Verwaltungsrecht

Keine Verbeamtung ohne Nachweis der gesundheitlichen Eignung

Aktenzeichen  M 5 E 16.4437

Datum:
30.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 33 Abs. 2
BeamtStG BeamtStG § 9
VwGO VwGO § 123

 

Leitsatz

Ohne den Nachweis der gesundheitlichen Eignung durch eine erforderliche (weitere) amtsärztliche Untersuchung kommt eine Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht. Dabei ist es einem Bewerber um die Einstellung in das Beamtenverhältnis grundsätzlich zuzumuten, sich den organisatorischen Vorgaben des Dienstherrn für eine amtsärztliche Untersuchung unterzuordnen, auch durch Veränderung der Urlaubsplanung. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 4.174,35 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Entscheidung ergeht durch den Vorsitzenden der Kammer, um eine zeitnahe Entscheidung über den Rechtsschutzantrag vor dem erstrebten Einstellungstermin 1. Oktober 2016 zu ermöglichen (§ 80 Abs. 8 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
2. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
a) Rechtsgrundlage für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis sind Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) und § 9 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern – Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Nach dieser Vorschrift sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnischer Herkunft, Behinderung, Religion, Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen. Die von der Klägerin begehrte Einstellung setzt daher unter anderem die Eignung voraus, wozu auch die gesundheitliche Eignung gehört (BVerwG, U.v. 25.2.1993 – 2 C 27/90 – BVerwGE 92, 147, juris Rn. 10). Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.6.2007 – 2 A 6.06 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35).
b) Der Bewerber hat sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, um die gesundheitliche Eignung feststellen zu können. Diese Feststellung der gesundheitlichen Eignung fehlt im vorliegenden Fall, da der Antragsteller nicht zu der für den …
a) September 2016, …:00 Uhr festgelegten weiteren Untersuchung beim Referat für Gesundheit und Umwelt erschienen ist. Da es an der gesetzlich geforderten Feststellung gesundheitlichen Eignung fehlt, ist die Antragsgegnerin an die ursprünglich abgegebene Einstellungszusage vom 25. August 2016 nicht gebunden, da diese unter dem Vorbehalt der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers abgegeben wurde. Aus diesem Grund wurde sie auch zu Recht mit Schreiben vom 15. September 2016 widerrufen.
Der Bewerber um die Einstellung in ein Beamtenverhältnis muss sich für eine Untersuchung bereithalten. Das gilt auch, wenn mehrere Untersuchungstermine erforderlich sind. Kommt eine Untersuchung aus Gründen, die in der Sphäre des Bewerbers liegen, nicht zustande, dann geht der fehlende Nachweis der gesundheitlichen Eignung nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung zulasten des Bewerbers. Denn die Mitwirkung eines zu Untersuchenden ist zwingend erforderlich. Einem Bewerber um die Einstellung in ein Beamtenverhältnis ist grundsätzlich zuzumuten, sich den organisatorischen Vorgaben des zukünftigen Dienstherrn für eine amtsärztliche Untersuchung unterzuordnen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn ein Untersuchungstermin ohne sachlichen Grund zu einem Zeitpunkt vorgegeben wird, den der Bewerber voraussichtlich nicht wahrnehmen kann oder es dem Bewerber aus wichtigen Gründen unzumutbar ist, einen festgelegten Termin wahrzunehmen. Im vorliegenden Fall war dem Antragsteller noch während seines Aufenthalts in Thailand bekannt, das eine Nachuntersuchung erforderlich sei, die auf den … September 2016 terminiert wurde. Auch wenn er am 1. September 2016 die Antragsgegnerin darauf hingewiesen hat, dass für die Nachuntersuchung nur ein Zeitfenster vom 16. bis zum 21. September 2016 bestehe, da er sich ab dem 23. September 2016 bis zum 2. Oktober 2016 auf einem bereits gebuchten Familienurlaub befinde, bedingt das nichts anderes. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin einen Untersuchungstermin willkürlich nicht rechtzeitig ermöglicht hat. Unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots ist nichts dagegen zu erinnern, wenn angesichts der Größe der Verwaltung der Landeshauptstadt für Gesundheitsuntersuchungen längerfristige Zeitvorgaben gemacht werden. Vielmehr ist das ein in der Organisation bedingter sachlicher Grund. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass die Antragsgegnerin die Untersuchung von der Ärztin durchführen lassen will, die die erste Untersuchung durchgeführt hatte und den Antragsteller bereits kennt. Es sind auch keine Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass dem Antragteller die Wahrnehmung des Termins …. September 2016, … Uhr unzumutbar sein könnte. Der Untersuchungstermin betrifft den ersten Tag des geplanten Familienurlaubs. Daher erscheint es zumutbar, der Familie nach der Untersuchung nachzureisen. Es ist auch nicht dargelegt, dass dadurch oder bei einer Stornierung des Urlaubs völlig außer Verhältnis stehende verlorene Kosten entstehen würden.
3. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 5 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Es wird in einem Eilverfahren hinsichtlich der Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf ein Viertel der Jahresbezüge als Anwärter zugrunde gelegt (16.637,40 EUR).


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