Verwaltungsrecht

Erfolgreicher Eilantrag nach Einstellung des Asylverfahrens nach § 33 AsylG

Aktenzeichen  B 4 S 17.31002

Datum:
6.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3
AsylG AsylG § 10 Abs. 1, Abs. 5, § 24, § 25, § 32 S. 1, § 33 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 2, § 75 Abs. 1
RL 2013/32/EU Art. 12 Abs. 1 lit. a
BayVwZVG BayVwZVG Art. 3 Abs. 2 S. 1
ZPO ZPO § 177, § 178 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1 Asylbewerber sind auch bei einer Berufstätigkeit verpflichtet, mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, ob und bis wann fristgebundene asylrechtliche Verfahrenshandlungen vorzunehmen sind. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Hinweis nach § 33 Abs. 4 AsylG muss in einer dem Antragsteller verständlichen Sprache ergehen. Dies folgt aus Art. 12 Abs. 1 lit. a RL 2013/32/EU, § 24 Abs. 1 S. 2 AsylG und dem Grundsatz eines fairen Verfahrens. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage Az. B 4 K 17.31003 gegen die mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.03.2017 verfügte Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begeht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die ihm gegenüber erlassene Abschiebungsandrohung nach Mali.
Der ledige Antragsteller ist Staatsangehöriger der Republik Mali, bekennt sich zum Islam und gehört zum Volk der Sarahule. Nach eigenen Angaben reiste er mit einem Visum der Türkischen Botschaft in Bamako Ende 2012 in die Türkei ein und gelangte nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in der Türkei über die „Balkanroute“ nach Österreich. Von dort reiste er im Februar 2015 ohne Pass und Ausweispapiere ins Bundesgebiet ein. Am 05.10.2015 stellte er in München einen Asylantrag und gab dabei als Erstsprache Soninke und als Zweitsprache Französisch an.
Nach seiner Erstbefragung am 05.10.2015, die in Soninke durchgeführt wurde, händigte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) eine Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und Allgemeine Verfahrenshinweise in deutscher und in französischer Sprache aus.
Nachdem der Antragsteller ab 26.03.2015 zunächst der Dezentralen Unterkunft für Asylbewerber in P … (Landkreis B …) zugewiesen. war, hat er seit 13.12.2016 seinen Wohnsitz in der Staatliche Gemeinschaftsunterkunft I in K ….
Mit Schreiben vom 02.02.2017 lud das Bundesamt – Außenstelle München den Antragsteller auf den 16.02.2017 zur persönlichen Anhörung in München. Als Adresse des im behördlichen Verfahren anwaltlich nicht vertretenen Antragstellers ist die Staatliche Gemeinschaftsunterkunft I in K … angegeben. In dem in deutscher Sprache verfassten Schreiben, dem keine französische Übersetzung beigefügt ist, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG in der seit 17.03.2016 geltenden Fassung der Antrag als zurückgenommen gilt, wenn der Antragsteller zu diesem Termin nicht erscheint. Eine Empfangsbestätigung betr. dieses Hinweises findet sich nicht bei den Akten.
Auf der vom 08.02.2017 datierenden Postzustellungsurkunde vermerkte der Postbedienstete, er habe das Schriftstück im verschlossenen Umschlag zu übergeben versucht. Weil die Ersatzzustellung in der Gemeinschaftsunterkunft nicht möglich gewesen sei, werde das Schriftstück im Postbank Center K … niedergelegt. Die schriftliche Mitteilung der Niederlegung habe er in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft eingelegt.
An der persönlichen Anhörung am 16.02.2017 nahm der Antragsteller nicht teil.
Mit Schreiben vom 22.02.2017, eingegangen am 23.02.2017, teilte der Antragsteller dem Bundesamt – Außenstelle München mit, er habe erst am 20.02.2017 die Benachrichtigung an der Zimmertür vorgefunden, dass für ihn ein Brief bei der Post niedergelegt sei. Er arbeite täglich von 07.00 Uhr früh bis 16.45 Uhr am Nachmittag. Vielleicht habe der Hausmeister der Unterkunft ihn deshalb erst so spät benachrichtigt. Er bitte, ihm einen neuen Anhörungstermin zu geben.
Mit Bescheid vom 10.03.2017 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Ziffer 1). Weiter stellte die Behörde fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2). Sie forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und drohte ihm widrigenfalls die Abschiebung nach Mali an (Ziffer 3). Schließlich befristete sie das gesetzliche Einreise.- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. (Ziffer 4).
Zur Begründung führt die Behörde aus, der Antragsteller sei ohne genügende Entschuldigung zu seiner auf 16.02.2017 terminierten Anhörung nicht erschienen. Deshalb werde vermutet, dass er das Verfahren nicht betreibe.
Mit Schriftsatz vom 23.03.2017,eingegangen am 24.03.2017, haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.03.2017 aufzuheben, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides das Asylverfahren fortzuführen, hilfsweise unter Aufhebung des Bescheides den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Zugleich haben die Prozessbevollmächtigten ebenfalls am 23.03.2017 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig, weil der Asylantrag nicht wegen Nichtbetreibens des Verfahrens als zurückgenommen gelten könne. Die Vermutung, der Antragsteller habe das Verfahren nicht betrieben, weil er der Aufforderung zur Anhörung nicht nachgekommen sei, gelte nicht. Das Versäumnis beruhe darauf, dass ihm die Ladung nicht zugestellt worden sei, also auf Umständen, auf die er keinen Einfluss hatte.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 03.04.2017, eingegangen am 05.04.2017, beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Begründung des angegriffenen Bescheides.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, der als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in Ziffer 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 10.03.2017 verfügten Abschiebungsandrohung auszulegen ist, ist zulässig und begründet.
a) Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist er statthaft.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage durch Bundesgesetz entfallen ist. Klagen gegen Entscheidungen nach dem AsylG haben nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 und der §§ 73, 73 b und 73 c aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylG). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil die Antragsgegnerin das Asylverfahren gestützt auf §§ 32 Satz 1, § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. AsylG eingestellt hat, so dass sich die Ausreisefrist nicht aus § 38 Abs. 1, sondern aus § 38 Abs. 2 AsylG ergibt.
b) Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt. Die Interessenabwägung geht hier zu Gunsten des Antragstellers aus, weil die Abschiebungsandrohung bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung ist § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach erlässt das Bundesamt gemäß §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. Scheitert die Gewährung von Asyl, Flüchtlings – und subsidiärem Schutz daran, dass der Antrag als zurückgenommen gilt, ist außerdem zu prüfen, ob der Ausländer gemäß § 33 Abs. 1 AsylG das Verfahren nicht betreibt. Ein Nichtbetreiben wird u.a. dann vermutet, wenn der Ausländer einer Aufforderung gemäß § 25 AsylG zur persönlichen Anhörung nicht nachgekommen ist (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. AsylG) und nicht unverzüglich nachweist, dass das Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte (§ 33 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. AsylG). Gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die sich aus Abs. 1 ergebende Rechtsfolge schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.
Legt man diese Voraussetzungen zugrunde, hat die Antragsgegnerin die Abschiebungsandrohung nach Mali zu Unrecht erlassen. Denn die Behörde durfte nicht davon ausgehen, dass dem Antragsteller weder Asylnoch Flüchtlings- oder subsidiärer Schutz zu gewähren ist und dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, weil die Antragsgegnerin nicht von einer fiktiven Antragsrücknahme aufgrund Nichtbetreibens gemäß § 33 Abs. 1 AsylG ausgehen durfte.
aa) Zwar spricht viel dafür, dass der Antragsteller, der an der Anhörung nicht teilnahm, nicht nachgewiesen hat, dass er die persönliche Anhörung, zu der er mit dem ihm am 08.02.2017 zugestellten Schreiben vom 02.02.2017 aufgefordert wurde, aus Umständen versäumt hat, auf die er keinen Einfluss hatte.
aaa) Das Ladungsschreiben vom 02.02.2017 wurde dem Antragsteller am 08.02.2017 zugestellt.
Die Zustellung des Schreibens erfolgte gemäß Art. 3 BayVwZVG durch die Post mit Zustellungsurkunde. Die Ausführung der Zustellung richtet sich deshalb gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG nach §§ 177 bis 182 ZPO. Da das Schriftstück dem Antragsteller, der am 08.02.2017 nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern aushäusig bei der Arbeit war, nicht gemäß § 177 ZPO übergeben werden konnte, musste eine Ersatzzustellung erfolgen, die auch Asylbewerbern gegenüber zulässig ist (§ 10 Abs. 5 AsylG). Gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann dann, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in der Gemeinschaftsunterkunft, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird, das Schriftstück dem Leiter der Gemeinschaftsunterkunft oder einen bevollmächtigten Vertreter durch Übergabe zugestellt werden. Seit der Neuregelung der Ersatzzustellung in Einrichtungen durch § 178 ZPO in der seit 01.01.2002 gültigen Fassung ist es dazu nicht mehr erforderlich, dass der Postzusteller zuvor den Adressaten in seinem Zimmer aufsucht, sondern es reicht aus, dass der Postzusteller den Asylbewerber im allgemein zugänglichen Teil der Gemeinschaftsunterkunft nicht antrifft (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Dezember 2016, § 10 AsylG Rn.65; anders noch VGH BW, B. v. 05.02.1999 – A 9 S 8/99 – NVwZ Beilage 1999, 42, 42f. zu § 181 II ZPO a. F.). Ist eine Ersatzzustellung an den Leiter der Einrichtung oder einen bevollmächtigten Vertreter nicht ausführbar, kann gemäß § 181 Abs. 1 ZPO, Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG das Schriftstück bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung niedergelegt werden. Diesen Weg der Ersatzzustellung hat der Postzusteller gewählt und das Postbank Center K … für die Niederlegung bestimmt. Außerdem hat er gemäß § 181 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine Mitteilung über die Niederlegung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben, indem er sie in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft eingelegt hat. Dies hatte zur Folge, dass das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung am 08.02.2017 als zugestellt gilt (§ 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
bbb) Der Antragsteller hat sich pflichtwidrig keine rechtzeitige Kenntnis vom Ladungsschreiben verschafft.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG hat der Ausländer während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes stets erreichen können. Deshalb trifft ihn auch die Pflicht, beim Heimleiter und anderen Empfangsberechtigten nachzufragen, ob Post für ihn gekommen ist (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 10 AsylG Nr. 6). Dies gilt umso mehr dann, wenn es der Gepflogenheit in der Gemeinschaftsunterkunft entspricht, dass der Hausmeister die Post, wie hier die Mitteilung über das niedergelegte Ladungsschreiben nicht von sich aus verteilt, sondern von den Bewohnern verlangt, dass sie regelmäßig nach eingegangener Post nachfragen. Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe während der Sprechstunden des Hausmeisters außerhalb gearbeitet. Denn der Sinn seines Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens liegt allein in der Klärung seiner Asylberechtigung bzw. der sonst von ihm geltend gemachten Schutzrechten. Andere berechtigte oder unberechtigte Interessen haben dahinter zurückzutreten (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, a.a.O. § 74 AsylG Rn. 21). Dementsprechend ist er verpflichtet, mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass er trotz seiner Berufstätigkeit rechtzeitig erfährt, wann fristgebundene asylrechtliche Verfahrenshandlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorzunehmen sind.
Da der Antragsteller deshalb aus Umständen. auf die er Einfluss hatte, die persönliche Anhörung versäumt hat, greift zu seinen Lasten die Vermutung ein, dass er das Verfahren nicht betrieben hat.
bb) Die Antragsgegnerin durfte den Asylantrag dennoch nicht als zurückgenommen behandeln, weil der Antragsteller nicht in einer den rechtlichen Erfordernissen entsprechenden Art und Weise auf die Rücknahmefiktion hingewiesen worden war.
Gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die nach Absatz 1 eintretende Rechtsfolge schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.
Diese Hinweispflicht hat das Bundesamt nicht mit der Aushändigung der Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten in deutscher und französischer Sprache am 05.10.2015 erfüllt. Denn damals konnte das Bundesamt noch nicht auf die für die Ladung vom 02.02.2017 maßgeblichen Regelungen des § 33 AsylG in der seit 17.03.2016 geltenden Fassung hinweisen (vgl. VG Arnsberg, B. v. 16.02.2017 – 2 L 134/17 A – juris Rn. 15f.).
Die Ladung zur persönlichen Anhörung vom 02.02.2017 enthielt zwar einen inhaltlich nicht zu beanstandenden Hinweis auf die sich für den Antragsteller ergebenden Rechtsfolgen bei Nichterscheinen auf der Grundlage des nunmehr geltenden § 33 AsylG.
Die Antragsgegnerin hat allein damit allerdings auch damit die Erfordernisse nicht erfüllt, weil der Hinweis nicht auch in französischer Sprache erging, obwohl die Behörde nicht davon ausgehen durfte, dass der Antragsteller ausreichend Deutsch versteht.
Zwar schreibt § 33 Abs. 4 AsylG nicht ausdrücklich vor, dass ein Hinweis in deutscher Sprache nicht ausreicht. Gemäß Art. 12 Abs. 1 a Satz 1 und 2 Richtlinie 2013/32/EU v. 26.06.2013 (Verfahrensrichtlinie), ABl EU L180/60, werden die Antragsteller jedoch in einer Sprache, die sie verstehen u.a. über ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens und über die Folgen einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rücknahme des Antrags informiert. Dementsprechend regelt § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylG, dass das Bundesamt nach der Asylantragstellung den Ausländer in einer Sprache, deren Kenntnis deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann u.a. über seine Pflichten im Verfahren unterrichtet. Im Hinblick auf die weitreichenden Folgen, die mit dem Eintritt der Rücknahmefiktion verbunden sind, gebieten es diese Vorschriften und der Grundsatz eines fairen Verfahrens, dass der Hinweis gemäß § 33 Abs. 4 AsylG insbesondere dann, wenn der Antragsteller nicht anwaltlich vertreten ist, (auch) in einer dem Antragsteller verständlichen Sprache ergeht (so zu § 33 AsylG a.F. unter Verweis auf § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG BVerwG, U. v. 05.09.2013 – 10 C 1/13 – BVerwGE 147,329/342 = NVwZ 2014, 158/161 jew. Rn. 31; zu § 33 AsylG n.F. VG Arnsberg, B. v. 16.02.2017 – 2 L 134/17.A – juris Rn. 17 – 23; VG Düsseldorf, B. v. 16.02.2017 – 2 L 108/17.A – juris Rn. 16f.; VG Minden, B. v. 28.02.2017 – 10 L 162/17.A, juris Rn. 40f.; a. A. VG Augsburg, U. v. 13.03.2017 – Au 3 K 16.32293 – juris Rn. 20f.).
Darüber hinaus liegt auch keine Empfangsbestätigung des Antragstellers oder eines Dritten vor, d.h. eine Erklärung, dass der Hinweis vom Antragsteller oder einem Dritten persönlich entgegengenommen wurde (vgl. VG Kassel, B. v. 06.03.2017 – 6 L 437/17. KS.A – juris Rn.15).
Da die formellen Voraussetzungen für die Belehrung über die Rücknahmefiktion damit nicht eingehalten wurden, ist die Rücknahmefiktion nicht eingetreten, so dass die Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist von einer Woche aller Voraussicht nach rechtswidrig ist. Damit ist die aufschiebende Wirkung der Klage, soweit sie sich gegen die Abschiebungsandrohung richtet, anzuordnen.
2. Als unterliegender Teil trägt die Antragsgegnerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).
Hinweis:
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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