Verwaltungsrecht

Kein Asylanspruch wegen nicht glaubhaften Vorbringens

Aktenzeichen  M 25 K 20.32805

Datum:
3.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41755
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4, § 77 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Auch unter Berücksichtigung seines Herkommens, Bildungsstands und Alters muss ein Asylsuchender im Wesentlichen gleichbleibende, möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu den behaupteten persönlichen Umständen seiner Verfolgung und seiner Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Gericht folgt den zutreffenden Feststellungen und der zutreffenden Begründung des streitigen Bescheids, sieht daher von einer eigenständigen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG), und ergänzt lediglich wie folgt:
„1. Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG steht dem Kläger nicht zu. Aus seinem Vortrag, dessen Wahrheit einmal unterstellt, ergeben sich keine Verfolgungshandlungen und Verfolgungsgründe, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen können.“
2. Zutreffend und rechtsfehlerfrei wurde von der Beklagten dargelegt, dass im Hinblick auf die begehrte Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylG dem Kläger in Tansania kein ernsthafter Schaden droht. Auch in der mündlichen Verhandlung haben sich keine Tatsachen ergeben, die eine andere Bewertung erheischen würden. Das Vorbringen des Klägers ist nämlich insoweit nicht glaubhaft.
Das Gericht muss sowohl von der Wahrheit – und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender Verfolgung bzw. Gefährdung die volle Überzeugung gewinnen. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen (vgl. nunmehr auch Art. 4 RL 2011/95 EU sowie bereits bislang BVerfG (Kammer), B.v. 7.4.1998 – 2 BvR 253/96 – juris). Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu seinem behaupteten Verfolgungsschicksal machen.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor. Die Angaben gegenüber dem Bundesamt zu einer religiös begründeten Verfolgung durch Sheiks im Namen der Scharia sind oberflächlich und unsubstantiiert. Das Kerngeschehen, der Angriff aus seine Schwester und sein angebliches Dazwischentreten, ist nicht glaubhaft, weil viel zu vage und oberflächlich, geschildert. Den Zeitpunkt, zu dem diese Geschehnisse stattfanden, hat der Kläger zunächst nicht angegeben, dann auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung auf das Jahr 2012 datiert, womit er sich dann noch immerhin vier Jahre nach dem geschilderten Überfall in Tansania aufgehalten hätte. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eine Erklärung vom … Oktober 2021 vorgelegt, die ebenfalls oberflächlich und unsubstantiiert von Verfolgung durch Sheiks spricht, ohne ins Detail zu gehen. Insgesamt konnte das Gericht auch aufgrund der mündlichen Verhandlung nicht die Überzeugung vom Drohen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung für den Kläger weder durch staatliche noch durch private Akteure im Sinne des allein in Betracht kommenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG gewinnen.
3. Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Der Kläger ist jung, gesund, alleinstehend bzw. um sein Kind kümmert sich nach seinen Angaben seine Schwester und arbeitsfähig. Er hat in Tansania als Gelsammler für ein Sammeltaxi gearbeitet. In Deutschland arbeitet er seit Ende 2020 als Reinigungskraft.
Gesundheitliche Einschränkungen, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich und insbesondere auch nicht durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nachgewiesen.
4. Die Abschiebungsandrohung begegnet ebenso wie die Befristung der Wiedereinreisesperre keinerlei Bedenken; insoweit wird auf den Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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