Verwaltungsrecht

Keine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren nach Erledigungserklärungen

Aktenzeichen  6 OH 7295/07

Datum:
11.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 91a, § 269 Abs. 3 S. 2, § 494a Abs. 2

 

Leitsatz

1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung nur nach Maßgabe des § 494a Abs. 2 ZPO oder entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO in Betracht.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Kostenentscheidung entsprechend § 91a ZPO bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen kommt im selbständigen Beweisverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht (vgl. BGH BeckRS 2011, 06200). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Anträge der Streithelferinnen … AG vom ….03.2017 und … GmbH vom ….04.2017, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen, werden zurückgewiesen.

Gründe

Die Anträge der Streithelferinnen sind zumindest unbegründet.
I.
Mit Schriftsatz vom ….08.2007 beantragte die Antragstellerin die Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens. Mit Schriftsatz vom ….08.2007 (Bl. …. d.A.) verkündete die Antragsgegnerin – noch vor Zustellung des Antrages vom ….08.2007 durch das Gericht – insgesamt 29 Parteien den Streit.
Die Streithelferin … AG trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom ….10.2007 (Bl. … d.A.) bei, die Streithelferin … GmbH, damals firmierend unter … GmbH, mit Schriftsatz vom ….10.2007 (Bl. … d.A.).
Mit Schriftsatz vom ….02.2017 (Bl. … d.A.) teilte die Antragstellerin mit, dass Antragstellerin und Antragsgegnerin sich außergerichtlich geeinigt hätten und das selbständige Beweisverfahren daher für beendet erklärten. Hinsichtlich der Kosten sei Kostenaufhebung vereinbart worden. Denselben Inhalt teilte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom ….02.2017 (Bl. … d.A.) dem Gericht gegenüber mit.
Mit Beschluss vom ….03.2017 (Bl. … d.A.) wurde der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens auf 150.000,– € festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom ….03.2017 (Bl. … d.A.) und vom ….04.2017 (Bl. … d.A.) beantragten die Streithelferinnen … AG und … GmbH jeweils, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Schriftsatz der Antragstellerin vom ….02.2017 als Antragsrücknahme auszulegen sei. In entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO habe deshalb die Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits und damit auch der Streithelferinnen der Antragsgegnerin zu tragen. Ein außergerichtlicher Vergleich zwischen den Parteien ändere daran nichts.
Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin wenden sich hiergegen mit der Begründung, dass es sich nicht um eine einseitige Erledigterklärung der Antragstellerin gehandelt habe, die in eine Antragsrücknahme umzudeuten sei. Vielmehr hätten übereinstimmende Erklärungen hinsichtlich der Beendigung des Verfahrens vorgelegen.
II.
Die Anträge der Streithelferinnen sind jedenfalls unbegründet.
Ein Anspruch auf Auferlegung der Kosten auf Seiten der Antragstellerin ist weder nach § 494 a Abs. 2 ZPO (dazu 3.) noch entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO (dazu 1.) oder entsprechend § 91 a ZPO (dazu 2.) gegeben.
Nach der Rechtsprechung des Buhdesgerichtshofs kommt im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung nur nach Maßgabe des § 494 a Abs. 2 ZPO oder entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO in Betracht. Für eine Anwendung von § 91 a ZPO ist kein Raum (vgl. BGH, Beschluss vom 09.05.2007, IV ZB 26/06, NJW 2007, 3721).
1. Eine entsprechende Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ist vorliegend nicht möglich.
Eine einseitige Erledigterklärung der Antragstellerin, die im selbständigen Beweisverfahren unzulässig ist und in eine Antragsrücknahme umzudeuten wäre mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 14.10.2004, VII ZB 23/03, juris Rn. 11), liegt nicht vor.
Wie sowohl Antragstellerin als auch Antragsgegnerin zutreffend ausführen, haben beide Parteien übereinstimmende Erklärungen hinsichtlich der Beendigung des Rechtsstreits abgegeben. Wortgleich haben Antragstellerin und Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie „das selbständige Beweisverfahren hiermit für beendet erklären“ (Bl. … d.A.). Nachdem eindeutig keine einseitige Erklärung der Antragstellerin vorliegt, bleibt für eine Umdeutung in eine Antragsrücknahme kein Raum.
2. Eine Kostenentscheidung entsprechend § 91 a ZPO bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen kommt im selbständigen Beweisverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.2011, VII ZB 108/08, NJW-RR 2011, 931).
Vorliegend sind die Erklärung der Parteien, man erkläre das selbständige Beweisverfahren für beendet, als übereinstimmende Erledigterklärungen auszulegen. Aufgrund der außergerichtlichen Einigung mit Kostenregelung sollte ersichtlich keine weitere Begutachtung mehr erfolgen. Beide Parteien wollten eine Beendigung des Rechtsstreits herbeiführen.
Damit verbleibt es bei dem vom BGH aufgestellten Grundsatz, dass im selbstständigen Beweisverfahren außerhalb des § 494 a ZPO und abgesehen von den Fällen einer Antragsrücknahme kein Raum für eine Kostenentscheidung bleibe (BGH, Beschluss vom 09.05.2007, IV ZB 26/06, NJW 2007, 3721).
3. Ein Antrag nach § 494 a Abs. 1 ZPO ist nicht gestellt worden und durch die Streithelferinnen der Antragsgegnerin gegen deren Willen auch nicht möglich (Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 494 a Rn. 2). Eine Auferlegung der Kosten nach § 494 a Abs. 2 ZPO scheidet daher ebenfalls aus.


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