Verwaltungsrecht

Inländische Fluchtalternative in der Ukraine bei Bedrängnissen durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft

Aktenzeichen  AN 4 K 16.30406

Datum:
7.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3e, § 4, § 34 Abs. 1, § 43 Abs. 3 S. 1, § 77 Abs. 1, Abs. 2, § 83b
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, § 59, § 60 Abs. 2, Abs. 5, Abs. 7
VwGO VwGO § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, Nr. 7, § 80 Abs. 5, § 114 S. 1, § 154 Abs. 1

 

Leitsatz

Auch wenn geltend gemachte Bedrängnisse durch die ukrainische Polizei oder Staatsanwaltschaft als politische Verfolgungsmaßnahmen – und nicht lediglich als kriminelles Unrecht – zu qualifizieren wären, steht zumindest in den unter der effektiven Kontrolle der ukrainischen Zentralregierung stehenden Gebieten eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist unbegründet.
Vorab wird – unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen – Bezug genommen auf die Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheids vom 24. März 2016, der das Gericht folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird, auch im Hinblick auf den Verlauf und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 7. Juni 2017, dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, noch ausgeführt:
Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG bzw. auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylG. Ferner hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG bzw. nach anderen Absätzen von § 60 AufenthG. In der Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheids sind die rechtlichen Voraussetzungen der vorstehend genannten Rechtspositionen zutreffend und ausführlich erläutert. Auf diese allgemeinen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Das Gericht lässt, anders als das Bundesamt in seinem angegriffenen Bescheid, offen, ob die Schilderungen des Klägers im Zusammenhang mit den angegebenen fluchtauslösenden Umständen als überzeugend und glaubhaft anzusehen sind. Mit dem Bundesamt ist das Gericht jedenfalls davon überzeugt, dass dem Kläger innerhalb der Ukraine, dort zumindest in den unter der effektiven Kontrolle der ukrainischen Zentralregierung stehenden Gebieten, eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung gestanden hätte und nach wie vor zur Verfügung steht, und zwar selbst dann, wenn die geltend gemachten Bedrängnisse als politische Verfolgungsmaßnahmen – und nicht lediglich als kriminelles Unrecht – zu qualifizieren wären. Diesbezüglich wird zur Begründung auf die Ausführungen des Bundesamtes in seinem angegriffenen Bescheid verwiesen, auch soweit diese Ausführungen rein äußerlich betrachtet unter dem Stichwort „Abschiebungsverbote“ getätigt werden. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb er nicht in ein Gebiet der Ukraine zurückkehren könnte, wo er vor verfahrensrelevanten Verfolgungsmaßnahmen sicher wäre; vielmehr ist das Gericht davon überzeugt, dass eine inländische Fluchtalternative für den Kläger vorliegt. Bemerkenswerterweise hat der Kläger auf Frage des Gerichts, ob Polizei oder Staatsanwaltschaft auch noch in der Zeit nach der Ausreise des Klägers bei den Angehörigen des Klägers in der Ukraine gewesen seien und nach ihm gefragt hätten, angegeben: Davon habe ihm sein Vater nichts erzählt. Der Kläger hat auch nicht angegeben, dass und von wem gegebenenfalls er sonst etwa solche Nachrichten erhalten hätte. Dass die allgemeinen Verhältnisse in der Ukraine möglicherweise nicht auf einem ähnlich stabilen Niveau wie in Deutschland sein mögen, ist für die hier zu treffende Entscheidung nicht erheblich. Dies gilt insbesondere auch insoweit, als Korruption in der Ukraine möglicherweise nach wie vor weit verbreitet sein mag. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, dass bzw. inwieweit sich dies speziell und in hier verfahrensrelevanter Weise gerade auf den Kläger auswirken würde.
Die Abschiebungsandrohung (Ziffer 5 des angefochtenen Bescheids) beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG und ist rechtmäßig, weil die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Zu Recht weist das Bundesamt in seinem angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Ausländerbehörde – und nicht das Bundesamt – gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung zur Ermöglichung einer gemeinsamen Ausreise mit Familienangehörigen im Sinne des § 26 Abs. 1 bis 3 AsylG zu entscheiden hat.
Die im Rahmen von § 11 Abs. 3 AufenthG getroffene Ermessensentscheidung über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG (hier festgesetzt auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung) ist nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO).
Nach alledem ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig bzw., soweit es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO als unbegründet abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.


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