Verwaltungsrecht

Kein Anordnungsanspruch bis zur Entscheidung im Klageverfahren nicht abgeschoben zu werden

Aktenzeichen  B 6 E 18.1201

Datum:
6.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 47460
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 5 Abs. 2, § 10 Abs. 3
GG Art. 6
EMRK Art. 8

 

Leitsatz

1 Die Ausnahmeregelung in § 10 Abs. 3 S. 3 AufenthG erfasst nur strikte Rechtsansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Das bedeutet, dass alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssen und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat. Hierfür genügt weder eine Soll- noch eine Ermessensvorschrift, selbst wenn im Einzelfall ein atypischer Fall vorliegt oder das Ermessen „auf Null“ reduziert ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Art. 6 GG und Art. 8 EMRK vermitteln keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt, verpflichten bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen jedoch zu einer verhältnismäßigen Berücksichtigung der familiären Bindungen im Bundesgebiet. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin … wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, senegalesischer Staatsangehöriger, reiste am 07.08.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein*und stellte am 04.08.2017 einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 28.11.2017 als offensichtlich unbegründet ablehnte, verbunden mit einer Abschiebungsandrohung in den Senegal unter Bestimmung einer Frist von einer Woche für die freiwillige Ausreise. Die dagegen erhobene Klage und den Antrag auf Anordnung ihrer aufschiebenden Wirkung vom 05.12.2017 (Az.: B 4 K 17.33550 und B 4 S 17.33549) nahm der Antragsteller mit Schriftsatz vom 22.12.2017 am 27.12.2017 zurück, worauf das Verwaltungsgericht Bayreuth die Verfahren mit Beschlüssen vom 28.12.2017 einstellte.
Mit Bescheid vom 30.01.2018 lehnte die Regierung von Oberfranken – Zentrale Ausländerbehörde (im Folgenden: ZAB) den Antrag des Antragstellers vom 02.01.2018 auf Erteilung einer Duldung ab. Die dagegen erhobene Klage vom 21.02.2018 wies das Verwaltungsgericht Bayreuth mit rechtskräftigem Urteil vom 29.08.2018 ab (Az.: B 6 K 18.191), nachdem es mit Beschluss vom 05.04.2018 den Antrag des Antragstellers vom 21.02.2018, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller bis zur endgültigen Entscheidung im Klageverfahren eine Duldungsbescheinigung auszustellen, abgelehnt hatte (Az.: B 6 E 18.190). Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde des Antragstellers wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16.05.2018 (Az.: 19 CE 18.1007) zurück.
Am …2018 heiratete der Antragsteller in … eine deutsche Staatsangehörige (geb. …1963).
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2018 bzw. vom 31.10.2018 beantragte der Antragsteller bei der ZAB die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. einer Duldung bis zur Entscheidung über den Aufenthaltserlaubnisantrag. Daraufhin teilte die ZAB mit Schreiben vom 09.11.2018 mit, der Antragsteller müsse ausreisen und könne abgeschoben werden, auch wenn über seinen Aufenthaltserlaubnisantrag noch nicht entschieden sei.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2018 beantragte der Antragsteller bei der ZAB die Vorabzustimmung für ein noch zu beantragendes Visum für den Ehegattennachzug. Mit Schreiben vom 27.11.2018 forderte die ZAB den Antragsteller auf, sich hierzu zuständigkeitshalber an die örtliche Ausländerbehörde am Wohnort der Ehefrau zu wenden.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2018, beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangen am 23.11 2018, hat der Antragsteller Klage erhoben und beantragt, den Beklagten (hier: Antragsgegner) zu verurteilen, dem Kläger (hier: Antragsteller) eine Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise eine Duldung zu erteilen. Die Klage wird unter dem Aktenzeichen B 6 K 18.1202 geführt.
Gleichzeitig hat er beantragt,
dem Antragsgegner gemäß § 123 VwGO vorläufig zu untersagen, den Antragsteller vor einer Entscheidung über die Hauptsache abzuschieben,
sowie
dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Beiordnung von Rechtsanwältin … zu bewilligen.
Zur Begründung wird geltend gemacht, der Antragsteller habe am …2018 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet. Auf den entsprechenden Antrag des Antragstellers vom 29.10.2018 hin habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 09.11.2018 mitgeteilt, dass weder die Erteilung einer Duldung noch einer Aufenthaltserlaubnis in Frage komme; der Kläger sei ausreisepflichtig und könne abgeschoben werden. Demnach bestehe die konkrete Gefahr der Abschiebung und damit ein Anordnungsgrund. Der Anordnungsanspruch ergebe sich daraus, dass dem Kläger im Hinblick auf Art. 6 GG zumindest eine Duldung zu erteilen sei. Der Antragsgegner habe auch noch nicht die Vorabzustimmung für ein zu beantragendes Visum zur Familienzusammenführung erteilt, so dass eine Ausreise zum jetzigen Zeitpunkt unzumutbar sei, da der Zeitraum der Trennung der Eheleute ungewiss sei.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 28.11.2018 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird vorgetragen, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis scheitere am Erfordernis der Erfüllung der Passpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, weil der Antragsteller bis heute keinen Reisepass vorgelegt habe, sowie am Erfordernis eines strikten Rechtsanspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 3 AufenthG, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 39 Nr. 4 oder Nr. 5 AufenthV nicht vorlägen und das Absehen vom Visumerfordernis gemäß § 5 Abs. 2 AufenthG eine Ermessensentscheidung sei. Ausweislich der Informationen auf der Internetseite der Deutschen Botschaft Dakar dauere das Visumverfahren in der Regel sechs bis zehn Wochen. Diese Trennungsdauer sei ohne weiteres zumutbar, zumal die Ehefrau den Antragsteller für die Dauer des Visumverfahrens auch ohne Visum in den Senegal begleiten könnte.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Ausländerakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargestellten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Infolgedessen kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwaltes gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.
2. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Das zu sichernde Recht bzw. das streitige Rechtsverhältnis, der Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit vorläufigen Rechtsschutzes, der Anordnungsgrund, sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO).
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch darauf, bis zur Entscheidung im Klageverfahren nicht abgeschoben zu werden, glaubhaft gemacht, weil allen Anhaltspunkten nach die Abschiebungsvoraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegen und keine Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) gemäß § 60a AufenthG ersichtlich sind.
2.1 Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist der Ausländer abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, die gewährte Ausreisefrist abgelaufen ist und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint.
Der Antragsteller ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, weil er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht mehr besitzt, seit seine asylrechtliche Aufenthaltsgestattung spätestens mit der Einstellung des asylrechtlichen Klage- und Eilantragsverfahrens mit Beschlüssen vom 28.12.2017 gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bzw. Nr. 6 AsylG erloschen ist.
Die Ausreisepflicht des Antragstellers ist gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar, weil er sich ohne einen Aufenthaltstitel nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält mit der Folge, dass trotz erfolgter Aufenthaltserlaubnisantragstellung sein Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 AufenthG als erlaubt gilt.
Die im Asylbescheid gewährte Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ist schon seit Monaten abgelaufen.
Die Überwachung der Ausreise ist gemäß § 58 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG erforderlich, weil der Antragsteller innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist.
2.2 Gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
2.2.1 Danach wäre der Antragsgegner aus rechtlichen Gründen zur vorläufigen Duldung des Antragstellers einstweilen zu verpflichten, wenn keine Aufenthaltserlaubnis erteilt würde, obwohl allem Anschein nach ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne vorherige Ausreise bestünde. In diesem Fall wäre es nicht zumutbar, den Antragsteller auf die Möglichkeit zu verweisen, seinen Anspruch vom Herkunftsland aus zu verfolgen. Die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen vermag aber allen Anhaltspunkten nach keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne vorherige Ausreise zu begründen.
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet gemäß § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG scheitert an § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach einem Ausländer, dessen Asylantrag, wie der des Antragstellers, unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen gemäß §§ 22 bis 26 AufenthG) erteilt werden darf. Zwar findet diese Erteilungssperre gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung. Die Ausnahmeregelung in § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG erfasst aber nur strikte Rechtsansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Das bedeutet, dass alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssen und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat. Hierfür genügt weder eine Soll- noch eine Ermessensvorschrift, selbst wenn im Einzelfall ein atypischer Fall vorliegt oder das Ermessen „auf Null“ reduziert ist (stRspr, zuletzt BVerwG, Urteil vom 12.07.2018 – 1 C 16/17, juris Rn. 27; BayVGH, Beschluss vom 30.10.2018 – 10 C 18.1782, juris Rn. 4).
Auch wenn gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen zu erteilen ist, wenn der Deutsche – wie die Ehefrau des Antragstellers – seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, besteht vorliegend schon deshalb kein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, weil der Antragsteller nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG mit dem für einen Familiennachzug erforderlichen nationalen Visum (§ 6 Abs. 3 AufenthG) eingereist ist und gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG von diesem Visumerfordernis lediglich abgesehen werden kann.
§ 39 Satz 1 Nr. 5 AufenthV, wonach ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen kann, wenn seine Abschiebung nach § 60a AufenthG ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat, ist nicht einschlägig, weil die Abschiebung des Antragstellers nicht ausgesetzt ist und ein entsprechender Duldungsanspruch weder im Zeitpunkt der Eheschließung bestand noch im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung besteht. Insoweit wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 05.04.2018 (Az.: B 6 E 18.190), den diesbezüglichen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16.05.2018 (Az.: 19 CE 18.1007) und das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 29.08.2018 (Az.: B 6 K 18.191) verwiesen.
Scheitert somit der gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG erforderliche strikte Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bereits an der Nichterfüllung des Visumerfordernisses, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 28 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG (Spracherfordernis) und die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
2.2.2 Eine Abschiebung ist gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auch dann aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn sie einen rechtswidrigen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK darstellt. Diese Bestimmungen vermitteln keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt, verpflichten bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen jedoch zu einer verhältnismäßigen Berücksichtigung der familiären Bindungen im Bundesgebiet. Werden auf gegenseitige ständige Unterstützung angewiesene Familienangehörige voneinander getrennt, stellt dies grundsätzlich einen Eingriff in den Schutzbereich der genannten Grund- bzw. Menschenrechte dar (vgl. Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, Rn. 1235), der jedoch nicht in jedem Fall unverhältnismäßig und damit rechtswidrig sein muss. Es kommt auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
Vorliegend ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Kenntnisstand im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht des Antragstellers mit Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK vereinbar. Der Antragsteller hat weder vorgetragen, noch sind sonstige Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er und seine Ehefrau auf gegenseitige ständige Unterstützung angewiesen wären. Ferner ist in die Betrachtung der Umstände des Einzelfalles einzustellen, dass der Antragsteller und seine Ehefrau die Ehe in Kenntnis des Umstandes geschlossen haben, dass der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig ist. Sie konnten also zu keiner Zeit darauf vertrauen, ihre eheliche Lebensgemeinschaft ohne Unterbrechung im Bundesgebiet führen zu können. Demgegenüber fällt es nicht entscheidungserheblich ins Gewicht, dass die Deutsche Botschaft Dakar auf ihrer aktuellen Internet-Seite „Nationale Visa“ (https://dakar.diplo.de/sn-de/service/05-VisaEinreise/-/1802040) empfiehlt, die online-Buchung eines Termins zur Antragstellung frühzeitig zu planen, weil derzeit mit Wartezeiten von einigen Wochen gerechnet werden müsse. Der Antragsteller ist seit Ende Dezember 2017 vollziehbar ausreisepflichtig. Schon damals beabsichtigte er zu heiraten und war im Besitz eines Reisepasses, wie sich aus dem Schreiben des Oberlandesgerichts München an die Ausländerbehörde vom 19.12.2017 wegen eines Antrags auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses ergibt, mit dem auch eine Ablichtung der vom Standesamt … gefertigten Kopie des Originalreisepasses des Antragstellers übersendet wurde. Der Antragsteller hätte sich also schon damals rechtskonform verhalten können, indem er das Bundesgebiet verlässt und mit einem Visum zur beabsichtigten Eheschließung wieder einreist. Dass er nunmehr, nach erfolgter Eheschließung am …2018, die Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet unterbrechen muss, ist allein seinem rechtswidrigen Verhalten zuzuschreiben. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass deutsche Staatsangehörige für die Einreise in die Republik Senegal und einen vorübergehenden Aufenthalt von bis zu drei Monaten seit Mai 2015 kein Visum mehr benötigen, sondern lediglich einen Reisepass. Somit kann die Ehefrau des Antragstellers ihn während der Dauer des Visumverfahrens problemlos besuchen. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Vorabzustimmung zur Visumerteilung gemäß § 31 Abs. 3 AufenthV, um die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht als verhältnismäßig bewerten zu können. Im Übrigen hätte sich der Antragsteller auch um eine solche Vorabzustimmung zur Beschleunigung des Visumverfahrens frühzeitig kümmern können, wobei gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthV für die Zustimmung zur Visumerteilung nicht die ZAB, sondern die für den vorgesehenen Aufenthaltsort – erfahrungsgemäß dürfte dies der Wohnsitz der Ehefrau sein – zuständige Ausländerbehörde zuständig ist.
3. Nach alledem ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Antragsteller als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abzulehnen.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG (halber Auffangstreitwert).


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