Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilrechtsantrag gegen die Abberufung als Elternbeiratsvorsitzender

Aktenzeichen  7 CE 17.1522

Datum:
19.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123 Abs. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 86

 

Leitsatz

1 Allein die Tatsache, dass der Elternbeiratsvorsitzende nach seiner Abberufung im Gremium nicht mehr den Vorsitz führt und die mit dem Amt verbundenen Einflussmöglichkeiten verliert, erscheint nicht von einem Gewicht, das die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würde. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es spricht viel dafür, dass auf die Abberufung des oder der Elternbeiratsvorsitzenden Art. 86 BayVwVfG anzuwenden ist. Das Willkürverbot und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bilden die äußerste Grenze der Zulässigkeit der Abberufung des oder der Elternbeiratsvorsitzenden. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 3 E 17.2188 2017-07-17 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Thomas Hummel für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, bei der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe geprüft werden, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu Recht abgelehnt. Zur Begründung wird auf die insoweit zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Sie werden zum Gegenstand dieser Entscheidung gemacht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die vom Antragsteller beantragte einstweilige Anordnung die Hauptsache zwar nur zeitweise, jedoch mit der Möglichkeit der Schaffung vollendeter Tatsachen, vorweg nehmen würde. Der oder die Vorsitzende des Elternbeirats beruft die Sitzungen des Gremiums ein und bestimmt die Tagesordnung, mithin die zu behandelnden Gegenstände, zu denen der Elternbeirat Beschlüsse fasst. Der oder die Elternbeiratsvorsitzende hat deshalb wesentlichen Einfluss auf die Arbeit des Gremiums und dessen Mitwirkung bei den schulischen Angelegenheiten. Der Antragsteller kann dem nicht entgegen setzen, dass auch die Ablehnung seines Antrags eine regelnde Wirkung in Bezug auf den Vorsitz des Elternbeirats hat, weil er es ist, der eine Änderung gegenüber dem Status quo beantragt und insoweit eine Vorwegnahme seines Rechtsschutzziels begehrt.
Richtig legt das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache dann zulässig erscheint, wenn sonst dem Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen und ferner ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch auch begründet ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014 § 123 Rn. 66a). Entscheidend für die Frage, ob schwere und unerträgliche, nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen, ist das Gewicht des Anordnungsgrundes (Happ a.a.O.).
Schwere und unerträgliche Nachteile, die nachträglich nicht mehr beseitigt werden können, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass er im Gremium nicht mehr den Vorsitz führt und er auch nicht die genannten Einflussmöglichkeiten hat, erscheint nicht von einem Gewicht, das die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würde. Dies gilt auch, soweit er in weiteren Gremien, wie dem Schulforum, dem Mensaausschuss oder dem Schulentwicklungsteam nicht mehr vertreten ist und insbesondere im Hinblick darauf, dass von ihm die Herausgabe der Kasse des Elternbeirats gefordert wird. Eine Pflichtenkollision, die ihn möglicherweise Schadensersatzansprüchen aussetzen würde, ist nicht erkennbar.
Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache erfolgreich sein wird. Ihm ist zuzugeben, dass der Vorsitzende eines Elternbeirats nicht ohne weiteres abgewählt werden kann. Nachdem einschlägige Vorschriften im Schulrecht nicht bestehen und sich auch die Geschäftsordnung des Elternbeirats hierzu ausschweigt, spricht viel dafür, dass auf die Abberufung des oder der Elternbeiratsvorsitzenden Art. 86 BayVwVfG anzuwenden ist. Danach kann ein ehrenamtlich Tätiger abberufen werden, wenn ein wichtiger Grund hierfür vorliegt, der nicht allein in einer gröblichen Pflichtverletzung (Art. 86 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG) bestehen muss. Jedenfalls bilden das Willkürverbot und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die äußerste Grenze der Zulässigkeit der Abberufung des oder der Elternbeiratsvorsitzenden.
Der Vorwurf gegenüber dem Antragsteller, er sei seiner Pflicht zur Ladung zu einer Sitzung des Elternbeirats nicht nachgekommen, ist offenkundig nicht der tiefere Grund für seine Abberufung und die seines Stellvertreters. Vielmehr gibt es offensichtlich tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten im Gremium über die Gestaltung der Beziehungen zur Schulleitung. Hierzu kann dem Beschwerdevorbringen nichts entnommen werden, so dass aufgrund der dargelegten Gründe die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht abgeschätzt werden können. Im Übrigen wäre im Hauptsacheverfahren gegebenenfalls Beweis zu erheben, so dass auch insoweit die Erfolgsaussichten offen sind.
Der Prozesskostenhilfeantrag war mangels hinreichender Erfolgsaussichten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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