Verwaltungsrecht

Folgeantrag ohne veränderte Sach- und Rechtslage

Aktenzeichen  Au 5 K 17.33627

Datum:
4.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 71 Abs. 1
VwVfG VwVfG § 51 Abs. 1 – 3

 

Leitsatz

1 Beziehen sich sämtliche Vorgänge, auf die der Kläger im Folgeverfahren verwiesen hat, auf Zeiträume vor der Einreise in die Bundesrepublik, hätte er sie umfassend bereits im Asylerstverfahren darlegen müssen. Der Vortrag, er habe sich damals nicht getraut, diese Umstände offenzulegen, vermag ihn nicht zu entlasten. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2 Anhaltspunkte dafür, dass die Mitglieder der Religionsgemeinschaft der Isadi im Iran einer Gruppenverfolgung ausgesetzt wären, sind nicht erkennbar. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass auch bei Ausbleiben eines Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Beklagte ist form- und fristgerecht zum Termin geladen worden.
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (§ 71 AsylG) bzw. auf Wiederaufgreifen des Verfahrens auf Grund einer veränderten Sach- oder Rechtslage und damit auf Abänderung des im Asylerstverfahrens ergangenen bestandskräftigen Bescheides des Bundesamtes vom 5. Juli 2012. Auch bestehen gegen die gegen den Kläger erlassene Abschiebungsandrohung und Ausreiseaufforderung keine rechtlichen Bedenken (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 6. Juni 2017 ist rechtmäßig.
Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages erneut einen Asylantrag, so ist ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG).
Die Beklagte hat zu Recht die erneute Durchführung eines Asylverfahrens abgelehnt, da der Kläger die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens im Sinne von § 71 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bzw. auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bezüglich der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 4 AsylG, § 60 AufenthG im Verfahren nicht hinreichend glaubhaft machen konnte.
Insoweit wird vollumfänglich auf die im Bescheid der Beklagten zutreffend getätigten Ausführungen verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend auf Folgendes hingewiesen.
Der Kläger hat im Folgeverfahren keine neuen Tatsachen oder Beweismittel angegeben bzw. vorgelegt, die er bereits im Erstverfahren vorgetragen hat bzw. im Erstverfahren hätte vortragen können. Im Erstverfahren hat der Kläger ausweislich seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2017 dargelegt, dass er dort ausschließlich auf seine Religionszugehörigkeit verwiesen hat. Den Umstand, dass er im Erstverfahren und der dortigen Anhörung seine Mitgliedschaft bei der Yarsan Democratic Organization und seine zwischenzeitliche Festnahme als Demonstrationsteilnehmer verschwiegen hat, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2017 damit erklärt, dass er sich im Erstverfahren nicht getraut habe, diese Umstände offen zu legen. Dieser Vortrag vermag den Kläger nicht zu entlasten. Es wäre am Kläger gelegen, und hierüber ist er auch ausreichend belehrt worden, seine Fluchtgründe umfassend gegenüber dem Bundesamt im Verfahren darzulegen. Im Übrigen beziehen sich sämtliche Vorgänge, auf die der Kläger verwiesen hat, auf die Jahre 2008 und 2009 und liegen damit deutlich vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und der damit einhergehenden Asylerstantragstellung. Alle Umstände, auf die der Kläger im Folgeverfahren verweist, lagen bereits anlässlich der Entscheidung des Bundesamtes im Erstverfahren vor und waren bereits Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung vom 12. November 2011. Überdies wurde im Rahmen dieser Entscheidung zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass er tatsächlich an derartigen Demonstrationen auch teilgenommen hat. Dass es dem Kläger im Erstverfahren nicht möglich gewesen wäre, die entsprechenden Nachweise für seine Organisations- bzw. Parteizugehörigkeit beizubringen, ist für das Gericht nicht erkennbar. Überdies führt auch die bloße Mitgliedschaft in der Yarsan Democratic Organization isoliert betrachtet nicht zur begehrten Flüchtlingsanerkennung. Gleiches gilt für die einmalig erfolgte Festnahme anlässlich einer Demonstration, sofern man dem Kläger in diesem Punkt überhaupt Glauben schenkt.
Bezüglich seiner Religionszugehörigkeit zur Isadi-Religion hat der Kläger im Verfahren darüber hinaus lediglich allgemeine Stellungnahmen zur Situation von Glaubenszugehörigen dieser Religionsgemeinschaft verwiesen. Eine individuelle Verfolgungssituation hat der Kläger gerade nicht aufgezeigt. Dass im Hinblick auf die Religionsgemeinschaft des Klägers die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung im Iran vorliegen könnten, ist für das Gericht nicht im Ansatz erkennbar. Darüber hinaus wäre es für den Kläger unschwer möglich gewesen, die Zugehörigkeit zu seiner Religionsgemeinschaft und die hiermit verbundenen Folgen bereits im Erstverfahren geltend zu machen.
Auch die vom Kläger im Verfahren vorgelegten ärztlichen Berichte vermögen kein anderes rechtliches Ergebnis hinsichtlich des Vorliegens von Abschiebungsverboten begründen. Die Arztberichte stammen aus dem Jahr 2011 (13.7. bzw. 18.7.) und belegen übereinstimmend den erfolgreichen Abschluss einer Operation nach einer veralteten verhakten ventralen Schulterluxation rechtsseitig. Überdies hätten evtl. gesundheitliche Einschränkungen aufgrund dieser Operation im Jahr 2011 auch bereits im Erstverfahren geltend gemacht werden können, zumal die abschließende gerichtliche Entscheidung im Ausgangsverfahren des Klägers erst vom 12. November 2011 datiert. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ist daher für das Gericht nicht erkennbar.
Schließlich ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 71 Abs. 4, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 36 Monate (§ 11 Abs. 1 AufenthG) nicht zu beanstanden.
Aus diesen Umständen war die Klage des Klägers vollumfänglich abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.


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