Verwaltungsrecht

Keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien

Aktenzeichen  M 7 S 16.50399

Datum:
8.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 27a, § 34a Abs. 1 S. 1
VO(EU) 604/2013 Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2
GRCh GRCh Art. 4

 

Leitsatz

Ein alleinstehender Mann läuft im Falle seiner Rückkehr nach Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (ebenso OVG NRW BeckRS 2015, 45053, NdsOVG BeckRS 2015, 47840). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller, nach seinen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 16. Februar 2016 im Bundesgebiet einen Asylantrag. Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens gab er an, dass er im Februar 2010 sein Heimatland verlassen habe und über Niger, Libyen (5 Jahre), Italien (zwei Monate), Österreich am 6. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. In Italien seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden und er habe am 28. Juni 2015 einen Asylantrag gestellt. Er möchte nicht nach Italien überstellt werden. Er sei dort krank gewesen und sei wegen der medizinischen Versorgung nach Deutschland gekommen. Er habe Probleme mit der Wirbelsäule und den Augen und sei jetzt in medizinischer Behandlung.
Eine EURODAC-Abfrage der Antragsgegnerin ergab, dass der Antragsteller in Italien registriert worden ist und dort am 5. Juli 2015 einen Asylantrag gestellt hat. Die italienischen Behörden wurden am 14. März 2016 um die Rückübernahme des Antragstellers gebeten. Eine Antwort auf das Wiederaufnahmegesuch erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 2 des Bescheides) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylG unzulässig, da Italien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Bei dem Antragsteller sei nicht von einer Reiseunfähigkeit auszugehen, sein Gesundheitszustand verschlechtere sich durch die Abschiebung nicht wesentlich oder gar lebensbedrohlich. Er habe während des Asylverfahrens in Italien Anspruch auf medizinische Versorgung. Eine Not- und Grundversorgung gebe es auch für illegal sich aufhaltende Personen. Alle Flüchtlinge seien in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Asylbewerber hätten während des Asylverfahrens auch Anspruch auf Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. Dort würden die Asylbewerber auch ausreichend versorgt. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Eine Abschiebung habe gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zur Folge, dass der Drittstaatsangehörige nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten dürfe. Die Dauer des Einreiseverbots sei verhältnismäßig. Der Bescheid des Bundesamtes wurde dem Antragsteller am 14. Juni 2016 zugestellt.
Am 21. Juni 2016 erhob der Prozessbevollmächtigte gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10. Juni 2016 Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage – Anordnung der Abschiebung nach Italien – anzuordnen.
Es sei davon auszugehen, dass die Zurückschiebung demnächst erfolgen solle. Die Große Kammer des EGMR habe in der Entscheidung vom 4. November 2014 festgestellt, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen der staatlicherseits für Asylbewerber – auch sog. Dublin-Rückkehrer – in SPRAR und CARA zusammen zur Verfügung stehenden Unterbringungsplätzen und der tatsächlichen Zahl von Asylbewerbern bestehe. Auch für alleinreisende Flüchtlinge sei vor einer Rückschiebung nach Italien eine konkrete Unterbringungsmöglichkeit zu fordern, da in Italien offensichtlich systembedingte Mängel im Aufnahmeverfahren bestünden. Die Entscheidung der 3. Kammer des EGMR vom 5. Februar 2015 stehe dem nicht entgegen, da sich diese Entscheidung nicht einmal ansatzweise mit den Ausführungen der Großen Kammer zu den offensichtlichen Kapazitätsengpässen hinsichtlich der Unterbringungsmöglichkeiten auseinandersetze. Auf erstinstanzliche Entscheidungen von Verwaltungsgerichten wurde Bezug genommen.
Das Bundesamt übersandte am 20. Juni 2016 vorab die Asylakte.
Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG ist der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft; er wurde auch fristgerecht gestellt.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zwischen dem sich aus der Regelung des § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Bescheid des Bundeamtes vom 10. Juni 2016 rechtmäßig. Das Bundesamt hat zu Recht die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angeordnet.
Das Bundesamt ordnet gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach den Regelungen der vorliegend anzuwendenden Dublin-III-Verordnung (vgl. Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, sog. Dublin-III-VO) ist grundsätzlich nur ein einziger Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Prüfung eines Asylantrags zuständig (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO). Dies ist hier Italien. Der Antragsteller hat aus einem Drittstaat kommend als erstes die Seegrenze des Mitgliedstaats Italien überschritten (Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO), ist dort registriert worden und hat auch einen Asylantrag gestellt. Das Bundesamt hat deshalb am 14. März 2016 ein Aufnahmeersuchen nach der Dublin-Verordnung an Italien gerichtet. Da die italienischen Behörden nicht innerhalb einer Frist von 2 Wochen geantwortet haben, ist nach Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, den Antragsteller wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.
Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO gehindert, den Antragsteller nach Italien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen würden.
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Es gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Allerdings hat nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat zur Folge, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert ist, den Antragsteller an diesen Mitgliedstaat zu überstellen. Nur wenn ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u. a. – juris Rn. 75, 80, 82, 85 und 86). Diese vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze sind nunmehr auch ausdrücklich in die Dublin-Verordnung aufgenommen worden. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Rn. 9). Für die Frage, ob dem Antragsteller bei einer Überstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, ist insbesondere auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09 – juris Rn. 15, 17; BVerfG, B.v. 18.8.2013 – 2 BvR 1380/08 – juris Rn. 28).
Ausgehend von diesen Maßstäben liegen systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien, die einer Abschiebung des Antragstellers entgegenstehen, nicht vor.
Das Gericht schließt sich hier der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. zunächst Beschlüsse des EGMR v. 2.4.2013, Nr. 27725/10, und v. 18.6.2013, Nr. 53852/11, ZAR 2013, 336, 338; s. auch BayVGH, U.v. 28.2.2014 – 13a B13.30295 – juris Rn. 42). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel ausweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. In dem Verfahren der Familie T. gegen die Schweiz (Nr. 29217/12) hatte die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Gelegenheit, sich mit den Verhältnissen in Italien erneut auseinanderzusetzen. Sie nahm die offenkundige Diskrepanz zwischen der im Jahr 2013 gestellten Asylanträge und der in den Einrichtungen verfügbaren Plätze zur Kenntnis sowie die Tatsache, dass der UNHCR in seinen Empfehlungen von 2013 tatsächlich eine Reihe von Problemen beschrieben hat, die sich auf die unterschiedliche Qualität der zur Verfügung stehenden Dienstleistungen – abhängig von der Größe der Einrichtungen – und auf einen Mangel an Koordinierung auf nationaler Ebene bezogen (vgl. U.v. 4.11.2014, abrufbar auf der Internetseite des EGMR, Rn. 110, 112, s. auch NVwZ 2015, 127 ff.). Sie stellte aber fest, dass die Struktur und die Gesamtsituation der Ausgestaltung der Aufnahmebedingungen in Italien allein nicht jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dieses Land verhindert (Rn. 115). Diesen Grundsatz betonte der EGMR erneut in seiner Entscheidung vom 13. Januar 2015 (Nr. 51428/10, A.M.E./.Niederlande, abrufbar auf der Internetseite des EGMR) und wies die Beschwerde des Asylbewerbers gegen seine Überstellung nach Italien als unzulässig ab.
Soweit der EGMR in der Entscheidung T. die individuelle Lage der Beschwerdeführer im Lichte der Gesamtsituation untersucht und hierbei aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der Personen individuelle Garantien von den italienischen Behörden bei der Wiederaufnahme verlangt hat, liegt hier eine vergleichbare Situation nicht vor. Das Gericht hat die besondere Schutzbedürftigkeit insbesondere asylsuchender Kinder betont, da sie spezifische Bedürfnisse hätten und extrem verletzlich seien. Dies gelte auch dann, wenn die Kinder von ihren Eltern begleitet würden (EGMR, U.v. 4.11.2014, a. a. O., Rn. 119). Diesen Unterschied zu einem – wie hier – fähigen alleinreisenden Mann, hat der Europäische Gerichtshof auch in seiner Entscheidung vom 13. Januar 2015 (Nr. 51428/10, a. a. O., Rn. 34) herausgestellt und ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bei einer Rückführung droht.
Es ist mittlerweile gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung, dass ein alleinstehender Mann im Falle seiner Rückkehr nach Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Zuletzt haben dies das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen und das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen bestätigt (OVG NRW, U.v. 24.4.2015 – 14 A 2356/12.A – juris Rn. 20 ff. m. w. N.; U.v. 19.5.2016 – 13 A 516/14.A – juris Rn. 65 ff. m. w. N.; NdsOVG, U.v. 25.6.2015 – 11 LB 248/14 – juris Rn. 47 ff. m. w. N.). In diesen Entscheidungen wird ausgeführt, dass die vorliegenden Erkenntnisse nicht den Schluss rechtfertigten, dass der Asylbewerber während des Asylverfahrens die elementaren Grundbedürfnisse (wie Unterkunft, Nahrungsaufnahme, Hygienebedürfnis, medizinische Grundversorgung) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen könne. Die Unterbringung in den staatlichen Einrichtungen werde grundsätzlich für die Zeit des Asylverfahrens und eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens gewährleistet. Die bestehenden Mängel seien nicht so gravierend, dass damit ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaats vorliege. Eine andere Beurteilung sei auch nicht im Hinblick auf die derzeit besonders hohe Zahl von über das Mittelmeer in Italien ankommenden Flüchtlingen geboten. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Italien reagiere flexibel auf den Zustrom. Ein alleinstehender Mann gehöre grundsätzlich nicht zu den besonders schutzbedürftigen Personen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, deren Rücküberstellung eine individuelle Garantieerklärung der italienischen Behörden hinsichtlich der Unterbringung erfordere (vgl. OVG NRW, U.v. 19.5.2016, a. a. O., Rn. 99 ff.; NdsOVG, U.v. 25.6.2015, a. a. O., Rn. 51, 56). Den in diesen Entscheidungen getroffenen tatsächlichen Feststellungen und Rechtsauffassungen schließt sich das Gericht an.
Auch aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt sich keine besondere Schutzbedürftigkeit. Soweit der Antragsteller gesundheitliche Probleme vorgetragen hat, handelt es sich nicht um akute gesundheitliche Probleme, die eine stationäre Behandlung erfordern. Wie das Bundesamt in seinem Bescheid vom 10. Juni 2016 zu Recht ausgeführt hat, ist die Gesundheitsfürsorge für Flüchtlinge und Asylbewerber in Italien grundsätzlich gewährleistet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26.2.2015 an das Verwaltungsgericht Potsdam; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23.2.2016 an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen). Zudem ist dem Gericht bekannt, dass die italienischen Behörden bei einer Überstellung um Mitteilung bitten, welche medizinischen Probleme beständen, damit hierfür Vorsorge getroffen werden könne.
Es liegt auch kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis vor. Das Bundesamt hat im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 11 mit Verweis auf die einheitlich obergerichtliche Rechtsprechung). Wie das Bundesamt in seinem Bescheid vom 10. Juni 2016 zu Recht ausgeführt hat, besteht nicht die konkrete Gefahr, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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