Verwaltungsrecht

Kein Abschiebungsverbot für einen jungen, gesunden Mann aus Sierra Leone – erfolgloser Berufungszulassungsantrag

Aktenzeichen  9 ZB 20.32200

Datum:
18.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36201
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3e, § 78 Abs. 3
EMRK Art. 3
AUfenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Unter Würdigung der aktuellen Erkenntnismittel und der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Sierra Leone ist es einem jungen, gesunden Mann ohne Unterhaltsverpflichtungen möglich, sein Existenzministerium zu sichern. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 30 K 17.47275 2020-09-07 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Kläger ist nach seinen Angaben Staatsangehöriger Sierra Leones. Er begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Mit Urteil vom 7. September 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2020 – 9 ZB 20.31477 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
1. Die Frage, „ob der Rechtsschutz nach § 3 Abs. 1 AsylG deshalb dem Kläger zu gewähren ist, weil für diesen keine inländische Fluchtalternative nach § 3e AsylG wegen der katastrophalen politischen und wirtschaftlichen Situation besteht“, ist weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass sich für den Kläger eine Unzumutbarkeit der Niederlassung an einem anderen Ort als seinem Heimatort nicht aus § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ergebe. Es hat unter Würdigung der aktuellen Erkenntnismittel und der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Sierra Leone darauf abgestellt, dass es dem jungen, gesunden Kläger ohne Unterhaltsverpflichtungen, der über eine neunjährige Schulbildung sowie Arbeitserfahrung als Motorrad-Taxifahrer und Ladenverkäufer verfüge, möglich sein wird, sein Existenzminimum zu sichern. Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen und setzt sich auch nicht mit den vom Verwaltungsgericht eingeführten Erkenntnismitteln auseinander. Stützt sich das Verwaltungsgericht – wie hier – bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten oder Presseberichte, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2019 – 9 ZB 19.34123 – juris Rn. 3). Abgesehen davon ist die aufgeworfene Frage auch nicht verallgemeinernd, sondern nur nach jeweiliger Würdigung der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2020 – 9 ZB 20.30689 – juris Rn. 4).
2. Für die weitere Frage, „ob bei einer Abschiebung nach Sierra Leone zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einem Abschiebungshindernis i.S.d. § 60 Abs. 5 AufenthG auszugehen ist“, gilt nichts anderes.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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