Verwaltungsrecht

Keine verwaltungsgerichtliche Konmtrolle der Zurückweisung eines Bevollmächtigten im Zivilprozess

Aktenzeichen  M 30 K 18.2754

Datum:
25.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 1094
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40
ZPO § 79 Abs. 3
GG Art. 19 Abs. 4
GVG Art. 17a

 

Leitsatz

1 Aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich keine Veranlassung, gegen unanfechtbare Rechtsprechungsakte den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu eröffnen und damit eine Art „Superrevisionsinstanz“ zu schaffen, wenn das jeweilige Prozessrecht gerade keine weiteren Rechtsmittel normiert hat. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Zurückweisung eines Bevollmächtigten nach § 79 Abs. 3 ZPO stellt aber einen solchen Akt rechtsprechender Gewalt dar und ist kein (Justiz-)Verwaltungsakt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3 Auch wenn die Entscheidung, ob (noch) ein Rechtsweg eröffnet ist, an sich nur dem Gericht zusteht, das im Fall der Nachprüfbarkeit für die Nachprüfung zuständig wäre, gilt anderes, wenn eindeutig kein Rechtsweg (mehr) eröffnet ist (Anschluss an BVerwG BeckRS 9998, 106505). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Wege eines Gerichtsbescheids ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung der Beteiligten entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit zweier Zurückweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts R … gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist unzulässig, da der Verwaltungsrechtsweg hierfür nicht eröffnet ist (1.), aber auch kein anderweitiger Rechtsweg noch offensteht (2).
1. Entgegen der klägerischen Auffassung und seinen umfangreichen Ausführungen bezüglich Art. 19 Abs. 4 GG ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO für Rechtsmittel gegen richterliche Entscheidungen der (zivilprozessualen) Rechtsprechung nicht eröffnet. Zwar mag das Prozessrecht grundsätzlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen sein (vgl. u.a. Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, § 40 Rn 46 beck-online). Die in einem bürgerlich-rechtlichen Streitverfahren ergehende Entscheidung eines Richters begründet damit aber noch keine (zusätzliche) öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.v. § 40 Abs. 1 VwGO. Gegen richterliche Entscheidungen stehen vielmehr (nur) die jeweiligen Rechtsmittel der jeweiligen Verfahrensordnung offen. Aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich keine Veranlassung, gegen unanfechtbare Rechtsprechungsakte den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu eröffnen und damit eine Art „Superrevisionsinstanz“ zu schaffen, wenn das jeweilige Prozessrecht gerade keine weiteren Rechtsmittel normiert hat.
Der Beklagte verweist insoweit zutreffend auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Dezember 2014. Darin führt das Bundesverfassungsgericht mit umfangreichen Verweisungen auf die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung aus, dass Art. 19 Abs. 4 GG ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen gerichtlichen Schutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt enthalte. Nicht zur öffentlichen Gewalt im Sinne dieser Bestimmung gehörten allerdings Akte der Rechtsprechung, denn Art. 19 Abs. 4 GG gewähre Schutz durch den Richter, nicht gegen den Richter (BVerfG, B.v. 2.12.2014 – 1 BvR 3106/09 – beckonline Rn 18 sowie NJW 2015, 610).
Die Zurückweisung eines Bevollmächtigten nach § 79 Abs. 3 ZPO stellt aber einen solchen Akt rechtsprechender Gewalt dar und ist kein (Justiz-)Verwaltungsakt.
Daher ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO nicht eröffnet.
2. Eine Verweisung nach Art. 17a GG ist vorliegend ausgeschlossen, da offensichtlich kein anderweitiger Rechtsweg offensteht.
Zwar steht die Entscheidung, ob (noch) ein Rechtsweg eröffnet ist, an sich nur dem Gericht zu, das im Fall der Nachprüfbarkeit für die Nachprüfung zuständig wäre, mit der Folge der Notwendigkeit einer Verweisung (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.1975 – VII C 26/73 – beck-online, NJW 1976, 305; Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 40 Rn 9 – beck-online). Anderes gilt hingegen, wenn eindeutig kein Rechtsweg (mehr) eröffnet ist (vgl. BVerwG, a.a.O.; Eyermann, a.a.O.). Dies ist vorliegend der Fall.
Gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist ein solcher (Zurückweisungs-)Beschluss unanfechtbar und kann daher auch selbst im das Endurteil betreffenden Berufungsverfahren nicht überprüft werden, vgl. § 512 ZPO, es sei denn die Zurückweisung war in Bezug auf eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör beachtlich (Toussaint, Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 79 Rn 17 – beckonline; vgl. BT-Drs 16/3655, 89). Letzteres ist vorliegend bereits nicht ersichtlich und im Übrigen angesichts der Klagerücknahmen ausgeschlossen.
Soweit die Klägerin in den Verfahren beim Amtsgerichts R … und der Kläger im vorliegenden Verfahren selber Beschwerde gegen die Zurückweisungsbeschlüsse erhoben haben, wurden diese vom Direktorat des Amtsgerichts R … als Dienstaufsichtsbeschwerden gewertet. Den vorgelegten Akten lassen sich keine Erkenntnisse über den Fortgang des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens entnehmen. Jedenfalls entsteht mit der Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde keine Rechtshängigkeit der Sache, so dass der vorliegenden Klage auch nicht bereits deren Rechtshängigkeit oder Rechtskraft entgegenstünde. Auch eine Verweisung kommt insoweit nicht in Betracht, da es sich bei einer Dienstaufsichtsbeschwerde um kein (förmliches) Rechtsmittel gegen die Zurückweisungsbeschlüsse handelt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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