Verwaltungsrecht

Keine Asylanerkennung: Bosnien und Herzegowina ist ein sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 2 S 16.30758

Datum:
22.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4, § 36
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Bosnien und Herzegowina ist ein sicherer Herkunftsstaat. Bei einer Gefahr für Leib und Leben durch nichtstaatliche Dritte, kann auf die Hilfe durch die zuständigen Behörden in Bosnien und Herzegowina verwiesen werden. Zudem besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragsteller, Staatsangehöriger Bosnien und Herzegowinas, reisten nach eigenen Angaben am 13. März 2016 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellten am 24. März 2016 Asylantrag. Am gleichen Tag wurden die Antragsteller zu 1) und 2) vor dem Bundesamt … (BAMF) zu ihrem Asylbegehren angehört. Dabei gaben sie im Wesentlichen an: Der Antragsteller zu 1) habe am 13. Dezember 2015 in einer Spielothek umgerechnet 1.500 € gewonnen. Als er sich am Abend des gleichen Tages den Gewinn abholen wollte, sei er von fünf Männern angehalten und zur Herausgabe des Geldes aufgefordert worden. Nachdem es zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen sei, seien die Männer im Auto davon gefahren. In den folgenden Wochen seien sie von drei der Männer, amtsbekannten Kriminellen, massiv bedroht und der Antragsteller zu 1) auch körperlich verletzt worden. Auch der 5-jährige Antragsteller zu 3) sei dadurch psychisch geschädigt worden. Von Polizei und Staatsanwaltschaft hätten sie keine Hilfe erhalten. Sie könnten auch nicht in anderen Teilen Bosniens Sicherheit vor den Nachstellungen erlangen.
Mit Bescheid des BAMF vom 4. April 2016 wurden der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.) und der Antrag auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) jeweils als offensichtlich unbegründet, der Antrag auf subsidiären Schutz (Ziffer 3.) als unbegründet abgelehnt; es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.), und die Antragsteller wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls würden sie nach Bosnien und Herzegowina oder in einen anderen zu ihrer Einreise bereiten oder zu ihrer Rückübernahme verpflichteten Staat abgeschoben werden (Ziffer 5.). In Ziffer 6. des Bescheids wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet. In Ziffer 7. des Bescheids wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung wurde in dem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen offensichtlich nicht vor. Die Antragsteller kämen aus einem sicheren Herkunftsstaat. Sie hätten nichts glaubhaft vorgetragen, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsstaat die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung erfüllt seien. Den Antragstellern sei es nicht gelungen, die Regelvermutung des § 29 a AsylG zu widerlegen. Gleiches gelte auch für die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Zwar sei nach dem glaubhaften Vortrag der Antragsteller unzweifelhaft, dass ihnen bei einer Rückkehr in den Heimatstaat eine unmenschliche Behandlung durch kriminelle Elemente drohe. Jedoch seien die bosnischen Behörden grundsätzlich in der Lage, hinreichenden Schutz zu gewähren, die Antragsteller könnten sich bei einem Versagen der örtlichen Stellen an überörtliche Behörden wenden. Zudem könnten sich die Antragsteller den Nachstellungen der privaten Dritten durch einen Wegzug aus ihrer Gemeinde entziehen, sie hätten nicht nachvollziehbar dargelegt, warum sie nicht z. B. in Sarajewo Sicherheit vor den Bedrohungen finden könnten. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurden im Bescheid geprüft, aber verneint. Die geltend gemachten psychischen Beschwerden des Antragstellers zu 3) könnten auch in Bosnien behandelt werden.
Die Antragsteller erhoben am 8. April 2016 Asylklage (die unter dem Aktenzeichen
M 2 K 16.30757 rechtshängig ist) und beantragten zugleich,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung des BAMF vom 4. April 2016 anzuordnen.
Zur Begründung wurden die gegenüber dem BAMF gemachten Angaben in verkürzter Form wiederholt.
Die Antragsgegnerin äußerte sich, von der Aktenvorlage am 21. April 2016 abgesehen, nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten des Eil- und Klageverfahrens sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Die Antragstellerseite möchten erreichen, dass die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) aus-geschlossene aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Entscheidungen des BAMF im streitgegenständlichen Bescheid nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m.
§ 36 Abs. 3 AsylG angeordnet wird.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Die seitens der Antragsgegnerin beabsichtigte umgehende Beendigung des Aufenthalts der Antragstellerseite im Bundesgebiet stützt sich auf die Annahme des BAMF, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte sowie die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich (vgl.
§§ 29 a, 30 AsylG) nicht vorliegen und dass auch die Voraussetzungen für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) nicht vorliegen. An der Rechtmäßigkeit der durch das BAMF getroffenen ablehnenden Entscheidungen einschließlich des Offensichtlichkeitsurteils bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG. Der Einzelrichter teilt insoweit die zutreffende Begründung des BAMF im streitgegenständlichen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Gericht schließt sich insbesondere auch den Ausführungen zur Möglichkeit internen Schutzes vor Verfolgung an. Selbst wenn die Angaben der Antragsteller zur Verfolgung durch kriminelle Private zutreffen sollten, begründen sie keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes, denn die Antragsteller könnten in anderen Teilen Bosniens, die ohne weiteres für sie erreichbar sind, Schutz finden (§§ 3, 4 Abs. 3 AsylG). Die 37-jährigen Antragsteller zu 1) und 2) sind gesund und arbeitsfähig, sie haben nichts dafür vorgetragen, dass sie nicht in Sarajewo oder einer anderen Stadt Sicherheit und ihr Auskommen finden können. Der Antragsteller zu 1) hat bei seiner Anhörung auf eine entsprechende Nachfrage ohne jegliche Begründung und nicht nachvollziehbar behauptet, ein Umzug in eine andere Gemeinde sei ihnen nicht möglich gewesen. Die Antragsteller wären insbesondere in größeren und damit anonymeren Städten Bosnien und Herzegowinas mit großer Wahrscheinlichkeit vor etwaiger Bedrohung sicher. Insoweit ist auch davon auszugehen, dass ihnen dort der Zugang zum Arbeitsmarkt und einer wirtschaftlichen Absicherung möglich ist.
Auch hinsichtlich der nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfolgten Ablehnung nationaler Abschiebungsverbote, insbesondere auch der Ablehnung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf die humanitären, sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen in Bosnien und Herzegowina bestehen seitens des Gerichts keine, erst recht keine ernstlichen Bedenken. Auch insoweit kann auf die Würdigung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Bescheid des BAMF verwiesen werden, § 77 Abs. 2 AsylG.
Der (gerichtskostenfreie, § 83 b AsylG) Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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