Verwaltungsrecht

Keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

Aktenzeichen  13a ZB 16.30026

Datum:
30.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 78 Abs. 3
GG GG Art. 103 Abs. 1
VwGO VwGO § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2015 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).
Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob „ob und inwieweit ein arbeitsfähiger gesunder Staatsangehöriger, der ebenso wie seine Familie im Dorf … bereits ins Blickfeld der Taliban geraten war und sich geweigert hatte, für diese tätig zu werden, auch dann in Kabul internen Schutz finden kann, wenn … bereits mehrere Verwandte von den Taliban aufgrund deren Gegnerschaft umgebracht wurden und ein Cousin … kürzlich von den Taliban sogar in der Provinzhauptstadt Ghazni gefangen genommen und dann enthauptet wurde“. Das Verwaltungsgericht habe den Wahrheitsgehalt seines Tatsachenvortrags nicht in Frage gestellt. Sein Fall unterscheide sich von den in der Rechtsprechung schon entschiedenen dadurch, dass seine Familie bereits vollumfänglich als Gegner in den Blick der Taliban geraten sei. Zudem habe sich die Verfolgung nicht mehr auf die dörfliche Ebene beschränkt, sondern sei bis in die Provinzhauptstadt gelangt und es seien bereits Familienmitglieder getötet worden.
Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, auf die Glaubhaftigkeit des Vortrags komme es nicht an, da jedenfalls die Möglichkeit internen Schutzes bestehe. Dass dem Kläger auch in Kabul Gefahren drohten, sei nicht ersichtlich, weil sich die geltend gemachten Todesdrohungen auf ein zukünftiges Verhalten des Klägers in seinem Heimatort bezögen. Die Gefahr einer Nachstellung auch in anderen Landesteilen sei nicht hinreichend konkret geltend gemacht. Ebenso wenig sei ersichtlich, dass die Aufständischen seiner Heimatregion Anstrengungen unternehmen würden, ihn in Kabul aufzuspüren. Damit ist das Verwaltungsgericht aufgrund der vom Kläger geltend gemachten Todesdrohungen zum Ergebnis gekommen, dass eine Gefährdung in Kabul nicht anzunehmen sei. Ob diese Einschätzung zutreffend ist, entzieht sich einer allgemeinen Klärung. Vielmehr hängt es wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ob sich eine befürchtete Gefährdung auf den näheren Umkreis des Herkunftsortes beschränkt oder auch in Kabul besteht. Das Verwaltungsgericht hat sich hierzu mit den vom Kläger geltend gemachten Todesdrohungen und den Nachfragen der Taliban nach seiner Ausreise auseinandergesetzt. Verallgemeinerungsfähige Schlüsse lassen sich hieraus nicht gewinnen. Das zeigen auch die Ausführungen des Klägers im Zulassungsantrag, in denen er sich mit seiner persönlichen Situation, insbesondere, dass er bei einer Rückkehr gezwungen sein werde, zur bisherigen örtlichen Gemeinschaft Kontakt aufzunehmen, und der Wertung durch das Verwaltungsgericht auseinandersetzt.
In diesem Zusammenhang macht der Kläger auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG). Er rügt, dass das Verwaltungsgericht auf sein spezielles Vorbringen nicht eingegangen sei und vielmehr pauschal eine interne Fluchtalternative bejaht habe.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehörs liegt jedoch nicht vor. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924).
Gemessen an diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt. Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Kläger geschilderten Todesdrohungen, den Nachfragen der Taliban nach seiner Ausreise und seiner Annahme, er sei bei einer Rückkehr gezwungen, nochmal in sein Heimatdorf zu gehen, befasst (UA S. 8 f.), ist aber zu der Einschätzung gelangt, dass hieraus keine Gefahr für den Kläger resultiere. Das deckt sich auch mit den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Auf die Frage, ob er die geschilderten Gefahren auch in Kabul fürchten würde, gab er nur an, er habe gezielt Deutschland ausgesucht, weil man dort sicher leben könne. Wenn er nach Kabul ginge, würde er es nicht vermeiden können, einmal in das Heimatdorf zu gehen. Auch hiermit hat sich das Verwaltungsgericht auseinandergesetzt. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, E. v. 19.7.1967 – 2 BvR 639/66 – BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B. v. 30.7.2014 – 5 B 25.14 – juris; BVerwG, B. v. 15.5.2014 – 9 B 14.14 – juris Rn. 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.


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