Verwaltungsrecht

Keine Kostenübernahme für Schülerfahrkarte aufgrund der Länge des Schulweges

Aktenzeichen  AU3K19.176.00

Datum:
12.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 31031
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchKfrG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
SchBefV § 2 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die exakte Messung eines Schulweges in der Natur würde bei Landkreisen, die für eine Vielzahl von Fällen die jeweils zugrunde liegende Schulweglänge ermitteln müssen, zu einem nicht zumutbaren und nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand führen. In Zeiten moderner Technik genügt eine digitale Vermessung, mit der Messergebnisse erzielt werden können, deren Genauigkeit nicht entscheidungserheblich hinter denen der Messung in der Natur zurückbleibt. (Rn. 19 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine besondere Gefährlichkeit i.S.v. Art. 2 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 SchKfrG, § 2 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SchBefV wäre erforderlich, dass sich die Gefahren von den Umständen, die Schüler auf Schulwegen normalerweise zu bewältigen haben, erkennbar abheben, wobei eine objektive Betrachtungsweise anzulegen ist. Eine besondere Gefahr in diesem Sinn kann dabei nicht nur aufgrund der Verkehrssituation vorliegen, sondern auch wegen sonstiger denkbarer Schadensereignisse, wie krimineller Übergriffe von Sexualstraftätern oder sonstigen Gewalttätern. (Rn. 24 – 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist unbegründet, weil die Kläger keinen Anspruch auf die Übernahme der Schulbeförderungskosten durch den Beklagten haben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Gemäß Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Schulwegkostenfreiheitsgesetz – SchKfrG) trägt der zuständige Aufgabenträger die Kosten der notwendigen Beförderung. Die näheren Voraussetzungen für die notwendige Beförderung sind gemäß Art. 2 Abs. 3 SchKfrG in der Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV) geregelt. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV besteht für Schüler ab der Jahrgangsstufe 5 – insoweit in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG – eine Beförderungspflicht, wenn der Schulweg länger als drei Kilometer ist und die Zurücklegung des Schulwegs auf andere Weise nach den örtlichen Gegebenheiten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zumutbar ist. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 SchKfrG, § 2 Abs. 2 Satz 2 SchBefV kann bei besonders beschwerlichen oder besonders gefährlichen Wegen auch bei kürzeren Wegen in widerruflicher Weise die Notwendigkeit der Beförderung anerkannt werden.
I.1. Der Schulweg beträgt entgegen der Auffassung der Kläger nicht mehr als drei Kilometer. Maßgeblich ist der kürzeste Fußweg (vgl. VG Würzburg, U.v. 5.6.2019 – W 2 K 18.1347 – juris Rn. 19). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Messung vor Ort nicht veranlasst ist. Das Recht der Kostenfreiheit des Schulwegs war nämlich von Anfang an nicht mit einem Anspruch auf exakte Messung in der Natur verbunden. Vielmehr sollte im Interesse eines kostensparenden Verwaltungseinsatzes bei der 3-Kilometer-Grenze nur ein annähernder Wert zugrunde gelegt werden. Eine exakte Messung in der Natur würde gerade bei Landkreisen, die für eine Vielzahl von Fällen die jeweils zugrunde liegende Schulweglänge ermitteln müssen, zu einem nicht zumutbaren und nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand führen. In Zeiten moderner Technik genügt eine digitale Vermessung, mit der Messergebnisse erzielt werden können, deren Genauigkeit nicht entscheidungserheblich hinter denen der Messung in der Natur zurückbleibt (vgl. VG Regensburg, U.v. 14.2.2018 – RO 3 K 17.513 – juris Rn. 35; VG Würzburg, U.v. 5.6.2019 – W 2 K 18.1347 – juris Rn. 22; ebenso VG Augsburg U.v. 21.3.2018 – Au 3 K 16.1206 – juris Rn. 20).
2. Der Beklagte hat mittels verschiedener Programme den Schulweg ermittelt, die allesamt eine deutlich geringere Schulweglänge als 3 km ergaben. Die Messung mit dem Programm „BayernAtlas“ (Kartenviewer des Freistaats Bayern), das vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus für die Messung von Schulweglängen vorgeschlagen wurde (VG Würzburg, U.v. 5.6.2019 – W 2 K 18.1347 – juris Rn. 20), ergab eine Entfernung von nur 2,54 km (Bl. 37 der Verwaltungsakte). Die Messung mittels Google-Maps kam zu einer Schulweglänge von 2,541 km (Bl. 40 der Verwaltungsakte) und die Messung mit dem w³GEOportal zu einer Länge von 2470,51 m (Bl. 45 der Verwaltungsakte).
3. Die Messergebnisse weisen damit zwar eine gewisse Schwankungsbreite auf, doch liegt selbst der längste gemessene und damit für die Kläger günstigste Wert weit unter dem gesetzlichen Grenzwert von 3 km. Die von den Klägern vorgelegten Messungen sind nicht aussagekräftig, weil sie nicht den kürzesten Schulweg zugrunde legen, sondern – bedingt durch Umwege – von einem längeren Streckenverlauf ausgehen.
II.
Der Schulweg ist auch nicht im Hinblick auf die Dauer des Schulwegs und die Belastungen durch eine schwere Büchertasche besonders beschwerlich i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 SchKfrG, § 2 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 SchBefV. Insoweit wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
III.
Auch eine besondere Gefährlichkeit i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SchKfrG, § 2 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SchBefV liegt nicht vor. Erforderlich wäre, dass sich die Gefahren von den Umständen, die Schüler auf Schulwegen normalerweise zu bewältigen haben, erkennbar abheben, wobei eine objektive Betrachtungsweise anzulegen ist (BayVGH, U.v. 17.02.2009 – 7 B 08.1027 – juris Rn. 24). Eine besondere Gefahr in diesem Sinn kann dabei nicht nur aufgrund der Verkehrssituation vorliegen, sondern auch wegen sonstiger denkbarer Schadensereignisse, wie krimineller Übergriffe von Sexualstraftätern oder sonstigen Gewalttätern.
Das Gericht war auch ohne Augenschein in der Lage zu beurteilen, ob der Schulweg als besonders gefährlich anzusehen ist. Ein Augenschein ist nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, wenn in den Akten Lichtbilder, Pläne und Beschreibungen enthalten sind, aus denen sich ein hinreichender Eindruck von der Örtlichkeit und ihren relevanten Besonderheiten entnehmen lässt (vgl. BVerwG B.v. 13.6.2007, BauR 2007, 2039; BayVGH, U.v. 17.2.2009 – Az. 7 B 08.1027 – juris m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall. Die Beteiligten haben zum Schulweg umfangreiches Foto- und Kartenmaterial vorgelegt. Zudem standen dem Gericht – wie auch den Beteiligten – Luftbilder und Kartenmaterial zur Verfügung. Die Kläger haben in dem Schriftsatz vom 19. März 2019 den Schulweg zudem ausführlich beschrieben.
1. a) Es bestehen keine besonderen verkehrsbezogenen Gefahren. Insoweit ist anerkannt, dass in einem Wohngebiet auch dann nicht von einer besonderen Gefährlichkeit ausgegangen werden kann, wenn innerhalb einer Tempo-30-Zone ein Gehweg nicht vorhanden ist (vgl. BayVGH, U.v. 17.02.2009 – 7 B 08.1027 – juris Rn. 25). Auch der Weg entlang der *straße außerorts zwischen * und * ist nicht besonders gefährlich. Nach dem vorgelegten Kartenverlauf ist der Weg als nicht allzu kurvig anzusehen. Auch der örtliche Verkehrssicherheitsbeautragte für den Landkreis * kommt in seiner Einschätzung dazu, dass von einer Unübersichtlichkeit nicht auszugehen sei. Zudem steht zwischen * und * ein kombinierter Geh- und Radweg zur Verfügung, welcher größtenteils durch einen schmalen Grünstreifen von der Straße abgegrenzt ist. Dies ist auch auf dem vorgelegten Karten- und Bildmaterial erkennbar (vgl. Bl. 37, 43 ff., Bl. 54 ff. der Verwaltungsakte). In einem solchen Fall ist eine besondere, überdurchschnittliche Gefährlichkeit zu verneinen.
b) Auch die nötige Überquerung der *straße innerorts führt zu keinen besonderen Gefahren, die sich von solchen erkennbar abheben, die Schüler normalerweise auf Schulwegen zu bewältigen haben. Teilweise wird eine besondere Gefährlichkeit angenommen, wenn eine verkehrsreiche Straße ohne besondere Sicherung für Fußgänger überquert werden muss (VG Düsseldorf, U.v. 14.7.2010 – 12 K 6424/09 – juris Rn. 20). Nach den Ausführungen des örtlichen Verkehrssicherheitsbeauftragten in der mündlichen Verhandlung ist die *straße zwar als verkehrsreich einzustufen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit – wie auf Hauptstraßen im innerörtlichen Bereich üblich – lediglich 50 km/h beträgt. Entgegen der Auffassung der Kläger ist dabei von einem verkehrsgerechten Verhalten der Verkehrsteilnehmer auszugehen (VG Würzburg, U.v. 5.6.2019 – W 2 K 18.1347 – juris Rn. 32). Nach dem vorgelegten Bildmaterial (vgl. Bl. 41 unten und Bl. 43 der Gerichtsakte) ist der Straßenverlauf auch ausreichend einsehbar, insbesondere wenn man vor Überquerung der *straße die Sackgasse in der *gasse überquert. Innerorts ist die Querung von Straßen für Schüler der Jahrgangsstufe 5 auch ohne Ampeln oder Zebrastreifen grundsätzlich zumutbar (so auch VG Regensburg, U.v. 7.7.2011 – RO 1 K 11.362 – juris Rn. 29). Etwas Anderes kann nur bei besonderen Umständen gelten wie beispielsweise einer erhöhten zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder Mehrspurigkeit der Fahrbahn.
c) Unabhängig davon kann der Kläger zu 1) zumutbar auch die Ampelanlage an der * Straße in * benutzen. Die vom Beklagten vorgenommene, von den Klägern nicht (substantiiert) in Frage gestellte Messung führt auch unter Berücksichtigung des damit zusammenhängenden Umwegs lediglich zu einer Schulweglänge von 2865,16 m (vgl. Bl. 55 der Gerichtsakte). Der Beklagte hat dabei zugunsten der Kläger auch das letzte Wegstück auf dem Schulgelände zwischen Straße und Eingang des Schulgebäudes berücksichtigt. Schülerbeförderungsrechtlich maßgeblich ist jedoch nicht der Eingang des Gebäudes. Vielmehr kommt es (nur) auf den nächstgelegenen möglichen und erlaubten Zugang zum Schulgrundstück an. Wegstrecken innerhalb des Schulgeländes werden – von Ausnahmen abgesehen – nicht berücksichtigt. Denn auf dem Schulgrundstück befindet sich der Schüler in der Obhut der Schule, die in der Schulanlage für eine angemessene Beaufsichtigung der Schüler zu sorgen hat und dort zur Fürsorge gegenüber den Schülern verpflichtet ist (vgl. BayVGH, U.v. 9.8.2011 – 7 B 10.1565 – juris Leitsatz und Rn. 16 ff.). Schulbeförderungsrechtlich beträgt die Länge des Schulwegs auch unter Berücksichtigung des Umwegs daher sogar nur etwa 2825 m (vgl. den vorletzten Pfeil der Messung auf Bl. 55 der Gerichtsakte), so dass auch aus diesem Grund die Überquerung der *straße keine besondere Gefährlichkeit begründen kann.
2. a) Eine besondere kriminogene Gefährdung liegt nicht vor. Eine solche wurde teilweise angenommen, wenn der betreffende Schüler zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und sich darüber hinaus in einer schutzlosen Situation befindet, insbesondere weil nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist. Erforderlich sei insoweit eine Gesamtbetrachtung, die sich nicht in der Einschätzung einzelner Aspekte erschöpfen dürfe (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 11.9.2013 – 2 LC 101/11 – juris Rn. 34).
b) Die Kläger verweisen insbesondere auf ein Urteil des VG Regensburg, das eine besondere Gefährlichkeit dementsprechend annahm, wenn sich der Weg außerhalb der Sichtweite der Bebauung befindet, wegen Buschgestrüpp und Leitplanken in Gefahrensituationen nicht einfach durch die Schüler übersprungen werden kann und Büsche Tätern Versteckmöglichkeiten bieten. In diesem Fall sei auch durch herannahende Autos im Fall eines Übergriffs keine Hilfe zu erwarten, da derartige Geschehnisse angesichts der Leitplanken und der Geschwindigkeit nicht wahrnehmbar seien und die Autofahrer nicht anhalten könnten (VG Regensburg, U.v. 7.7.2011 – RO 1 K 11.362 – juris Rn. 28 ff.).
c) Die Kammer folgt dieser weiten Auffassung nicht. Konsequent weitergedacht würde diese bedeuten, dass bei einem Weg außerorts entlang einer Ortsverbindungs straße in der Regel von einer besonderen Gefährlichkeit auszugehen wäre. Denn für eine solche ist geradezu typisch, dass sie sich außerhalb der Sichtweite einer Bebauung befindet, gerade in den Kurven durch Leitplanken geschützt ist und teilweise Unterholz vorhanden ist. Eine derart weite Auffassung würde jedoch dem Ausnahmecharakter des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SchKfrG, § 2 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SchBefV widersprechen.
d) Nach Ansicht des Gerichts sind Kriminalitätsgefahren in gleicher Weise zu würdigen wie Verkehrsgefahren. Eine „besondere“ Gefährlichkeit ist daher erst anzunehmen, wenn das Schadensrisiko überdurchschnittlich hoch erscheint, wobei es auf die objektiven Gegebenheiten ankommt und nicht auf subjektive Befürchtungen und Sorgen der Eltern. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personenkreis ist schulbeförderungsrechtlich ebenso unbeachtlich, weil sie der konzeptionellen Beschränkung der Kostenerstattung auf Ausnahmefälle zuwiderläuft (vgl. insgesamt hierzu die neuere Rspr. des OVG Münster, U.v. 16.5.2018 – 19 A 1453/16 – juris Rn. 26 ff. und OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 24.5.2019 – 2 A 10610/19 – juris Rn. 9). Auch die Behauptung der Kläger, dass Abzweigungen und Bepflanzungen auf dem Schulweg potentiellen Tätern die Möglichkeit gäbe, potentiellen Opfern aufzulauern, kann keine besondere Gefahr begründen. Derartige Befürchtungen sind rein spekulativ. Eine messbare Wahrscheinlichkeit ist damit nicht verbunden. Zwar ist richtig, dass geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (VG Regensburg, U.v. 7.7.2011 – RO 1 K 11.362 – juris Rn. 28). Gleichwohl genügt auch für eine Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinn die lediglich entfernte oder abstrakte Möglichkeit eines Schadenseintritts nicht (st.Rspr., bspw. BayVGH B.v. 3.5.2017 – 10 CS 17.405 – juris Rn. 10). Erst recht können derartige Spekulationen keine „besondere“, d.h. gesteigerte Wahrscheinlichkeit begründen. Für die erforderliche objektive Bewertung liegt es vielmehr nahe, die Beurteilung der zuständigen Polizeiinspektion zugrunde zu legen (so auch OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 24.5.2019 – 2 A 10610/19 – juris Rn. 8; i.E. ebenso OVG Münster, U.v. 16.5.2018 – 19 A 1453/16 – juris Rn. 33). Dies folgt bereits daraus, dass die Polizei sowohl präventiv Individualgefahren vorbeugt (Art. 2 Abs. 1 PAG) als auch repressiv Straftaten erforscht und verfolgt (§ 163 Abs. 1 Satz 1 StPO) und damit ständig mit Kriminalitätsgefahren befasst ist. Wegen dieser Fachkunde ist die polizeiliche Einschätzung stichhaltiger als Spekulationen, Vermutungen oder Annahmen, etwa hinsichtlich „idealer“ Verstecke für Straftäter (so zutreffend auch VG Koblenz, U.v. 24.5.2011 – 7 K 1327/10.KO – juris Rn. 27; auch BayVGH, U.v. 30.1.2003 – 7 B 02.1135 – juris Rn. 24 stellt maßgeblich auf die Einschätzung fachkundiger Stellen ab). Der örtliche Verkehrssicherheitsbeauftragte kam vorliegend anhand der Kriminalitätsstatistik und der Bewertung der Gegebenheiten vor Ort zum Ergebnis, dass der Schulweg nicht kriminologisch relevant und auffällig sei, und bekräftigte dies nochmals in der mündlichen Verhandlung. Dieser fachkundigen Einschätzung kommt ein wesentlich höheres Gewicht zu als den subjektiven Bewertungen der Kläger, vorgelegten Zeitungsberichten zu größtenteils anderen Städten und Gemeinden oder Elternbriefen aus Kinderbetreuungseinrichtungen.
e) Auch die Würdigung der Umstände des Einzelfalls führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Streckenverlauf ist wie dargestellt nicht unübersichtlich (vgl. o.). Er besitzt nach der Einschätzung des örtlichen Verkehrssicherheitsbeauftragten über eine ausreichende, für Landstraßen typische Beleuchtung. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens ist die Hilfe durch andere Verkehrsteilnehmer erwartbar. Zudem führt die hohe Verkehrsfrequenz zu einer Abschreckung des Täters, der befürchten müsste, von Verkehrsteilnehmern entdeckt zu werden (so auch VG Düsseldorf, U.v. 14.7.2010 – 12 K 6424/09 – juris Rn. 58 ff., i.E. ebenso OVG Lüneburg, U.v. 11.9.2013 – 2 LC 101/11 – juris Rn. 35). Der örtliche Verkehrssicherheitsbeauftragte hat in Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten überzeugend dargelegt, dass die Höhe der Leitplanken von 70 cm angesichts der Durchschnittsgröße eines 10-Jährigen nicht geeignet ist, das Erkennen von Gefahrensituationen erheblich einzuschränken. Auch die auf den klägerseits vorgelegten Bildern (Bl. 56 ff. der Verwaltungsakte) deutlich erkennbare Nähe zwischen Gehweg und Leitplanken/Straße schließt es aus, dass die Sichtverhältnisse auch unter Berücksichtigung eines Höhenunterschiedes auf dem zweiten, kürzeren Streckenabschnitt in nennenswerten Umfang eingeschränkt sind. Selbst wenn an einzelnen Punkten die Einsehbarkeit vermindert wäre, würde dies wegen der hohen Verkehrsfrequenz nicht dazu führen, dass die Schüler auf ihrem Schulweg nennenswerte Zeit hilflos und völlig unbeobachtet wären (vgl. BayVGH, U.v. 30.1.2003 – 7 B 02.1135 – juris Rn. 24, der eine besondere Gefährlichkeit des Schulwegs sogar bei einer Nichteinsehbarkeit in einem durch einen Waldausläufer verlaufenden Kurvenbereich verneinte).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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