Verwaltungsrecht

Genehmigung eines Omnibuslinienverkehrs

Aktenzeichen  11 ZB 15.1901

Datum:
8.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 44334
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PBefG § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3
BayVwVfG Art. 24

 

Leitsatz

1. Parallelverkehr liegt auch vor, wenn zwei Verkehre zwar nicht auf derselben Trasse verlaufen, aber denselben Quell- und Zielverkehrsraum bedienen und die Kurse der beiden Linien in einem echten Konkurrenzverhältnis stehen, so dass mit einem Abwandern der Fahrgäste an den gemeinsamen Haltestellen zu rechnen ist. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vom grundsätzlichen Parallelbedienungsverbot ist auch ein zukünftiges Fahrgastaufkommen auf einer bestehenden Linie erfasst und geschützt, soweit dadurch keine unbefriedigende Bedienung des Verkehrs entsteht, was einen Konkurrenten zur Lückenfüllung berechtigen könnte. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach Ermittlung der prognostisch zu erwartenden Beeinträchtigung der bestehenden Linie muss diese mit den öffentlichen Verkehrsinteressen, zu denen auch die wesentliche Verbesserung durch den beantragten Parallelverkehr gehört, und dem Interesse des diese Linie betreibenden Unternehmers abgewogen werden. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung beeinträchtigt öffentliche Verkehrsinteressen iSv § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 PBefG, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Genehmigung diese Linie wegen fehlender Kostendeckung nicht dauerhaft betreiben kann (vgl. hierzu auch BVerwG BeckRS 2014, 46373). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
5. Es kann durchaus innerhalb des Beurteilungsspielraums der Genehmigungsbehörde liegen, eine Verkehrsverbindung, die fast ausschließlich der Schülerbeförderung dient und die deutlich besser auf den Schulbeginn am Zielort abgestimmt ist als eine bestehende Linie, gerade angesichts der sehr frühen Tageszeit, als eine wesentliche Verbesserung anzusehen, wenn noch dazu die Fahrzeit kürzer und der Preis geringer ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

23 K 13.3440 2015-03-25 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung für einen Omnibuslinienverkehr.
Die Klägerin und der Beigeladene sind in und um Rosenheim tätige Bus- bzw. Personenbeförderungsunternehmen. Die Klägerin betreibt seit Jahrzehnten u. a. die Linie 9497 von Rosenheim über Riedering und Mauerkirchen nach Prien, zuletzt genehmigt bis 30. April 2019. Von Riedering nach Prien fährt der Bus drei Mal täglich hin und zurück (drei Fahrtenpaare); die für Schüler einer Realschule in Prien maßgebliche Hinfahrt beginnt in Riedering um 6.14 Uhr und endet um 6.38 in Prien Bahnhof. In Riedering stiegen im Schuljahr 2012/13 zwei Schüler zu. Insgesamt befördert die Linie 60 Schüler von Riedering und den nachfolgenden Orten nach Prien sowie drei bis vier sonstige Fahrgäste von Riedering nach Prien bzw. zurück; jeweils ein bis zwei weitere Fahrgäste steigen anderweitig zu.
Der Beigeladene beantragte am 19. März 2012 die Genehmigung eines Linienverkehrs von Riedering über Söllhuben nach Prien. Als Haltestellen wurden „Riedering Mitte“, „Riedering-Söllhuberstraße“, Oberputting, „Putting“, fünf weitere Haltestellen und dann „Prien“ benannt. Gemäß dem mit dem Antrag eingereichten Fahrplan sind pro Tag eine Fahrt Richtung Prien (morgens um 6.30 Uhr, Ankunft in Prien Bahnhof um 6.52 Uhr) und zwei Fahrten (am Nachmittag) in die Gegenrichtung beabsichtigt. Die Strecke ist im Vergleich zur Linie 9497 gut einen Kilometer kürzer, die Fahrzeit zwei (morgens) bis fünf Minuten kürzer, der Fahrpreis entsprechend niedriger.
Im Anhörungsverfahren erhob die Klägerin Einwände gegen die Haltestellen in Riedering, da diese bereits ihrerseits von der Linie 9497 bedient würden; gegen die Linienführung ab Oberputting nach Prien wurden keine Einwände erhoben.
Das Landratsamt Rosenheim als ÖPNV-Aufgabenträger wies in mehrfachen Stellungnahmen darauf hin, dass gegen eine Fahrmöglichkeit Söllhuben – Prien nichts einzuwenden sei, jedoch durch die Haltestellen in Riedering ein Konflikt mit der Klägerin vorprogrammiert sei, da insoweit für den Schülerverkehr eine direkte Konkurrenz bestehe, wodurch beide Linien zu Sanierungsfällen werden würden. Der Einzugsbereich der staatlichen Realschule in Prien werde ab dem Schuljahr 2012/13 auf Schüler aus Riedering ausgeweitet, so dass die Schülerzahl steigen werde. Schüler aus nicht von der bestehenden Linie abgedeckten Bereichen würden derzeit außerhalb des Linienverkehrs mit angemieteten Kleinbussen befördert.
Nach Ermittlungen der Regierung von Oberbayern zu Fahrpreisgestaltung und Schülerzahlen sowie sonstigen Fahrgästen genehmigte sie mit Bescheid vom 31. August 2012 den Antrag des Beigeladenen mit der Einschränkung, dass die Bedienung der zwei Haltestellen in Riedering in der Verkehrsbeziehung von und nach Prien untersagt wurde. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der von dem Beigeladenen beantragte Verkehr auf die Bedienung der weiterführenden Schulen in Prien ausgerichtet sei. Ein sonstiges Verkehrsbedürfnis über die Bedienung der wenigen Schüler hinaus sei nicht erkennbar. Im Hinblick auf die Haltestellen in Riedering solle jedoch eine Verkehrsaufgabe übernommen werden, die der Linienverkehr der Klägerin bereits erfülle. Ein Preisunterschied von 4,00 Euro bzw. 5,10 Euro bei den Monatskarten sowie Unterschiede von 0,55 Euro bei den Einzelfahrausweisen sei keine wesentliche Verbesserung im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b PBefG a. F., die für eine Bedienung der Haltestellen in Riedering durch den Beigeladenen zulasten der Klägerin sprächen. Ebenso wenig werde eine Fahrzeitverkürzung von zwei bis fünf Minuten oder die von dem Beigeladenen reklamierte Möglichkeit für die Schüler, in der Früh eine viertel Stunde länger schlafen zu können, in dieser Hinsicht als wesentliche Verbesserung angesehen.
Mit Schreiben vom 20. September 2012 legte der Beigeladene Widerspruch gegen den Bescheid ein, soweit die Bedienung der Haltestellen in Riedering untersagt wurde. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass allein der Preisunterschied eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b PBefG a. F. darstelle. Auch die näher an den Schulanfangszeiten orientierte Verkehrsbedienung stelle eine wesentliche Verbesserung dar. Im Übrigen sei das Ausmaß der wirtschaftlichen Betroffenheit der Klägerin verschwindend gering, da es aktuell um nur drei Schüler aus Riedering gehe. Der Beigeladene sei auf die mit den drei Schülern verbundenen Einnahmen jedoch angewiesen, da er ohne diese Einnahmen den von ihm beantragten Linienverkehr wirtschaftlich nicht darstellen könne.
Mit Schreiben vom 3. April 2013 teilte die Klägerin auf Ausgestaltungsaufforderung der Regierung mit, dass diese momentan problematisch sei. Ohne größere Investitionen wie zusätzlichen Linienbus und Busfahrer sei es umlaufbedingt nicht möglich, die Kurse anzupassen. Gegenwärtig würden von Riedering nach Prien zwei Schüler mit der Linie 9497 fahren, deshalb sei es derzeit nicht gerechtfertigt und nicht wirtschaftlich, diese Linie auszubauen. Bezüglich der Fahrpreise bestehe eine Bindung an den RVO-Tarif, so dass die Preise nicht verändert werden könnten. Sollten sich wider Erwarten die Schülerzahlen von Riedering nach Prien erhöhen, werde man den Linienverkehr gerne ausgestalten.
Das Landratsamt Rosenheim teilte der Regierung von Oberbayern am 21. Juni 2013 telefonisch mit, dass nach derzeitigem Stand für das Schuljahr 2013/14 zehn Schüler für die Realschule in Prien gemeldet seien, davon würden auf Riedering zwei bis drei Schüler entfallen. Der aktuell zur Schülerbeförderung eingesetzte Kleinbus werde nicht mehr reichen.
Mit Bescheid vom 24. Juni 2013 half die Regierung von Oberbayern dem Widerspruch des Beigeladenen ab und genehmigte dessen Antrag vom 19. März 2012 vollumfänglich. In der Begründung wurde ausgeführt, der Preisunterschied stelle für sich allein genommen zwar keine wesentliche Verbesserung im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b PBefG a. F. dar. Hinzu kämen jedoch die von dem Beigeladenen reklamierte Fahrzeitverkürzung von zwei bis fünf Minuten und vor allem die besser auf den Schulbeginn in Prien ausgerichtete „Zeitlage“ des Fahrplans. In der Summe könnten diese einzelnen Punkte als wesentliche Verbesserung angesehen werden.
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München. Die genehmigte Linienführung stelle eine unzulässige Parallelbedienung zur vorhandenen Linienführung der Klägerin dar und sei keine wesentliche Verbesserung. Die Menge der in Riedering zusteigenden Schüler stelle eine feste Größe dar und es sei zu befürchten, dass durch die vorgesehene Parallelbedienung der bestehenden Linie Fahrgäste entzogen werden würden. Sowohl die bestehende Linie als auch die neu beantragte Linie seien beim Betrieb auf die Schüler, die in Riedering zustiegen, angewiesen, um einen eigenwirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen. Die gegenüber der bestehenden Linienführung leicht veränderten Abfahrtszeiten der neu beantragten Linie und die durch die im weiteren Verlauf kürzere Streckenführung bedingte geringfügige Fahrzeitverkürzung würden keine wesentliche Verbesserung des Verkehrsangebotes darstellen, die eine Genehmigung rechtfertigen könnten. Die relativ geringfügige Reduzierung der Fahrkosten für die in Riedering zusteigenden Fahrgäste könne nicht als (Teil-)Argument einer wesentlichen Verkehrsverbesserung herangezogen werden. Denn diese günstigeren Fahrpreise würden alleine aus der kürzeren Streckenführung einer im Übrigen unwirtschaftlichen Linie bei Zulassung einer Doppelbedienung in Riedering resultieren und im Übrigen, bezogen auf eine Einzelfahrt, ohnehin kaum ins Gewicht fallen. Im Übrigen verstoße der Antrag des Beigeladenen auch gegen den zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen geschlossenen Kooperationsvertrag der Verkehrsgemeinschaft RO/Ost. Die Bedarfsermittlungs- und Konkurrenzausschlussklausel hätte vom Beklagten bei der Abwägung berücksichtigt werden müssen.
Der Beklagte erwiderte, dass der vom Beigeladenen beantragte Linienverkehr von Riedering nach Prien, ebenso wie der Linienverkehr der Klägerin, auf die Bedürfnisse der weiterführenden Schulen in Prien ausgerichtet sei, aber mit Ausnahme der Anfangshaltestelle und dem Endhalt eine von der Linie der Klägerin abweichende Linienführung habe und deshalb schon nicht in der Lage sei, an den auf der bestehenden Linie gelegenen Haltestellen Verkehrsaufgaben zu übernehmen, die der Linienverkehr der Klägerin bereits erfülle (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b PBefG). Für die Haltestelle Riedering seien erstmalig seit dem Schuljahr 2013/14 drei Schüler zu verzeichnen, welche die Realschule in Prien besuchten. Somit könne die Klägerin ihr Anfechtungsbegehren nicht auf § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG stützen, da – an den Schülerzahlen deutlich erkennbar – über 90% der Verkehrsaufgaben der Linie der Klägerin zwischen Riedering und Prien an den durch den vom Beigeladenen beantragten Linienverkehr nicht erreichbaren Haltestellen wahrgenommen würden. Für die Haltestelle Riedering mit Zielort Prien würde mit dem besser auf den Schulbeginn in Prien abgestimmten Fahrplan sowie dem günstigeren Fahrpreis auf der Linie des Beigeladenen insgesamt eine erhebliche Verkehrsverbesserung für die Fahrgäste erreicht werden.
Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 25. März 2015 den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 24. Juni 2013 auf. Der Beklagte habe zum einen seiner Entscheidung keine ausreichende Tatsachenermittlung zugrunde gelegt und zum anderen seine Prognoseentscheidung im Rahmen seines Beurteilungsspielraums nicht hinreichend nachvollziehbar begründet. Die Bedienung der streitgegenständlichen Haltestellen in Riedering stelle eine unzulässige Parallelbedienung im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG dar. Hinsichtlich der angenommenen wesentlichen Verbesserung für die Verkehrsteilnehmer habe der Beklagte weder die zu erwartende Beeinträchtigung für die Klägerin noch die wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung ausreichend ermittelt und gewichtet. Gemäß den unstrittigen Angaben der Beteiligten werde das Schüleraufkommen aus Riedering, das eine Schulbusverbindung nach Prien benötige, aufgrund des seit dem Schuljahr 2012/13 neu festgesetzten Schuleinzugsbereichs stetig ansteigen. Die Haltestelle Riedering werde daher im Genehmigungszeitraum der Klägerin nicht unwesentlich zur Wirtschaftlichkeit der Linie beitragen. Die Klägerin hätte mit diesem Zuwachs der Schülerzahlen entsprechend der Änderung des Schulsprengels auch rechnen und kalkulieren können. Der streitgegenständliche Bescheid enthalte zur Frage der Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit der Linie der Klägerin keine Aussage. Auch ein prozentual nur geringer Abzug von Einnahmen könne eine wesentliche Beeinträchtigung der Rentabilität der Linie der Klägerin und nicht nur eine (hinzunehmende) unwesentliche Gewinnreduzierung darstellen. Auch bei der Beurteilung der wesentlichen Verbesserung der Verkehrsbedienung habe der Beklagte den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und bewertet. Unstrittig würde die beantragte Linie für die Fahrgäste zu einer Fahrzeitverkürzung von zwei bis fünf Minuten und einem Preisunterschied von vier bis fünf Euro monatlich bzw. 0,55 Euro pro Einzelfahrt führen. Des Weiteren erreiche die Linie der Klägerin Prien um 6.38 Uhr, während die beantragte Linie Prien um 6.52 Uhr, somit zeitlich näher am Schulbeginn, erreiche. Die beiden Rückfahrzeiten der beantragten Linie erfolgten hingegen nahezu zeitgleich mit den Abfahrtszeiten der Klägerin. Der Beklagte habe im Rahmen seiner Abhilfeentscheidung diese drei Gesichtspunkte (Abfahrtszeit, Fahrpreis und Fahrtdauer) nunmehr zusammengenommen als wesentliche Verbesserung angesehen, ohne konkret darzulegen, welche Tatsachen und Prognosen er zugrunde lege, um – insbesondere auch im Unterschied zu seiner vorherigen, konträren Beurteilung im Bescheid vom 31. August 2012 – zu dieser Bewertung zu gelangen. Er hätte sich etwa konkret damit auseinandersetzen müssen, in welchem Umfang die neue Linie Verkehrsteilnehmer von der Linie der Klägerin abziehen könnte und berücksichtigen müssen, dass die übrigen angebotenen Fahrten mit dem Angebot der Klägerin zeitgleich verkehren sollen. Der Beklagte habe keinerlei Ausführungen dazu vorgenommen, warum er davon ausgehe, dass und in welchem Umfang die spätere Ankunft durch die Verkehrsteilnehmer präferiert würde und einen wesentlichen Vorteil darstelle. Es sei fraglich, ob die Schüler bei Nutzung der später abfahrenden Linie des Beigeladenen die Schule rechtzeitig erreichen könnten. Vom geringeren Preis, der ohnehin nur auf dem RVO-Tarif beruhe, profitiere nur der Landkreis, die geringe Fahrzeitverkürzung falle angesichts möglicher Verspätungen nicht ins Gewicht.
Gegen das Urteil beantragt der Beigeladene die Zulassung der Berufung, der die Klägerin und der Beklagte entgegentreten. Der Beigeladene macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Solche Zweifel bestehen dann, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057.11 – BVerfGE 134, 106/118).
1. Die Auffassung des Beigeladenen, dass schon kein Parallelverkehr vorliege, weil nur eine Haltestelle mit zwei bis drei Schülern von beiden Linien bedient werde, teilt der Senat nicht. Vielmehr liegt nach der Rechtsprechung des Senats Parallelverkehr auch vor, wenn zwei Verkehre zwar nicht auf derselben Trasse verlaufen, aber denselben Quell- und Zielverkehrsraum bedienen (vgl. BayVGH, U.v. 28.3.2012 – 11 B 10.2554 – juris Rn. 59 m. w. N.) und die Kurse der beiden Linien in einem echten Konkurrenzverhältnis stehen, so dass mit einem Abwandern der Fahrgäste an den gemeinsamen Haltestellen zu rechnen ist. Von der Parallelbedienung ist nicht nur die Haltestelle der Klägerin in Riedering, sondern auch die in Prien für die beiden Rückfahrten am Nachmittag betroffen. Eine nur geringe Überschneidung zweier Linien kann aber, wie das Verwaltungsgericht (UA S. 16 oben) zutreffend ausgeführt hat, zur Annahme einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der bestehenden Linie führen, was durch die Genehmigungsbehörde zu prüfen gewesen wäre.
Nicht zu folgen ist der Zulassungsbegründung auch darin, dass die Beförderung der Schüler, die wegen der Änderung des Einzugsbereichs der Realschule in Prien, erstmals von Riedering nach Prien fahren, keinen Parallelverkehr darstelle. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der letzten Genehmigung ihrer Linie bereits mit diesem Schülerzuwachs aus Riedering gerechnet hat. Unabhängig davon, ob bei der letzten Genehmigung der Linie der Klägerin die beabsichtigte Änderung des Einzugsgebiets schon bekannt war, „basierte“ die Genehmigung nicht darauf. Vom grundsätzlichen Parallelbedienungsverbot ist auch ein zukünftiges Fahrgastaufkommen auf einer bestehenden Linie erfasst und geschützt, soweit dadurch keine unbefriedigende Bedienung des Verkehrs entsteht, was einen Konkurrenten zur Lückenfüllung berechtigen könnte. Bei einem unerwarteten Zuwachs an Fahrgästen und einem befürchteten Abwandern von Fahrgästen zu einer neuen Konkurrenzlinie wird man allerdings leichter zur Annahme einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der bestehenden Linie kommen können.
2. Zutreffend erkennt die Zulassungsbegründung, dass es „aus rechtlicher Sicht“ darauf ankommt, ob die drohende Abwanderung von Fahrgästen durch die Genehmigung der Linie des Beigeladenen die Wirtschaftlichkeit der Linie der Klägerin in rechtlich relevanter Weise berührt. Denn das öffentliche Verkehrsinteresse wird durch die Bedrohung der Wirtschaftlichkeit einer bestehenden Linie gefährdet. Dass davon in Ansehung von zwei bis drei Schülern, deren Zahl noch dazu jedes Jahr ansteigt, nicht die Rede sein kann, kann nicht unterstellt werden. Nach Ermittlung der prognostisch zu erwartenden Beeinträchtigung der bestehenden Linie muss diese mit den öffentlichen Verkehrsinteressen, zu denen auch die wesentliche Verbesserung durch den beantragten Parallelverkehr gehört, und dem Interesse des diese Linie betreibenden Unternehmers abgewogen werden (vgl. BayVGH, U.v. 28.3.2012 – 11 B 10.2554 – juris Rn. 60).
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte seiner Entscheidung keine ausreichende Tatsachenermittlung zugrunde gelegt hat. Das Verwaltungsgericht hat den Abhilfebescheid der Regierung schon deswegen zu Recht aufgehoben, weil darin keine Ausführungen zur Gefährdung der Wirtschaftlichkeit der bestehenden Linie der Klägerin durch die Konkurrenz der neu genehmigten Linie enthalten sind. Das ist angesichts der gesetzlichen Regelungen in § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b und Abs. 3 PBefG grundsätzlich unverzichtbar; nach letzterer Vorschrift ist auch im Fall des § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG der Umstand, dass ein Verkehr von einem Unternehmer jahrelang in einer den öffentlichen Verkehrsinteressen entsprechenden Weise betrieben worden ist, im öffentlichen Personennahverkehr unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 PBefG angemessen zu berücksichtigen. Eine solche Prüfung hätte umso eher nahe gelegen, als nicht nur die Klägerin im Anhörungsverfahren darauf hingewiesen hatte, dass die Eigenwirtschaftlichkeit ihrer Linie bei Wegfall der Schüler aus Riedering (und sonstiger Fahrgäste) gefährdet ist, sondern auch das Landratsamt Rosenheim als Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr und die Schülerbeförderung. Dass die Klägerin ihre Behauptung nicht näher substantiiert hat, entbindet die Genehmigungsbehörde nicht von der Pflicht, diesen Gesichtspunkt gemäß Art. 24 BayVwVfG von Amts wegen zu prüfen und ggf. die Klägerin zu näheren Angaben aufzufordern, soweit die Fahrgastzahlen nicht amtsbekannt sind (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.2012 – 3 B 47.12 – juris Rn. 9 f.). Auch wenn der Beklagte seine Erwägungen im gerichtlichen Verfahren ergänzen kann, so genügt allein der Hinweis in der Klageerwiderung vor dem Verwaltungsgericht, 90% der Fahrgäste der Klägerin seien von der neuen Linie nicht betroffen, nicht. Denn 10% weniger Fahrgäste können die Wirtschaftlichkeit einer Linie durchaus in Frage stellen. Zwar hält es der Senat nicht für ausgeschlossen, dass die wirtschaftliche Beeinträchtigung der Klägerin so gering ist, dass sie letztendlich der Genehmigung der Linie des Beigeladenen nicht entgegensteht. Diese Beurteilung obliegt jedoch zunächst dem Beklagten.
Im Übrigen sind dem Bescheid auch keine Ausführungen zur Eigenwirtschaftlichkeit der Linie des Beigeladenen zu entnehmen. Die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung beeinträchtigt öffentliche Verkehrsinteressen im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Genehmigung diese Linie wegen fehlender Kostendeckung nicht dauerhaft betreiben kann (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 24.10.2013 – 3 C 26.12 – juris zum damaligen § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG). Eine solche Prüfung lag angesichts der deutlich geringeren Schülerzahlen im Genehmigungszeitpunkt im Vergleich zur Linie der Klägerin und der Bedenken des Aufgabenträgers für den öffentlichen Personennahverkehr und die Schülerbeförderung nahe. Dabei kann offen bleiben, ob sich die Klägerin im Konkurrentenstreit darauf ohne Einschränkung berufen kann. In der Abwägung, ob eine Beeinträchtigung einer bestehenden Linie unter Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hingenommen werden muss, kann eine Rolle spielen, ob der neu beantragte Verkehr eigenwirtschaftlich und daher von Dauer ist, oder ob die neu beantragte Linie etwa nur dazu dienen soll, die Rechtsstellung des Bewerbers bei zukünftigen Genehmigungen zu verbessern. Wenn die neue Linie nicht eigenwirtschaftlich ist, besteht die Gefahr, dass die bestehende Linie gefährdet, der langfristige Bestand der neuen Linie aber ebenfalls nicht sichergestellt ist. Letztlich wird die Genehmigungsbehörde zu prüfen haben, ob, worauf der Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr und die Schülerbeförderung von Anfang an hingewiesen hat, beide Linien auf Dauer nebeneinander wirtschaftlich bestehen können. Dabei fällt auf, dass der Abhilfebescheid unmittelbar nach der telefonischen Mitteilung des Landratsamts Rosenheim erging, wonach der aktuell für die Schülerbeförderung eingesetzte Kleinbus im Schuljahr 2013/2014 nicht mehr reichen werde. Möglicherweise hat die Genehmigungsbehörde daher maßgeblich primär auf die Interessen des Aufgabenträgers für die Schülerbeförderung abgestellt, ohne das Interesse des Unternehmers der bestehenden Linie und das öffentliche Interesse an der dauerhaften Aufrechterhaltung seiner Linie zu berücksichtigen und mit dem ihm zuvorkommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen.
Für die Prüfung der Eigenwirtschaftlichkeit der Linie des Beigeladenen hätte der Senat als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung den Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungs-(hier: Abhilfe-)bescheids zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2000 – 3 C 6.99 – DVBl 2000, 1614). Die Genehmigungsbehörde kann demgegenüber bei der erneuten Entscheidung auch die nunmehrige Zahl der auf der Linie des Beigeladenen zu befördernden Schüler berücksichtigen. Diese ist, ohne dass das nach dem Akteninhalt zum Genehmigungszeitpunkt absehbar war, nach der vom Verwaltungsgericht eingeholten Auskunft des Landratsamts Rosenheim (vgl. E-Mail vom 19.3.2015) inzwischen auf 26 (wohl ohne die inzwischen fünf Schüler aus Riedering) gestiegen.
3. Weil der Genehmigungsbescheid bereits aus den dargestellten Gründen rechtswidrig ist, kann offen bleiben, ob insbesondere der Frühkurs des Beigeladenen eine wesentliche Verbesserung im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b PBefG darstellt. Denn eine Verbesserung liegt jedenfalls nicht vor, wenn die Wirtschaftlichkeit der bestehenden Linie durch die Zulassung eines Parallelverkehrs gefährdet wird. Im Übrigen wurde die (angenommene) wesentliche Verbesserung auch nicht mit der Beeinträchtigung der bestehenden Linie und den Interessen der Klägerin abgewogen.
Es kann offen bleiben, ob alle Ausführungen des Verwaltungsgerichts gegen die Annahme einer wesentlichen Verbesserung zutreffend sind. Denn es handelt sich nicht um ein Bescheidungsurteil, bei dem der Beklagte an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts gebunden wäre (§ 113 Abs. 5 Satz 2, § 121 Abs. 1 VwGO). Es fällt auf, dass sich die Begründung im streitgegenständlichen Abhilfebescheid der Regierung von Oberbayern vom 24. Juni 2013 von der Begründung im Versagungsbescheid vom 31. August 2012 in der abschließenden Gesamtbetrachtung ausschließlich dadurch unterscheidet, dass die Fahrpreisermäßigung in Kombination mit der geringfügigen Fahrzeitverkürzung und der besser auf den Schulbeginn abgestimmten Ankunftszeit am Zielort zunächst als keine und dann als eine wesentliche Verbesserung angesehen wird. Der diesbezügliche Sinneswandel wurde nicht begründet, was bereits für ein Abwägungsdefizit spricht.
Nach Auffassung des Senats kann es durchaus innerhalb des Beurteilungsspielraums der Genehmigungsbehörde liegen, eine Verkehrsverbindung, die fast ausschließlich der Schülerbeförderung dient und die deutlich besser auf den Schulbeginn am Zielort abgestimmt ist als eine bestehende Linie, gerade angesichts der sehr frühen Tageszeit, worauf der Beklagte im Berufungszulassungsverfahren zu Recht verweist, als eine wesentliche Verbesserung anzusehen, wenn noch dazu die Fahrzeit kürzer und der Preis geringer ist.
Die Genehmigungsbehörde hat nunmehr Gelegenheit, sich mit den Einwänden des Verwaltungsgerichts und denen der Klägerin im Berufungszulassungsverfahren neu auseinanderzusetzten, und vor allem auch insoweit den Sachverhalt zu klären. So ist im Behördenakt (Bl. 26) einmal die Rede von einem Schulbeginn um 7.15 Uhr, während das Verwaltungsgericht von 7.10 Uhr ausgeht, beim Weg von der Bushaltestelle am Zielort zur Schule gehen die Beteiligten von 10 Minuten, das Verwaltungsgericht von fünf Minuten aus. Zu klären wäre wohl auch, ob der (wohl ungewöhnlich frühe) Schulbeginn auf Dauer bestehen bleibt. Die Fahrpreisermäßigung tritt im Übrigen auch nur ein, wenn die Schüler aus Riedering an die Linie des Beigeladenen gebunden sind, und nicht z. B., weil sie entsprechend der Argumentation des Verwaltungsgerichts eine frühere Ankunft in Prien wünschen, jedenfalls aber ein Zuspätkommen vermeiden wollen oder z. B. auch generell bei Schulschluss auf die Linie der Klägerin ausweichen wollen. Ferner fällt auf, dass im Genehmigungsverfahren nur von einer Realschule die Rede ist, während laut Internetauftritt des Markts Prien zwei Realschulen und ein Gymnasium vorhanden sind. Auch auf den zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen geschlossenen Kooperationsvertrag der Verkehrsgemeinschaft Rosenheim/Ost (vgl. § 8 Abs. 3b PBefG) ist die Genehmigungsbehörde nicht eingegangen.
Alle diese Fragen sind im Genehmigungsverfahren zu klären. Der Zulassung der Berufung bedarf es hierzu nicht.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des Beschlusses des Verwaltungsgericht verwiesen, denen der Senat folgt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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