Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag gegen offensichtlich unbegründete Asylablehnung (Serbien)

Aktenzeichen  M 17 E 16.30737

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 123
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29a, § 36 Abs. 4
AufenthG AufenthG § 11, § 60 Abs. 7

 

Leitsatz

Gegen die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken.  (red. LS Clemens Kurzidem)
Es bestehen keine Anzeichen für systematische Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Kroaten in Serbien. (red. LS Clemens Kurzidem)
Furcht vor Erkrankungen aufgrund einer in Serbien bestehenden Impfpflicht stellen kein Abschiebungshindernis iSv § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG dar. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragsteller, serbische Staatsangehörige, reisten nach eigenen Angaben zusammen mit dem Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1. (s. Vf. M 17 E 16.30739) am …. März 2016 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 24. März 2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am …. März 2016 gab die Antragstellerin zu 1. im Wesentlichen an, dass sie Kroatin mit serbischer Staatsangehörigkeit sei. Sie seien wegen des staatlichen Impfzwangs ausgereist. Viele Kinder in Serbien bekämen dadurch Immunkrankheiten, wie Autismus oder Epilepsie, wie sie von mehreren Familien erfahren hätten. Familien, die ihre Kinder nicht impften, drohe eine Geldstrafe und die Entnahme des Sorgerechts. Ein weiterer Grund für die Ausreise sei der Betrug durch eine Firma, mit der sie einen Vertrag geschlossen hätten. Diese habe eine Gesetzeslücke ausgenutzt und falsche Ware geliefert und dann aufgrund der Abstammung der Antragstellerin zu 1. keine Entschädigung gezahlt. Beschwerden bei der Polizei seien nicht entgegengenommen worden. Verklagt hätten sie die Firma nicht, da das Gericht Nachweise brauche, die sie nicht hätten vorlegen können. Sie hätten schwarz zur Miete gewohnt, da der Vermieter keine Steuer habe zahlen wollen. Sie und ihre Kinder seien unter der alten Adresse gemeldet gewesen, so dass sie krankenversichert gewesen seien. Als ihre Firma pleite gewesen sei, hätten sie Sozialhilfe bekommen. Da sie eine feste Wohnung gewollt hätten, hätten sie einen Antrag auf 20 Hektar gestellt, dessen Bearbeitung von der Verwaltung verzögert worden sei. Am Ende hätten sie alles verloren. Auch vom kroatischen Staat würden sie nicht unterstützt, da die Antragstellerin zu 1. zur Hälfte Serbin sei.
Mit Bescheid vom 29. März 2016, zugestellt am 1. April 2016, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Anträge auf subsidiären Schutz ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde ihnen die Abschiebung nach Serbien oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Zudem wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7).
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte offensichtlich nicht vorlägen. Die Antragsteller stammten aus einem sicheren Herkunftsstaat, so dass vermutet werde, dass sie nicht verfolgt würden. Sie hätten nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsstaat, in ihrem Falle die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung erfüllt seien. Dem Vorbringen, durch das Impfgesetz bedroht worden zu sein, lasse sich selbst bei Wahrunterstellung und wohlwollender Beurteilung keine konkrete Handlung entnehmen, die gezielt in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes Rechtsgut eingegriffen habe oder bei einer Rückkehr ohne entgegenstehende stichhaltige Gründe wiederholt oder erstmalig einzugreifen drohe und zudem bezwecke, die Antragsteller gezielt in einem der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG aufgeführten Verfolgungsgründe zu treffen. Die Antragstellerin zu 1. habe zudem keine genauen Angaben zu der Impfung und zu dem vom Gesundheitsministerium erlassenen Gesetz machen können. Außerdem handele es sich um eine staatliche Maßnahme, die die Bevölkerung schützen solle. Die Ausführungen zu der Diskriminierung durch die Firma aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit seien nicht als glaubhaft anzusehen, da sie in wesentlichen Punkten zu wenig konkret, detailliert und widersprüchlich seien. Im Übrigen stünde den Antragstellern eine staatliche bzw. gesetzliche Schutzalternative offen. Dass die Antragsteller keine Klage eingereicht hätten, sei bei objektiver Betrachtung nicht erklärlich. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes sei abzulehnen, insbesondere sei nichts vorgetragen oder vorgelegt worden, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die geltend gemachten Umstände gingen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbarer Situation lebten. Die Antragsteller hätten keine individuellen Gefahren geltend gemacht und die Antragstellerin zu 1. und ihr Lebensgefährte seien erwerbsfähig. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht im Stande sein würden, bei einer Rückkehr nach Serbien eine zumindest existenzsichernde Grundlage zu schaffen. Den Antragstellern drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben.
Der Asylantrag des Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1. wurde ebenfalls mit Bescheid vom 29. März 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Az. 6651264-170).
Am 8. April 2016 erhoben die Antragsteller zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage (M 17 K 16.30736) und beantragten gleichzeitig, die Antragsgegnerin im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde gemäß § 71 Abs. 5 AsylVfG abzusehen.
Zur Begründung verwies die Antragstellerin zu 1. auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt und führte aus, dass der Dolmetscher beim Interview ihre Sprache nicht so gut beherrscht habe, so dass ihre Gründe nicht korrekt wiedergegeben worden seien. In ihrem Heimatland bestehe seit Februar 2016 eine Impflicht und sie befürchteten, dass der Impfstoff nicht sauber sei. Aus Angst vor Epilepsie, Leukämie, Autismus und anderen autoimmunen Erkrankungen wollten sie ihre Kinder nicht impfen lassen. Man habe für den Fall der Nicht-Impfung angedroht, ihnen die Kinder wegzunehmen. Außerdem hätten sie einen Kredit aufnehmen wollen, diesen aber nicht erhalten. Sie hätten ihr Haus verkauft und in ein Unternehmen investiert, das ihnen aber nur minderwertigen Kompost geliefert habe, auf dem ihre geplante Pilzzucht nicht habe wachsen können. Die Polizei habe ihre Anzeige nicht angenommen, da sie Kroatin sei. Da ihr Mann keinen offiziellen Wohnsitz habe, könne er keine Sozialleistungen und keine Krankenkasse in Anspruch nehmen. Auch das Programm der Bundesrepublik Deutschland namens Kinderdorf habe keine Unterstützungen gezahlt, da das dortige Personal sowie die Sozialarbeiter, die Wohnungen vermittelten, korrupt seien. Ihrer Familie solle noch Land zurückübertragen werden, das Verfahren werde aber sehr langsam betrieben, da sie Kroatin sei. Auch in Kroatien würde sie keine Hilfe bekommen, da ihr Mann Serbe sei.
Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 16.30736 sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag, die Antragsgegnerin im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde gemäß § 71 Abs. 5 AsylVfG abzusehen, ist unzulässig.
Nach § 123 Abs. 5 VwGO gelten die Vorschriften des § 123 Abs. 1 bis 3 VwGO nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a VwGO, also dann, wenn – wie hier – vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist. Grundlage für eine Abschiebung der Antragsteller ist die im Bescheid vom 29. März 2016 ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Gegen diesen belastenden Verwaltungsakt ist richtige Klageart die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO, so dass im vorläufigen Rechtsschutz ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist.
2. Selbst wenn man den Antrag als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auslegen würde, wäre dieser dann zulässige Antrag unbegründet:
2.1 Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich (vgl. §§ 29a, 30 AsylG) nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S.v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – Inf-AuslR 1993, 196).
2.2 An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.
a) Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte (Art. 16a GG) scheidet schon deswegen aus, weil die Antragsteller auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylG eingereist sind.
b) Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigte oder als Flüchtlinge rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Antragsteller nicht erkennbar.
Das Heimatland der Antragsteller, Serbien, ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich diese als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – juris Rn. 65). Gegen die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat bestehen aber weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken. Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Meinung der deutschen Verwaltungsgerichte, der sich das Gericht anschließt (vgl. VG Regensburg, B.v. 24.2.2015 – RN 6 S 15.30120 – juris Rn. 18; VG Bayreuth, B.v. 13.2.2015 – B 3 S 15.30041 – juris Rn. 17; VG Berlin U.v. 28.01.2015 – 7 K 546.15 A – juris Rn. 19-32; B. v. 9.12.2014, 7 L 603.14 A – juris; VG Hamburg B.v. 6.3.2015 – 5 AE 270/15 – juris Rn. 4; VG Gelsenkirchen, B.v. 29.1.2015 – 19a L 94/15.A; VG Oldenburg B.v. 9.4.2015 – 7 B 1548/15 – juris Rn. 22; VG Aachen, B.v. 3.2.2015 – 9 L 680/14.A – juris Rn. 9; a. A. VG Münster, Beschl. v. 27.11.2014, 4 L 867/14.A – juris sowie Bader in InfAuslR, 2015, 69 ff.).
Die Antragsteller haben die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Insoweit wird auf die im Bescheid der Antragsgegnerin getätigten Ausführungen verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Es gibt keine Anzeichen für systematische Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Kroaten in Serbien. Vielmehr bezeichnen laut Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 23. November 2015 (S. 8ff.) die meisten Minderheitenvertreter ihre eigene Situation als grundsätzlich zufriedenstellend. Im Übrigen hätten die Antragsteller die Möglichkeit, die Hilfe – übergeordneter – staatlicher Stellen und insbesondere der Gerichte in Anspruch zu nehmen. Dass sie nach eigenen Angaben keine Beweise für den Betrug der Firma haben, kann nicht zur Bejahung einer Verfolgung im Sinne von § 3 AsylG führen.
Soweit sich die Antragsteller auf wirtschaftliche Schwierigkeiten berufen, vermag dies schon mangels Anknüpfung an die dort genannten Merkmale keine Verfolgung im Sinne von § 3 AsylG zu begründen.
c) Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abgelehnt sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint. Das Gericht nimmt auch insoweit vollumfänglich auf die Begründung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
aa) Die geltend gemachte Furcht vor Erkrankungen der Antragsteller zu 2. und 3. aufgrund der Impfflicht in Serbien stellt kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u.a – juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56).
Diese Rechtsprechung hat nunmehr auch in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG seinen Niederschlag gefunden, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vorliegt bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Abgesehen davon, dass die Befürchtungen der Antragsteller durch nichts belegt wurden, handelt es sich bei dem Eintreten von Nebenwirkungen aufgrund Impfungen um zukünftige und hypothetische Auswirkungen und damit nicht um greifbare und konkrete Ereignisse im Sinne der oben genannten Rechtsprechung. Von einer erheblichen konkreten Gefahr und damit von einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis kann daher nicht ausgegangen werden.
bb) Eine etwaige Geltendmachung der Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen aufgrund einer bestehenden Ehe bzw. eines etwaigen Familienverbands (Art. 6 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK) wäre kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern ein im Rahmen von § 60a AufenthG zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, für das sich die Antragsteller auf einen Antrag auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde verweisen lassen müssen (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 18.5.2010 – 11 LB 186/08 – juris Rn. 47; OVG Berlin-Bbg. B.v. 30.4.2013 – OVG 12 S 25.13 – juris unter Hinweis auf § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; BVerwG, U.v. 25.9.1997 – 1 C 6/97 – juris).
cc) Gleiches gilt für den Umstand, dass die Antragsteller zu 2. und 3. als Minderjährige nicht getrennt von ihren Eltern nach Serbien zurückkehren können (vgl. § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG).
d) Schließlich ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie die Festsetzung bzw. Befristung der Einreise- und Aufenthaltsverbote (§ 11 AufenthG) nicht zu beanstanden.
Der (gerichtskostenfreie, § 83b AsylG) Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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