Aktenzeichen B 3 K 17.30804
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist unbegründet, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom … nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO), denn er erfüllt nicht die Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 AsylG und auch Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Als rechtmäßig erweisen sich auch die aufenthaltsbeendende Maßnahme der Beklagten und die festgestellten Einreise- und Aufenthaltsverbote.
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom … im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes hat. Das Gericht schließt sich den zutreffenden Gründen in diesem Bescheid an und sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Das Gericht glaubt dem Kläger nicht, dass er als früherer Lebensgefährte (und jetziger Ehemann) von … derart in ihre Probleme hineingezogen worden ist, dass er Gefahr laufen würde, bei einer Rückkehr nach Serbien von ihren Zuhältern verfolgt zu werden. Vergleicht man die Angaben des Klägers und seiner Lebensgefährtin bei ihren Anhörungen bei der Beklagten und in der mündlichen Verhandlung, ergeben sich in wichtigen Punkten große Differenzen, die daran zweifeln lassen, dass dem Kläger tatsächlich so viel Gravierendes passiert ist wie er vorträgt. Hinsichtlich der Anzahl der Vorfälle, bei denen er mehr oder weniger stark geschlagen worden sein will, ergibt sich bereits kein klares Bild. Sprach seine Lebensgefährtin bei ihrer Anhörung und in der mündlichen Verhandlung von jeweils drei Angriffen auf ihn, waren es nach seinen eigenen Angaben bei seiner Anhörung nur einer und in der mündlichen Verhandlung zwei. Das verwundert deswegen, weil seine Lebensgefährtin nicht mehr Attacken auf ihn miterlebt haben kann als er selbst; wenn überhaupt, müsste der Kläger von mehr Schlägereien berichten, da sie auch in der Zeit stattgefunden haben können, in der seine Lebensgefährtin im Massagesalon gearbeitet hat Erstmals in der mündlichen Verhandlung schilderten der Kläger wie auch seine Lebensgefährtin, dass er ständig vor dem Massagesalon mit dem Auto auf sie gewartet habe und es dabei auch zu Auseinandersetzungen mit den Zuhältern gekommen sei. Über diesen Komplex war bisher überhaupt nichts bekannt und die Erklärung des Klägers, er habe es auch bei seiner Anhörung geschildert bzw. sei seinerzeit nicht danach gefragt worden, überzeugt nicht, weil er sehr ausführlich und nicht unterbrochen durch die Anhörperson seine Verfolgungsgeschichte vortragen konnte. Eine dahingehende (Nach) Frage durch die Anhörperson ist im Übrigen auch gar nicht möglich, weil sie nicht weiß, was sich in Serbien ereignet hat, so dass der Kläger die Einzelheiten schon selbst vortragen muss. Er bestätigte zudem, dass er den Dolmetscher verstanden hat und ihm das Anhörungsprotokoll rückübersetzt wurde, ohne dass er Änderungswünsche daran hatte.
Unklar ist weiter, ob der Kläger mit seiner Lebensgefährtin zusammen im Kosovo war oder nur sie alleine. Während sie bei ihren Befragungen immer nur von sich sprach, berichtete der Kläger davon in der Wir-Form. Sie wollen dort nach seinen Ausführungen nur telefonisch belästigt worden sein, während seine Lebensgefährtin in der mündlichen Verhandlung davon sprach, dass Männer vor dem Haus ihrer Tante gestanden hätten und sogar versucht haben sollen, gewaltsam in das Gebäude einzudringen. Dies erweckt nicht gerade den Eindruck, als hätten beide das Ganze gemeinsam erlebt. Ist dies aber tatsächlich passiert, hätte es auch der mitanwesende Kläger bemerken müssen und darüber berichten können.
Schließlich ist es wohl doch nicht so, dass die Polizei auf ihre Anzeigen hin nichts unternommen hat, wurde doch die Freundin seiner Lebensgefährtin angeklagt und zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei allerdings gerade die Passage bzw. Seite mit dem Strafausspruch im vom Kläger vorgelegten Urteil des serbischen Gerichts fehlt.
Zusammenfassend ist das Gericht der Überzeugung, dass der Kläger zwar schon vom Schicksal seiner Lebensgefährtin mitbetroffen war, aber nicht in der von ihm geschilderten gravierenden Weise, die ihn selbst und unabhängig von ihr ins Blickfeld ihrer Zuhälter hätten geraten lassen. Insbesondere haben sie kein derart gesteigertes Interesse an ihm allein, dass sich, wenn er alleine nach Serbien zurückkehren würde, die von ihm befürchteten Gefahren dort realisieren würden. Drohungen von ihnen hat er in Deutschland jedenfalls nicht mehr erhalten.
Die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG), also u.a. unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG), mithin die Verursachung schwerer psychischer oder physischer Leiden. Dazu wird auf die o.a. Ausführungen verwiesen.
Schließlich vermag sich die Kläger mit Erfolg weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK berufen.
Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK erfüllen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine Existenzgrundlage bei seiner Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer nach Serbien sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass sie – auch nicht für Roma – den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK aufweisen (VG Karlsruhe, Beschluss vom 13.06.2019, Az.: A 7 K 2457/19; VG Minden, Beschluss vom 06.06.2019, Az.: 2 L 560/19.A; VG Oldenburg, Urteil vom 06.03.2019, Az.: 7 A 487/19).
Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann der Kläger ebenfalls nicht beanspruchen. Voraussetzung dafür wäre, dass ihm bei seiner Rückkehr eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben droht. Die Norm setzt eine einzelfallbezogene („für diesen Ausländer“) erhebliche und konkrete Gefahrensituation voraus, die für das Gericht nicht erkennbar ist.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … gibt schließlich hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn ihm stehen, wie oben ausgeführt, weder Abschiebungshindernisse zur Seite, noch besitzt er eine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung. Ob im Hinblick auf die mit seiner bleibeberechtigten Frau geschlossene Ehe ein Aufenthaltsrecht für ihn im Hinblick auf Art. 6 GG besteht, hat die zuständige Ausländerbehörde zu entscheiden (inlandsbezogenes Abschiebungshindernis).
Hinsichtlich der festgesetzten Aufenthalts- und Einreiseverbote ist kein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 und 7 AufenthG ersichtlich; dahingehend wird konkret auch nichts vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.