Verwaltungsrecht

Keine Verfolgung in Äthiopien wegen exilpolitischer Betätigung für die EPRP

Aktenzeichen  M 12 K 16.30030

Datum:
9.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Verwaltungsstreitsache konnte entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn sie wurde mit Empfangsbekenntnis am 12. Februar 2016 ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen. In der Ladung wurde sie darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob der Bescheid des Bundesamtes vom 21. Dezember 2015 rechtswidrig ist und deshalb aufzuheben ist und ob der Kläger einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Anerkennung als Asylberechtigter und/oder Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie eines nationalen Abschiebungsverbotes hat (vgl. Antrag der Prozessbevollmächtigten vom …1.2016).
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG und/oder Asylanerkennung gem. Art 16a GG noch liegen bei ihm Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG (vormals: § 60 Abs. 1 AufenthG).
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl, 1953 II S.559, 560-Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung kann dabei gem. § 3c AsylG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylG.
Maßgeblich ist, ob der Asylsuchende bei Rückkehr in sein Heimatland der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist, § 77 Abs. 1 AsylG. Hat der Ausländer sein Heimatland bzw. den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, besteht Anspruch auf Verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Prognosemaßstab). Ist der Ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (gewöhnlicher Prognosemaßstab).
Das Gericht muss – für einen Erfolg des Antrags – die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, Urt. vom 16.04.1985, Buchholz 402.25 § 1 AsylG Nr. 32). Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. vom 08.05.1984, Buchholz § 108 VwGO Nr. 147).
An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylG Nr. 135; Beschluss vom 21.07.1989, Buchholz a. a. O., Nr. 113).
In Anwendung dieser Grundsätze ist beim Kläger keine Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG festzustellen. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Äthiopien oder im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien landesweit von religiöser oder politischer Verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde. Der Kläger hat einen unglaubhaften Sachverhalt vorgetragen.
Unglaubhaft und nicht nachvollziehbar sind die gesamten Ausführungen des Klägers, wie er in das Visier staatlicher Verfolgung geraten sein soll. Er konnte keinen konkreten nachvollziehbaren Sachverhalt vortragen, aus dem sich schlüssig, konkret und überzeugend ergeben hätte, dass er verfolgt wurde.
Unglaubhaft ist die Einlassung des Klägers, warum er sich überhaupt gegen die neue Organisation Akhbasch gewandt hat. Auf wiederholte Frage, wie ihn die Akhbasch im konkreten Alltagsleben tangiert hat, konnte der Kläger keine nachvollziehbare Antwort geben. Seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung, die Regierung habe seiner muslimischen Gemeinschaft den Willen aufdrücken wollen, dass „Druck ausgeübt wurde“, dass sich Frauen anders kleiden sollten, dass man für bei der Bank angelegtes Geld Zinsen nehmen darf, erklärt die Situation in Bezug auf den Kläger persönlich nicht.
Unglaubhaft ist auch das Vorbringen betreffend der vom Kläger angeblich unterstützten Organisation. Unglaubhaft ist, dass die Organisation nicht richtig gegründet wurde, sondern man „sich eben immer getroffen habe“. Nicht nachvollziehbar ist auch, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung zuerst erklärte, die Organisation habe keinen Namen, später sagte, sie heiße Meftehe Afelalagi.
Unglaubhaft ist auch, warum der Kläger hätte inhaftiert werden sollen. Beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, er sei am 23. Juli 2012 (gregorianischer Kalender) verhaftet worden und nach drei Tagen wieder entlassen worden. Es ist schon nicht nachvollziehbar, warum der Kläger im Juli 2012 hätte verhaftet werden sollen. Zur Veranstaltung „…“ im April 2012 hat der Kläger nach eigenen Angaben nur materielle Unterstützung geleistet und an Versammlungen des „Komitee“ teilgenommen. An der Vorbereitung der eigentlichen Veranstaltung hat er nicht teilgenommen, er sei zu Hause gewesen (Anhörung beim Bundesamt, Seite 3 der Niederschrift; Bl. 39 der Behördenakte). Im Übrigen fehlt zwischen der Veranstaltung im April 2012 und der Festnahme im Juli 2012 ein kausaler Zusammenhang.
Die Einlassung des Klägers, „die Regierung habe mit Gewalt während des Ramadanfestes im Juli 2012 eingegriffen“ und der Kläger sei verhaftet worden, überzeugt nicht. Zwar wurden im Juli 2012 zahlreiche muslimische Führer festgenommen. Im Oktober 2012 wurde gegen 29 der festgenommenen Anklage auf Grundlage des Anti-Terror-Gesetzes erhoben (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 4.3.2015, Stand: November 2014, im Folgenden: Lagebericht; 1.4). Der Kläger hat aber nicht dargelegt, dass er ein muslimischer Führer gewesen ist; im Gegenteil trug er vor, er sei nur ein Förderer im Hintergrund gewesen. Darüber hinaus trug der Kläger selbst vor, er sei nach drei Tagen wieder entlassen worden, zu einer Gerichtsverhandlung ist es danach nicht gekommen. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger die im Lagebericht beschriebenen tatsächlichen Ereignisse zum Anlass genommen hat, um sich eine eigene Verfolgungsgeschichte zu Recht zu legen.
Unglaubhaft ist auch die Einlassung bezüglich der behaupteten Festnahme und der anschließenden Entlassung. Wenn der Kläger entlassen worden ist, sei es auch mit Auflagen, bestätigt dies, dass man dem Kläger offenbar nichts vorwerfen konnte und die Staatsgewalt kein Interesse (mehr) an ihm hatte. Dier Einlassung des Klägers, danach sei nach ihm gesucht worden, entbehrt jeder konkreten Grundlage. Zum einen ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger erst entlassen werden sollte, wenn dann wieder nach ihm gesucht wird. Die diesbezügliche Einlassung des Klägers, „sie wollten Ruhe einkehren lassen und ihn dann wieder verhaften“ (Seite 5 der Niederschrift beim Bundesamt) überzeugt nicht und wirkt konstruiert. Zum anderen ist nicht nachvollziehbar, dass sich äthiopische Behörden derart dilettantisch verhalten und den Kläger nicht finden würden, wenn sie denn nach ihm suchen würden. Die Einlassung des Klägers, er sei bei einem Freund versteckt gewesen, überzeugt nicht. Äthiopische Polizei würde sicher – würde sie des Klägers habhaft werden wollen – auch bei Freunden des Klägers nach diesem suchen. Im Übrigen würde sie dem Kläger wohl kaum neun Monate Zeit geben, um in Ruhe sein Eigentum an die Geschwister zu verteilen (Niederschrift beim Bundesamt, Seite 5 Mitte und in der mündlichen Verhandlung, Seite 3 Mitte) und seine Ausreise vorzubereiten. Die Ausreise erfolgte am 27. April 2013, so dass zwischen den Ereignissen vom Juli 2012 und der Ausreise im April 2013 kein kausaler Zusammenhang mehr besteht.
Insgesamt ist der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt zur Vorverfolgung verworren, widersprüchlich und unglaubwürdig, so dass das Gericht nicht davon ausgeht, dass er sich ereignet hat.
Die exilpolitische Betätigung des Klägers führt ebenfalls nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG.
Die Kläger trug in der mündlichen Verhandlung vor, er sei in Deutschland für die EPRF (Ethiopian People`s Revolutionary Party) tätig. Er legte eine Bestätigung der EPRP vom … März 2016 vor und erklärte, er sei einfaches Mitglied der Partei, er habe keine weiteren Aufgaben.
Es gibt zahlreiche politische Exilgruppen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und „Agenden“. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d. h. z. B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z. B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (Lagebericht, II.1.9.).
Dass der Kläger eine führende Position in der EPRF bekleidet, wurde nicht vorgetragen. Äthiopischen Stellen ist bekannt, dass abgelehnte Asylbewerber durch exilpolitische Tätigkeit versuchen, sich in Deutschland ein Bleiberecht zu sichern. Dies gilt umso mehr, als der Kläger nicht an eine politische Betätigung in Äthiopien anknüpft, sondern unverfolgt ausgereist ist (siehe oben). Dass äthiopische Stellen dieses taktische Verhalten des Klägers besonders ernst nehmen und ihn als ernsthaften Regimegegner einstufen, ist nicht glaubwürdig und ergibt sich nicht aus dem Lagebericht. Die Stellung eines Asylantrags bleibt bei Rückkehr nach Äthiopien ohne staatliche Verfolgung (o.g. Lagebericht, a. a. O.; vgl. auch VG Ansbach, U. v. 17.2.2016 – AN 3 K 14.30766 – juris).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16a GG, weil er bezüglich der Vorverfolgung einen unglaubhaften Sachverhalt vorgetragen hat (vgl. obige Ausführungen zu § 3 AsylG) und die Nachfluchtgründe (exilpolitische Betätigung) nicht einer festen, bereits im Herkunftsland betätigten Überzeugung entsprechen, § 28 AsylG. Es liegt beim Kläger auch kein atypischer Fall vor, der eine Ausnahme von der Regelbeurteilung des § 28 AsylG rechtfertigen würde.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Ein unionsrechtliches Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ihm bei einer Rückkehr nach Äthiopien Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG; § 60 Abs. 2 AufenthG a. F.) drohen könnte. Denn der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt zu seiner Vorverfolgung ist unglaubhaft; das Gericht geht davon aus, dass er sich nicht ereignet hat.
Der Kläger hat offensichtlich auch keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 AufenthG.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Der Kläger kann keinen Abschiebungsschutz wegen der harten Existenzbedingungen in Äthiopien beanspruchen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er bei seiner Rückkehr einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle der Abschiebung dorthin gleichsam „sehenden Auges“ dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde (vgl. BVerwG vom 12.7.2001, InfAuslR 2002,52/55). Davon ist jedoch nicht auszugehen. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist in Äthiopien nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert. Die Existenzbedingungen in Äthiopien, einem der ärmsten Länder der Welt, sind für große Teile insbesondere der Landbevölkerung äußerst hart und, bei Ernteausfällen, potentiell lebensbedrohend. In diesen Fällen ist das Land auf die Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen angewiesen. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen (Lagebericht, IV.1.1.). Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten, bestehen nicht. Für Rückkehrer bieten sich schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Es sind keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier (56 Äthiopier sind aufgrund eines Rückführungsabkommens mit Norwegen freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt) Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt gewesen wären (Lagebericht, IV.2.).
Es ist für den Kläger sicher nicht leicht, in Äthiopien wieder Fuß zu fassen. Die Kläger hat aber in Äthiopien zwölf Jahre lang die Schule und das Gymnasium besucht (Bl. 19 der Behördenakte). Er hat ein eigenes Geschäft für Baumaterial betrieben; nach seinen eigenen Angaben war seine wirtschaftliche Situation gut (Bl. 18 der Behördenakte). Im Bundesgebiet wird er etwas Deutsch lernen können, so dass ihm als Rückkehrer ein Neustart in einem einfachen Beruf oder wieder als Geschäftsinhaber gelingen kann. Dazu hat der Kläger Familie in Äthiopien und zwar zwei Schwestern. Diese können ihn in der Anfangszeit unterstützen.
Die nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 und des § 36 Abs. 1 AsylG erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden. Der Kläger besitzt keine Aufenthaltsgenehmigung und ist auch nicht als Asylberechtigter anerkannt.
Soweit sich der Kläger mit seiner Klage gegen die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate wendet, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Die Beklagte war nach § 11 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 75 Nr. 12 AufenthG zur Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) berufen. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist auch ermessensfehlerfrei innerhalb der von § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 AufenthG aufgezeigten gesetzlichen Grenzen getroffen worden. Das Vorliegen besonderer Umstände ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich. Die in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgezeigten Rahmens vorgenommene Befristung auf 30 Monate begegnet keinen Bedenken.
Die von der Klägerbevollmächtigten vorgelegten Unterlagen, wonach der Deutschkurse absolviert hat und einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht, sind im Asylverfahren irrelevant.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen; das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.


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