Verwaltungsrecht

Keine Einbeziehung in das Auswahlverfahren, wenn in der Ausschreibung aufgestellte Mindestanforderungen nicht erfüllt werden

Aktenzeichen  3 CE 16.1835

Datum:
15.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 33 Abs. 2
VwGO VwGO § 146 Abs. 4 S. 6
BayBesG BayBesG Art. 27 Abs. 6 S. 1

 

Leitsatz

Mit der Bezugnahme in der Ausschreibung auf die Richtlinien für die Beförderung von Lehrern, Sonderschullehrern, Fachlehrern und Förderlehrern an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke, die auch sinngemäß für die nicht nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Funktion als Vorstufe für die spätere Beförderung gelten, werden sachgerechte Mindestanforderungen für den zu besetzenden Dienstposten aufgestellt.  (redaktioneller Leitsatz)
Ein Bewerber, der die durch die Beförderungsrichtlinien absolut gesetzten Anforderungen nicht erfüllt, ist von vornherein durch die Ausschreibung nicht angesprochen und kann an dem leistungsorientierten Auswahlverfahren nicht teilnehmen.  (redaktioneller Leitsatz)
Fehlt die in Nr. 5.5 der Beförderungsrichtlinien genannte Voraussetzung, dass in der aktuellen dienstlichen Beurteilung eine entsprechende Verwendungseignung für den angestrebten Dienstposten ausgesprochen wurde, wurde die Bewerberin zu Recht nicht in die Bewerberauswahl einbezogen und ihr Bewerbungsverfahrensanpruch ist nicht verletzt.    (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 1 E 16.1118 2016-08-18 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, bei der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe geprüft werden, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin zutreffend abgelehnt. Die Antragstellerin hat bereits deshalb keinen Anordnungsanspruch, weil ihr die Verwendungseignung für den ausgeschriebenen Dienstposten fehlt.
Die Antragstellerin ist Rektorin der Besoldungsgruppe A 13 + AZ. Die von ihr geleitete Grund- und Mittelschule H. hat weniger als 180 Schüler. Die vom Antragsgegner im Schulanzeiger der Regierung von Niederbayern Nr. 02/2016 ausgeschriebene Stelle als Rektorin/Rektor der Mittelschule … ist mit A 14 + AZ besoldet. Diese Eingruppierung beruht auf Art. 27 Abs. 6 Satz 1 BayBesG, wonach bei der Einstufung der Leitungsämter an allgemeinbildenden oder beruflichen Schulen Rektoren und Rektorinnen an Grundschulen, Mittelschulen oder Grund- und Mittelschulen mit mehr als 360 Schülern und Schülerinnen der Besoldungsgruppe A 14 + AZ zugeordnet werden. Die Mittelschule … hat ausweislich der Ausschreibung derzeit 394 Schüler.
In der Ausschreibung wird ausdrücklich auf die Richtlinien für die Beförderung von Lehrern, Sonderschullehrern, Fachlehrern und Förderlehrern an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke vom 18. März 2011 (KWMBl Nr. 8 S. 63 – Beförderungsrichtlinien) verwiesen. Die Richtlinien gelten für die Beförderung, gelten aber auch sinngemäß für die nicht nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Funktion als Vorstufe für eine spätere Beförderung (vgl. Nr. 1.1 Satz 2 der Beförderungsrichtlinien). Nach der Rechtsprechung des Senats werden mit dieser Bezugnahme sachgerechte Mindestanforderungen aufgestellt (vgl. BayVGH, B. v. 4.2.2009 – 3 CE 08.2852 – juris Rn. 46). Ein Bewerber, der die durch die Richtlinien absolut gesetzten Anforderungen nicht erfüllt, ist von vornherein durch die Ausschreibung nicht angesprochen und kann an dem leistungsorientierten Auswahlverfahren nicht teilnehmen (vgl. BayVGH, B. v. 4.2.2009 a. a. O. Rn. 45).
Nach Nr. 5.5 der Beförderungsrichtlinien ist für die Beförderung in Funktionsämter (hier zur Rektorin bzw. zum Rektor der BesGr. A 14 + AZ) Voraussetzung, dass in der aktuellen dienstlichen Beurteilung eine entsprechende Verwendungseignung ausgesprochen wurde.
Die Antragstellerin erhielt bei der aktuellen dienstlichen Beurteilung vom 7. Januar 2015 für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 nicht die Verwendungseignung „Rektorin“. Das wäre jedoch nach Abschnitt B Ziff. 3 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an Schulen in Bayern vom 7. September 2011 (KWMBl Nr. 20 S. 308 – Beurteilungsrichtlinien), geändert durch Bekanntmachung vom 15. Juli 2015 (KWMBl Nr. 10 S. 121), Voraussetzung für den angestrebten Beförderungsdienstposten einer Rektorin der Besoldungsgruppe A 14 + AZ gewesen. Nach dieser Bestimmung ist bei dem Beurteilungsmerkmal „Verwendungseignung“ zu vermerken, wenn eine Schulleiterin bzw. ein Schulleiter für ein Schulleitungsamt mit höherer Besoldungsgruppe in Betracht kommt. Die verfahrensgegenständliche Stelle ist für die Antragstellerin ein „Schulleitungsamt mit höherer Besoldungsgruppe“ im vorzitierten Sinne.
Die Antragstellerin weist darauf hin, dass nach dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 19. November 2013 bei Schulleitungsfunktionen künftig nicht mehr nach Schulgrößen/Besoldungsgruppen zu unterscheiden sei. Es genüge die Angabe der Funktion Rektor oder Rektorin (Schulleiter oder Schulleiterin) bzw. Konrektor oder Konrektorin.
Richtig ist, dass das mit dem Gesetz zum Neuen Dienstrecht vom 5. August 2010 (GVBl 2010, 764) in Kraft getretene Bayerische Besoldungsgesetz die bisherige Amtsbezeichnung „Rektor, Rektorin als Leiter einer Grundschule, Hauptschule oder Grund- und Hauptschule mit mehr als 360 Schülern und Schülerinnen“ in die neue Amtsbezeichnung „Rektor, Rektorin“ übergeleitet hat (vgl. Anlage 11 zum BayBesG).
Daraus, dass die/der Schulleiter/in nunmehr unabhängig von der Zahl der Schüler/innen die Amtsbezeichnung „Rektor, Rektorin“ trägt, ergeben sich indes für die Antragstellerin keine günstigen Schlussfolgerungen. Insbesondere kann sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, dass in ihrem Fall, da „Rektorin“, auf eine Verwendungseignung habe verzichtet werden können. Denn nach Abschnitt A Ziff. 3.4 a) der Beurteilungsrichtlinien kann auf eine Aussage zur Verwendungseignung nur verzichtet werden, wenn der Lehrkraft die Funktion, für die sie geeignet erscheint, bereits übertragen ist. Dies gilt nach der genannten Bestimmung aber nicht, wenn die Funktion in verschiedenen Besoldungsgruppen ausgewiesen ist. So liegt der Fall hier. Die ausgeschriebene Stelle ist einer anderen Besoldungsgruppe als diejenige, die die Antragstellerin zurzeit innehat.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die Eignung für eine Verwendung als Rektorin der BesGr. A 14 + AZ nicht zugesprochen. Die Antragstellerin verwies im Verfahren RN 1 E 16.978 darauf, dass sie ihr derzeitiges Rektorenamt seit Jahren in vorbildlicher Weise ausübe, ohne dass es insoweit an der Eignung hinsichtlich dieses Amts seitens des Schulamts Zweifel oder Bedenken gegeben habe, und ihr deshalb die Verwendungseignung für das Amt der Rektorin zu erteilen sei. Sie berücksichtigt nicht, dass das Unterlassen der Aussage einer Verwendungseignung nicht bedeutet, dass ihr die Verwendungseignung für eine Rektorin ihrer Besoldungsgruppe abgesprochen worden wäre. Insoweit war eine Aussage zur Verwendungseignung entbehrlich (vgl. Nr. 3.4 a) der Beurteilungsrichtlinien). Hinsichtlich der Verwendungseignung für die Funktion einer Rektorin der Besoldungsgruppe A 14 + AZ wurde auf eine Aussage zur Verwendungseignung verzichtet, weil keine entsprechende Eignungsaussage vorgesehen war (vgl. Nr. 3.4 b) der Beurteilungsrichtlinien).
Der Beurteiler, Schulamtsdirektor G., hat die Eignung der Antragstellerin zur Leitung einer Schule mit mehr als 180 Schülern bewusst nicht ausgesprochen. Zur Begründung hat er im Schreiben vom 18. April 2016 gegenüber der Antragstellerin ausgeführt, dass sie einerseits einen hohen pädagogischen Ansatz für sich selbst in Anspruch nehme, dabei aber immer wieder im Beurteilungszeitraum mit dem Kollegium auf Konfrontationskurs gewesen sei. Sie sei einerseits die „Lokomotive“ im Rahmen der Schulentwicklung, andererseits habe sie vielfach das Kollegium („die Waggons“) nicht mehr dabei gehabt. Deswegen sei es immer wieder zu Gesprächen vor Ort gekommen, weil es der Antragstellerin nicht immer gelungen sei, die notwendige Transparenz und Überzeugungskraft einzubringen, Er sei deswegen mehrfach an der Schule vor Ort gewesen, um „deeskalierend“ einzugreifen. Die Antragstellerin hat im Verfahren RN 1 E 16.978 eine Eskalation an der Schule bestritten. Allein die Tatsache, dass die vielfältigen Projekte der Antragstellerin im Beurteilungszeitraum erfolgreich mit dem Kollegium umgesetzt worden seien, belege ihre sehr gute Führungsqualität und ihre Kompetenz, das Kollegium für diese Projekte zu begeistern und zu gewinnen. Probleme habe es allein mit dem damaligen Konrektor gegeben, der in dem Schulamtsdirektor einen Fürsprecher gehabt habe. Mit ihrem bloßen Bestreiten trägt die Antragstellerin keinen substantiierten Mangel ihrer hier maßgeblichen periodischen Beurteilung vom 7. Januar 2015 vor, geschweige denn macht sie diesen glaubhaft. Allein aus dem Umstand, dass „die vielfältigen Projekte“ erfolgreich umgesetzt werden konnten, lässt sich nicht schließen, dass es dabei keine Konfrontationen bzw. Reibungsverluste gegeben hätte. Auch der Hinweis auf die Probleme mit dem damaligen Konrektor und der unterschwellige Vorwurf kollusiven Zusammenwirkens mit dem Beurteiler bleiben unkonkret. Auch insoweit kann die Antragstellerin nicht darlegen, dass ihre Beurteilung fehlerhaft wäre.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht deswegen veranlasst, weil der Antragstellerin in der Anlassbeurteilung vom 27. Mai 2014 noch die Verwendungseignung „Rektorin“ ausgestellt worden war. Die Anlassbeurteilung ist durch die nachfolgende periodische Beurteilung vom 7. Januar 2015 überholt.
Da die Antragstellerin mangels entsprechender Verwendungseignung zu Recht nicht in die Bewerberauswahl einbezogen wurde, ist ihr Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt. Damit kommt es auf die mit der Beschwerde weiter aufgeworfenen Punkte (Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung der Antragstellerin, Erfüllung der in den Beförderungsrichtlinien genannten Voraussetzungen durch den Beigeladenen und Vergleichbarkeit der Beurteilung der Antragstellerin mit der des Beigeladenen) nicht mehr entscheidend an. Der Antragsgegner durfte dem Beigeladenen zwar die verfahrensgegenständliche Stelle nach den ihn bindenden Beförderungsrichtlinien nicht zum 1. August 2016 übertragen, da der Beigeladene sein derzeitiges Amt eines Konrektors der BesGr. A 13 + AZ zu diesem Zeitpunkt noch nicht mindestens drei Jahre inne hatte (vgl. Nr. 5.5.1.1 e) i. V. m. Nr. 1.1 Satz 2 der Beförderungsrichtlinien). Da aber die Auswahlentscheidung den Anforderungen des Grundsatzes der Bestenauswahl entspricht, kann die Ämtervergabe keine subjektiven Rechte von nicht ausgewählten Bewerbern verletzen (Kenntner, ZBR 2016, 181/182).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG, wobei der Senat auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um eine Dienstpostenbesetzung den Auffangstreitwert in voller Höhe festsetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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