Verwaltungsrecht

Keine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für eine kambodschanische Staatsangehörige

Aktenzeichen  RN 11 K 18.32099

Datum:
5.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7845
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1, Abs. 4, § 3c Nr. 3, § 3e, § 3d, § 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 25 Abs. 1, Abs. 2
GG Art. 16a
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a Abs. 1 S. 1
VwGO § 98
ZPO § 411 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Die Tatsachengerichte sind nur dann ausnahmsweise zu näherer Prüfung verpflichtet, welcher Art die einer amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes zugrunde liegenden Erkenntnisquellen sind, wenn durch ganz bestimmte Anhaltspunkte belegte Zweifel an der Zuverlässigkeit der in der Auskunft verwerteten Informationen erkennbar sind (vgl. BVerwG BeckRS 2006, 25777). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Kambodscha liegt gegenwärtig weder ein internationaler oder ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt noch eine vergleichbare Gefährdungssituation vor. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch ohne familiäres Netzwerk ist es für eine junge alleinstehende Frau ohne Berufsausbildung zumutbar und möglich, sich in Kambodscha außerhalb des Herkunftsortes eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Hinsichtlich Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheids ist die Anfechtungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Deren Aufhebung beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung, so dass ein Erfolg der Klage zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung der Klägerin wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. VG München vom 15.9.2016 Az. M 17 K 16.31246 m.w.N.).
II.
Die Klage ist im Übrigen unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese hat im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte. Es liegen auch keine Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes und keine nationalen Abschiebungsverbote vor. Die von der Beklagten getroffenen Entscheidungen sind nicht zu beanstanden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Das Gericht folgt zunächst den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Bezug, § 77 Abs. 2 AsylG. Im Übrigen ist noch auf folgendes hinzuweisen:
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG ausgehen von
1.dem Staat,
2.Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder
3.nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn eine interne Schutzmöglichkeit besteht, vgl. § 3e AsylG.
Die Flüchtlingseigenschaft kann der Klägerin nicht zuerkannt werden, da sie sich nach der Überzeugung des Gerichts nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe außerhalb Kambodschas befindet, § 3 Abs. 1, 4 AsylG. Sie hat Kambodscha weder wegen politischer Verfolgung im Sinne dieser Vorschrift verlassen noch droht ihr bei einer Rückkehr eine solche.
Die Klägerin ist nicht vorverfolgt aus Kambodscha ausgereist. Ein individuelles Verfolgungsschicksal hat sie weder beim Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren substantiiert und glaubhaft geltend gemacht. Es ist jedoch Sache des Schutzsuchenden, die Umstände, aus denen sich eine politische Verfolgung ergibt, in schlüssiger Form von sich aus vorzutragen, vgl. § 15 Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG. Das Gericht muss dabei die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten individuellen Schicksals und von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung gewinnen. Dem persönlichen Vorbringen des Schutzsuchenden kommt besondere Bedeutung zu. Ihm selbst obliegt es, seine Gründe für das Vorliegen politischer Verfolgung folgerichtig, substantiiert und mit genauen Einzelheiten vorzutragen (vgl. BVerwG vom 21.7.1989 Az. 9 B 239/89).
Ein solcher substantiierter und widerspruchsfreier Vortrag ist hier nicht erkennbar. In der Anhörung beim Bundesamt erzählte die Klägerin ihr angebliches Verfolgungsschicksal nicht von sich aus substantiiert und umfassend. Vielmehr reagierte sie zumeist nur auf konkrete Nachfragen. Das Vorbringen der Klägerin in ihrer Anhörung beim Bundesamt und im gerichtlichen Verfahren beschränkte sich im Wesentlichen darauf, die – angeblichen – Schwierigkeiten und Probleme mit ihrem Stiefvater zu schildern. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass sie ihr Heimatland wegen Misshandlungen und/oder aus Furcht vor einer unmittelbar bevorstehenden Vergewaltigung verließ, läge hierin keine Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.
Außerdem ist der Stiefvater kein nichtstaatlicher Akteur von dem eine relevante Verfolgung ausgehen kann, vgl. § 3c Nr. 3 AsylG. Es ist auch nicht erkennbar, dass der kambodschanische Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage ist oder bei einer Rückkehr wäre, der Klägerin Schutz zu bieten. Sie hätte sich auch an die kambodschanischen Behörden wenden können, zumal sie zunächst in der Anhörung beim Bundesamt angab, dass der Stiefvater dann ins Gefängnis kommen würde. Ihr hiervon abweichendes Vorbringen in der ersten mündlichen Verhandlung, dass er gegen Zahlung von Bestechungsgeld wieder frei kommen würde, ist nicht glaubwürdig. Hierzu weist das Gericht auf die Antworten des Auswärtigen Amts zu den Fragen 1 und 2 hin (s.o.).
Schließlich hatte und hätte die Klägerin auch inländische Fluchtalternativen im Sinne des § 3e AsylG in größeren Städten Kambodschas, z.B. in Phnom Penh. In diesen Landesteilen musste und muss sie keine begründete Furcht vor Verfolgung haben und es kann vernünftigerweise erwartet werden, dass sie sich dort niederlässt. Es bestand und besteht damit eine inländische Fluchtalternative. Hierzu verweist das Gericht auf die Antworten des Auswärtigen Amtes zu den Fragen 3 bis 5 (s.o.).
Das Gericht hat keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Auswärtigen Amtes. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2019 behauptete, dass junge Mädchen im Kambodscha nicht alleine leben könnten und sie an einem anderen Ort in Kambodscha mangels Verwandter nicht leben könne, werden durch diese unsubstantiierte Behauptungen keine Zweifel an der Auskunft des Auswärtigen Amtes hervorgerufen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zu den amtlichen Auskünften wie folgt geäußert (BVerwG vom 14.10.2013 Az. 10 B 20/13):
„Auskünfte des Auswärtigen Amtes in Asylsachen stellen, auch wenn ihr Inhalt in einer gutachtlichen Äußerung besteht, zulässige selbstständige Beweismittel dar, die ohne förmliches Beweisverfahren verwertet werden können. Dadurch soll es ermöglicht werden, das besondere Fachwissen einer Behörde in das Verfahren einzuführen, ohne dass das Gericht gezwungen wäre, den Verfasser der Auskunft oder weitere bei der Erstellung beitragende Bedienstete zu vernehmen. Aus dieser Besonderheit der Beweiserhebung durch Einholung einer amtlichen Auskunft ergibt sich, dass die Beteiligten – anders als im förmlichen Verfahren einer Beweiserhebung durch Sachverständige – nicht nach § 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO verlangen können, dass das Gericht das Erscheinen ihres Verfassers zwecks mündlicher Erläuterung der Auskunft anordnet, weil dadurch die amtliche Auskunft ihre Eigenschaft als selbstständiges schriftliches Beweismittel verlieren und ein Wechsel vom Freibeweis in den formalisierten Sachverständigenbeweis eintreten würde. Vielmehr kann unter Heranziehung des in §§ 402, 397 und § 411 Abs. 3 ZPO enthaltenen Rechtsgedankens nur eine Verpflichtung des Gerichts in Betracht kommen, auf schriftlichem Wege erneut an das Auswärtige Amt heranzutreten, wenn eine Erläuterung des Gutachtens durch einen Verfahrensbeteiligten verlangt wird” (Urteil vom 22. Januar 1985 – BVerwG 9 C 52.83 – Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 5 = NVwZ 1986, 35).
Ein ausdrücklicher Antrag auf ein erneutes Herantreten an das Auswärtige Amt zur Erläuterung der Auskunft wurde hier nicht gestellt. Das Gericht war auch nicht gehalten, den unsubstantiierten Behauptungen der Klägerin von Amts wegen durch eine weitere Anfrage beim Auswärtigen Amt nachzugehen. Hierzu reicht das bloße Bestreiten des Inhalts einer solchen Auskunft nicht aus. Ansonsten würde nämlich das zulässige selbständige Beweismittel amtliche Auskunft wertlos werden. Die Tatsachengerichte sind auch nur dann ausnahmsweise zu näherer Prüfung verpflichtet, welcher Art die einer amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes zugrunde liegenden Erkenntnisquellen sind, wenn durch ganz bestimmte Anhaltspunkte belegte Zweifel an der Zuverlässigkeit der in der Auskunft verwerteten Informationen erkennbar sind (vgl. BVerwG vom 31.8.2006 Az. 1 B 24/06 m.w.N.). Solche Zweifel hat die Klägerin mit ihrem bloßen Bestreiten nicht nachvollziehbar dargelegt.
2. Aus den oben genannten Gründen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG steht der Klägerin nicht zu. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihn der in § 4 Abs. 1 AsylG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1) bzw. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2). Voraussetzung ist, dass eine konkrete individuelle Gefahr ernsthaft droht. Eine allgemeine Bedrohung genügt nicht. Anhaltspunkte für die Gefahr der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung der Klägerin in Kambodscha sind hier weder glaubwürdig vorgetragen noch erkennbar.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG berufen. Danach gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgeht, kann sich individuell so verdichten, dass sie eine ernsthafte individuelle Bedrohung darstellt. Voraussetzung hierfür ist eine außergewöhnliche Situation, die durch einen so hohen Gefährdungsgrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein auf Grund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer solchen Bedrohung ausgesetzt ist (vgl. BVerwG vom 14.7.2009 Az. 10 C 9.08). In Kambodscha liegt gegenwärtig weder ein internationaler Konflikt oder ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt noch eine vergleichbare Gefährdungssituation vor. Im Übrigen gelten gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG u.a. die §§ 3c und 3e AsylG entsprechend, s.o.
4. Es liegen auch keine nationalen Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
Auf § 60 Abs. 5 AufenthG kann sich die Klägerin nicht berufen, da sie keine konkrete individuelle Gefahr glaubhaft geltend gemacht hat (s.o.). Ergänzend wird auf die überzeugende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen.
Der Klägerin steht auch kein Abschiebungsschutz aus zielstaatsbezogenen Gründen gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden.
Die Entscheidung, ob inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse vorliegen, obliegt bei einer Abschiebungsandrohung nicht dem Bundesamt, sondern der zuständigen Ausländerbehörde. Das Bundesamt ist bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber auf die Prüfung und Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beschränkt, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland herleiten und damit in Gefahren begründet sind, die im Zielstaat der Abschiebung drohen. Die Ausländerbehörde bleibt demgegenüber für die Durchführung der Abschiebung und dabei auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse zuständig (vgl. z. B. BayVGH vom 3.2.2015 Az. 15 ZB 15.30038 m.w.N.).
Gefahren, denen die Bevölkerungsgruppe, der ein Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine Verdichtung allgemeiner Gefahren zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung liegt im Fall der Klägerin bei einer Rückführung nach Kambodscha nicht vor. Da es hier an einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG fehlt, wäre die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausnahmsweise nur dann unbeachtlich, wenn der Ausländer ansonsten sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. BVerwG vom 14.11.2007 Az. 10 B 47/07 m.w.N.), was hier nicht erkennbar ist.
Eine zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ergibt sich auch nicht aus gesundheitlichen – in der zweiten mündlichen Verhandlung allerdings nicht wiederholten – Gründen. Nach einer E-Mail der Diplompsychologin … vom 29. März 2019 soll sich die Klägerin am Mittwochabend (= 27. März 2019) „in einer akuten Krise“ befunden haben. Auslöser sei „die bevorstehende Verhandlung vor dem Hintergrund der auf dem Wege des Amtshilfeersuchens Ihrerseits eingeholten Antworten vom Auswärtigen Amt, Berlin“. Wie sich dieser Mail entnehmen lässt, beruhen die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme nicht auf zielstaatsbezogenen sondern auf inlandsbezogenen Gründen, wie der bevorstehenden zweiten mündlichen Verhandlung und einer für die Klägerin ungünstigen Auskunft des Auswärtigen Amts. Im Übrigen ist auch weder erkennbar noch geltend gemacht, dass hier eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vorliegt.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Rückkehr nach Kambodscha für die Klägerin mit auch wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Aber auch ohne familiäres Netzwerk ist es für eine junge alleinstehende Frau ohne Berufsausbildung zumutbar und möglich, sich außerhalb des Herkunftsortes eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen (s.o. Antwort des AA zu Frage 5). Schließlich ist der Wunsch der Klägerin, in Deutschland einen Beruf zu erlernen und hier zu arbeiten, durchaus nachvollziehbar. Es ist jedoch nicht Zweck des Asylrechts, Ausländern in Deutschland eine Berufsausbildung zu ermöglichen.
5. Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind daher rechtmäßig, vgl. § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG. Die Abschiebung nach Kambodscha oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat durfte der Klägerin angedroht werden. Die Ausreisefrist beruht auf § 36 Abs. 1 AsylG.
6. Auch eine auf die Verkürzung der Sperrwirkung gerichtete Verpflichtungsklage wäre im Übrigen unbegründet. Das Bundesamt ist gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG bei Abschiebungsandrohungen nach den §§ 34, 35 AsylG für die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG zuständig. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gemäß § 11 Abs. Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Amts wegen zu befristen. Über die Länge der Frist wird nach Ermessen entschieden, § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen hier vor. Die Zeitdauer der Befristung hält sich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen und lässt bei der volljährigen Klägerin ohne relevante familiäre Bindungen in Deutschland keine Ermessensfehler erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO.
Die Höhe des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.


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