Verwaltungsrecht

Inländische Fluchtalternative im Süden Malis für jungen erwerbsfähigen Mann

Aktenzeichen  Au 5 S 18.30192

Datum:
29.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 1102
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
GG Art. 16a
AsylG § § 3, § 3b, § 3e, § 4, § 30 Abs. 1, § 36
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1, § 60a Abs. 2

 

Leitsatz

1 Im Süden Malis besteht für den Antragsteller als jungen erwerbsfähigen Mann eine inländische Fluchtalternative. (Rn. 26 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei einer Schwangerschaft der deutschen Lebensgefährtin des Antragstellers und der bevorstehenden Geburt eines Kindes, für welches der Antragsteller bereits seine Vaterschaft anerkannt hat, handelt es sich allenfalls um ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das die Ausländerbehörde bei der Vollstreckung der Abschiebung zu berücksichtigen hat (§ 60a Abs. 2 AufenthG). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3 Dem Erlass der Abschiebungsandrohung steht das Vorliegen von (inlandsbezogenen) Abschiebungsverboten nicht entgegen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt … bzw. Rechtsanwalt, für die Verfahren Au 5 S 18.30192 und Au 5 K 18.30191 wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Abschiebungsandrohung nach Mali bzw. einen anderen aufnahmebereiten Staat sowie ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Bundesrepublik Deutschland.
Der am …1993 in … (Mali) geborene Antragsteller ist Staatsangehöriger von Mali mit Volkszugehörigkeit der Bambara und muslimischem Glauben.
Seinen Angaben zufolge reiste der Antragsteller am 14. Oktober 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 23. Oktober 2013 Asylerstantrag stellte. Eine Beschränkung des Asylantrages auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) erfolgte im Verfahren nicht.
Bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 28. September 2016 trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass er aus einem Dorf stamme, wo er in einer Holzhütte mit seiner Großmutter gelebt habe. Das Dorf sei in der Nähe der Stadt … gelegen. Die Schule habe er nicht besucht und in der Landwirtschaft gearbeitet. Seine Eltern seien bereits verstorben. Sein Vater sei der einzige Moslem im Dorf gewesen, was die Dorfbewohner nicht akzeptiert hätten. Im Dorf habe es Traditionen gegeben, wonach man keine Freundin habe dürfe, wenn man nicht verheiratet sei. Er habe eine Freundin gehabt. Dies sei nicht akzeptiert worden. Es sei versucht worden, ihn zu bestrafen. Wann sich dies ereignet habe, wisse er nicht mehr, er wisse jedoch nur noch, dass er 17 Jahre alt gewesen sei. Nachdem sein Vater verstorben sei, habe ihm seine Großmutter ein Huhn gegeben und ihm gesagt, dass er fliehen müsse. Das Huhn habe er verkauft und sei nach … gegangen. Dort sei er fast einen Monat geblieben und habe als Putzkraft für Autos gearbeitet. Dann sei er nach Algerien geflohen. Dort habe er als Maler gearbeitet.
Für den weiteren Vortrag des Antragstellers wird auf die vom Bundesamt über die Anhörung gefertigte Niederschrift verwiesen.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14. Dezember 2017 wurden die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Nrn. 1 und 2 des Bescheids). In Nr. 3 wurde der Antrag des Antragstellers auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen im Fall des Antragstellers nicht vor (Nr. 4). Nr. 5 des Bescheides fordert den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde dem Antragsteller die Abschiebung nach Mali angedroht. Weiter wurde bestimmt, dass der Antragsteller auch in einen anderen Staat abgeschoben werden könne, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Nr. 6 setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.
In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass der Asylantrag des Antragstellers gemäß § 30 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) offensichtlich unbegründet sei, da die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorliegen. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze (§ 3 AsylG). Der Antragsteller sei offensichtlich kein Flüchtling im Sinne dieser Definition, denn er habe schon eine begründete Furcht nicht glaubhaft machen können. Ca. 95% der Bevölkerung Malis seien Muslime, fast ausschließlich Sunniten. Hiervon ausgehend sei es schon nicht plausibel, dass der Vater des Antragstellers der einzige Moslem im Dorf gewesen sein soll. Auch der Antragsteller gehöre dem Islam an. Dass sein Vater im Dorf unter Repressalien gelitten habe, habe der Antragsteller bereits nicht vorgetragen. Es sei nicht einleuchtend, weshalb der Antragsteller weit nach dem Tod seines Vaters aus dem Dorf habe fliehen müssen. Letztlich könne dahinstehen, ob der Vortrag des Antragstellers der Wahrheit entspreche. Auch bei Wahrunterstellung ergebe sich keine Schutzfeststellung. Soweit der Antragsteller vorgetragen habe, von der Dorfgemeinschaft wegen einer unehelichen Beziehung bedroht worden zu sein, fehle es an einem relevanten Anknüpfungspunkt im Sinne von § 3b AsylG. Anders als in § 3b AsylG verlangt, ziele die Verfolgungshandlung nicht darauf ab, den Antragsteller in einem der dort abschließend genannten unverfügbaren Merkmale zu treffen, sondern bezwecke allein die Sanktion seines Handelns. Hiernach sei der Antragsteller allenfalls von kriminellem Unrecht bedroht gewesen. Auch scheide eine Schutzfeststellung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG für den Süden Malis aus. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller als alleinstehender, gesunder junger Mann seinen Lebensunterhalt im Süden Malis sicherstellen könne, selbst wenn hierfür mehr zu fordern sei als die bloße Sicherung des Existenzminimums. Der Antragsteller habe sich bis zu seinem 19. Lebensjahr in Mali aufgehalten und sei auch bereits in … gewesen. Sprachliche Defizite lägen nicht vor. Auch Abschiebungsverbote seien nicht gegeben. Die allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot. Sie müsse und könne vom Antragsteller ebenso wie von vielen seiner Landsleute gegebenenfalls unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Es drohe dem Antragsteller keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes sei vorliegend angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung seien weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.
Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 14. Dezember 2017 wird ergänzend verwiesen.
Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:verweist auf eine Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München.
Der Antragsteller hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
Den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 2017 aufzuheben und den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, ihm den subsidiären Schutzstatus zu gewähren (M 29 K 17.70537).
Über diese Klage ist noch nicht entschieden worden.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2017 hat der Antragsteller im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 28. Dezember 2017 gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2017, Gz.:, wird angeordnet (M 29 S. 17.70539).
Zur Begründung ist vorgetragen, dass der Antragsteller aus einem Dorf in Mali stamme. Dieses Dorf heiße …. Dort habe er zuletzt gemeinsam mit seiner Großmutter gelebt. Das Dorf befinde sich in der Nähe der Stadt …. Die Bewohner des Dorfes seien weitgehend konfessionslos bzw. gehörten einer Stammesreligion an. Vor diesem Hintergrund sei es nicht geduldet worden, dass der Antragsteller eine Freundin gehabt habe. Aufgrund dieser außerehelichen Beziehung sei versucht worden, den Antragsteller zu verletzen. Dieses Ereignis habe sich ereignet, als der Antragsteller ca. 17 Jahre alt gewesen sei. Ca. eine Woche nach diesem Vorfall sei der Antragsteller aus dem Dorf geflohen. Weitere Angehörige im Dorf habe der Antragsteller nicht. Sein Vater sei ca. im Jahre 2000 verstorben. Der Antragsteller sei über, … und … nach Algerien geflohen. Der Antragsteller führe in Deutschland eine Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Ein gemeinsames Kind werde erwartet. Der Entbindungstermin sei am 14. Februar 2018. Der Antragsteller habe seine Vaterschaft bereits anerkannt. Er werde zusammen mit seiner Freundin die elterliche Sorge für das erwartete Kind ausüben. Der Antragsteller arbeite derzeit als Reinigungskraft und verdiene seinen eigenen Lebensunterhalt.
Auf das weitere Vorbringen im Antragsschriftsatz vom 28. Dezember 2017 wird ergänzend verwiesen.
Daneben hat der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung beantragt.
Mit jeweiligem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Januar 2018 wurden die Rechtsstreitigkeiten des Antragstellers an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen.
Die Antragsgegnerin hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag, gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 2017, ist zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch in der Sache unbegründet.
1. Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz – GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG).
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrages des Antragstellers als offensichtlich unbegründet (§ 34 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. Marx, Kommentar zum AsylG, 9. Aufl. 2017, § 36 Rn. 43, 56 f. m.w.N.).
2. Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids vom 14. Dezember 2017. Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beim Antragsteller offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt und keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Dem Antragsteller droht weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Mali noch auf Grund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG – insoweit steht dem Antragsteller bereits dessen Einreise auf dem Landweg entgegen – sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
3. Die Antragsgegnerin hat zutreffend ausgeführt, dass der Vortrag des Antragstellers nicht an ein asylrechtlich relevantes Merkmal im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG anknüpft. Selbst wenn man das Vorbringen des Antragstellers bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt und im streitgegenständlichen Antragsverfahren für glaubhaft erachtet, knüpft dieses Vorbringen gerade nicht an ein Merkmal im Sinne des § 3b AsylG an. Die vom Antragsteller geschilderten Verfolgungshandlungen waren bei Wahrunterstellung lediglich Folge eines im Dorf des Antragstellers nicht geduldeten Verhaltens. Das Bundesamt hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich allenfalls um eine Sanktion gegenüber dem Antragsteller und damit um kriminelles Unrecht gehandelt habe, welches flüchtlingsrechtlich ohne Relevanz bleibt. Überdies sind diverse Widersprüchlichkeiten im Vorbringen des Antragstellers festzustellen. So hat dieser gegenüber dem Bundesamt ausgeführt, dass seine Großmutter, mit der er im Dorf zusammengelebt habe, ihm nach den Vorfällen ein Huhn mitgegeben habe und er sich nach … begeben habe. Dies sei nach dem Tod des Vaters geschehen. Im Antragsschriftsatz ist nunmehr ausgeführt, dass der Vater des Antragstellers bereits ca. im Jahr 2000 verstorben sei. Insoweit ist bereits äußerst zweifelhaft, ob die vom Antragsteller geschilderte Chronologie der Ereignisse den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Weiter bleibt festzustellen, dass der Antragsteller Mali unverfolgt verlassen hat. Der Antragsteller hat selbst vorgetragen, dass er sich nach den von ihm geschilderten Ereignissen zunächst nach … begeben habe und dort noch einen Monat im Land verblieben sei. Er habe in … auch als Reinigungskraft für Autos gearbeitet. Weitere Vorfälle in Bezug auf die Landeshauptstadt Malis hat der Antragsteller nicht geltend gemacht. Dem gesamten Vorbringen des Antragstellers ist zu entnehmen, dass sich die von ihm geschilderten Ereignisse allenfalls auf sein Heimatdorf … bezogen haben. Für den Antragsteller besteht jedoch unzweifelhaft eine inländische Fluchtalternative (§ 3e AsylG) im Süden Malis. Dies umso mehr, als der Antragsteller sich bereits vor seiner Flucht nach … begeben hat.
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 – 1 A 125/15 MD). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung dabei keine Indizwirkung zu (vgl. BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 10 B 11.13 – juris; BayVGH, B.v. 22.12.2016 – 13a ZB 16.30684 – juris Rn. 7).
Das Gericht geht auch davon aus, dass der Antragsteller als junger erwerbsfähiger Mann seinen Lebensunterhalt im Süden Malis sicherstellen kann, selbst wenn hierfür mehr zu fordern ist als die bloße Sicherung des Existenzminimums.
Dem Antragsteller muss es auch gelungen sein, im Zeitraum zwischen seiner Ausreise aus Mali im Jahr 2012 und seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013 seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Dies sogar in Algerien, in einem Land, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt. Der Antragsteller hat selbst vorgetragen, dass er in Algerien als Maler gearbeitet habe.
Darüber hinaus ist der Antragsteller in Mali aufgewachsen und hat dort bis im Jahr 2012 sein gesamtes Leben verbracht. Auch hat sich der Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen vor seiner Ausreise aus Mali bereits langjährig in der Landwirtschaft betätigt. Es ist nicht ersichtlich, warum der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Mali nicht erneut eine derartige Tätigkeit aufnehmen könnte. Darüber hinaus dürfte zumindest auch noch die Großmutter des Antragstellers im Heimatdorf leben. Es ist deshalb vernünftigerweise zu erwarten, dass der Antragsteller in seinem Heimatland, mit dessen Gepflogenheiten und Sprache er durchaus vertraut ist, seinen Lebensunterhalt erneut sicherstellen kann. Eine Rückkehr in den Süden Malis ist daher für den Antragsteller nach Auffassung des Gerichts gefahrlos möglich.
Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Bescheid des Bundesamts verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
4. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden ebenfalls aus bzw. sind nicht vorgebracht.
Die im Antragsschriftsatz vorgetragene Schwangerschaft der deutschen Lebensgefährtin des Antragstellers und die bevorstehende Geburt eines Kindes (Entbindungstermin 14. Februar 2018), für welches der Antragsteller bereits seine Vaterschaft anerkannt hat, führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie begründen kein Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es handelt sich allenfalls um ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das die Ausländerbehörde bei der Vollstreckung der Abschiebung zu berücksichtigen hat (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Dem Erlass der Abschiebungsandrohung – insofern abweichend gegenüber der wohl vorherrschenden Meinung im Falle einer Abschiebungsanordnung (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4) – steht das Vorliegen von (inlandsbezogenen) Abschiebungsverboten nicht entgegen. Dies bestimmt § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausdrücklich.
5. Die Abschiebungsandrohung, die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Nrn. 5 und 6 des Bescheids des Bundesamts vom 14. Dezember 2017 begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken und sind offensichtlich rechtmäßig.
6. Da das Antragsverfahren des Antragstellers erfolglos bleibt und auch die von ihm in der Hauptsache erhobene Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht besitzt, waren der vom Antragsteller gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung (§ 166 VwGO, § 121 ZPO) ebenfalls abzulehnen, ohne dass es darauf ankommt, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beim Antragsteller vorliegen.
7. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 AsylG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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