Verwaltungsrecht

Keine Anerkennung eines pakistanischen Staatsangehörigen als Asylberechtigter

Aktenzeichen  Au 3 S 16.30036

Datum:
3.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GG GG Art. 16a

 

Leitsatz

1 Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet aus, wenn die Einreise auf dem Landweg – also aus einem sicheren Drittstaat – in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Abschiebungsverbot wegen einer erheblichen konkreten Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt bei einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde; eine der medizinischen Versorgung in Deutschland gleichwertige Versorgung im Herkunftsland wird nicht vorausgesetzt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist pakistanischer Staatsangehöriger und paschtunischer Volkszugehöriger. Nachdem er am 17. November 2012 am … Hauptbahnhof von der Polizei aufgegriffen worden war, stellte er am 3. Dezember 2012 einen Asylantrag. Die Anhörung erfolgte am 9. September 2013. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2015 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab. Zudem lehnte es den Antrag auf subsidiären Schutz ab, verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG und drohte die Abschiebung an. Der Bescheid wurde am 9. Januar 2016 zugestellt.
Am 15. Januar 2016 erhob der Antragsteller Klage. Zugleich stellte er den Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 21. Dezember 2015 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist zwar zulässig, aber unbegründet. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen nicht (vgl. Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
1. Der Asylantrag des Antragstellers ist offensichtlich unbegründet, weil die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (vgl. § 30 Abs. 1 AsylG). Eine Anerkennung als Asylberechtigter ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsteller von Italien aus auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist ist (vgl. Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG). Nach den Umständen des Einzelfalls ist offensichtlich, dass er sich nur aus wirtschaftlichen Gründen im Bundesgebiet aufhält. Als er am 17. November 2012 von der Polizei aufgegriffen wurde, gab er an, in Deutschland arbeiten zu wollen. Bei der polizeilichen Vernehmung an demselben Tag äußerte er, aufgrund der Gewalt in seinem Land und Familienstreitigkeiten habe er Pakistan verlassen. Dagegen behauptete er bei seiner Anhörung durch das Bundesamt, er habe das Land verlassen, weil er keine andere Wahl gehabt habe, nachdem er zwei Drohbriefe der den Taliban nahestehenden Organisation Lashkar-e-Islam erhalten habe. Die angeblichen Drohbriefe sind auf den 8. September 2010 und 18. September 2010 datiert, obwohl der Antragsteller Pakistan nach eigenen Angaben bereits am 27. Juli 2010 verlassen hat. Bei Zugrundelegung der „Drohbriefe“, aber auch der beim Bundesamt vorgelegten „Geburtsurkunde“ (richtig wohl: Wohnsitzbescheinigung) heißt der Antragsteller … und sein Vater … Demnach täuscht der Antragsteller die deutschen Behörden über seine Identität, weil „…“ nicht einer seiner Vornamen, sondern sein Familienname ist. Der Antragsteller hatte schon die malaysischen Behörden getäuscht, weil er dort im Jahr 2006 mit einem Touristenvisum einreiste, obwohl er von Anfang an beabsichtigte, in Malaysia zu arbeiten. Im Übrigen folgt das Gericht der Begründung des angefochtenen Bescheids, soweit dort auf Seite 3 bis 5 oben dargelegt wird, warum der Asylantrag des Antragstellers offensichtlich unbegründet ist (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, soweit der Antrag auf subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) abgelehnt wurde. Dem Vorbringen des Antragstellers kann nicht entnommen werden, dass ihm persönlich in seinem Herkunftsland Pakistan ein ernsthafter Schaden im Sinn von § 4 Abs. 1 AsylG droht.
3. Der Antragsteller hat voraussichtlich auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. In Pakistan besteht für ihn auch unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustands und der hierzu vorgelegten ärztlichen Atteste keine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben. Die medizinische Versorgung ist in Pakistan in den staatlichen Krankenhäusern gewährleistet. Bedürftige werden dort kostenlos behandelt. Hierfür genügt bereits die Erklärung des Patienten, dass die Behandlung nicht bezahlt werden könne. Allerdings trifft dies auf schwierige Operationen, z. B. Organtransplantationen, nicht zu. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt. Für ärztliche Versorgung und Medikamente muss in Pakistan nur ein Bruchteil der in Deutschland hierfür anfallenden Kosten aufgewendet werden, so dass sie für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich sind. Recherchen der Deutschen Botschaft Islamabad haben zudem ergeben, dass – unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit – in den modernen Krankenhäusern in den Großstädten die meisten Krankheiten behandelt werden können (vgl. Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan vom 23.7.2015, 1.2 Medizinische Versorgung – Lagebericht Pakistan -). Dementsprechend wurde der Antragsteller wegen des perianalen Abszesses mit Fistelbildung bereits in Pakistan operiert (siehe Bericht des Krankenhauses … – Allgemein- und Viszeralchirurgie – vom 13.3.2013 S. 2). Nach Angaben seines Hausarztes sind ähnliche Eingriffe in seinem Heimatland sogar mehrfach vorgenommen worden (vgl. Bericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. … vom 14.3.2013 an das Gesundheitsamt …). Hinweise auf eine unzureichende medizinische Behandlung des Antragstellers in Pakistan lassen sich weder dem Bericht des Krankenhauses noch dem Bericht des Hausarztes entnehmen. Die in den Attesten der Ärztin Dr. med. … vom 16. Juli 2015 und 19. Januar 2016 geäußerten Bedenken im Hinblick auf eine ausreichende medizinische Behandlungsmöglichkeit in Pakistan erscheinen demnach nicht berechtigt. Soweit der Antragsteller nun offenbar unter dem Eindruck des angefochtenen Bescheids erstmals geltend macht, er leide unter Hämoptoe (Aushusten größerer Blutmengen) mit begleitenden starken Brustschmerzen, ist dies wenig glaubhaft. Sowohl in der Untätigkeitsklage vom 13. Oktober 2015 als auch in dem Klage- und Antragsschriftsatz vom 15. Januar 2016 ist von derartigen Beschwerden noch keine Rede. Hier wird lediglich auf die bereits vorgelegten ärztlichen Atteste verwiesen, die keinen Hinweis auf Hämoptoe enthalten. Es verwundert auch, dass sich der Antragsteller nach dem (wiederholten) Aushusten größerer Blutmengen nicht unverzüglich in das ihm bekannte Krankenhaus … begeben hat und nun mit der Abklärung der Ursachen erst mit einer Verzögerung von ca. einem Monat begonnen werden soll. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 9. September 2013 machte der Antragsteller zwar Magenbeschwerden geltend; der Aufforderung, diesbezüglich weitere medizinische Befunde einzureichen, kam er jedoch nicht nach. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts machen pakistanische Asylbewerber, denen eine Abschiebung droht, nicht selten geltend, sie litten an Krankheiten, die sich nur in Deutschland erfolgreich behandeln ließen (vgl. Lagebericht Pakistan a. a. O.). Im Übrigen wird der Antragsteller durch die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht daran gehindert, die im Schriftsatz vom 26. Januar 2016 genannten Untersuchungstermine am 16. Februar 2016, 22. Februar 2016 und 2. März 2016 wahrzunehmen, weil eine zeitnahe Abschiebung wegen der ungeklärten Identität ohnehin nicht möglich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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