Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Zulassung zum Studium der Zahnmedizin wegen Ausschöpfung der Aufnahmekapazitäten

Aktenzeichen  AN 2 E 17.10100

Datum:
11.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 45, § 46, § 51
LUFV LUFV § 4 Abs. 1 Nr. 1
VwGO VwGO § 123

 

Leitsatz

1. Die Beschäftigung von Drittmittel-Bediensteten, denen keine dienstrechtliche Lehrverpflichtung obliegt, erhöht das der Kapazitätsberechnung zugrunde liegende Lehrangebot nicht. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Ermittlung der Zahl der Studierenden sind als Schwund systemgerecht nur dauerhafte Abgänge zu berücksichtigen, die zum Freiwerden von Studienplätzen führen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerseite beantragt im Wege einer einstweiligen Anordnung sinngemäß die Verpflichtung des Antragsgegners auf Zulassung im 2. Fachsemester, hilfsweise im 1. Fachsemester des Studiums der Zahnmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ab dem Sommersemester 2017, hilfsweise beschränkt auf einen Teilstudien Platz.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die FAU habe rechtswidrigerweise ihre Kapazität nicht voll ausgeschöpft. Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Antragsbegründung Bezug genommen.
Die FAU beantragt für den Antragsgegner sinngemäß, den Antrag abzulehnen und teilt dazu unter Bezugnahme auf die vorgelegten Unterlagen zur Kapazitätsberechnung für das Studienjahr 2016/2017 mit Schriftsatz vom 10. Mai 2017 folgende Kapazitätsauslastung mit:
Fachsemester
Zulassungszahl
Aktiv Studierende (ohne Beurlaubte)
1
55
55
2
54
56
3
54
54
4
53
56
5
53
56
6
52
54
7
51
53
8
51
50
9
50
46
10
50
45
insgesamt
523
525
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen, insbesondere auf die Datenerhebungsformularsätze mit Kapazitätsberechnung Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig, aber mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nicht begründet und deshalb abzulehnen.
Nach eingehender Prüfung der Berechnungsgrundlagen der FAU unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerseite geht das Gericht davon aus, dass an der FAU im Studiengang Zahnmedizin im Sommersemester 2017 für das 2. Fachsemester über die festgesetzte Zahl von 54 Studienplätzen hinaus keine weiteren Studienplätze zur Verfügung stehen. Die ermittelten Studienplätze sind nach der glaubhaften Erklärung der FAU vom 10. Mai 2017 regulär mit 56 aktiv Studierenden (Studierende ohne Beurlaubungen) besetzt. Auch im 1. Fachsemester sind keine freien Kapazitäten vorhanden, sondern die zugelassenen und festgesetzten Studienplätze ausgeschöpft.
Die Ermittlung der Aufnahmekapazität an Hochschulen richtet sich nach dem Gesetz für die Hochschulzulassung in Bayern (BayHZG) und nach der Verordnung über die Hochschulzulassung an den Staatlichen Hochschulen in Bayern (HZV).
a) Danach ist zunächst das Lehrangebot im Studiengang Zahnmedizin gemäß §§ 45 ff. HZV zu ermitteln. Gemäß § 46 Abs. 2 HZV ist hierfür die Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunstschulen und Fachhochschulen (LUFV) maßgebend. Das Lehrangebot hat der Antragsgegner – nach gerichtlicher Überprüfung korrekt – wie folgt zu Grunde gelegt:
Anzahl
Art der Stelle
Semesterwochenstunden (SWS)
Gesamtzahl der SWS
3
W3
9
27
1
W3
7
7
4
W2
9
36
29
A13zA
5
145
8
A13
9
72
6
A14
9
54
2
A14
0
0
1
A14
8
8
4
A15
9
36
1
A16
8
8
1
A16
9
9
1
E14
9
9
1
E15
9
9
62
420
Das Lehrangebot an der FAU ist damit im Vergleich zum Vorjahr in der Summe und auch was die SWS pro Stelle betrifft, gleich geblieben. Auch in den Vorjahren wurde keine Reduzierung vorgenommen, für das Studienjahr 2015/2016 das Lehrangebot im Vergleich zum Studienjahr 2014/2015 vielmehr leicht erhöht.
Die Beschäftigung von Drittmittel-Bediensteten, denen keine dienstrechtliche Lehrverpflichtung obliegt, erhöht das der Kapazitätsberechnung zu Grunde liegende Lehrangebot nicht (ständige Rechtsprechung des BayVGH: etwa B.v. 2.5.2012, 7 CE 12.10010 oder B.v. 22. 8.2006, 7 CE 06.10313 – jeweils juris). Dies gilt auch für Stellen, die aus Mittelzuweisungen der Krankenkassen und aus Eigenmitteln des Universitätsklinikums für Zwecke der Krankenversorgung finanziert werden und entsprechend ausschließlich dafür gewidmet sind (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2012, 7 CE 12.10005 oder B.v. 24.7.2008, 7 CE 08.10122 – jeweils juris). Diese Stellen sind lediglich im Rahmen von § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 HZV beim Krankenversorgungsabzug zu berücksichtigen und mindern diesen (BayVGH, B.v. 1.10.2009, 7 CE 09.10538 – juris).
Bereits für die vorausgegangenen Studienjahre hat das Gericht entschieden, dass sich dementsprechend auch die beiden als Zahntechniker im zahntechnischen Labor der FAU beschäftigten Mitarbeiter nicht auf die Kapazitätsberechnung auswirken, da diese keinerlei selbstständige Aufgaben in der Lehre wahrnehmen und zu keiner gemäß § 51 Abs. 3 Nr. 1 HZV relevanten Entlastung des Lehrpersonals führen (vgl. VG Ansbach, B.v. 10.2.2015, AN 2 E 14.10170; B.v. 16.12.2015, AN 2 E 15.10270 – jeweils juris). Dies wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof so bestätigt (BayVGH, B.v. 26.5.2016, 7 CE 15.10110 – juris).
Auf die Aufnahmekapazität im Studiengang Zahnmedizin der FAU im Ergebnis ohne Auswirkung bleibt nach einer Vergleichsrechnung durch das Gericht der Ansatz mit nur 8 SWS von zwei Lehrenden anstatt mit dem regelmäßig gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1 LUFV anzusetzenden Deputat von 9 SWS, sodass insoweit von einer Klärung der Hintergründe der geringfügigen Stundenreduzierung abgesehen werden konnte. Weil es ohne Auswirkung bleibt, musste insbesondere nicht überprüft werden, ob die vom Gericht anerkannten Gründe der Deputatsreduzierung der vergangenen Jahre fortbestehen.
Keine Bedenken bestehen nach wie vor am Ansatz von zwei Lehrenden mit 0 SWS. Insoweit wird auf die Beschlüsse des VG Ansbach aus den vergangenen Jahren verwiesen (B.v. 4.3.2012, AN 2 E 12.10307; B.v. 2.2.2006, AN 2 E 05.10459; B.v. 16.12.2008, AN 2 E 08.10210 – jeweils juris).
b) Das durchschnittliche Lehrdeputat beträgt für den Studiengang Zahnmedizin im Studienjahr 2016/2017 demnach – wie im vorausgegangenen Studienjahr – 420 SWS : 62 Stellen = 6,7742 SWS (berechnete Zahlen hier und im Folgenden aus Vereinfachungsgründen wiedergegeben jeweils nur mit vier Nachkommastellen und Rundung bei der vierten Nachkommastelle).
c) Im Weiteren ist der Krankenversorgungsabzug zu berechnen. Nach § 46 Abs. 3 Nr. 3 b HZV ist dabei ein Abzug von einer Stelle je 7,2 tagesbelegter Betten zu berücksichtigen und gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 3 c HZV ein pauschaler Abzug von 30% der verminderten Gesamtstellenzahl vorzunehmen. Die von der FAU vorgenommene Berechnung ist dabei nicht zu beanstanden.
Die FAU ist, ohne dass dies angegriffen wäre oder Rechtsbedenken dagegen bestünden, von einer um 0,85 zurückgegangenen Anzahl tagesbelegter, nicht privat genutzter Betten in Höhe von 20,36 ausgegangen (Vorjahr 21,21). Daraus errechnet sich ein Abzug von 2,8278 Stellen für die stationäre Krankenversorgung und ein Abzug von 18,3517 Stellen für die ambulante Krankenversorgung. Die Berechnung stellt sich im Einzelnen wie folgt dar: 62,00 Stellen + 2,00 Stellen (Stellen, die der Krankenversorgung gewidmet sind) = 64,0000 Stellen
64,00 Stellen ./. 2,8278 Stellen für die stationäre Krankenversorgung = 61,1722 Stellen
61,1722 Stellen x 30% = 18,3517 Stellen Gesamtpersonal für die Krankenversorgung damit: 2,8278 Stellen (stationäre Krankenversorgung)
+ 18,3517 Stellen (ambulante Krankenversorgung)
= 21,1795 Stellen, bei Reduzierung um die 2,0000 Stellen, die ausschließlich der Krankenversorgung gewidmet sind: 19,1795 Stellen
Das Lehrangebot beträgt damit: 62,0000 Stellen
./. 19,1795 Stellen
42,8205 Stellen
d) Unter Multiplikation mit der sich errechnenden durchschnittlichen Lehrverpflichtung (6,7742 SWS) ergibt sich damit das Angebot an Deputatstunden von 290,0746. Dies bedeutet eine Erhöhung um ca. 0,56 SWS im Vergleich zum Vorjahr.
Hierzu sind die Lehrauftragsstunden in Höhe von 12,50 SWS zu addieren. Die Lehrauftragsstunden wurden dabei im Vergleich zum Vorjahr um 1 SWS kapazitätsgünstig erhöht.
Es ergibt sich somit ein bereinigtes Lehrangebot in Höhe von 302,5746 SWS, mithin ein im Vergleich zum Vorjahr um ca. 1,5 Stellen erhöhtes Lehrangebot. Die geringfügigen Abweichungen in der dritten und vierten Nachkommastelle bei der Berechnung der FAU – Angebot an Deputatstellen 290,0723, bereinigtes Lehrangebot 302,5723 – wirken sich auf das Ergebnis, d.h. die Studienplatzzahl, nicht aus – siehe im Weiteren – und bedürfen deshalb keiner weiteren Aufklärung.
e) Nach Anlage 5 zu § 43 HZV errechnet sich aus diesem bereinigten Lehrangebot, multipliziert mit 2 (= 605,1492) und dividiert durch den Curricular-Anteil des Curricular-Normwertes für den Studiengang Zahnmedizin (5,7968) eine jährliche Aufnahmekapazität von 104,3937 Plätzen im Jahresdurchschnitt (Berechnung der FAU: 104,3938). Der Curricular-Eigenanteil entspricht dabei dem Wert des Vorjahres und übersteigt – und dies ist in rechtlicher Hinsicht maßgeblich (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2013 – 7 CE 13.10315 – juris) – nicht den in Anlage 7 unter I festgesetzten Curricular-Normwert von 7,80 für den Studiengang Zahnmedizin.
f) Gemäß § 53 HZV ist die Studienanfängerzahl zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachrichtungswechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Die FAU hat die Schwundberechnung anhand des sogenannten Hamburger Modells durchgeführt, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 11.4.2011, 7 CE 11.10004 oder B.v. 21.7.2009, 7 CE 09.10090 – beide juris) grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Bei der Ermittlung der Zahl der Studierenden sind als Schwund systemgerecht nur dauerhafte Abgänge zu berücksichtigen, die zum Freiwerden von Studienplätzen führen (vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2010, 7 CE 10.10075 – juris), weshalb beurlaubte Studierende nicht aus den Bestandszahlen heraus gerechnet werden müssen (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2015, 7 CE 15.10110 – juris).
Nach der aufgezeigten und nicht zu beanstandenden Berechnung beträgt der angesetzte Schwundausgleichsfaktor 0,9512. Er ist im Vergleich zum Vorjahr (0,9372) leicht gestiegen, was sich insbesondere aus höheren, nahezu vollständigen Übergangsquoten in den ersten Studiensemestern (v.a. von Fachsemester 3 nach 4 und Fachsemester 4 nach 5) ergibt. Der geringere Schwund wirkt sich dementsprechend leicht nachteilig auf die Festsetzung der Kapazitätszahlen aus. Für das Studienjahr 2016/2017 ergeben sich somit 110 Studienplätze für Studienanfänger (104,3937 : 0,9512 = 109,7495, gerundet 110). Verteilt auf das Wintersemester 2016/2017 und das Sommersemester 2017 ergeben sich somit jeweils 55 Studienplätze für das 1. Fachsemester.
g) Ausgehend von dieser Berechnung ergibt sich auch für die höheren Semester kein Anhaltspunkt für eine fehlerhafte Berechnung und Festsetzung. Unter Berücksichtigung der konstanten Übergangsquote von 0,9888 ergibt sich eine Zulassungszahl von 54 Studierenden für das 2. Fachsemester. Ein Fehler ist insoweit antragstellerseitig weder aufgezeigt noch glaubhaft gemacht und auch für das Gericht nicht ersichtlich.
Die ermittelte Kapazität für das Studienjahr 2016/2017 ist nach alledem nicht zu beanstanden und mit 56 Studierenden auf 54 zugelassenen Studienplätzen auch mehr als ausgeschöpft.
Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2017 hat die FAU zum Stichtag 10. Mai 2017 mitgeteilt, dass im 2. Fachsemester im Studiengang Zahnmedizin 56 Studenten aktiv studieren. Für eine nochmalige Versicherung der Studierendenzahl oder für die zusätzliche Vorlage einer Namensliste der Studierenden – wie die Antragstellerseite begehrt – sieht das Gericht keine Veranlassung. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Angaben bestehen nicht. Dass Beurlaubte in der genannten Zahl nicht enthalten sind, ergibt sich bereits ohne Zweifel aus der vorgelegten Mitteilung. Da kein Anlass dazu besteht, musste das Gericht nicht zusätzlich ermitteln, ob es nach dem genannten Stichtag noch Exmatrikulationen oder Höhergruppierungen von Studenten gab, die zum Freiwerden von Studienplätzen führen (siehe insoweit BayVGH, B.v. 12.4.2006, 7 CE 06.10193 – juris), zumal ohnehin eine Überbuchung von zwei Studienplätzen vorliegt und sich Veränderungen damit kaum auswirken können und Studienplatzveränderungen im zeitlich bereits fortgeschrittenen Semester nicht mehr zwingend zu einem Nachrücken anderer Bewerber führt.
Die Vergabe eines Teilstudienplatzes nur bis zu einem bestimmten Fachsemester scheidet nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. B.v. 18.5.2012, 7 CE 12.10002 – juris) für das Studium der Zahnmedizin aus. Das Gericht vermag auch keinen Engpass erst im weiteren Verlauf des Studiengangs Zahnmedizin an der FAU zu erkennen.
Der Antrag war daher abzulehnen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 1 GKG. Eine Herabsetzung des Streitwertes ist auch nicht in den Fällen veranlasst, in denen die Antragsteller nur die Durchführung eines Losverfahrens bzw. die Beteiligung an einem solchen und die Zulassung, wenn ein entsprechender Platz verlost wird, beantragt haben. Denn auch in diesen Fällen wird im Grunde die vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin und die Zuteilung eines entsprechenden Studienplatzes begehrt.


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