Verwaltungsrecht

Erster Abschnitt der Ärztlichen, Prüfung, Anmeldung zur Wiederholungsprüfung von Amts wegen im nächsten Termin, Fehlendes Rechtschutzbedürfnis nach genehmigtem Prüfungsrücktritt, Keine aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Nichtbestehensbescheid

Aktenzeichen  M 27 E 21.3579

Datum:
3.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22102
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ÄAppO § 20 Abs. 2 S. 1
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt Rechtschutz gegen ihre Ladung zur ersten Wiederholungsprüfung des mündlich-praktischen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung von Amts wegen durch das Prüfungsamt gemäß § 20 Abs. 2 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO).
Mit Bescheid des Prüfungsamtes Medizin der … … (Prüfungsamt) vom … … … wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie den mündlichpraktischen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung am … … … nicht bestanden habe. Sie könne die Prüfung noch einmal wiederholen. Zur nächsten Prüfung im Herbst 2021 werde sie von Amts wegen geladen.
Gegen den Prüfungsbescheid erhob sie mit Schreiben vom 15. März 2021 Widerspruch, den sie mit Anwaltsschreiben vom 6. Mai 2021 begründen sowie beantragen ließ, die Bescheidung aufzuheben und die Leistungen der Antragstellerin fehlerfrei neu zu bewerten und zu bescheiden. Über den Widerspruch der Antragstellerin ist bisher noch nicht entschieden worden.
In der Folge wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 11. Juni 2021 aufgefordert, die für eine Prüfungsanmeldung erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
Die Antragstellerin ließ daraufhin beim Prüfungsamt mit Schriftsatz vom 17. Juni 2021 beantragen, festzustellen, dass zwischen ihr und der Antragsgegnerin ein Rechtsverhältnis dahingehend bestehe, dass die Antragstellerin an der mündlich-praktischen Prüfung (Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Frühjahr 2021 – 1. Wiederholung des mündlich-praktischen Teils) – vom Prüfungsamt angesetzt für den Prüfungszeitraum 2. August 2021 bis 4. August 2021 – nicht teilnehmen muss und durch die Nichtteilnahme den weiteren Prüfungsanspruch nicht verliert.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2021 teilte das Prüfungsamt mit, dass die Antragsgegnerin trotz des gegen den Prüfungsbescheid eingelegten Widerspruchs an einer Ladung zum nächsten Prüfungstermin von Amts wegen gemäß der Regelung des § 20 Abs. 2 ÄAppO festhalte. Gleichwohl stehe es der Antragstellerin frei, bei Vorliegen wichtiger Gründe ihren Rücktritt von der Prüfung zu beantragen. Ein laufendes Widerspruchsverfahren stelle indes keinen solchen wichtigen Grund dar.
Am 7. Juli 2021 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München beantragen lassen,
„im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass der von der Antragstellerin am 15.3.2021 erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung entfaltet, der Suspensiveffekt somit gegeben ist und infolgedessen zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin ein Rechtsverhältnis dahingehend besteht, dass die Antragstellerin an der mündlichen Prüfung (Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Frühjahr 2021 – 1. Wiederholung mündlich-praktischer Teil) – in dem Prüfungsdurchgang Herbst 2021, vorläufig angesetzt für den Zeitraum vom 2.8.2021 bis einschließlich 10.9.2021, – nicht teilnehmen muss und durch die Nichtteilnahme den weiteren Prüfungsanspruch nicht verliert.“
Zur Begründung des Antrags wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerspruch gegen den Nichtbestehensbescheid nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfalte. Der Anspruch auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ergebe sich daraus, dass der Antragstellerin nicht zugemutet werden könne, zu einer Wiederholungsprüfung anzutreten, obwohl nicht abschließend geklärt sei, ob der vorherige Versuch bestanden worden sei. Dies sei mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar. Aufgrund der von der Antragsgegnerin eingeleiteten Maßnahmen zur Durchführung der Wiederholungsprüfung sei auch das notwendige Feststellungsinteresse gegeben. Da aufgrund des eingelegten Widerspruchs die vorherige Prüfung nicht als nicht bestanden betrachtet werden könne, lägen auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 ÄAppO nicht vor. Für eine Ladung zur Wiederholungsprüfung von Amts wegen müsse vielmehr bestandskräftig feststehen, dass die Antragstellerin die vorherige Prüfung nicht bestanden habe.
Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2021 hat die Antragsgegnerin die Behördenakten vorgelegt und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zudem hat die Antragsgegnerin eine Erklärung der Antragstellerin vom 21. Juli 2021 vorgelegt, in welcher diese die „Rückstellung“ ihrer Wiederholungsprüfung beantragt hat sowie eine E-Mail des Prüfungsamts an die Antragstellerin vom 23. Juli 2021, in welcher der Antragstellerin mitgeteilt wurde, dass der Rücktritt von der Wiederholungsprüfung im August/September 2021 gewährt werde und der nächste Prüfungstermin im Frühjahr 2022 stattfinde.
Mit richterlichem Hinweis vom 26. Juli 2021 wurde die Antragspartei darauf hingewiesen, dass der Antrag unzulässig sowie auch unbegründet sein dürfte, zumal nach dem mittlerweile erklärten und genehmigten Prüfungsrücktritt.
Mit Bescheid vom 28. Juli 2021 hat das Prüfungsamt den Prüfungsrücktritt genehmigt und angekündigt, die Antragstellerin erst im Frühjahr 2022 zur Wiederholungsprüfung von Amts wegen zu laden. Eine Ladung zum aktuellen Prüfungstermin erfolge nicht.
Mit Schriftsatz vom 2. August 2021 hat die Antragspartei ergänzend ausgeführt, eine gerichtliche Klärung müsse auch mit Blick auf den nächsten Prüfungstermin erfolgen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, weil er bereits unzulässig ist.
Streitgegenstand ist nach dem eindeutigen Wortlaut des gerichtlichen Eilantrags der Prüfungsdurchgang im Herbst 2021 vom 2. August 2021 bis 10. September 2021.
I.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Begehren der Antragstellerin vorliegend im Wege eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO oder § 123 Abs. 1 VwGO geltend gemacht werden kann. Denn der Antragstellerin fehlt in jedem Falle das Rechtsschutzbedürfnis für eine (einstweilige) Entscheidung über ihr Antragsbegehren, weil sie mit Schreiben vom 21. Juli 2021 ihren Rücktritt von der Wiederholungsprüfung beantragt und das Prüfungsamt in der Folge mit E-Mail vom 23. Juli 2021 den Prüfungsrücktritt genehmigt hat. Damit ist die Antragstellerin erfolgreich von dem streitgegenständlichen Prüfungsdurchgang zurückgetreten, sodass keinerlei Anlass mehr für eine gerichtliche Entscheidung über die Frage besteht, ob die Antragstellerin im Herbst 2021 zu der Wiederholungsprüfung antreten muss. Der Prüfungstermin im Frühjahr 2022 ist indes nicht Gegenstand des Verfahrens. Ungeachtet dessen fehlt es insoweit auch schon an einem entsprechenden vorhergehenden Antrag bei der Behörde.
II.
Soweit die Antragspartei festgestellt wissen möchte, dass dem Widerspruch vom 15. März 2021 aufschiebende Wirkung zukomme, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass – entgegen der Auffassung der Antragspartei – dem Widerspruch schon deshalb keine aufschiebende Wirkung zukommen kann, weil es sich in der Sache nicht um einen Anfechtungs-, sondern um einen Verpflichtungswiderspruch handelt. Denn die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag auf Neubewertung ihrer Prüfungsleistung in der Sache gegen die Ablehnung einer versagten Begünstigung (vgl. auch Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, 40. Lfg. Februar 2021, § 80 Rn. 66). Ein Verpflichtungswiderspruch entfaltet aber grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung gegen einen eine begehrte Vergünstigung versagenden Verwaltungsakt (vgl. dazu auch BVerwG, B.v. 26.2.1996 – 11 VR 33.95 – LKV 1996, 246, 248; Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, 40. Lfg. Februar 2021, § 80 Rn. 56; Hoppe in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 15).
Mangels aufschiebender Wirkung des Verpflichtungswiderspruchs vermag die Antragstellerin folglich eine etwaige Ladung zur Wiederholungsprüfung von Amts wegen nach § 20 Abs. 2 ÄAppO auch nicht mit Erfolg abzuwenden. Im Übrigen ist die Teilnahme an der Wiederholungsprüfung trotz laufendem Widerspruchsverfahren für die Antragstellerin auch deshalb zumutbar, weil damit keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden (vgl. zur Exmatrikulation bei laufendem Widerspruchsverfahren gegen einen Nichtbestehensbescheid: BayVGH, B.v. 7.12.2015 – 7 ZB 15.1714 – juris).
III.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5. des Streitwertkataloges. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag allein die Nichtteilnahme an einem konkreten Prüfungstermin, streitgegenständlich ist indes nicht das Bestehen oder Nichtbestehen einer Prüfung. Die Bedeutung der Sache ist demnach (nur) mit dem Auffangwert zu bemessen.


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