Verwaltungsrecht

Erfolgsloser Antrag auf vorläufige Zulassung zum Masterstudium, Psychologie an der LMU, Örtliches Auswahlverfahren, Wintersemester 2020/2021, Fehlender Antrag an die Hochschule zur außerkapazitären Zulassung

Aktenzeichen  M 3 E 20.4737

Datum:
16.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19884
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
§ 5 Satzung über die Qualifikation, die Zulassung und die Fächerwahl zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft an der LMU München

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ihre vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft (1. Fachsemester) bei der Ludwig-Maximilians-Universität in München zum Wintersemester 2020/2021.
Die Antragstellerin bestand mit Diplom vom 20. Juli 2020 die Prüfung im Bachelorstudiengang Psychologie an der Universität Wien mit der Gesamtnote 2,39.
Am 5. Juni 2020 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft.
Mit Bescheid des Antragsgegners vom 7. August 2020 lehnte der Antragsgegner die Zulassung der Antragstellerin wegen nicht ausreichender Qualifikationsvoraussetzungen für das beabsichtigte Studium ab.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 13. August 2020 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass sie alle Voraussetzungen für die Qualifikation für den Masterstudiengang Psychologie an der LMU München erfülle und die geforderten ECTS erreicht habe. Die Belege als Nachweis für ihre Leistungen legte sie dem Schreiben nochmals bei.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2020 kündigte der Antragsgegner die Zurückweisung des Widerspruchs an. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass bei der Bewerbung der Antragstellerin ein Nachweis über die Erbringung fachspezifischer ECTS-Punkte fehle. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung über die Qualifikation, die Zulassung und die Fächerwahl zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft an der LMU München vom 15. Mai 2012, geändert durch Satzung vom 28. Mai 2019, sei dem Antrag auf Bewerbung ein Nachweis über den Erwerb folgender Leistungen aus dem Erststudium beizufügen:
a) 15 ECTS-Punkte in Klinischer Psychologie,
b) 12 ECTS-Punkte in Neuropsychologie und/oder Biologischer Psychologie,
c) 12 ECTS-Punkte in Allgemeiner Psychologie und
d) 24 ECTS-Punkt in Statistischen Methoden und/oder Grundlagen Psychologischer Diagnostik, wobei in jedem dieser Teilfächer mindestens eine Note von 4,0 erreicht worden sein müsse.
Diese Voraussetzungen habe die Antragstellerin nicht dargelegt.
Mit Schriftsatz vom 28. September 2020, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten beantragen,
im Wege der einstweiligen Anordnung den Antragsgegner zu verpflichten, die Qualifikation der Antragstellerin für den Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft bei der Ludwig-Maximilians-Universität in München festzustellen und die Antragstellerin für den Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft zum Wintersemester 2020/2021 bei der Ludwig-Maximilians-Universität in München zuzulassen.
Zur Begründung wird ausgeführt, entgegen den Angaben im Ablehnungsbescheid vom 7. August 2020 erfülle die Antragstellerin alle Voraussetzungen für den beworbenen Masterstudiengang. Auf die näheren Ausführungen hierzu im Schriftsatz vom 28. September 2020 und 30. Oktober 2020 wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2020, bei Gericht am 7. Januar 2020 eingegangen, beantragt der Antragsgegner,
den Eilantrag kostenpflichtig abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt, grundlegende Voraussetzung für den Zugang zu einem Masterstudiengang sei der Nachweis der erforderlichen Qualifikation. Darüber hinaus müsse der Grad der Qualifikation ausreichen für eine Zulassung innerhalb der vorhandenen Ausbildungskapazität. Die Antragstellerin sei im Fachbereich „Statistische Methoden und/oder Grundlagen Psychologie Diagnostik“ auf 22 ETCS-Punkte gekommen. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d der Satzung über die Qualifikation, die Zulassung und die Fächerwahl zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft an der LMU München vom 15. Mai 2012, geändert durch Satzung vom 28. Mai 2019 (Zulassungssatzung), wären hierfür 24 ECTS-Punkte notwendig gewesen. Daher sei die Bewerbung abgelehnt worden. Im Rechtsbehelfsverfahren habe die Antragstellerin auf den Kurs „VU Techniken psychologisch-diagnostischer Verfahren“ mit 3 ECTS-Punkten hingewiesen. Dieser sei im Rahmen der Bewerbung nicht unter der entsprechenden Stelle im Online-Bewerbungsportal aufgeführt gewesen und daher auch nicht berücksichtigt worden. Da die Leistungen jedoch erbracht worden seien, könne hier eine Qualifikationsfeststellung erfolgen.
Allerdings habe die Antragstellerin selbst bei Feststellung der Qualifikation keine Zulassung im örtlichen Auswahlverfahren nach § 5 der Zulassungssatzung erhalten. Für das 1. Fachsemester im Wintersemester 2020/2021 hätten 66 Studienplätze vergeben werden können. Nach Ausschöpfung der vorhandenen Kapazitäten, nach der keine weiteren Studienplätze zur Verfügung ständen, habe die Bewerberin bzw. der Bewerber auf dem letzten Rangplatz die Abschlussnote 1,69. Die Abschlussnote der Antragstellerin betrage 2,39. Vor der Antragstellerin lägen aktuell 50 Bewerberinnen und Bewerber mit den Abschlussnoten von 1,69 bis 2,32 und zwei Bewerberinnen bzw. Bewerber mit gleicher Abschlussnote (2,39). Eine Zulassung im örtlichen Auswahlverfahren gemäß § 5 der Zulassungssatzung könne daher nicht erfolgen.
Auf die Antragserwiderung des Antragsgegners im Schriftsatz vom 18. Dezember 2020 führte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin im Schriftsatz vom 22. Januar 2021 unter anderem aus, die LMU München stelle im Schreiben vom 18. Dezember 2020 unstreitig, dass die Antragstellerin sich fristgerecht per Online-Portal bei der LMU beworben habe. Die LMU München habe nach Korrektur ihrer ablehnenden Mitteilung im angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 7. August 2020 auch ihre ablehnenden Ausführungen im Schreiben vom 14. Oktober 2020 im Rechtsbehelfsverfahren korrigiert. Der Nachweis der erforderlichen Qualifikation sei damit erbracht. Die Angaben hinsichtlich der vorhandenen Ausbildungskapazität seien sehr pauschal, sie fänden auch keine Stütze in den hier maßgeblichen Bewerbungsrichtlinien der Universität. Das jetzt angeführte Argument „Zulassungsbeschränkungen“ sei im Ablehnungsbescheid nicht mitgeteilt worden. Auf Grund der fehlerhaften Beurteilung der Qualifikation der Antragstellerin sei die Antragstellerin in dieses vorbenannte Auswahlverfahren gar nicht aufgenommen worden. Bereits hierin liege ein schwerwiegender formaler Fehler in der Bearbeitung, der nicht mehr geheilt werden könne. Auch sei die rechtliche Zulässigkeit des betreffenden Auswahlverfahrens zu verneinen. Denn allgemein gelte, dass dann, wenn der Staat mit öffentlichen Mitteln Ausbildungseinrichtungen schaffe, er auch verpflichtet sei, den freien und gleichen Zugang zu den Ausbildungseinrichtungen zu gewährleisten. Und wenn sich nun die mit der von der Universität für das Wintersemester 2020/2021 angegebene Note nur mit den Kapazitätsgrenzen der Universität erkläre, müsse die Kapazitätsgrenze auch transparent und überprüfbar und unter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dargelegt sein.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 1. Februar 2021 wurde die Antragspartei darauf hingewiesen, dass neben der Feststellung der Qualifikation für die Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie das örtliche Auswahlverfahren gemäß § 5 der Qualifikations/Zulassungssatzung der LMU durchlaufen werden müsse. Dieses Verfahren schließe als 2. Schritt, nach Feststellung der Qualifikation, an. Auf die Zulassungszahlsatzung vom 4. August 2020 der LMU wurde verwiesen. Die Unterlagen zur Kapazitätsberechnung wurden per E-Mail zugeleitet.
Mit Schriftsatz vom 5. März 2021 führte der Bevollmächtigte der Antragstellerin aus, im vorliegenden Verfahren sei der Antragstellerin bereits durch mehrfache fehlerhafte Feststellungen im ersten Schritt (Feststellung der Qualifikation) der Zugang zum zweiten Schritt (örtliches Auswahlverfahren) zu Unrecht verwehrt worden. Der Antragstellerin sei mithin zu Unrecht der Zugang zum örtlichen Auswahlverfahren verwehrt worden. Darin liege ein schwerwiegender formaler Fehler in der Bearbeitung der hier streitgegenständlichen Bewerbung der Antragstellerin mit nachhaltigen Folgen zum Nachteil der Antragstellerin. So sei in Folge der oben beschriebenen Fehler in Schritt 1 die Zahl der zu vergebenden Studienplätze unter den qualifizierten Bewerber/innen nicht rechtssicher korrekt entsprechend den Vorgaben der Zulassungszahlbeschränkungen vergeben worden. Für die Klärung sei maßgeblich, dass eine schlüssige Prüfung, ob der Antragstellerin bei fehlerfreier Feststellung ihrer Qualifikation aus der Zahl der zu vergebenden Studienplätze ein Studienplatz zugestanden hätte, sich nur mittels neuer und umfassender Aufarbeitung alle Bewerbungen zum hier streitgegenständlichen Masterstudiengang vornehmen lasse. Festgestellt werden müsse, ob der LMU München vergleichbare Fehler auch bei der Feststellung der Qualifikation anderer Bewerber/Innen unterlaufen seien. Es werde nochmals auf den aus Art. 19 Abs. 4 GG sich ergebenden Anspruch der Antragstellerin auf nachvollziehbare und nachprüfbare Begründung der hier verfahrensgegenständlichen Ablehnung verwiesen. Es werde nunmehr auch
ein Anspruch auf außerkapazitäre Zulassung zum hier streitgegenständlichen Masterstudiengang gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
I.
Der Antrag auf innerkapazitäre (vorläufige) Zulassung zum Masterstudiengang im Rahmen des vorliegenden Verfahrens bleibt ohne Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder wenn andere Gründe vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Vorliegend hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der ablehnende Bescheid des Antragsgegners vom 7. August 2020 erweist sich bei der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung als rechtmäßig. Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung keinen innerkapazitären Anspruch auf Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft.
1) Nach Art. 43 Abs. 5 Satz 1 BayHSchG setzt der Zugang zu einem Masterstudiengang einen Hochschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss voraus; Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG ermächtigt die Hochschulen, für den Zugang zum Masterstudiengang neben dem Hochschulabschluss oder einem gleichwertigen Abschluss durch Satzung weitere Zugangsvoraussetzungen festzulegen, insbesondere den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung.
Der Antragsgegner hat von der Ermächtigung des Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG durch Erlass der Satzung über die Qualifikation, die Zulassung und die Fächerwahl zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft an der LMU München vom 15. Mai 2012, geändert durch Satzung vom 28. Mai 2019 (Zulassungssatzung) in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
Die Parteien gehen mittlerweile übereinstimmend davon aus, dass die Antragstellerin die Qualifikationsvoraussetzungen des § 4 i.V.m. § 2 Abs. 2 der Zulassungssatzung erfüllt.
2) Ein Studienplatz für den streitgegenständlichen Masterstudiengang steht der Antragstellerin jedoch auch nach der zwischenzeitlichen nachträglichen Feststellung ihrer Qualifikation für diesen Studiengang nicht zu. Neben der Qualifikationsvoraussetzung ist für den Erhalt eines Masterstudienplatzes im streitgegenständlichen Studiengang weiter erforderlich, dass die Antragstellerin im örtlichen Auswahlverfahren der LMU einen Studienplatz erhält (§ 5 der Zulassungssatzung).
Laut Bundesverfassungsgerichtsrechtsprechung ergibt sich aus der grundrechtlichen Verbürgung der freien Wahl der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) ein Recht auf Teilhabe an den vorhandenen Studienangeboten, die der Staat mit öffentlichen Mitteln geschaffen hat. Es handelt sich hierbei um ein derivatives Teilhaberecht. Diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, haben danach ein Recht auf gleichheitsgerechte Zulassung zum Hochschulstudium ihrer Wahl. Das Teilhaberecht reicht indes nicht so weit, dass jeder und jede Hochschulzugangsberechtigte – unabhängig vom Ergebnis der schulischen Leistungen und der sonstigen fachspezifischen Qualifikation – beanspruchen könnte, die Zulassung zu dem gewählten Studium tatsächlich eines Tages zu erhalten. In Fächern, in denen die Anzahl an Bewerbungen das Angebot an Studienplätzen weit übersteigt, kann der Teilhabeanspruch die tatsächliche Studienzulassung von vornherein nicht garantieren. Die verfassungsrechtlich gebotene Chancenoffenheit schließt das Risiko des Fehlschlags einer Bewerbung auf einen Studienplatz ein, da bei der Vergabe knapper unteilbarer Güter jedes Auswahlsystem – wie immer es ausgestaltet ist – nur einem Teil der Bewerberinnen und Bewerber reale Aussichten eröffnen kann, auch tatsächlich Erfolg zu haben. Wesentlich ist, dass die Vergabe der Studienplätze nach gleichheitsgerechten Kriterien erfolgt (BVerG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14, Studienplatzvergabe für Humanmedizin – juris Rn. 106 m.w.N.). Das Teilhaberecht reicht nicht so weit, dass es einen individuellen Anspruch begründen könnte, Ausbildungskapazitäten in einem Umfang zu schaffen, welcher der jeweiligen Nachfrage gerecht wird (BVerG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14 – juris Rn. 105)
Es ist daher mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn die Hochschule bei Zulassung zu einem Masterstudiengang neben der individuellen Qualifikation ihre begrenzten Studienplätze gemäß § 22 Hochschulzulassungsverordnung vom 10. Februar 2020, die zuletzt durch Verordnung vom 10. November 2020 geändert worden ist (HZV) i.V.m. Art. 6 Abs. 3 Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern vom 9. Mai 2007, zuletzt geändert durch Verordnung vom 23.12.2019 (BayHZG) i.V.m. § 5 der Zulassungssatzung in einer gleichheitsgerechten Verteilung sicherstellt.
Nach § 5 der Zulassungssatzung (örtliches Auswahlverfahren) erfolgt die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber, deren Qualifikation gemäß § 4 festgestellt wurde, nach dem Ergebnis der auf zwei Stellen nach dem Komma berechneten Abschlussnote des Erststudiums. Hierzu wird eine Rangliste anhand der Abschlussnoten gebildet, wobei die Bewerbung mit der besten Abschlussnote den ersten Rangplatz erhält. Besteht nach der Reihung der Bewerberinnen und Bewerber Ranggleichheit, entscheidet das Los. Nachrückverfahren werden ebenfalls anhand der gebildeten Rangliste durchgeführt. In der Zulassungszahlsatzung 2020/2021 des Antragsgegners vom 4. August 2020 sind für den streitgegenständlichen Masterstudiengang für das Wintersemester 2020/2021 66 Studienplätze festgesetzt. Diese wurden nach Angabe der LMU entsprechend der für das Auswahlverfahren gebildeten Rangfolge vollständig vergeben. Hierbei hatte die Bewerberin/der Bewerber auf dem letzten berücksichtigten Rangplatz die Abschlussnote 1,69. Nach dieser normativen Vorgabe konnte die Antragstellerin mit ihrer Abschlussnote von 2,39 nicht berücksichtigt werden, weil 66 + 50, insgesamt 116 Bewerbungen, in der Rangfolge vor ihr lagen.
Es besteht grundsätzlich kein Anlass, an den Angaben einer Universität zur Zahl der immatrikulierten Studierenden oder daran, dass diese Studienplätze entsprechend den Auswahlkriterien vergeben wurden, zu zweifeln (ständige Rechtsprechung. z.B. BayVGH, B.v.8.1.2018 – 7 CE 17.10225 – juris Rn. 9).
Die Zahl der zu vergebenden Studienplätze wurde durch die Zulassungszahlsatzung vom 4. August 2020 festgesetzt. Diese Satzung ist veröffentlicht und damit „transparent“.
Allein durch die Tatsache, dass die Antragstellerin zunächst im Verwaltungsverfahren (fehlerhaft) abgelehnt wurde, da sie die Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllt habe, nunmehr jedoch die Ablehnung des Studienplatzes auf den Umstand gestützt wird, dass die 2. Stufe des Zulassungsverfahrens, das örtliche Auswahlverfahren, der Antragstellerin keinen Studienplatz zuteilt, führt zu keiner anderen subjektiven Betroffenheit der Klägerin. Die Antragstellerin erhält keinen Studienplatz im streitgegenständlichen Masterstudiengang. Hätte die Hochschule von Anfang an die Qualifikation bei der Antragstellerin angenommen, dann hätte sie auch in diesem Fall der Antragstellerin keinen Studienplatz zuteilen können, da die „Hürde“ des örtlichen Auswahlverfahrens auch in diesem Fall von der Antragstellerin nicht übersprungen worden wäre.
Ein Anspruch auf eine neue und umfassende Aufarbeitung aller Bewerbungen zum hier streitgegenständlichen Masterstudiengang mit Kontrolle aller Studenten, ob die Qualifikationsmerkmale zu Recht oder Unrecht angenommen wurden, steht der Antragstellerin nicht zu. Hierbei fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung, dass bei anderen Bewerbern oder Bewerberinnen die Qualifikation fehlerhaft bewertet worden sein könnte. Auch müsste für die Antragstellerin, um selbst einen Anspruch zur Zulassung zum Masterstudium zu erhalten, bei den 50 Bewerbern, die in der Rangliste vor ihr sind, die Qualifikation zu Unrecht angenommen worden sein. Bei einer generellen Platzvergabe von 66 Studienplätzen erscheint dies kaum realistisch.
II.
Für einen Anspruch auf außerkapazitäre (vorläufige) Zulassung zum Masterstudiengang im Rahmen des vorliegenden Verfahrens fehlt bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag ist unzulässig.
Die beantragte einstweilige Anordnung setzt nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO voraus, dass zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner ein „streitiges Rechtsverhältnis“ besteht. Von einem streitigen Rechtsverhältnis kann erst dann ausgegangen werden, wenn aus einem Antrag und seiner Ablehnung eine bestimmte Rechtsbeziehung entstanden ist, um deren Bestand und Inhalt gestritten werden kann. Hat die Antragstellerin ihr Anliegen noch nicht einmal zuvor bei dem Antragsgegner selbst vorgetragen, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag an das Gericht. Nur durch einen solchen Antrag ist sichergestellt, dass die Hochschule rechtzeitig Gelegenheit erhält, die Möglichkeit des Vorhandenseins von weiteren Studienplätzen überhaupt zu prüfen und hierzu Stellung zu nehmen (VGH BW, B.v. 9.7.1990 – NC 9 S 58/90 – juris Rn 2). Auf die Frage, ob der Antragsgegner rechtlich die Möglichkeit hätte, auf einen solchen Antrag hin von den festgesetzten Zulassungszahlen abzuweichen, kommt es (entgegen OVG Münster, B.v. 27.1.2010 – 13 C 410/09 – NVwZ-RR 2010, 437) angesichts des klaren Wortlauts von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht an; überdies ist nicht ersichtlich, warum der Antragsgegner nicht in der Lage sein sollte, bei etwaiger Aufdeckung von Fehlern bei der Kapazitätsermittlung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens eine Korrektur der Zulassungszahlsatzung vorzunehmen und weitere Zulassungen auszusprechen.
Dem Antragserfordernis ist nicht schon dadurch genügt, dass die Antragstellerin die Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität bei der Hochschule beantragt hat. Der Anspruch auf außerkapazitäre Zulassung, der auf dem grundrechtlich begründeten Anspruch auf Hochschulzugang beruht, ist selbständig und unabhängig von einem innerhalb des regulären Verfahrens gestellten Zulassungsantrag zu beurteilen. Zwar verfolgen beide Ansprüche dasselbe Ziel, die Zulassung zum Studium, jedoch sind die Begründungen für beide Ansprüche gänzlich unterschiedlich und stehen in keinem inneren sachlichen Zusammenhang (BayVGH, B.v. 8.5.2013 – 7 CE 13.10048 – juris Rn. 8 ff. unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 8.8.2006 – 7 CE 06.10020 u.a. – juris Rn. 7). Nur ein Zulassungsantrag, der einen erkennbaren Bezug zur Behauptung mangelnder Kapazitätsausschöpfung hat, kann vom Antragsgegner zum Anlass einer Prüfung dieser Frage genommen und beschieden werden (VGH BW, B.v. 9.7.1990 – NC 9 S 58/90 – juris Rn 2).
Die Antragstellerpartei hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie vor Anrufung des Gerichts einen entsprechenden Antrag auf Zuweisung eines außerkapazitären Studienplatzes bei der Hochschule gestellt hat; hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich.
Nach alledem war der Antrag mit der Rechtsfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Der Streitwert ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei es nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts unberücksichtigt bleibt, wenn ein Anspruch auf innerkapazitäre und außerkapazitäre Zulassung geltend gemacht wird, da es sich wirtschaftlich gesehen um denselben Streitgegenstand handelt, nämlich die Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie: Klinische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaft (1. Fachsemester) an der LMU im Wintersemester 2020/2021.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben