Verwaltungsrecht

Erfolgloser Prozesskostenhilfeantrag für Klage auf Erteilung einer Duldung

Aktenzeichen  10 C 20.1350

Datum:
16.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4202
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 166 Abs. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Für eine Verpflichtungsklage auf Erlass einer Duldung fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragsgegner bzw. Beklagte den Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung von Anfang an bejaht und die Ausstellung einer entsprechenden befristeten Bescheinigung (s. § 60a Abs. 4 AufenthG) zugesagt bzw. in Aussicht gestellt hat. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 K0 20.588 ; M 25 E0 20.589 2020-05-26 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, ihm für eine noch zu erhebende Klage auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer Duldung und ein auf dasselbe Begehren gerichtetes einstweiliges Rechtsschutzverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weiter.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 146 Abs. 1 VwGO), aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten des Eilantrags und der Klage nicht vorlagen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, also wenn dieser vollständig vorliegt und der Prozessgegner Gelegenheit zur Äußerung hatte.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass weder für die beabsichtigte Verpflichtungsklage (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) noch für den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife hinreichende Erfolgsaussichten bestanden.
Streitgegenstand der beabsichtigten Verpflichtungsklage des Antragstellers ist die Rechtsbehauptung, er sei durch die rechtswidrige Ablehnung oder Unterlassung des beantragten Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt, weil er einen Anspruch auf Erlass der begehrten Duldung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO; vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 40 m.w.N.). Für eine solche Verpflichtungsklage fehlt es nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts bereits am Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers, weil er die von ihm angestrebte Erteilung der Duldung auf einfacherem Weg erreichen kann. Denn der Antragsgegner bzw. Beklagte hat den Rechtsanspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Duldung wegen tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) aufgrund fehlender Reisedokumente von Anfang an bejaht und die Ausstellung einer entsprechenden befristeten Bescheinigung (s. § 60a Abs. 4 AufenthG) zugesagt bzw. in Aussicht gestellt. Daran hat sich seither auch nichts geändert. Vielmehr hat die Ausländerbehörde zuletzt mit E-Mail vom 19. August 2020 mitgeteilt, dass weiterhin Duldungsbescheinigungen mit einer Gültigkeitsdauer von drei Monaten ausgestellt würden und die Duldung zuletzt dem Bevollmächtigten des Antragstellers ausgehändigt worden sei.
Nicht Streitgegenstand der Verpflichtungsklage ist die zwischen den Beteiligten (zeitweilig) wohl allein streitige Frage, ob der Antragsteller u.a. zur persönlichen Aushändigung der Duldung bei der Ausländerbehörde vorsprechen muss oder die Aushändigung auch an seinen mit Vorsorgevollmacht bevollmächtigten Vertreter verlangen kann.
Insofern wäre die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers (Verpflichtungsklage) im Übrigen auch mutwillig im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO, weil eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung derartiger Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde.
Für den daneben beabsichtigten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO fehlt es demgemäß nicht nur am Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 34), sondern auch am erforderlichen Anordnungsgrund. Denn der Antragsteller hat nicht ansatzweise glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung die Verwirklichung seines Rechts (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung – Duldung) vereitelt oder unzumutbar erschwert würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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