Verwaltungsrecht

Ernstliche Zweifel kein Zulassungsgrund im Asylverfahren

Aktenzeichen  15 ZB 17.31106

Datum:
20.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 126541
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts ist im Asylrechtsstreit nicht einschlägig. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 9 K 16.31074 2017-06-30 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Kläger wenden sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Mai 2016, mit dem ihnen die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wurde (Nr. 1), ihr Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde (Nr. 2), der subsidiäre Schutz nicht zuerkannt wurde (Nr. 3), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), sie unter Androhung der Abschiebung nach Georgien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurden, die Bunderepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bescheidbekanntgabe bzw. dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Nr. 5) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde (Nr. 6).
Ihre Klage, mit der sie beantragt hatten, den Bescheid vom 25. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Asyl zu gewähren und die Flüchtlingseigenschaft zuzubilligen, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 30. Juni 2017 ab, nachdem es bereits mit Beschluss vom 2. Juni 2017 ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung abgelehnt hatte.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Die Kläger machen mit ihrer Zulassungsbegründung ausschließlich unter Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017 geltend. Dieser Zulassungsgrund ist aber im Asylrechtsstreit nach der eindeutigen Regelung des § 78 AsylG nicht einschlägig (BayVGH, B.v. 3.7.2017 – 20 ZB 17.30632 – juris Rn. 2; B.v. 29.8.2017 – 11 ZB 17.31081 – juris Rn. 3). Soweit die Kläger im Zulassungsverfahren die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils durch Vorlage einer womöglich nunmehr erst vorliegenden Bescheinigung des Innenministeriums von Georgien vom 29. Mai 2017 zu untermauern suchen, wonach der Lebensgefährte der Klägerin zu 1 in Georgien zur Fahndung ausgeschrieben sei, wäre dies ggf. in einem Folgeverfahren (§ 71 AsylG), nicht aber im Berufungszulassungsverfahren geltend zu machen.
Auch die Behauptung, das Urteil sei unrichtig, weil es sich auf einen ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss stütze, der aber fehlerhaft sei, weil der insoweit ausschlaggebende Maßstab „hinreichender Erfolgsaussichten der Klage“ nicht beachtet worden sei, verhilft ihnen nicht zur Zulassung der Berufung. Auch mit diesem Einwand suchen die Kläger ausschließlich den im Asylrechtsstreit irrelevanten Zulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen. Zwar kann nach den Umständen des Einzelfalls der Anspruch eines Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO dadurch verletzt werden, dass ihm in rechtswidriger Weise Prozesskostenhilfe vorenthalten wird (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.1999 – 6 B 121.98 – NVwZ-RR 1999, 587 = juris Rn. 5 ff.; B.v. 23.10.2006 – 6 B 29.06 u.a. – Buchholz 448.0 § 34 WPflG Nr. 80 = juris Rn. 5 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 19.10.2006 – 12 ZB 06.1211 – juris Rn. 6 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 12.3.2008 – 13 A 2643/07.A – juris Rn. 22). Erforderlich ist dann aber für die Zulassung der Berufung, dass der Rechtsmittelführer insofern einen Verfahrensverstoß gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit § 138 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO tatsächlich geltend macht und dessen Voraussetzungen fallbezogen substanziiert darlegt (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.7.2017 – 20 ZB 17.30930 – juris Rn. 2). Beides ist vorliegend nicht gegeben. Aus dem Zulassungsbegehren geht schon nicht hervor, dass die Kläger sich in ihrem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt fühlen.
Auch soweit die Kläger in der Zulassungsbegründung implizit rügen, das Verwaltungsgericht hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen, haben sie keinen Verfahrensmangel i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG geltend gemacht, zumal ein (behaupteter) Aufklärungsmangel ebenso wie ein Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung keinen der in § 138 VwGO genannten absoluten Revisionsgründe erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2017 – 11 ZB 17.31081 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Da sich die Kläger nicht auf einen Verfahrensmangel i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit § 138 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO berufen und einen solchen auch in der Sache nicht substanziiert darlegt haben, vermag auch ihr Hinweis, dass sie „aus für sie nicht nachvollziehbaren Gründen von ihren ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten (….) über die (….) mündliche Verhandlung vor dem VG Regensburg nicht vorab in Kenntnis gesetzt“ worden seien und deshalb zu dieser mangels Kenntnis nicht hätten erscheinen können, keine Zulassung der Berufung zu begründen. Zudem wurde ihr damaliger Bevollmächtigter nach Aktenlage (vgl. Bl. 63, 66 der VG-Akte RO 9 K 16.31074) ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen, was die Kläger im vorliegenden Verfahren auch nicht bestreiten; ihr persönliches Erscheinen wurde nicht angeordnet (zum Ganzen im Zusammenhang mit einem Gehörsverstoß vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 108 Rn. 21 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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