude zu betreten (c)).
a) Das dem Antragsteller gegenüber ausgesprochene Hausverbot findet seine Ermächtigungsgrundlage in der Ausübung des gewohnheitsrechtlichen Hausrechts. Das Hausrecht umfasst die Befugnis, Ordnungsmaßnahmen zu treffen, um die Verwirklichung des Widmungszwecks zu gewährleisten, Störungen des Dienstbetriebes abzuwenden und dabei insbesondere auch über den Aufenthalt von Personen in den Räumen des öffentlichen Gebäudes zu bestimmen.
Wegen Art. 20 Abs. 3 GG sind an das öffentlich-rechtliche Hausverbot aber strenge Anforderungen zu stellen. Es sind daher einerseits die Grundsätze des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG – (und nicht des SGB X – s.o.) zu beachten, andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Ausübung des gewohnheitsrechtlichen Hausrechts nicht um eine gebundene, gesetzlich verbindlich vorgegebene Entscheidung handelt, sondern dass die Verhängung eines Hausverbotes im pflichtgemäßen Ermessen der Behördenleitung steht.
Da ein Hausverbot eine grundrechtseinschränkende Maßnahme darstellt, die präventiven Charakter hat, indem sie darauf abzielt, zukünftige Störungen des Betriebsablaufs in der Behörde zu vermeiden, bedarf es gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG zunächst der vorherigen (mündlichen oder schriftlichen) Anhörung des Betroffenen. Ergeht ein Hausverbot nicht unmittelbar auf eine im betroffenen Gebäude eskalierende Konfliktsituation, ist dem Betroffenen grundsätzlich auch schriftlich der dem beabsichtigten Hausverbot zugrundeliegende Sachverhalt zu schildern, die Verhängung des Verbots anzukündigen und ihm Gelegenheit zu geben, sich vor dem Erlass des Hausverbotes zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Es sind – spätestens in der Hausverbotsverfügung – die Tatsachen zu benennen, die in vorangegangener Zeit den Hausfrieden gestört haben. Weiter ist auszuführen, dass und warum in Zukunft wieder mit Störungen zu rechnen und das Hausverbot daher erforderlich ist, um erneute Vorfälle zu verhindern. Da eine Behörde auch mit aus ihrer Sicht schwierigen Besuchern zurechtkommen muss, ist ihr die Möglichkeit der Verhängung eines Hausverbotes erst dann eröffnet, wenn es durch das Verhalten des Adressaten zu einer beachtlichen, das heißt mehr als nur leichten und/oder vorübergehenden Beeinträchtigung der öffentlichen Tätigkeit innerhalb der Behörde gekommen ist und darüber hinaus zu besorgen ist, dass auch zukünftig mit solchen gravierenden Beeinträchtigungen zu rechnen ist, die nicht anderweitig verhindert werden können. Dies ist anzunehmen, wenn der Dienstablauf nachhaltig gestört worden ist, weil beispielsweise Bedienstete beleidigt werden oder der Besucher in nicht hinnehmbarer Weise aggressiv reagiert und mit einer Wiederholung derartiger Vorfälle zu rechnen ist. Als Verwaltungsakt muss das Hausverbot hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), insbesondere der Adressat, der Geltungsbereich sowie die Art und die Dauer des Verbots müssen genau bezeichnet werden. Ferner bedarf es einer Begründung unter Darlegung des Sachverhalts und der wesentlichen Entscheidungsgründe (Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG). Dies ist bei einer – wie hier – zu treffenden Ermessensentscheidung deshalb von besonderer Bedeutung, weil sich zum einen nur so feststellen lässt, ob die Behördenleitung das ihr zustehende Ermessen erkannt und von diesem in sachgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Die Verhängung des Hausverbots unterliegt darüber hinaus dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Hausverbot muss auch die geeignete Maßnahme sein, die verursachte Störung zu beenden und/oder für die Zukunft den ordnungsgemäßen Ablauf der Geschäfte innerhalb des Gerichtsgebäudes sicherzustellen, es muss das mildeste in Betracht kommende Mittel sein und es muss hinsichtlich des Bezugsbereiches, für den es verhängt wird, sowie bezüglich seiner Dauer angemessen sein, so dass grundsätzlich mit der Verhängung des Hausverbotes eine Befristung auszusprechen ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass durch das Hausverbot nicht die Inanspruchnahme von gesetzlich zu erbringenden Leistungen der Behörde vollkommen unmöglich gemacht wird (zum Ganzen: VG Stade, U.v. 26.6.2013 – 4 A 1442/12 – juris; VG Osnabrück, B.v. 19.2.2014 – 6 B 4/14 – juris; VG München, U.v. 13.12.2012 – M 17 K 11.5544 – juris).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich das Hausverbot nach summarischer Prüfung zum derzeit maßgeblichen Zeitpunkt mangels vorheriger Anhörung noch als rechtswidrig, es ist jedoch die mögliche Heilung des Anhörungsmangels beabsichtigt und eingeleitet. Die Erfolgsaussichten der Klage sind daher noch als offen anzusehen.
Wie der vorgelegten Behördenakte entnommen werden kann, wurde der Antragsteller vor Erlass des Hausverbots weder mündlich noch schriftlich angehört. Die Erforderlichkeit einer vorherigen Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG entfiel auch nicht etwa i.S.v. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG insoweit, als nach den Umständen des Einzelfalls wegen Gefahr im Verzug von ihr abgesehen werden konnte. Insbesondere hat die Antragsgegnerin einen Monat zugewartet, bis sie das Hausverbot ausgesprochen hat. Dies belegt, dass für die Antragsgegnerin keine Dringlichkeit i.S. einer Gefahr im Verzug vorlag. In dieser Zeit wäre eine Anhörung im Übrigen durchaus ohne erhebliche Verzögerung durchführbar gewesen.
Es besteht gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG jedoch die Möglichkeit einer Heilung des Anhörungsmangels. Alleine durch die Möglichkeit des Antragstellers, im gerichtlichen Verfahren Stellung zu beziehen, tritt dabei noch keine Heilung ein. Vielmehr ist entscheidend, dass die nachgeholte Anhörung die ihr im Rahmen des behördlichen Entscheidungsprozesses zukommende Funktion erfüllen kann (OVG NRW, B.v. 11.2.2014 – 15 B 69/14 – juris Rn 14; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rn 74 ff. – beck-online; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 45 Rn 26 m.w.N.)). Dabei ist insbesondere bei Ermessensentscheidungen fraglich, ob es ausreicht, dass sich die Behörde nur – wie bislang vorliegend durch das Schreiben vom 2. Oktober 2018 erfolgt – im Wege sog. Prozessvorbringens mit den Argumenten des Betroffenen auseinandersetzt (OVG NRW, a.a.O. m.w.N.; ablehnend: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rn 86 ff. – beck-online und Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn 27) oder vielmehr vergleichbar den Anforderungen an das Nachschieben von Ermessenserwägungen i.S.v. § 114 Satz 2 VwGO (siehe hierzu BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46/12 – juris Rn 35) die Behörde deutlich machen muss, dass, inwieweit und mit welchen – bisherigen und ggf. neuen – Ermessenserwägungen sie ihren Verwaltungsakt aufrechterhält (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn 46). Jedenfalls ist zur Erreichung des Anhörungszwecks erforderlich, dass die Behörde erkennbar zum Ausdruck bringt, dass sie das Vorbringen zur Kenntnis und in Erwägung gezogen hat (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2009 – 3 Cs 09.46 – juris Rn. 23; Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn 26 m.w.N.)). Insoweit wird teilweise verlangt, dass die Behörde das Ergebnis ihrer Überprüfung für den Fall der Heilung im bereits gerichtlich laufenden Verfahren, insbesondere eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO, mitteilt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn 47 m.w.N.). Eine Auffassung, dass die Nachholung der Anhörung im Rahmen eines Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ausgeschlossen und nur im Verwaltungsverfahren selbst möglich sei (so z.B. noch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, RdNrn. 27 und 42 zu § 45), überzeugt zumindest nicht (so bereits BayVGH, a.a.O.). Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG setzt für die Nachholung der Anhörung eine zeitliche Grenze, nämlich den Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dass eine unterlassene Anhörung allein im Rahmen eines – behördlichen – Verwaltungsverfahrens nachgeholt werden kann, ist dieser Regelung nicht zu entnehmen (BayVGH, a.a.O. mit Verweis auf u.a. BayVGH, B.v. 15.2.1983 – 22 CS 82 A.2498 – BayVBl 1985, 595).
Ob vorliegend demnach mit der Stellungnahme im Klage- und Eilverfahren vom 2. Oktober 2018 bereits eine Heilung eingetreten ist, ist somit fraglich und nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts eher zu verneinen. Jedenfalls hat die Behörde aber mit ihrem Anhörungsschreiben an den Antragsteller vom gleichen Tage zum Ausdruck gebracht, dass sie beabsichtigt, die Heilung durch eine direkte Anhörung des Antragstellers herbeizuführen und gewillt ist, das Vorbringen des Antragsteller noch entsprechend zu würdigen und bewerten.
Das Gericht sieht daher die Erfolgsaussichten der Klage (noch) als offen an, da nicht gänzlich ausgeschlossen ist, dass die Antragsgegnerin nach der eingeräumten Anhörungsfrist doch im Wege erneuter, dem Anhörungszweck genügender Ermessensausübung dazu kommt, das Hausverbot nicht aufrechtzuhalten. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass sich das bis 31. Oktober 2018 befristete Hausverbot nach summarischer Prüfung und vorläufiger Einschätzung der bisherigen Aktenlage, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers im Eil- und Klageverfahren, als rechtmäßig, verhältnismäßig und ermessensgerecht darstellen dürfte.
c) Bei der somit erforderlichen weiteren Interessensabwägung des öffentlichen Interesses an einem sofortigen Vollzug des Hausverbots gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung des Hausverbots bis zur gerichtlichen Entscheidung hierüber überwiegt das öffentliche Interesse.
Ausschlaggebend ist dabei insbesondere, dass der Antragsteller nach seinem Umzug keine erkennbare Veranlassung mehr hat, das Dienstgebäude am O.platz 11 aufzusuchen. Zuständig ist vielmehr nun das Jobcenter im Sozialbürgerhaus Ramersdorf/Perlach. Es kann daher dahinstehen, ob und inwieweit es dem Antragsteller auch zumutbar wäre, seine Angelegenheiten schriftlich mit dem Jobcenter zu erledigen. Ein etwaiges im Raum stehendes Hausverbot für die Räumlichkeiten des Sozialbürgerhauses Ramersdorf/Perlach ist nicht verfahrensgegenständlich.
Der Vorfall am 10. April 2018, wie er sich den Stellungnahmen der betroffenen Mitarbeiterin und des Wachdienstes entnehmen lässt und dem der Antragsteller mit Ausnahme eines bloßes Abstreitens nicht substantiiert entgegengetreten ist, begründet hingegen ein deutliches öffentliches Interesse an einem Hausverbot. Ein derart aggressives und verbal verfehltes Auftreten ist im öffentlichen Interesse auch vor dem Hintergrund sozialrechtlicher Ansprüche und Bedürfnisse des Antragstellers nicht hinnehmbar. Die anhaltenden verbalen Angriffe des Antragstellers der Antragsgegnerin gegenüber nunmehr auch im gerichtlichen Eil- und Klageverfahren mit den Vorwürfen des Amtsmissbrauch, Rassismus, absichtlicher Manipulation, Ignoranz der existierenden Gesetze, Beleidigung, Drohung und Erpressung ohne erkennbare Grundlage belegen im Übrigen, dass sich der Antragsteller mit seiner unsachlichen Haltung gegenüber den Beschäftigten der Antragsgegnerin nicht beruhigt hat und weitere Eskalationen durchaus zu besorgen sind, falls der Antragsteller das Dienstgebäude O.platz 11 wieder betritt. In diesem Fall überwiegt somit das öffentliche Interesse zum Schutz eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Antragsgegnerin deutlich das geringe private Interesse, das nicht mehr zuständige Jobcenter am O.platz 11 aufzusuchen.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.


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