Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen fehlender Glaubwürdigkeit

Aktenzeichen  M 4 K 16.31382

Datum:
1.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 122775
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3

 

Leitsatz

Diametral sich widersprechende Angaben zu befürchteten Fluchtgründen können zur Unglaubwürdigkeit führen. (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2016 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. In der ordnungsgemäßen Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
I.
Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Dem Kläger steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) zu.
Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furch nicht zurückkehren will. Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Nach diesen Grundsätzen droht dem Kläger bei einer Rückkehr ins Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung in diesem Sinne.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2016 einen völlig unglaubwürdigen Eindruck gemacht und sich insbesondere in Bezug zu seinen Einlassungen vor dem Bundesamt selbst widersprochen.
So gab er nunmehr an, Grund für seine Flucht aus dem Irak sei die Tatsache gewesen, dass er – als er noch in … gelebt habe – gegen die schiitische Regierung in … demonstriert habe, weil sie als Sunniten benachteiligt worden seien. Er habe bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt davon nichts erwähnt, weil er Angst gehabt habe, dass die Bundesregierung mit offiziellen Regierungsstellen im Irak Kontakt habe und er deshalb ausgeliefert werden könnte. Erst später habe er gelernt, dass Deutschland ein Rechtsstaat sei. Er befürchte nun, dass die Zentralregierung in … unter anderem ihn als Demonstranten von damals dafür verantwortlich machen könnte, dass der Islamische Staat Mosul habe einnehmen können. Verhaftet worden sei er nicht; er habe aber nie zuhause schlafen können, aus Angst verhaftet zu werden. Dem widersprechen seine Aussagen auf S. 6 des Bundesamtsprotokolls, wonach er niemals Probleme mit der Polizei, Behörden oder Dritten gehabt habe und sich auch nicht in seinem Heimatland politisch engagiert habe.
Abgesehen davon, dass damit unklar bleibt, weswegen sich der Kläger überhaupt mit seinem Asylantrag an den deutschen Staat gewandt hat, wenn er doch zunächst der Meinung gewesen sein will, Deutschland sei ebenfalls kein Rechtsstaat, hat sich der Kläger mit diesem diametral sich widersprechenden Angaben zu seinen befürchteten Fluchtgründen selbst völlig unglaubwürdig gemacht.
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger von keiner Seite – weder von der Zentralregierung des Irak noch vom Islamischen Staat individuell verfolgt wird. Ein Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft über die Zuerkennung des subsidiären Schutzes hinaus ist damit nicht erkennbar.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Gerichtskosten werden nach § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben