Verwaltungsrecht

Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen-Nürnberg (FAU), Humanmedizin (Vorklinik), Wintersemester 2020/2021, Lehrverpflichtung, Lehrveranstaltungsstunden.

Aktenzeichen  7 CE 21.10040

Datum:
12.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25059
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LUFV § 4 Abs. 1 Nr. 6

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 2 E 20.10085 2021-02-24 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester an der Fr.-Al.-Universität Er.-N. (FAU) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2020/2021, hilfsweise ihn an einem Losverfahren zur Vergabe weiterer Studienplätze zu beteiligen unter den Beschwerdeführern, die substantiierte Beschwerderügen vorgebracht haben. Er macht geltend, dass mit der in der Satzung der FAU über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2020/2021 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung) vom 31. Juli 2020 festgesetzten Zahl von 174 Studienanfängerinnen und Studienanfängern die vorhandene Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft sei.
Das Verwaltungsgericht Ansbach hat den Antrag mit Beschluss vom 24. Februar 2021 abgelehnt. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass an der FAU über die kapazitätsdeckend vergebenen 176 Studienplätze hinaus noch weitere Studienplätze im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) zur Verfügung stünden.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der vorliegenden Beschwerde. Der Bevollmächtigte trägt im Wesentlichen vor, die geltend gemachten Lehrdeputatsreduzierungen seien in unzulässig kapazitätsverkürzendem Ausmaß in formell und materiell rechtswidriger Weise gewährt worden und stellten eine versuchte Umgehung der Lehrverpflichtungsvorschriften dar.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch des Antragstellers nicht.
Das Verwaltungsgericht geht nach eingehender Prüfung der vorgelegten kapazitätsbestimmenden Faktoren und Ergebnisse der hochschulinternen Berechnungen für die Ermittlung der Zulassungszahl hinsichtlich des Studienjahres 2020/2021 zu Recht davon aus, dass die FAU ihre Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) ausgeschöpft hat. Der Verwaltungsgerichtshof folgt den Gründen des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
1. Der Antragsteller geht fehl mit der Argumentation, bezüglich der Stellen mit den Stellennummern 80263296 und 88026646 mit einer Lehrverpflichtung von jeweils 5 SWS handele es sich um eine unzulässige Minderung/Ermäßigung der Lehrverpflichtung. Für beide Stelleninhaber hat die Hochschule die Lehrverpflichtung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV) vom 14. Februar 2007 (GVBl S. 201; BayRS 2030-2-21-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl S. 98), unter Berücksichtigung der Erfüllung anderer der Lehre gleichwertiger Dienstaufgaben festgesetzt. Hierbei handelt es sich nicht um eine Reduzierung nach § 7 LUFV, sondern um eine reine Festsetzung der Lehrverpflichtung. Denn nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 LUFV beträgt die Lehrverpflichtung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter im Beamtenverhältnis (Akademische Räte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit) – soweit ihnen Lehraufgaben übertragen werden – höchstens zehn Lehrveranstaltungsstunden. Dass dieser Maximalwert im Hinblick auf die von dieser Personengruppe wahrzunehmenden weiteren Dienstaufgaben – zu denen auch die Mitwirkung an Forschung, Drittmitteleinwerbung und Verwaltung gehören (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2014 – 7 ZB 13. 10357 – juris Rn.10 ff.) – regelmäßig nicht voll ausgeschöpft wird, begegnet nach ständiger Rechtsprechung des Senats keinen Bedenken. Es gibt auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Verpflichtung der FAU zur erschöpfenden Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten keinen zwingenden Grund, die Lehrtätigkeit dieser Gruppe von Mitarbeitern einseitig zu Lasten ihrer Forschungstätigkeit oder ihrer sonstigen Aufgaben auszuweiten (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 15.2.2016 – 7 CE 15.1413 u.a. – juris Rn. 13). Festsetzungen von Lehrverpflichtungen innerhalb der Bandbreite von 0 bis 10 Lehrveranstaltungsstunden müssen sachlich gerechtfertigt sein, das Organisationsermessen der jeweiligen Hochschule ist dabei jedoch ebenso zu beachten wie das Forschungsinteresse der Lehrstuhl- bzw. Stelleninhaber (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2014 – 7 ZB 13. 10357 – juris Rn. 11, 19).
Dies zugrunde gelegt, hat das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der im Schreiben der FAU vom 8. Februar 2021 mitgeteilten Gründe für die Festsetzung der Lehrverpflichtung zutreffend festgestellt, dass die Lehrveranstaltungsstunden für die betreffenden Stelleninhaber in Höhe von jeweils 5 SWS sachlich gerechtfertigt in Ansatz gebracht wurden.
Für die Stelle mit der Stellennummer 80263296 hat die FAU nachvollziehbar dargelegt, dass der Stelleninhaber einen Anteil von 75% an der Gesamtarbeitszeit (nicht an der Lehrverpflichtung in Höhe von 5 SWS, wie der Antragsteller meint) innehat, in welchem er andere der Lehre gleichwertige Dienstaufgaben ausführt. Dieser Anteil sei aufzuteilen mit einem Anteil von 65% an der Gesamtarbeitszeit, in der sich der Stelleninhaber der international sichtbaren Forschung auf dem Gebiet der Neurobiologie sowie der Stammzellenforschung mit Veröffentlichungen widme. Dazu gehöre auch die Drittmittelakquise mit eigenständigem Profil. Der Stelleninhaber sei bestrebt, ein eigenes Forschungsprofil zu entwickeln und sich weiter zu qualifizieren sowie zu habilitieren und mittelfristig eine Professur auszuüben. Für die Weiterqualifizierung sei eine eigene Forschung von großer Bedeutung, weswegen der Forschungsanteil einen größeren Anteil an der Gesamtarbeitszeit ausmache. In engem Zusammenhang hierzu stehe das Beantragen von Drittmitteln zur biomedizinischen Forschung zur Finanzierung dieser Forschungstätigkeit. Außerdem sei das Veröffentlichen ein wesentlicher Teil der Forschung. Mit einem Anteil von 10% an der Gesamtarbeitszeit widme sich der Stelleninhaber administrativen Aufgaben. Dazu gehöre die Aufrechterhaltung der Forschungsinfrastruktur des Lehrstuhls mit einem relativ großen Gerätepark zur biomedizinischen Forschung.
Die Stelleninhaberin der Stelle mit der Nummer 88026646 habe einen Anteil von 75% an der Gesamtarbeitszeit, in welchem sie andere der Lehre gleichwertige Dienstaufgaben ausführe. Dieser Anteil gliedere sich in einen Anteil von 40% an der Gesamtarbeitszeit für die Forschung, in einen Anteil von 15% an der Gesamtarbeitszeit für die Drittmitteleinwerbung, in einen Anteil von 10% an der Gesamtarbeitszeit für die Betreuung von naturwissenschaftlichen wie medizinischen Doktoranden sowie in einen Anteil von 10% an der Gesamtarbeitszeit für die strukturelle Unterstützung der Arbeitsgruppenkoordination und Forschungsorganisation des Lehrstuhls. Sie übernehme für die Lehrstuhlinhaberin unverzichtbare strukturierende Aufgaben, da diese neben ihren Aufgaben in Forschung und Lehre innerhalb und außerhalb der FAU sehr umfangreich in Gremienarbeit eingebunden sei. Zur Unterstützung und darüber hinaus habe sie zahlreiche – beispielhaft genannte – Aufgaben zu übernehmen.
Dem hat die Beschwerdebegründung nichts Substantiiertes entgegengesetzt. Wenn der Antragsteller meint, die Kürzung des Lehrdeputats zunächst um 50% und die dann weitere Kürzung des verbleibenden 50%-Anteils um 75% führten dazu, dass nur noch eine Lehrtätigkeit von 1,25 SWS übrigbleibe, geht er irrig von einem 75%-igen Abzug von der Lehrverpflichtung statt von der Gesamtarbeitszeit aus. Soweit der Antragsteller weiter vorträgt, “es ist amtsbekannt, dass die medizinischen Fakultäten heutzutage personell ca. zwei Drittel des Personalbestandes der Drittmittelforschung zugerechnet werden”, legt er damit keine konkreten Anhaltspunkte für eine unzulässige Kapazitätsberechnung dar. Drittmittelfinanzierte Stellen sind im Regelfall nicht als kapazitätsrelevante Stellen von Lehrpersonen i.S.d. § 45 HZV anzusehen und daher bei der Berechnung der Ausbildungskapazität nicht zu berücksichtigen, sofern nicht ausnahmsweise konkrete Hinweise für eine Rechtspflicht des Drittmittelbediensteten gegenüber der Hochschule zur Erbringung von Lehrleistungen oder für ein Einverständnis des Zuwendungsgebers mit dem Einsatz in der Lehre vorliegen (BayVGH, B.v. 28.10.2013 – 7 CE 13.10280 – juris Rn. 10). Derartige konkrete Hinweise wurden bereits im erstinstanzlichen Verfahren verneint (vgl. BA S. 7) und sind auch von der Beschwerdebegründung nicht substantiiert vorgetragen worden.
2. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Teilnahme an einem Losverfahren besteht bereits deshalb nicht, da auch in anderen Beschwerdeverfahren nicht festgestellt werden konnte, dass an der FAU über die kapazitätsdeckend vergebenen 176 Studienplätze hinaus noch weitere Studienplätze im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) zur Verfügung stehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben