Verwaltungsrecht

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis zur Erteilung einer Duldung bei freiwilliger Ausreise

Aktenzeichen  M 12 E 17.2755

Datum:
6.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 138372
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60a

 

Leitsatz

Die freiwillige Ausreise eines Ausländers führt zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses einer auf Aussetzung der Abschiebung gerichteten einstweiligen Anordnung (ebenso BayVGH BeckRS 1999, 26239). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 1.250,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Erteilung einer Duldung.
Der am … geborene Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger.
Der Antragsteller reiste am … April 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am 30. September 1991 erstmals einen Asylantrag, welcher mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 22. April 1994 abgelehnt wurde. Ein Asylfolgeantrag im April 2000 wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 17. Mai 2000 abgelehnt. Ein nochmaliger Antrag zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens wurde mit Antrag vom 12. Januar 2009 abgelehnt.
Am 31. März 2009 erging gegen den Antragsteller seitens der Landeshauptstadt Stuttgart eine Ausweisungsverfügung, welche bis 3. Februar 2013 befristet wurde.
Am … Oktober 2012 stellte der Antragsteller erneut einen Asylfolgeantrag, welcher mit Bescheid des Bundesamts vom 22. Oktober 2012 abgelehnt wurde.
Am 14. April 2015 lehnte das Bundesamt einen weiteren Antrag vom … Januar 2015 zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und einen Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 22. April 1994 in der Fassung des Bescheides vom 22. Oktober 2012 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab.
Mit Schreiben vom … November 2016 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner, ihm eine Duldung zu erteilen.
Mit bei Gericht am 12. Juni 2017 eingegangenem Schreiben hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß 123 VwGO beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gestellt. Ein konkreter Antrag wurde nicht gestellt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner sei nicht bereit gewesen, dem Antragsteller eine Duldung wegen inlandsbezogener Abschiebungshindernisse zu erteilen. Der Antragsteller sei Vater seines deutschen Kindes und habe gemeinsam mit der Kindsmutter ein gemeinsames Sorgerecht an diesem Kind. Der Antragsteller habe ein Recht, weiterhin sein Sorgerecht und seine Umgangskontakte im Inland zu seinem deutschen minderjährigen Sohn auszuüben und zu pflegen.
Mit Schreiben vom 17. August 2017 hat der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Duldungsgründe lägen bezüglich des Antragstellers nicht vor. Auch wenn er Vater eines deutschen Kindes sei, begründe dies per se noch nicht ein Bleiberecht. Der Antragsteller habe sich zum Zeitpunkt der Zeugung des Kindes nicht im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Aus der vorgelegten Bestätigung der Kindestagesbetreuung lasse sich nicht ein Nachweis über einen tatsächlichen sorgsamen Umgang mit dem Kind entnehmen. Sie bestätige lediglich, dass der Antragsteller dort bekannt sei. Es stelle sich die Frage nach der Ernsthaftigkeit der vorgetragenen Sorge um das Kind. Der Antragsteller sei erst am … Oktober 2012, mehr als ein Jahr nach der Geburt des Kindes, wieder in das Bundesgebiet eingereist.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 teilte der Antragsgegner mit, dass der aktuelle Aufenthaltsort des Klägers unbekannt sei. Er sei unter der vom Verfahrensbevollmächtigten übermittelten Adresse in … nicht gemeldet. Mehrmaligen Aufforderungen, sich zu melden, sei er ebenfalls nicht nachgekommen.
Auf Aufforderung des Gerichts teilte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom … Oktober 2017 die ladungsfähige Adresse des Antragstellers in …, Mazedonien mit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsund Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGOkann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antrag gemäß § 123 VwGO ist bereits unzulässig, da ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehlt Dem Antragsteller fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, um eine Duldung erstreiten zu können. Der Regelungsgehalt einer Duldung besteht in der verbindlichen Erklärung der Behörde, dass der Ausländer für eine bestimmte Zeit nicht abgeschoben wird (vgl. Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, Rn. 1203). Der Antragsteller ist vorliegend freiwillig ausgereist, weshalb eine Abschiebung nicht mehr erfolgen musste. Damit ist das Rechtsschutzinteresse für den Antrag gemäß § 123 VwGO entfallen (BayVGH, B. v. 23.04.1999 – 10 ZE 99.396 -, juris).
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 30.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben