Verwaltungsrecht

Erfolgreicher Eilantrag gegen Abschiebung wegen fehlender Mitteilung bei Folgeantrag

Aktenzeichen  M 25 E 18.1945

Datum:
24.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 7569
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
AufenthG § 60a Abs. 2
AsylG § 71 Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

1 Das Fehlen einer Mitteilung nach § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG stellt ein rechtliches Hindernis nach § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG dar. Die Abschiebung ist bis zum Ergehen dieser Mitteilung unzulässig ist. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Anspruch des Antragstellers auf vorläufige Untersagung der Abschiebung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Folgeverfahrens besteht nicht, ein solcher widerspräche der gesetzlichen Wertung des § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Dem Antragsgegner wird untersagt, den Antragsteller abzuschieben, bevor ihm gegenüber eine Mitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge nach § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG ergangen ist. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
III. Der Streitwert wird auf Euro 1.250,- festgesetzt.
IV. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin I. L. bewilligt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Aussetzung seiner bevorstehenden Abschiebung nach Afghanistan.
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und reiste am 29. Dezember 2009 als unbegleiteter Minderjähriger in das Bundesgebiet ein. Sein in der Folge gestellter Asylantrag wurde vom Bundesamt abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage zum Verwaltungsgericht wurde abgewiesen, das Urteil ist seit 4. Juli 2012 rechtskräftig. Wegen der den Antragsteller betreffenden Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 8. Februar 2018 (M 25 E 18.368) Bezug genommen.
Der Antragsteller hat am 23. April 2018 Asylfolgeantrag gestellt, über den bis zum Ergehen dieses Beschlusses nicht entschieden ist.
Mit Schreiben vom 24. April 2018, per Fax eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Bevollmächtigte des Antragstellers beantragt,
„Dem Antragsgegner wird untersagt, den Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Asylfolgeverfahrens nach Afghanistan abzuschieben. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe bewilligt und die Unterzeichnende beigeordnet“
Zur Begründung hat die Antragstellerseite im Wesentlichen vorgetragen, die Antragsgegnerin bereite derzeit – entgegen einer der Bevollmächtigten des Antragstellers gegebenen Zusicherung – die Abschiebung des Antragstellers vor, obwohl über den Folgeantrag noch nicht entscheiden sei. Am 24. April 2018 starte ein Flugzeug mit Abzuschiebenden nach Afghanistan.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die Akten in den Verfahren M 25 K 18.367 sowie M 25 E 18.368 Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Der Antragsteller hat einen Folgeantrag gestellt, über den auch nach telefonischer Auskunft der Regierung von Oberbayern am Vormittag des 24. April 2018 noch nicht entschieden war. Eine Mitteilung nach § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG lag daher zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor, so dass die Abschiebung bis zum Ergehen dieser Mitteilung unzulässig ist. Damit liegt derzeit ein rechtliches Hindernis nach § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG vor.
Soweit der Antragsteller darüberhinausgehend die vorläufige Untersagung der Abschiebung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Folgeverfahrens beantragt hat, war der Antrag abzulehnen. Ein derartiger Anspruch des Antragstellers entgegen der gesetzlichen Wertung des § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG ist nicht ersichtlich. Die Möglichkeit nach Abschluss des Folgeverfahrens Eilrechtschutz im Hinblick auf die Mitteilung nach § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG zu suchen, bleibt dem Antragsteller unbenommen.
Dem Antragsteller war im Hinblick auf den jedenfalls teilweise erfolgreichen Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die Bevollmächtigte beizuordnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 8.3 (entsprechend) des Streitwertkatalogs.


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