Verwaltungsrecht

Kein subsidiärer Schutz aufgrund schwerer Straftat (versuchte Vergewaltigung), Keine Abschiebehindernisse (Libyen)

Aktenzeichen  M 3 K 20.32353

Datum:
17.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49604
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 16a
AsylG § 3
AsylG § 4
AufenthG § 60 Abs. 5 und 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO entschieden werden. Die Beklagte ist mit Schreiben vom 29. September 2020 rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Sitzung geladen und hat mit allgemeiner Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 auf förmliche Zustellung der Ladung verzichtet. Die Beteiligten wurden mit der Ladung darauf hingewiesen, dass nach § 102 Abs. 2 VwGO beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist nach § 74 Abs. 1, 1. Halbsatz AsylG erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hat der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (1.), auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (2.) sowie auf Gewährung subsidiären Schutzes (3.). Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor (4.).
Insoweit nimmt das Gericht auf die Ausführungen im Bescheid vom 21. Juli 2020 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
1. Der Kläger kann bereits aus Rechtsgründen keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG geltend machen, da dieser an eine politische Verfolgung anknüpft. Eine Verfolgung ist dann „politisch”, wenn sie im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um die Gestaltung und Eigenart der allgemeinen Ordnung des Zusammenlebens von Menschen und Menschengruppen steht, also – im Unterschied etwa zu einer privaten Verfolgung – einen öffentlichen Bezug hat und von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgeht, der der Verletzte unterworfen ist (BVerwG, U. v. 20.2.2001 – 9 C 20/00 – NVwZ 2001, 815) Der Kläger macht vorliegend weder Verfolgung durch einen staatlichen Akteur geltend, noch macht er eine Verfolgung aus politischen Überzeugungen geltend. Somit besteht kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GK, BGBl. 1953
II. S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK (BGBl. 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird.
Eine solche Verfolgung kann nicht nur von dem Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) sowie von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, wobei es keine Rolle spielt, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Es müssen aus der Perspektive des Antragstellers hinreichend konkrete Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass Akteure im Sinne des § 3d AsylG Maßnahmen beabsichtigen, die zu einer Gefahrenlage führen, die als Verfolgung zu qualifizieren ist.
Bei der Prüfung der Bedrohung im Sinne des § 3 AsylG ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Dabei setzt die unmittelbar mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt rechnen muss. Die Tatsache, dass der Betroffene bereits in seinem Heimatland vorverfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist oder dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 -, juris, Rn. 19).
Bei einer zusammenfassenden Würdigung des vorgetragenen Sachverhalts müssen die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Dies erfordert eine qualifizierende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen eine Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Zu Gunsten des Vorverfolgten greift dabei eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen (vgl. BVerwG, a. a. O.).
Eine asylrechtlich-relevante Vorverfolgung gemäß §§ 3, 3 b AsylG ist für den Kläger nicht festzustellen.
Unabhängig von der Glaubhaftmachung des Vortrags des Klägers knüpft die von ihm geltend gemachte Furcht vor Verfolgung jedoch nicht an einem asylrechtlich-relevanten Merkmal im Sinne der § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG beim Kläger an, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dennoch nicht vorliegen.
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG nennt bei begründeter Furcht vor Verfolgung als Anknüpfungsmerkmal ausdrücklich (und insoweit abschließend) die Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.
Nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 AsylG umfasst der Begriff der Rasse insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe.
Nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.
Nach § 3b Abs. 1 Nr. 3 AsylG beschränkt sich der Begriff der Nationalität nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird.
Nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn a) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und b) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird; als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft.
Nach § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist unter dem Begriff der politischen Überzeugung insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
Gemessen an den gesetzlichen Vorgaben kann bei dem vom Kläger geschilderten Sachverhalt ein solches in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b Abs. 1 AsylG genanntes Anknüpfungsmerkmal als Verfolgungsgrund gerade nicht ausgemacht werden.
So erfüllt die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geschilderte Furcht vor Rache durch die rivalisierende Miliz, die diese aufgrund der Tötung des Freundes des Milizenführers im Gefecht um eine damals u.a. vom Kläger bewachte Entsalzungsanlage am Kläger angeblich verüben werden wird, keinen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3b Abs. 1 AsylG.
In Betracht käme allenfalls der Verfolgungsgrund der bestimmten sozialen Gruppe im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG, wonach als eine bestimmte soziale Gruppe insbesondere gilt, wenn a) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und b) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird; als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft.
Es ergibt sich jedoch weder, dass der Kläger – die Richtigkeit der Gefahr infolge Rache unterstellt – damit ein angeborenes oder unveränderliches Merkmal an sich hat, das zudem identitätsprägend sei, noch, dass er von der Gesellschaft aufgrund dessen als Zugehöriger mit einer deutlich abgegrenzten und andersartig zu betrachtenden Identität angesehen werde (vgl. VG Cottbus, U. v. 26.8.2020 – 6 K 710/17.A -, juris Rn. 49; VG Dresden, U. v. 24.4.2019 – 11 K 1544/16.A -, juris Rn. 19 – 21).
3. Der Kläger kann auch die Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht mit Erfolg beantragen, da er sich vorliegend jedenfalls den Ausschlussgrund des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG entgegenhalten lassen muss.
Ein Ausländer ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AsylG von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen (Nr. 1), eine schwere Straftat begangen hat (Nr. 2), sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen (Nr. 3) oder eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt (Nr. 4). Nach Satz 2 der Regelung gilt dasselbe für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten und Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.
Bei der Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG ist zu berücksichtigen, dass dieser Art. 17 Abs. 1 lit. b) der Qualifikationsrichtlinie umsetzt. Vor diesem Hintergrund reicht zwar allein die – nationalrechtliche – Einstufung einer Straftat als Verbrechen nicht aus, um die Annahme einer schweren Straftat im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG zu rechtfertigen; schwer im Sinne des Ausschlussgrundes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vielmehr nur ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert und dementsprechend strafrechtlich verfolgt wird (vgl. zu § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG BVerwG, U. v. 24.111999 – 10 C 24/08 -, juris Rn. 41; U. v. 4.9.2012 – 10 C 13.11-, juris Rn. 20 sowie zu § 25 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 AufenthG BVerwG, U. v. 25.3.2015 – 1 C 16/14 -, juris Rn. 27). Das Gericht ist insoweit indes nicht gehindert, nationale Wertungen wie die Einstufung einer Tat als Verbrechen und die angedrohte Höchst- und Mindeststrafe für die Schwere der in Rede stehenden Straftat als Indizien heranzuziehen (vgl. BVerwG, U. v. 25.3.2015 – 1 C 16/14 -, juris Rn. 28, wonach bei einem vorgesehenen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe wohl ohne weiteres von einer „besonders schwerwiegenden Straftat“ ausgegangen werden soll), soweit internationale Wertungen dem nicht entgegenstehen und auch die konkrete Tatausführung nach Art und Schwere eine solche Einstufung rechtfertigt (vgl. VG Cottbus, U. v. 26.8.2020 – 6 K 710/17.A -, juris Rn. 55). Bei einem Anknüpfen an deutsche strafrechtliche Wertungen bei Beurteilung der Schwere der Straftat muss jedenfalls mindestens ein Verbrechen im Sinne des § 12 StGB vorliegen (vgl. VG Bremen, B. v. 07.6.2019 – 5 V 3043/18 -, juris Rn. 33; BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 26. Edition, Stand: 01.10.2020 § 3 Rn. 23). Als schwere Straftaten in diesem Sinne ist danach neben vorsätzlichen Tötungsdelikten, Raub, gefährliche bzw. schwere Körperverletzung, Kindesmissbrauch, Entführung und Drogenhandel (in nicht geringer Menge) auch die Vergewaltigung nach § 177 Abs. 6 StGB anzusehen (vgl. Dörig MigrationsR-HdB, 2. Auflage 2020, § 19 Nationales Asyl- und Asylverfahrensrecht, Rn. 192)
Der Ausschlusstatbestand setzt wegen seiner gefahrenabwehrenden Funktion auch keine wirksame strafrechtliche Verurteilung wegen einer schweren Straftat voraus. Ausreichend ist vielmehr eine auf schwerwiegende Gründe gestützte Annahme. Darunter werden hinreichende, auf Tatsachen gestützte Feststellungen von einigem Gewicht verstanden (vgl. BVerfG, B. v. 13.6,2005 – 2 BvR 485/05 – NVwZ 2005, 1053; VG Karlsruhe, U. v. 25.6.2020 – A 10 K 1316/18 – juris Rn. 38; BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 26. Edition, Stand: 1.10.2020 § 3 Rn. 20).
Auch ist mit Blick auf § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG – der ausdrücklich von Auslandsstraftaten spricht – im Falle des § 4 Abs. 2 Nr. 2 AsylG – der wiederum keine Aussage zum Tatort trifft – nicht entscheidend, ob die schwere Straftat im Ausland oder im Inland begangen worden ist.
Gemessen an diesem Maßstab hat der Kläger eine solche schwere Straftat – nämlich eine versuchte Vergewaltigung im Sinne des § 177 Abs. 6 StGB – begangen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 AsylG). Die Tatbegehung ist durch rechtskräftiges Berufungsurteil des Landgerichts München I – Az.: 26 Ns 454 Js 218748/18 – festgestellt. Zweifel an der Schwere dieser Tat im Sinne des § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AsylG bestehen vorliegend nicht. Die Tat ist mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 2 Jahren zu ahnden (§ 177 Abs. 6 Satz 1 StGB) und ist aufgrund einer mildernden Strafrahmenverschiebung mit einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr 7 Monaten geahndet worden. Demnach liegt aufgrund der Tat als solcher, des Strafrahmens der Tat und der tatsächlichen verhängten Strafe eine schwere Straftat vor.
Nach der Rechtsprechung des EuGHs ist eine auf den Einzelfall bezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr nötig, da das zuständige Gericht bereits im Rahmen ihrer Beurteilung der Schwere der begangenen Handlungen und der individuellen Verantwortung der betreffenden Person alle Umstände berücksichtigt hat, die für diese Handlungen und für die Lage dieser Person kennzeichnend sind (vgl. EuGH, U. v. 9.11.2010 – C-57/09 – Rn. 109).
Der Kläger hat also eine schwere Straftat im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG begangen und sich damit der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG als unwürdig erwiesen. Weitere Voraussetzungen sind nicht zu prüfen. Der Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG setzt anders als § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AsylG namentlich keine Wiederholungsgefahr voraus. Die aus der Begehung einer schweren Straftat folgende „Unwürdigkeit“ einen qualifizierten Aufenthaltstitel zu gewähren, besteht auch dann fort, wenn keine Wiederholungsgefahr (mehr) besteht und von dem Ausländer auch sonst keine aktuellen Gefahren für den Aufenthaltsstaat ausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 25.3.2015 – 1 C 16.14 – juris Rn. 26, 29; VG Berlin, U. v. 17.1.2019 – 23 K 181.18 A – juris Rn. 26; VG Ansbach, B. v. 17.4.2019 – AN 1 S 19.30405 – juris Rn. 41; VG Augsburg, U. v. 26.3.2020 – Au 4 K 19.31338 – juris Rn. 26).
4. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
4.1. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
Zwar kann die schlechte humanitäre Lage im Zielstaat unter bestimmten Voraussetzungen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK zur Folge haben. In Bezug auf die Kläger ist jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nicht davon auszugehen, dass ihnen in Libyen aufgrund der humanitären Lage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers in Nicht-Vertragsstaaten ist danach unzulässig, wenn ihm dort unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der EMRK verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U. v. 24.4.2000 – 9 C 34/99 -, juris Rn. 11).
Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen, wenn die schlechten Bedingungen nicht nur überwiegend auf die Armut oder auf die fehlenden staatlichen Mittel im Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf Aktionen von Konfliktparteien zurückgehen, die zum Zusammenbruch der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur führen. Gelingt es dem Betroffenen dann nicht mehr, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen, so ist von einer Abschiebung zwingend abzusehen (BVerwG, Urt. v. 31. Januar 2013 – 10 C 15/12 – juris, Rn. 25). Hiernach und auch nach Auffassung des EGMR ist die Schwelle von Art. 3 EGMR bei schlechten humanitären Lebensbedingungen nur in seltenen Fällen erreicht, so dass das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG Ausnahmecharakter hat (EGMR, Urt. v. 28. Juni 2011 – 8319/07, 11449/07 -NVwZ 2012, 681ff.).
Nach diesen Maßstäben ist in Bezug auf den Kläger trotz der problematischen humanitären Lage in Libyen nicht davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegen.
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die humanitäre Situation in Libyen schwierig ist. Die Ausweitung der Kampfhandlungen in dicht bevölkerten Gebiete hat zu weiteren Vertreibungen und einer weiteren Verschärfung der humanitären Krise geführt; zu den libyschen Binnenvertriebenen kommen mehr als 636.000 Flüchtlinge und Migranten, die häufig ebenfalls von humanitärer Hilfe abhängig sind (vgl. UN Security Council, UNSMIL Report of the Secretary General, 15. Januar 2020, S. 12 f.). Seit 2014 haben viele Hilfsorganisationen ihre Mitarbeiter aus Libyen abgezogen oder deutlich reduziert (vgl. UNGA, IDP Report, Rn. 18). Nach letzten Angaben von OCHA bedürfen mindestens 800.000 Personen humanitärer Hilfe und sind 554.000 Personen auf medizinische humanitärer Hilfe angewiesen. Die Finanzierung von OCHA in Höhe von 202 Millionen US-Dollar ist nur zur Hälfte gesichert, wobei vor allem in den Bereichen Gesundheit, Ernährungssicherheit, Bildung, Wasser/sanitäre Einrichtungen/Hygiene erhebliche Finanzierungslücken von 76% bis 92% bestehen (vgl. OCHA, Humanitarian Dashboard – January-November 2019 -, 7. Januar 2020). Nach Angaben des Welternährungsprogramms bleibt Ernährungsunsicherheit trotz der Bemühungen verschiedener Akteure eine große Herausforderung, insbesondere aufgrund konfliktbedingt rückläufiger Nahrungsproduktion und Zugangsschwierigkeiten (vgl. World Food Programme, WFP Libya Country Brief, Dezember 2019). Die öffentliche Infrastruktur und die öffentlichen Dienstleistungen sind stark beeinträchtigt, was zu Stromausfällen, Wasser-, Kraftstoff-, Nahrungsmittel- und Geldmangel, Mangel an Medikamenten und hoher Inflation geführt hat (vgl. BfA, Länderinformationsblatt, S. 6). Die auch in Libyen ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben zu weiteren Einkommensverlusten, Reduzierung staatlicher Ausgaben, Nahrungsmittelknappheit, Preisanstiegen und Behinderungen humanitärer Hilfe bei gleichzeitigem extrem hohen Risiko des Pandemieausbruchs geführt (UN Security Council, UNSMIL Report of the Secretary General, 5. Mai 2020, S. 2; vgl. zum Ganzen auch VG Berlin, U. v. 15.9.2020 – 19 K 63/20 A -, juris Rn. 51).
In Bezug auf den Kläger ist jedoch davon auszugehen, dass er trotz dieser schwierigen Situation in Libyen in der Lage sein wird seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu bestreiten und sich zumindest das Existenzminimum zu sichern. Der Kläger verfügt über eine überdurchschnittliche Ausbildung und ist gesund; laut Kläger besteht für ihn auch die Möglichkeit einer weiteren Ausbildung nachdem inzwischen seine Handverletzung operiert und geheilt wurde. Darüber hinaus geht es laut Kläger auch seiner Familie in Libyen gut.
4.2. Schließlich besteht auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Von dieser Vorschrift werden nur solche Gefahren erfasst, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, wohingegen Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können.
Dem Kläger droht aber auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.
4.2.1. Das Gericht konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass sich eine solche Gefahr im Fall des Klägers vorliegt. Insbesondere hält es die vorgetragene Gefahr der Tötung durch die seine Heimatstadt kontrollierende Miliz für nicht glaubhaft.
Das Gericht muss sowohl von der Wahrheit – und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender Gefährdung die volle Überzeugung gewinnen. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (§ 15 AsylG) obliegt es dem Asylsuchenden, seine guten Gründe für eine begründete Gefahr unter Angabe genauer Einzelheiten in sich stimmig vorzutragen. Dazu gehört es, die persönlichen Umstände der Gefährdung und die Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vorzutragen und dabei kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben zu machen (vgl. nunmehr auch Art. 4 RL 2011/95 EU sowie bereits bislang BVerfG (Kammer), B. v. 7.4.1998 – 2 BvR 253/96 – juris Rn. 4; BVerwG, B.v.26.10.1989 – 9 B 405/89 – juris Rn. 8). Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende, möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu seinem behaupteten Verfolgungsschicksal machen.
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Vielmehr weist es erhebliche Ungereimtheiten und Widersprüche auf, sodass der Vortrag des Klägers seitens des Gerichts nicht als glaubhaft bewertet werden kann. Es ist schon nicht glaubhaft, dass eine Miliz wegen einer Tötung eines Kämpfers während einer kämpferischen Auseinandersetzung nach fast 5 Jahren und angeblich 25 Tötungen aus Rache später, weiterhin aus Rache den Kläger verfolgt, der nur einfacher Kämpfer einer rivalisierenden Miliz gewesen sein will. Es ist weiter nicht glaubhaft, dass eine bis zu 300 Kämpfer starke Miliz in der Lage sein sollte den Kläger im gesamten libyschen Staatsgebiet zu verfolgen und zu töten. Dementsprechend verstrickte sich der Kläger bei Vortrag zu einer angeblichen Attacke in Tripolis bei der Anhörung des Bundesamts in Widersprüche und präsentierte in der mündlichen Verhandlung eine neue Version der Ereignisse. Den Angriff auf die u.a. von ihm bewachte Anlage schilderte der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nur sehr oberflächlich und ausschließlich an Hand von technischen Details – wie Datum und Uhrzeit des Angriffes, eingesetzte Waffen etc. – ohne irgendwelchen persönlichen Eindrücke, Erlebnisse oder ähnliches zu äußern. Weiterhin scheint dem Gericht der erstmals in der mündlichen Verhandlung beschriebene Vorgang, nach dem der Angriff am Vortag dem Chef des Klägers angekündigt worden sei und deshalb seine Miliz vollzählig zur Verteidigung anwesend gewesen sei, unplausibel.
Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Gesamteindruck ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger von tatsächlichen Erlebtem berichtet hat.
Aber auch bei Wahrunterstellung der Angaben des Klägers erscheint die Gefahr im Falle einer Rückkehr nach Libyen zusätzlich deshalb nicht beachtlich wahrscheinlich, weil seit dem Angriff auf die Entsalzungsanlage bald 5 Jahre und dem Angriff auf den Kläger persönlich über 4 Jahre vergangen sind. Auch hat der Kläger Libyen im Juni 2018 verlassen, d.h. vor über 2 Jahren. Nach diesem langen Zeitraum ist eine Gefährdung aber nicht mehr wahrscheinlich (vgl. BayVGH, U. v. 21.6.2013 – 13a B 12.30170 – juris Rn. 29 zu einem Zeitraum von drei bzw. fünf Jahren).
4.2.2. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmten Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Nur wenn eine solche politische Leitentscheidung fehlt, kann in Ausnahmefällen dennoch in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbotes geboten sein, wenn die Betroffenen bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wären. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V. m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich neben einer quantitativen Betrachtung bei weiterer umfassender objektiver Betrachtung, für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Ein Abschiebungsverbot ist demnach dann gegeben, wenn der Betroffene ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. OVG Münster, B. v. 17.12.2014 a.a.O. – juris Rn. 10 ff.; BVerwG, U. v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 -, BVerwGE 137, 226, v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – und v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 -, BVerwGE 146, 12).
Eine solche Extremgefahr ist hinsichtlich des Klägers nicht ersichtlich und von diesem auch nicht geltend gemacht worden.
5. Die Abschiebungsandrohung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V. m. § 59 AufenthG. Die Ausreisefrist von 30 Tagen ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Ermessensfehler sind bei der für die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AsylG vorzunehmenden Ermessensentscheidung der Beklagten, die die Frist auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung festgesetzt hat, nicht erkennbar.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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