Verwaltungsrecht

Kein Rechtsschutzbedürfnis für Zulassung zu einer dritten Wiederholungsprüfung

Aktenzeichen  W 2 K 17.1114

Datum:
29.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 147535
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RaPO § 10 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Zulassung zu einer dritten Wiederholungsprüfung, wenn das Studium zwischenzeitlich aufgrund anderer Wiederholungsprüfungen endgültig nicht bestanden ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Sie erweist sich aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bereits als unzulässig. Darüber hinaus wäre die Klage auch unbegründet. Denn die streitgegenständliche Ziffer 1 des Bescheides der Beklagten vom 31. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 24. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zu einer weiteren Wiederholungsprüfung im Fach „Baubetrieb III“, § 113 Abs. 5 VwGO.
1. Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Zulassung des Klägers zu einer dritten Wiederholungsprüfung im Fach „Baubetrieb III“. Denn der Kläger hat sein Bachelorstudium zwischenzeitlich (jedenfalls) aufgrund nicht bestandener zweiter Wiederholungsprüfungen in den Modulen „Geotechnik II“ sowie „Tragwerke und Holzbau“ endgültig nicht bestanden, § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 SPO Bauing vom 26. Oktober 2010 i.d.F. der 3. Änderungssatzung vom 17. Dezember 2012 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 11 Abs. 1 der Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen in Bayern (RaPO) vom 17. Oktober 2001 (GVBl. S. 686, BayRS 2210-4-1-4-1-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. August 2010 (GVBl. S. 688).
In diesen beiden Modulen hat der Kläger im Wintersemester 2014/2015 jeweils den ersten Prüfungsversuch und im Sommersemester 2015 die erste Wiederholungsprüfung nicht bestanden. Die zweite Wiederholung wäre gem. § 22 Abs. 2 Satz 2 SPO Bauing i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 5 RaPO innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Bewertung der vorherigen Wiederholungsprüfung (welche jeweils mit Schreiben der Beklagten vom 13. Oktober 2015 erfolgt ist) zu absolvieren gewesen. Der Kläger hat jedoch an einer zweiten Wiederholungsprüfung in beiden Fächern nicht teilgenommen. Eine weitere Wiederholungsmöglichkeit besteht diesbezüglich nicht. Denn auch nach der zu Beginn seines Studiums geltenden Satzungslage, auf die sich der Kläger beruft, besteht bzw. bestand die Möglichkeit eines Viertversuchs einer Prüfung maximal in einer Modulprüfung, vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 APO vom 26. Oktober 2010 und § 22 Abs. 2 SPO Bauing vom 26. Oktober 2010 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 3 RaPo.
Gem. § 22 Abs. 6 SPO Bauing i.V.m. § 10 Abs. 3 RaPO werden die Fristen für die Ablegung von Wiederholungsprüfungen auch durch eine Exmatrikulation nicht unterbrochen. Zudem haben Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 Satz VwGO. Dass der Kläger gleichwohl die zweiten Wiederholungsprüfungen in den Modulen „Geotechnik II“ sowie „Tragwerke und Holzbau“ nicht fristgerecht ablegte, stellt eine von ihm zu vertretene Obliegenheitsverletzung dar. Er kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht damit exkulpieren, dass er nach Erhalt des Exmatrikulationsbescheides mehrfach beim Dekan vorgesprochen habe und dieser ihm auf die Frage, wie er sich im Verlauf der Angelegenheit weiter zu verhalten und was er dabei zu beachten habe, lediglich mitgeteilt habe, dass die Exmatrikulation bindende Wirkung habe. Die Erteilung von Auskünften an Studierende in hochschulrechtlichen Angelegenheiten zählt nicht zu den einem Dekan obliegenden Aufgaben, vgl. Art. 28 des Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 245, BayRS 2210-1-1-K), zuletzt geändert durch Gesetze vom 12. Juli 2017 (GVBl. S. 362). Eine weitergehende Auskunft war daher seitens des Dekans rechtlich nicht geboten. Der Kläger hätte sich diesbezüglich – wie sich aus § 29 Abs. 2 SPO Bauing ergibt – an das Rechtsamt/die Stabstelle Recht der Beklagten wenden müssen. Diese hatte den Kläger im Übrigen in ihrem Schreiben vom 4. Mai 2016 im Rahmen der Eingangsbestätigung des Widerspruchs explizit darauf hingewiesen, dass sein Widerspruch aufschiebende Wirkung habe und der Kläger daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung sein Studium fortsetzen könne. Vor diesem Hintergrund kann sich der Kläger nicht auf eine aus seiner Sicht unzureichende Auskunft des Dekans zu den rechtlichen Auswirkungen des vom Kläger eingelegten Widerspruchs berufen.
Auch ist entgegen der Auffassung des Klägers in der Widerspruchseinlegung nicht zugleich ein konkludenter Fristverlängerungsantrag für das Ablegen weiterer Prüfungen zu sehen, da neben dem Stellen von Fristverlängerungsanträgen auch die Möglichkeit besteht, zur Vermeidung von Verzögerungen des Studiums unter Vorbehalt an weiteren Prüfungen teilzunehmen.
Somit ist die Klage aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.
2. Sie hätte jedoch auch in der Sache keinen Erfolg. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zu einer dritten Wiederholungsprüfung im Fach „Baubetrieb III“.
Zwar bestand nach der zu Beginn seines Studiums geltenden Satzungslage unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eines einmaligen Viertversuchs in einer Modulprüfung (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 APO vom 26. Oktober 2010 sowie § 22 Abs. 2 SPO Bauing vom 26. Oktober 2010). Diese in § 10 Abs. 1 Satz 3 RaPo den Fachhochschulen eröffnete Möglichkeit wurde jedoch durch Satzungsänderungen vom 31. Juli 2012 und 7. November 2012 zum 1. Oktober 2012 wieder abgeschafft.
Diese Satzungsänderungen entfalten eine sog. unechte Rückwirkung, weil die Rechtsfolgen der Neuregelung erst für die Zukunft eintraten (Prüfungszeitraum im Wintersemester 2012/2013 war Ende Januar 2013) und dabei auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte einwirkten. Eine solche unechte Rückwirkung im Sinne einer tatbestandliche Rückanknüpfung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Die sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergebenden Grenzen der Zulässigkeit sind erst überschritten, wenn die vom Normgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Regelungszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Normgebers überwiegen (vgl. BVerfG, B.v. 15.10.1996 – 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 – juris). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Das gilt auch für die Anzahl möglicher Wiederholungsprüfungen während des Studiums, sofern Studierende die Möglichkeit haben, sich in zumutbarer Weise auf entsprechende Neuregelungen einzustellen. Dies war dem Kläger hier jedoch problemlos möglich. Denn die Viertversuchsregelung war zum Zeitpunkt, als der Kläger die Modulprüfung „Baubetrieb III“ erstmals (erfolglos) ablegte, bereits seit anderthalb Jahren abgeschafft, so dass der Kläger die fehlende Möglichkeit eines Viertversuchs bei der Vorbereitung der drei Prüfungsversuche im Modul „Baubetrieb III“ ohne weiteres hätte berücksichtigen können. Angesichts dessen kann er sich auf einen verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz nicht berufen. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der Möglichkeit eines einmaligen Viertversuchs in einer Modulprüfung wäre allenfalls denjenigen Studierenden zuzubilligen gewesen, die eine Modulprüfung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung bereits ein- oder zweimal nicht bestanden hatten und beim Ablegen dieser nicht bestandenen Prüfung(en) wohl davon ausgehen durften, dass ihnen im Falle des Nichtbestehens noch ein weiterer Prüfungsversuch zusteht bzw. es sich bei einer anschließenden Prüfungswiederholung noch nicht um den endgültig letzten Prüfungsversuch in dem jeweiligen Modul handelt. Da der Kläger nicht zu dieser Personengruppe gehört, kann offen bleiben, ob es für diese Fälle einer Übergangsregelung bedurft hätte. Der Erlass einer den Kläger begünstigenden Übergangsregelung war auf jeden Fall nicht geboten.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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