Verwaltungsrecht

Gutachtenanordnung im Verfahren auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Hinblick auf Verurteilung wegen Trunkenheitsfahrt

Aktenzeichen  M 6 K 15.1956

Datum:
6.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV FeV § 13 S. 1 Nr. 2c, § 20
StVG StVG aF § 29 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2a, Nr. 3 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

Auf Grundlage des § 13 S. 1 Nr. 2 c) FeV muss die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch-psychologische Begutachtung wegen einer nicht tilgungsreifen (§ 29 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 a) und Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 S. 1 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung) Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr anordnen. Neben dieser gesetzlichen Regelung über die Tilgung ist für eine zusätzliche Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein weiterer Raum.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2016 entschieden werden, obwohl auf Beklagtenseite niemand erschienen ist. Die Beklagte ist ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Termin ordnungsgemäß geladen worden, verbunden mit dem Hinweis, dass im Falle des Nichterscheinens eines der Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
2. Die zulässige Klage ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte auf seinen Antrag vom … Dezember 2013 hin eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B erteilt, § 113 Abs. 5 VwGO.
2.1 Hinsichtlich der Klasse A ergibt sich dies bereits daraus, dass der Kläger zuvor nie Inhaber einer Fahrerlaubnis dieser Klasse war, also der Nachweis der Befähigung fehlt, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Straßenverkehrsgesetz – StVG -. Inhalt der dem Kläger nach Aktenlage 19… erteilten Fahrerlaubnis der Klasse 3 war lediglich eine Fahrerlaubnis der heutigen Klasse A1.
Hinsichtlich der Fahreignung des Klägers für die Klasse A gelten ansonsten – selbstständig tragend – die nachfolgenden Ausführungen hinsichtlich der Klasse B entsprechend.
2.2 Hinsichtlich der Fahrerlaubnisklasse B hat sich der Kläger bei der letzten medizinisch-psychologischen Begutachtung durch die A. GmbH A. als nicht fahrgeeignet erwiesen, § 20 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG.
2.2.1 Die auf Grundlage des § 13 Satz 1 Nr. 2 c) FeV zu Recht von der Fahrerlaubnisbehörde – ohne Ermessen – geforderte medizinisch-psychologische Begutachtung musste den Kläger im Hinblick auf die Trunkenheitsfahrt vom … Oktober 2001 untersuchen, weil diese damals – und bis heute – noch verwertbar war, § 29 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 a) und Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung. Neben dieser gesetzlichen Regelung über die Tilgung des Strafbefehls vom … Januar 2002 ist für eine zusätzliche Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein weiterer Raum. Diesen hat der Gesetzgeber bereits in seiner ausdifferenzierten Regelung selbst mit berücksichtigt.
2.2.2 Das Gutachten untersucht und würdigt auch nicht nur den damaligen Vorfall vom … Oktober 2001 und das damalige Trinkverhalten des Klägers, sondern auch die weitere Entwicklung seines Trinkverhaltens bis zum Zeitpunkt des Untersuchungstages am … März 2014. Im medizinischen Teil fällt insbesondere auf, dass sich der GGT-Wert über die einzelnen Begutachtungen hinweg kontinuierlich gesteigert hat (TÜV vom …11.2002: A. U/L; TÜV vom …8.2003: b… U/L; TÜV vom …6.2004: c… U/L; A. vom …3.2014: d… U/L und damit über dem angegebenen Referenzbereich (Männer) bis 60 U/L). Das Gutachten ist – nach eingehender Überprüfung auch durch die erkennende Kammer – insgesamt in sich widerspruchsfrei, nachvollziehbar und überzeugend und konnte von der Fahrerlaubnisbehörde damit ihrer Entscheidung zugrunde gelegt werden.
3. Die Kostenentscheidung zulasten des Klägers beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Für einen Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO war daher kein Raum.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung – ZPO -.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt
(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. den Empfehlungen in den Nrn. 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anh. § 164 Rn. 14]).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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