Verwaltungsrecht

Erfolgloses Berufungszulassung: Anfechtung der Beseitigungsanordnung für eine Garage

Aktenzeichen  1 ZB 21.59

Datum:
26.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4230
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1. Der Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber einem Dritten betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung, sondern allein die Frage ihrer Durchsetzbarkeit im Wege des Verwaltungszwangs. Sie wirkt sich daher nur auf die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung aus. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wenn der Duldungsverpflichtete den Vollzug behindert, hat die durch die durch die Beseitigungsanordnung Verpflichtete um hoheitliche Unterstützung der Vollstreckungsbehörde nachzusuchen, die die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung der Duldungsverpflichtung treffen kann. Damit liegt keine Vollstreckungshindernis vor. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 9 K 17.1736 2020-09-23 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin wendet sich gegen die Beseitigungsanordnung für eine Garage, die sie als Bauträgerin errichtet hat. Die Garagenzeile wurde entgegen den genehmigten Plänen nicht 1,5 m von der straßenseitigen Grundstücksgrenze entfernt errichtet, sondern nur mit einem Abstand von ca. 0,6 m. Eine nachträgliche Genehmigung der Bestandssituation wurde mit Bescheid vom 22. Januar 2016 bestandskräftig abgelehnt. Mit Bescheid vom 24. März 2017 verpflichtete die Beklagte die Klägerin, die straßenseitige Garage (Planbezeichnung Garage WHG 4) innerhalb von fünf Monaten nach Unanfechtbarkeit des Bescheides zu beseitigen und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der Verpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro an. Weiter erging an den Eigentümer bzw. Nutzer der straßenseitigen Garage eine Duldungsanordnung mit Zwangsgeldandrohung. Die Duldungsanordnung wurde nicht angegriffen. Die Klage gegen die Beseitigungsanordnung hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. September 2020 abgewiesen.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall.
Die Klägerin wendet im Zulassungsverfahren lediglich ein, dass ihr der Vollzug des erstinstanzlichen Urteils durch den Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Garage verwehrt werde, sie könne den angeordneten Rückbau nicht in die Tat umsetzen. Unabhängig von der Frage, ob dieser Vortrag den Darlegungspflichten (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) genügt, wird damit weder die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung noch der Zwangsgeldandrohung in Frage gestellt.
Mit dem Bescheid vom 24. März 2017 hat die Beklagte zwei eigenständige Anordnungen getroffen, eine zwangsgeldbewehrte Beseitigungsanordnung und eine zwangsgeldbewehrte Duldungsanordnung, und diese den jeweiligen Betroffenen zugestellt. Der Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber einem Dritten betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung, sondern allein die Frage ihrer Durchsetzbarkeit im Wege des Verwaltungszwangs. Sie wirkt sich daher, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nur auf die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung aus. Muss ein zu bauordnungsrechtlichen Maßnahmen herangezogener Verantwortlicher zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in Rechte Dritter eingreifen und ist der Dritte nicht bereit, den Eingriff in seine Rechte zu dulden, so besteht ein Vollzugshindernis. Es bedarf dann einer Duldungsanordnung gegenüber dem Dritten zur Durchsetzung des bauordnungsrechtlichen Vollzugs (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 32). Diese ist ein Gestaltungsakt, der zivilrechtliche Ansprüche des Duldungsverpflichteten, die dem Vollzug entgegenstehen, ausschließt. Sie ist weiter eine vollstreckungsfähige Anordnung, durch die dem Duldungspflichtigen untersagt wird, den Vollzug zu behindern (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – BayVBl 2002, 275).
Der Eigentümer der Garage hat die Duldungsanordnung nicht angegriffen, so dass bereits nicht ersichtlich ist, dass er die Beseitigung der Garage nicht dulden wird. Soweit die Klägerin mit ihrem Einwand rügen möchte, dass es ihr an der Möglichkeit fehle, diese Verpflichtung hoheitlich durchzusetzen, ist zwar richtig, dass die Klägerin die Duldungsanordnung nicht selbst vollstrecken kann. Sie hat aber, wenn der Duldungsverpflichtete gleichwohl den Vollzug behindert, um hoheitliche Unterstützung der Vollstreckungsbehörde nachzusuchen, die die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung der Duldungsverpflichtung treffen kann (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – BayVBl 2002, 275). Das geltend gemachte Vollstreckungshindernis ist damit nicht gegeben.
Soweit gerügt wird, dass der Verpflichtete nicht zum Klageverfahren beigeladen worden sei, ist zum einen ein Verfahrensfehler nicht ansatzweise dargelegt worden, zum anderen ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen, dass der Eigentümer bzw. Nutzer der zu beseitigenden Garage an dem Klageverfahren über die Beseitigungsanordnung nicht zu beteiligen ist. Er ist nur von der ergangenen Duldungsanordnung betroffen, die er aber nicht angegriffen hat.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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