Verwaltungsrecht

Erneute Zwangsgeldandrohung, Höhe des Zwangsgeldes

Aktenzeichen  1 ZB 22.323

Datum:
4.7.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 16883
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG Art. 31, 36

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 11 K 18.4142 2021-12-15 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin wendet sich mit dem Zulassungsantrag gegen eine erneute Zwangsgeldandrohung.
Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 16. Januar 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin, die als Schankwirtschaft genehmigte Gaststätte „M. Cocktailbar und Lounge“ in der Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte zu betreiben und legte in zwangsgeldbewehrten Auflagen zu der erteilten gaststättenrechtlichen Genehmigung und den Baugenehmigungen fest, dass pro Monat maximal zwei vorher angezeigte bzw. genehmigte Vergnügungsveranstaltungen zulässig seien und ansonsten das Musikangebot allenfalls den Charakter von Hintergrundmusik annehmen dürfe. Für einen Auflagenverstoß wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro angedroht. Da die Beklagte bei einer Kontrolle am 3. Oktober 2015 einen solchen feststellte, wurde das angedrohte Zwangsgeld fällig gestellt und für einen Auflagenverstoß mit Bescheid vom 7. Oktober 2015 ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht. Beide Bescheide wurden bestandskräftig; die erhobenen Klagen waren jeweils erfolglos, die gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung hat der Senat abgelehnt (vgl. Beschluss vom 4.10.2017, 1 ZB 15.1673, und Beschluss vom 20.12.2018, 1 ZB 18.765).
Bei einer Gaststättenkontrolle am 29. Juni 2018 wurde festgestellt, dass die Klägerin erneut gegen die festgesetzten Auflagen verstoßen hat. Das mit Bescheid vom 7. Oktober 2015 angedrohte Zwangsgeld wurde fällig gestellt und mit Bescheid vom 18. Juli 2018 ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. Dezember 2021 ab. Zu der Zwangsgeldandrohung wurde ausgeführt, dass Anhaltspunkte für eine unangemessene Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nicht ersichtlich seien. Die Beklagte habe das Zwangsgeld nur sehr maßvoll erhöht, obwohl bereits zwei vorangegangene Zwangsgeldandrohungen erfolglos geblieben seien.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sich die Klägerin nur noch gegen die erneute Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000 Euro wendet, hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes zu Recht nicht beanstandet.
Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2018 (1 ZB 18.765 – juris Rn. 7) ausgeführt hat, soll das Zwangsgeld den Pflichtigen effektiv zur Befolgung einer Anordnung anhalten, es soll eine „Beugewirkung“ auf den Pflichtigen ausgeübt werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2020 – 2 CS 20.1199 – BayVBl 2020, 776; B.v. 29.4.2008 – 15 CS 08.455 – juris Rn. 19). Dabei ist die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Vorteils für den Pflichtigen nur ein Bemessungsgesichtspunkt für die Höhe des Zwangsgeldes; es soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG). Innerhalb des gesetzlichen Rahmens des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG steht der Behörde ein Entscheidungsspielraum zu, bei dem die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Die fortgesetzte Missachtung eines Verbots rechtfertigt grundsätzlich die Steigerung der Zwangsgeldhöhe (vgl. BVerwG, U.v. 21.1.2003 – 1 C 5.02 – BVerwGE 117, 332; BayVGH, B.v. 28.10.2021 – 9 C 21.1105 – juris Rn. 21).
Die Beklagte hat bei der Festsetzung der Höhe des Zwangsgeldes das wirtschaftliche Interesse der Klägerin berücksichtigt, aber auch das Ausmaß des Ungehorsams und die Dauer und die Intensität der Pflichtverletzung sowie das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Anordnung. Insbesondere hat sie bei der Festsetzung der Höhe berücksichtigt, dass es sich bereits um die dritte Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzungen der Auflagen aus dem Bescheid vom 16. Januar 2013 handelt. Diese Bemessungsgesichtspunkte hat das Verwaltungsgericht entsprechend den oben genannten Maßgaben bestätigt. Da für die Höhe des Zwangsgeldes nicht allein auf das wirtschaftliche Interesse der Klägerin abgestellt wurde, mussten hierzu keine dezidierten Überlegungen angestellt werden. Soweit vorgetragen wird, dass das Gericht auch nicht aufzeige, unter welchen Gesichtspunkten es das behördliche Verhalten für verhältnismäßig erachte, ist das nicht zutreffend. Das Gericht hat den gesetzlichen Rahmen für die Höhe des Zwangsgeldes genannt, der mit der Festsetzung nicht annähernd ausgeschöpft werde, darauf abgestellt, dass das zuvor angedrohte Zwangsgeld nur maßvoll erhöht worden sei, obwohl zwei vorangegangene Zwangsgeldandrohungen erfolglos geblieben seien und ausgeführt, dass die Festsetzung auch im Hinblick auf das wirtschaftliche Interesse der Klägerin nicht unverhältnismäßig sei. Das Verwaltungsgericht konnte seine Begründung kurz halten, da die Klage nicht begründet und die Klägerin bzw. deren Bevollmächtigter auch nicht zum Verhandlungstermin erschienen sind. Soweit vorgetragen wird, dass die Beklagte weder die Einkommensverhältnisse der Klägerin noch die aus der Nichtbefolgung des streitgegenständlichen Bescheides für sie fließenden Vorteile kenne, bleibt es der Klägerin unbenommen, diese vorzutragen; sie müssen nicht von Amts ermittelt werden.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.7.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Da sich die Klägerin im Zulassungsverfahren nur gegen die Zwangsgeldandrohung wendet, ergibt sich ein niedrigerer Streitwert als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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