Verwaltungsrecht

Klage auf Aushändigung einer Genehmigungsurkunde für den Taxenverkehr

Aktenzeichen  W 6 K 19.840

Datum:
22.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21018
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PBefG § 15 Abs. 2 S. 1
PBefG § 15 Abs. 1 S. 2
PBefG § 15 Abs. 1 S. 5
PBefG § 12 Abs. 1
PBefG § 12 Abs. 2
PBefG § 12 Abs. 3
PBefG § 13 Abs. 5 S. 5
PBefG § 13 Abs. 4
PBefG § 13 Abs. 3
PBefG § 17
PBZugV § 2
BayVwVfG Art. 25 Abs. 2
BayVwVfG Art. 28
BayVwVfG Art. 42a
VwGO § 91

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Bescheid vom 6. Juni 2019 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 20. Februar 2019 hin eine Genehmigungsurkunde für den Gelegenheitsverkehr mit einem Taxi, befristet auf zwei Jahre ab Aushändigung der Urkunde, zu erteilen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist in ihrer geänderten Form zulässig und bereits im Hauptantrag begründet.
I.
Die geänderte Klage ist zulässig. Die Umstellung des klägerischen Begehrens auf Verurteilung der Beklagten zur Aushändigung einer Genehmigungsurkunde im Hauptantrag war sachdienlich, da sich der maßgebliche Streitstoff dadurch nicht wesentlich geändert hat (§ 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO). Zudem hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen (§ 91 Abs. 2 VwGO).
Für die im Hauptantrag verfolgte Klage auf Erteilung einer Genehmigungsurkunde für den Gelegenheitsverkehr mit einem Taxi ist die allgemeine Leistungsklage statthaft. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG wird einem Antragsteller, ist die Entscheidung über seinen Antrag unanfechtbar geworden, eine Genehmigungsurkunde erteilt. Deren Aushändigung ist wegen des Fehlens einer damit verbundenen Regelung im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG kein Verwaltungsakt, sondern ein Realakt (BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26/16 – juris Rn. 10 ff.). Die allgemeine Leistungsklage wurde mit einer fristgerecht erhobenen und auch im Übrigen zulässigen Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid vom 6. Juni 2019 verbunden (vgl. § 113 Abs. 4 VwGO, § 44 VwGO).
II.
Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG den mit seinem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Genehmigungsurkunde für den Gelegenheitsverkehr mit einem Taxi, befristet auf zwei Jahre ab Aushändigung der Urkunde. Denn die von ihm am 20. Februar 2019 beantragte Genehmigung gilt seit 18. Juni 2019 aufgrund Ablaufs der Fiktionsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt. Der Versagungsbescheid vom 6. Juni 2019, zugestellt am 21. Juni 2019, ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 1, § 47 PBefG erforderliche Genehmigung für die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen kann ein Antragsteller auf zweierlei Weise erlangen. Sie wird ihm entweder antragsgemäß nach § 15 Abs. 1 Satz 1 PBefG durch schriftlichen Bescheid der Genehmigungsbehörde erteilt, wenn sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind, oder ihr Vorliegen wird nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingiert. Nach dieser Bestimmung gilt die Genehmigung als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG versagt wird, welche die Genehmigungsbehörde erforderlichenfalls gemäß Satz 3 und 4 durch Zwischenbescheid verlängern kann. Aus diesen Vorschriften ist zugleich der Zeitpunkt zu entnehmen, zu dem die Genehmigung gegenüber dem Antragsteller wirksam wird. Dies ist bei einer schriftlichen Genehmigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 PBefG der Zeitpunkt der Bekanntgabe des schriftlichen Bescheids ihm gegenüber und bei einer fiktiven Genehmigung nach Satz 5 – ohne das zusätzliche Erfordernis einer förmlichen Bekanntgabe – der Zeitpunkt, zu dem die Frist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG abgelaufen ist (zum Ganzen BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26/16 – juris Rn. 15). Ist die Entscheidung über den Genehmigungsantrag unanfechtbar geworden, wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG). Einer juristischen Person darf sie erst ausgehändigt werden, wenn die Eintragung in das Register nachgewiesen ist (§ 15 Abs. 2 Satz 2 PBefG).
2. Nach diesen Maßstäben hat der Kläger gegenüber der Beklagten gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigungsurkunde (§ 17 PBefG) für einen auf zwei Jahre befristeten Gelegenheitsverkehr mit einem Taxi. Die von ihm am 20. Februar 2019 beantragte Genehmigung gilt nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG seit dem 18. Juni 2019 als erteilt. Die Genehmigungsfiktion ist eingetreten, da die Beklagte die Genehmigung nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG versagte.
2.1 Die Regelungen in § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 5 PBefG über die Dauer der von der Genehmigungsbehörde bei ihrer Entscheidung einzuhaltenden Frist und die gesetzliche Fiktion einer Genehmigung bei deren Überschreitung gehen auf Art. 6 Abs. 116 Nr. 7 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) zurück. Erklärter Zweck dieser Neuregelung war es, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Mit der Fiktionsregelung soll die Position des Antragstellers gegenüber einer untätigen Genehmigungsbehörde gestärkt werden. Dagegen ist es nicht ihr Zweck, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen (BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26/16 – juris Rn. 21 unter Bezugnahme auf u.a. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Verkehr vom 30. November 1993, in: BT-Drs. 12/6269, S. 145).
Aus dieser Zweckbestimmung folgt, dass die Frist aus § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG, an deren Ablauf § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG den Eintritt der Fiktionswirkung knüpft, erst dann in Lauf gesetzt wird, wenn der Genehmigungsbehörde ein vollständiger prüffähiger Antrag vorliegt. Um in schutzwürdiger Weise auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion vertrauen zu können, muss der Antragsteller nämlich seinerseits die Behörde zunächst durch das Einreichen vollständiger Unterlagen in die Lage versetzt haben, über seinen Antrag zu entscheiden. Auch die Zielrichtung des Personenbeförderungsgesetzes – der Schutz der zu befördernden Fahrgäste – spricht dafür, dass nur ein sorgfältiger Antragsteller in den Genuss der Genehmigungsfiktion kommen soll (BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26/16 – juris Rn. 21). Dabei ist für die Beurteilung der Vollständigkeit des Antrags und des daran geknüpften Beginns der Fiktionsfrist nicht die Einschätzung der Behörde oder der Empfängerhorizont des Antragstellers entscheidend, sondern allein die objektive Rechtslage. Die Behörde hat insoweit weder Ermessen noch einen Beurteilungsspielraum (allgemein Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 42a Rn. 75 f.).
2.1.1 Welche Unterlagen im Rahmen der personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung im Einzelnen erforderlich sind, damit ein die Frist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG auslösender vollständiger Antrag vorliegt, ist weder gesetzlich noch in der Rechtsprechung abschließend geklärt. Nötig sollen aber zumindest die Angaben und Unterlagen sein, die ein Antrag gemäß § 12 Abs. 1 und 2 PBefG enthalten soll oder muss (BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26/16 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 16.4.2020 – 11 CE 20.561 – BeckRS 2020, 6747 Rn. 14; OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 10; differenzierend OVG Hamburg, B.v. 18.11.2010 – 3 Bs 206/10 – BeckRS 2011, 45950). Um welche Unterlagen es sich dabei handelt, wird in der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) in Bezug auf die Unterlagen für die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit (§ 2 PBZugV) und der fachlichen Eignung (§ 3 PBZugV) konkretisiert; geregelt ist dort auch, wie aktuell die Nachweise sein müssen. Im Übrigen kann die Genehmigungsbehörde gemäß § 12 Abs. 3 PBefG die Vorlage weiterer Unterlagen und Angaben verlangen. In welchem Umfang die Behörde von der Ermächtigung des § 12 Abs. 3 PBefG Gebrauch macht, liegt in ihrem Ermessen.
2.1.2 Hiervon ausgehend legte der Kläger jedenfalls bei seiner Vorsprache am 20. Februar 2019 noch keine vollständigen Antragsunterlagen vor. Ausweislich des von der Beklagten allgemein verwendeten „Merkblatt[s] bei Wiedererteilung der Erlaubnis im Gelegenheitsverkehr für Taxen oder Mietwagen“, das dem Kläger bei Antragstellung versehen mit handschriftlichen Hinweisen des Sachbearbeiters der Beklagten übergeben wurde, setzte die Beklagte neben der Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, einer Auskunft aus dem Gewerbezentralregister, einer Verkehrszentralregisterauskunft auch eine Bescheinigung des Finanzamtes, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Krankenkasse und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft voraus.
Zwar legte der Kläger bei seiner Vorsprache sämtliche geforderten Antragsunterlagen vor. Da aber § 2 PBZugV hinsichtlich der Bescheinigung des Finanzamtes, der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Krankenkasse und der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft eine explizite Vorgabe zur Aktualität der Nachweise vorsieht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV), waren die am 20. Februar 2019 vorgelegten Nachweise veraltet, da der Stichtag ihrer Ausstellung zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits länger als drei Monate zurücklag. Auch der am 20. Februar 2019 vorgelegte Eigenkapitalnachweis war entgegen der Vorgaben des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 PBZugV älter als ein Jahr. Der vom Kläger am 20. Februar 2019 gestellte Antrag war schon deshalb zunächst nicht vollständig. Keiner abschließenden Klärung bedarf es deshalb, ob die von der Beklagten geforderte Vorlage weiterer Nachweise für den Anlauf der Fiktionsfrist maßgeblich war und ob – wie von der Beklagten angenommen – die mangelnde Aussagekraft der vorgelegten Unterlagen (Ausstellung auf B.) einem Anlaufen der Fiktionsfrist entgegenstand.
2.1.3 Erst am 7. März 2019 sowie letztmals am 18. März 2019 legte der Kläger aktuellere Nachweise vor, darunter eine Zusatzbescheinigung, eine Eigenkapitalbescheinigung, eine Bescheinigung der Krankenkasse, eine Bescheinigung der Berufsgenossenschaft Verkehr sowie ein polizeiliches Führungszeugnis. Berücksichtigt man insoweit das dem Kläger am 20. Februar 2019 übergebene, mit handschriftlichen Ergänzungen des Sachbearbeiters der Beklagten versehene „Merkblatt bei Wiedererteilung der Erlaubnis im Gelegenheitsverkehr für Taxen oder Mietwagen“, legte der Kläger die verlangten Nachweise vor. Die nachgereichten Unterlagen waren nunmehr auch aktuell, soweit das Personenbeförderungsrecht in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 4 PBZugV explizite Vorgaben vorsieht.
Hiergegen wandte die Beklagte ein, dass auch die am 7. März und 18. März 2019 vorgelegten Nachweise nicht für die Antragstellung verwendet werden könnten, da diese auf eine Adresse des Klägers in B. ausgestellt gewesen seien, wo er ein weiteres Taxiunternehmen betreibe, und aus den Unterlagen nicht ersichtlich sei, ob die Unterlagen auch Gültigkeit für sein Unternehmen in A* … haben sollen. Die Dokumente könnten deshalb nicht für die Antragstellung verwendet werden (siehe Schreiben vom 21.3.2019) bzw. sie seien „nicht prüffähig“ (siehe Schreiben vom 3.4.2019).
Entgegen der Erklärungen der Beklagten lag jedoch mit der letzten Vorlage von Unterlagen am 18. März 2019 bei objektiver Betrachtung ein entscheidungsreifer Antrag vor, der die Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG in Gang setzte. Denn es entspricht der mit der Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG bezweckten Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens, auch dann von einem Beginn der Fiktionsfrist auszugehen, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Behörde unter Zugrundelegung der vorgelegten Antragsunterlagen in eine Sachprüfung eintritt und dem Antragsteller im Rahmen einer Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erklärt, sein Antrag werde abgelehnt und ihm zu verstehen gibt, dass eine weitere Vorlage von Unterlagen nicht zielführend sei.
Drei Tage nach der letzten Vorlage von Antragsunterlagen übersandte die Beklagte dem Kläger nämlich am 21. März 2019 einen als „Anhörung vor Ablehnung“ überschriebenen Schriftsatz. Darin wurde u.a. ausgeführt, der Antrag des Klägers auf „Wiedererteilung“ der am 22. Februar 2019 erloschenen Genehmigung sei nach wie vor nicht prüffähig, da er unvollständig vorgelegt worden sei. Er sei verspätet gestellt worden und werde deshalb lediglich dahingehend berücksichtigt, dass der Kläger als Neubewerber eingestuft und mit den anderen Konkurrenten auf die Warteliste gesetzt werde. Aufgrund des am 21. Januar 2019 von der Beklagten eingerichteten Beobachtungszeitraums (§ 13 Abs. 4 Satz 3 PBefG) von vorerst einem Jahr werde vor Erteilung zusätzlicher Genehmigungen das Ergebnis des Gutachtens abgewartet. Das Schreiben vom 21. März 2019 schließt mit dem Hinweis:
„Wir bedauern, Ihnen im Ergebnis mitteilen zu müssen, dass wir derzeit keine Möglichkeit sehen, Ihren Antrag auf Erteilung einer Taxikonzession zeitnah zu berücksichtigen. Erst nach Vorliegen des Gutachtens bzw. nach Ablauf des Beobachtungszeitraums wird entschieden werden können, ob ihr Antrag berücksichtigt werden kann.“
Diese Erklärungen lassen erkennen, dass die Beklagte infolge des Antrags und der vom Kläger überreichten Nachweise in eine Sachprüfung eingetreten ist, mit zu dem Ergebnis, dass der Antrag des Klägers, der als Neubewerberantrag eingestuft wurde, aufgrund des inzwischen eingeschalteten Beobachtungszeitraums nicht genehmigungsfähig sei. Dies setzt voraus, dass der Antrag ungeachtet seiner Vollständigkeit oder der Aussagekraft der vorlegten Unterlagen an sich prüffähig und bereits dahingehend entscheidungsreif war, so dass nach Auffassung der Beklagten unabhängig von der Vorlage weiterer Genehmigungsunterlagen aufgrund objektiver Versagungsgründe (§ 13 Abs. 4, Abs. 5 PBefG) nur eine Ablehnung in Betracht kam.
2.1.4 Mit Blick auf die in § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG vorgesehene Genehmigungsfiktion zeigt sich ein Spannungsverhältnis. Einerseits soll nur der sorgfältige Antragsteller in den Genuss der Genehmigungsfiktion kommen (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26/16 – juris Rn. 21), andererseits hat der Gesetzgeber dem Interesse der Antragsteller an einer zeitnahen, fristgemäßen Bescheidung ihres Antrags bewusst Vorrang vor einer Prüfung der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen durch die Behörde eingeräumt. Der Zweck der Genehmigungsfiktion – die Beschleunigung des Verfahrens – wäre weitgehend verfehlt, wenn nur diejenigen Antragsteller ihren Eintritt gegenüber der Behörde mit Aussicht auf Erfolg durchsetzen könnten, die zugleich die materiellen Voraussetzungen für eine Genehmigungserteilung erfüllen (OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 51). Deshalb liegt nicht nur dann ein für den Beginn der Fiktionsfrist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG hinreichender Antrag vor, wenn dieser bei einer rechtzeitigen Entscheidung der Behörde zur positiven Verbescheidung des Antragstellers führen würde (allgemein Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 42a Rn. 12). Die Frage, ob ein Antrag vollständig und prüffähig ist und folglich den Lauf der Fiktionsfrist auslöst, muss mithin – soweit dies möglich ist – von der im Rahmen einer Sachprüfung des Antrages vorgenommenen Würdigung der Genehmigungsfähigkeit differenziert werden.
Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht des Ziels der Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG – der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens – unabhängig von der Frage, ob der Antrag des Klägers auf Grundlage der von ihm bis 18. März 2019 vorgelegten Unterlagen letztlich genehmigt worden wäre, von einem Beginn der Fiktionsfrist auszugehen. Der Kläger hat substanzielle Nachweise vorgelegt, namentlich die in § 12 Abs. 2 PBefG i.V.m. § 2 PBZugV vorausgesetzten sowie die von der Beklagten im Rahmen des ihr in § 12 Abs. 3 PBefG eingeräumten Ermessens geforderten Genehmigungsunterlagen. Ob diese letztlich zu einer Genehmigung des Antrags geführt hätten, kann dahinstehen. Denn die Beklagte trat daraufhin in eine Sachprüfung ein und erklärte dem Kläger im Rahmen der Anhörung mit Schreiben vom 21. März 2019 unmissverständlich, sein Antrag müsse abgelehnt werden. Der damaligen Bevollmächtigten des Klägers wurde zudem mit Schriftsatz der Beklagten vom 3. April 2019 zu verstehen gegeben, dass die Vorlage weiterer Unterlagen aufgrund der Zurückstellung des Antrages nicht zielführend sei. Wird einem Antragsteller nach Vorlage der geforderten Genehmigungsunterlagen als Ergebnis der Prüfung mitgeteilt, dass sein Antrag erfolglos sein werde, und wird ihm erklärt, die Vorlage weiterer Nachweise sei nicht notwendig, ist davon auszugehen, dass der Beginn der Frist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG ausgelöst wird. Dies gilt auch dann, selbst wenn die Antragsunterlagen aus materiell-rechtlichen Gründen möglicherweise in der Sache nicht zum Erfolg geführt hätten.
Es handelt sich insoweit gerade nicht um eine Fallgestaltung, bei welcher die Behörde nach Antragstellung und Übergabe von Unterlagen im Rahmen der daraufhin eingeleiteten Vollständigkeits- und Sachprüfung die Unvollständigkeit eines Antrages erkennt, sie den Antragsteller im Rahmen ihrer Betreuungs- und Fürsorgepflicht auf zu ergänzende Nachweise und Unterlagen hinweist (vgl. Art. 25 Abs. 2 BayVwVfG) und ihn zu deren Nachreichung auffordert. In diesem Fall soll nach zum Teil vertretener Auffassung eine gesetzlich vorgesehene Fiktionsfrist erst beginnen, wenn die ein- und nachgereichten Unterlagen als vollständig zu qualifizieren sind, wenn also im Sinne einer Entscheidungsreife alle Nachweise und Angaben vorliegen, die erforderlich sind, um die materiell-rechtliche Genehmigungsfähigkeit des Antrags beurteilen zu können (so etwa OVG NW, B.v. 23.10.2015 – 13 B 875/15 – BeckRS 2015, 54274 Rn. 6, 8; aus der Lit.: Broscheit, GewArch 2015, 209, 211; ähnlich Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 42a Rn. 11, 27b; a.A. Uechtritz in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 42a Rn. 59; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 42a Rn. 76: „Unterlagen müssen ‚nur‘ taugl. Grundlage für eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen sein“). Ein solches, nach umstrittener Auffassung den Beginn der Fiktionsfrist hinauszögerndes Nachforderungsverlagen kann hier lediglich in den Erklärungen der Beklagten bis zum Zugang des Anhörungsschreibens vom 21. März 2019 gesehen werden. Denn da war der Kläger noch zur Nachreichung von Unterlagen zu seinem zunächst unvollständigen Antrag angehalten worden. Mit dem Anhörungsschreiben vom 21. März 2019 trat indes eine Zäsur ein, da die Beklagte dem Kläger zu erkennen gab, dass die Prüfung seines Antrages (vorbehaltlich der Anhörung) abgeschlossen ist und sein Antrag nicht erfolgreich sein werde, sondern bloß eine Aufnahme in die Warteliste in Betracht komme. Es ging der Beklagten ab diesem Zeitpunkt also nicht mehr darum, einen (noch) nicht hinreichend sorgfältigen Antragsteller auf zu ergänzende Nachweise hinzuweisen und entsprechende Unterlagen anzufordern. Vielmehr stand aus Sicht der Beklagten bereits die Ablehnung des Antrages fest, was sie auch nach außen kommunizierte.
Dass mit der Anhörung zur Ablehnung eines gestellten Antrags eine solche Zäsur eintreten kann, die den Beginn der Fiktionsfrist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG auszulösen vermag, ist erst recht sachgerecht, wenn die angekündigte Versagung aus Gründen erfolgen soll, die nicht der Sphäre des Antragstellers zuzurechnen sind, sondern wie hier mit § 13 Abs. 4 und 5 PBefG objektive Versagungsgründe angeführt werden. Gibt die Behörde einem Antragsteller zu verstehen, er brauche keine weiteren Dokumente mehr vorlegen, da dies aufgrund einer örtlichen Kontingentierung der Genehmigungen und einer nachrangigen Position des Betroffenen auf der Warteliste nichts mehr an der Entscheidung ändern werde, so kann dem Antragsteller fehlende Sorgfalt im Zusammenhang mit seiner Antragstellung nicht (mehr) zum Vorwurf gemacht werden. Stehen aus Sicht der Behörde zwingende objektive Versagungsgrunde einer Erteilung der Erlaubnis entgegen und teilt sie dies dem Antragsteller mit, ist der Antrag unabhängig vom weiteren Nachweis subjektiver Genehmigungsanforderungen entscheidungsreif. Wenngleich dann nur noch eine Ablehnung des Antrages im Raum steht, entfällt in einer solchen Situation nicht das der Genehmigungsfiktion als Gesetzeszweck zugrundeliegende schutzwürdige Interesse des Antragstellers an einer zügigen Entscheidung. Dieser soll auch dann eine zügige Entscheidung erhalten, wenn der objektive Versagungsgrund des § 13 Abs. 4 PBefG zur Ablehnung seines Antrages führen wird. Insoweit bietet sich dem Unternehmer die zeitnahe Möglichkeit, nach der Versagung zügig Rechtsmittel einzulegen oder entsprechend unternehmerisch umzudisponieren, indem er etwa in einer anderen Betriebssitzgemeinde einen Antrag stellt. Hat der Antragsteller – wie hier der Kläger -zumindest substanzielle Antragsunterlagen vorgelegt, spricht letztlich auch nicht mehr die Zielrichtung des Personenbeförderungsgesetzes – der Schutz der zu befördernden Fahrgäste (BVerwG, U.v. 27.8.2015 – 3 C 14/14 – juris Rn. 17) – zwingend dagegen, den Antragsteller in den Genuss der Genehmigungsfiktion kommen zu lassen, zumal die tatsächliche Genehmigungsfähigkeit des Antrags keine Voraussetzung für den Fiktionseintritt nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG ist.
Dass in einem solchen Fall ein Anlaufen der Genehmigungsfiktionsfrist sachgerecht ist, lässt sich schließlich im weiteren Fortgang des streitgegenständlichen Verwaltungsverfahrens ablesen. Trotz wiederholter (formloser) Mitteilung der Beklagten, der Kläger werde als Neubewerber im Sinne des § 13 Abs. 5 PBefG eingestuft, daher nachrangig auf die geführte Warteliste gesetzt und sein Antrag werde im Hinblick auf den eingerichteten Beobachtungszeitraum bis auf weiteres zurückgestellt, ließ der Kläger seine Bevollmächtigten umgehend und wiederholt (sinngemäß) mitteilen, es liege aus seiner Sicht ein prüffähiger Antrag vor, er erfülle sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen – könne jedoch ggf. weitere Nachweise erbringen – und wünsche eine alsbaldige abschließende Entscheidung (vgl. die Schriftsätze vom 28.3.2019 und 16.4.2019). Der Kläger hatte folglich ein Interesse an einer zügigen ablehnenden Entscheidung und es sind vorliegend keine durchgreifenden Gesichtspunkte erkennbar, warum nach der angekündigten Ablehnung des -nach Nachreichung von Unterlagen – mit substanziellen Nachweisen gestellten Antrages die Fiktionsfrist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG nicht hätte anlaufen sollen, um die Beklagte zu einer zügigen Entscheidung über die von ihr angekündigte Versagung zu veranlassen.
2.1.5 Da die Fiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG allein dem Interesse des Antragstellers an einer Verfahrensbeschleunigung dient, ist es in einer solchen Konstellation, in der ein Antragsteller die geforderten Unterlagen vorlegt, die Behörde in eine Sachprüfung eintritt und dem Antragsteller schließlich mitteilt, sein Antrag müsse abgelehnt werden, sachgerecht, für den Beginn der Frist des § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG auf den Zeitpunkt abzustellen, in welchem der Antragsteller seinen Antrag abgab bzw. wann er letztmalig erforderliche Antragsunterlagen vorlegte.
Nicht entscheidend kann hingegen sein, wann die Behörde nach Abschluss ihrer Sachprüfung den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung anhört. Denn der Beginn der Fiktionsfrist stünde danach zur Disposition der Behörde. Sie könnte den Eintritt der Genehmigungsfiktion durch Zuwarten mit der Anhörung zu Lasten des Antragstellers hinauszögern. Für den Beginn der Fiktionsfrist stellt § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG auf den Eingang des Antrags und mithin alleine auf einen objektiven Zeitpunkt ab, der einer Beeinflussung durch die Behörde entzogen ist, was letztlich der Zielrichtung der Genehmigungsfiktion entspricht (siehe allgemein Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 42a Rn. 77).
Für den Fristbeginn ist daher nicht maßgeblich, wann die Beklagte dem Kläger die Ablehnung seines Antrages ankündigte, also nicht der Zugang des Anhörungsschreibens vom 21. März 2019. Vielmehr begann die Fiktionsfrist bereits am 18. März 2019 zu laufen, als der Kläger letztmals notwenige Antragsunterlagen vorlegte, namentlich eine in § 12 Abs. 2 PBefG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV für einen vollständigen Antrag erforderliche aktuelle Bescheinigung des Finanzamtes.
2.1.6 Ausgehend von einem Fristbeginn am 18. März 2019 lief in Ermangelung einer Verlängerung die Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG am 18. Juni 2019 ab.
Bis dahin ging dem Kläger auch keine rechtsförmliche Versagung seines Antrages vom 20. Februar 2019 zu. Wenngleich das Schreiben vom 21. März 2019 (Betreff: „Anhörung vor Ablehnung“) dem Kläger die beabsichtigte Ablehnung seines Antrages unmissverständlich ankündigte, hemmt es nicht den Lauf der Genehmigungsfiktion. Unter Heranziehung des für die Auslegung behördlicher Willenserklärungen maßgeblichen objektiven Empfängerhorizonts (vgl. BVerwG, U.v. 15.6.2016 – 8 C 5.15 – BVerwGE 155, 261 Rn. 20) kann es nicht als beabsichtigte und für die Annahme eines Verwaltungsakts im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG konstitutive Regelung gesehen werden, da die Beklagte darin weder eine rechtsverbindliche Ablehnung des streitgegenständlichen Antrags aussprach, noch sonst dem Kläger gegenüber eine abschließende Entscheidung traf. Entsprechendes gilt für die den Bevollmächtigten des Klägers zugesandten Schriftsätze der Beklagten vom 3. April 2019 und 29. April 2019.
Eine rechtsförmliche Versagung des Antrages erfolgte erst im Bescheid vom 6. Juni 2019. Darin wurde in Nr. 1 des Tenors die Ablehnung des Antrags vom 20. Februar 2019 auf Erteilung einer Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit einem Taxi verfügt. Der an die bereits im Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte des Klägers zugestellte Bescheid ging ausweislich der Empfangsbekenntnis erst am 21. Juni 2019 und mithin drei Tage nach Ablauf der Dreimonatsfrist zu. Daher gilt die vom Kläger beantragte Genehmigung für einen Gelegenheitsverkehr mit einem Taxi seit Fristablauf am 18. Juni 2019 als wirksam erteilt, § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG.
2.2 Dem Eintritt der Genehmigungsfiktion steht vorliegend nicht entgegen, dass dieses in § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG vorgesehene Rechtsinstitut in bestimmten Fällen mit der von den Genehmigungsbehörden nach § 13 Abs. 5 PBefG geführten Warteliste konfligieren kann.
Zwischen beiden Vorschriften besteht im Ausgangspunkt ein gewisses Spannungsverhältnis. Einerseits knüpft die Vergabe einer Taxigenehmigung im Fall der Kontingentierung gemäß § 13 Abs. 5 Satz 2 PBefG innerhalb der Gruppen der Neu- und Altbewerber jeweils an die zeitliche Reihenfolge des Eingangs der Anträge an. Dies setzt jedenfalls nach dem unmittelbaren Wortlaut dieser Vorschrift eine Antragstellung voraus, welche aber zugleich – sofern der Antrag vollständig ist – den Lauf der Entscheidungsfrist nach § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG mit der möglichen Folge einer Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG in Gang setzt. Deren Eintritt würde ebenso wie der Erlass eines Ablehnungsbescheids den mit der Warteliste verfolgten Zweck konterkarieren. Die Materialien zur Gesetzgebungsgeschichte lassen – soweit ersichtlich – nicht erkennen, dass sich der Gesetzgeber dieses Spannungsverhältnisses bei der Einführung der Genehmigungsfiktion bewusst war; vielmehr hatte er vordringlich die Genehmigung von Linienverkehren vor Augen (zum Ganzen OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 21).
Diese Problematik stellt sich hier aber bereits deshalb nicht, weil die Beklagte vor Erlass des Versagungsbescheids zwar ankündigte, den Antrag des Klägers auf der Warteliste zu vermerken (siehe Schreiben vom 21.2.2019 und 3.4.2019). Auf der dem Kläger auf dessen Wunsch hin mit Schriftsatz vom 29. April 2019 übersandten Warteliste (siehe Blatt 61 der Behördenakte) war der Kläger jedoch nicht aufgeführt. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vor Eintritt der Genehmigungsfiktion am 18. Juni 2019 auf die Warteliste gesetzt worden wäre. Im Rahmen ihrer Klageerwiderung führte die Beklagte diesbezüglich aus, der Kläger sei nur deshalb noch nicht auf die Warteliste gesetzt worden, da der Ausgang des Verfahrens offen sei und daher ein Eintrag auf die Warteliste noch nicht gerechtfertigt gewesen sei. Zwischenzeitlich sei der Kläger auf die Warteliste gesetzt worden. Daraus zeigt sich nach Auffassung der Kammer, dass der Antrag des Klägers erst im Laufe des Klageverfahrens auf die Warteliste aufgenommen wurde, als die Genehmigungsfiktion bereits von Gesetzes wegen eingetreten war. Eine konkrete Konfliktlage zwischen dem Eintritt der Genehmigungsfiktion sowie der Aufnahme auf die Warteliste ergibt sich damit vorliegend nicht.
Im Übrigen ist auch bei einer Aufnahme von Antragstellern auf die Warteliste vor Eintritt der Genehmigungsfiktion sicherzustellen, dass jedenfalls diejenigen Antragsteller, denen unabhängig von ihrer Aufnahme auf die Warteliste an einer baldigen rechtsförmlichen Entscheidung über ihren Antrag gelegen ist, innerhalb der durch § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PBefG geregelten Fristen eine ggf. ablehnende Entscheidung erhalten. Zwar kommt es in Betracht, dass ein Antragsteller mit der Aufnahme auf die nach § 13 Abs. 5 PBefG zu führende Warteliste ausdrücklich oder konkludent auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion verzichtet (dazu OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 24 ff. m.w.N.). Andererseits sind aber auch Konstellationen denkbar, in denen ein Antragsteller mit einer bloßen Aufnahme in die Warteliste nicht einverstanden ist, weil er sich etwa auf einen vorrangigen Besitzstandsschutz für Altunternehmer nach § 13 Abs. 3 PBefG beruft oder die von der Behörde geltend gemachte Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes nach § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG, die Grundlage für die Führung einer Warteliste ist, in Frage stellt. Ließe die Behörde einen Antrag auch unter diesen Umständen unbeschieden, besteht kein Grund, nicht von einem Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG auszugehen, die dem Antragsteller gerade für den Fall der Untätigkeit der Behörde ein effektiveres Instrument zur Seite stellen soll als die sonst allein verbleibende Erhebung einer Untätigkeitsklage (OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 29).
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat sich zu keinem Zeitpunkt mit der von der Beklagten behaupteten Aufnahme auf die Warteliste und Zurückstellung seines Antrags zufriedengegeben. Vielmehr ließ er seine Bevollmächtigten nach Erhalt des Anhörungsschreibens vom 21. März 2019 schriftsätzlich mitteilen, dass aus seiner Sicht sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen vorlägen und bat um eine baldige Entscheidung. Der Kläger hat mithin zu keinem Zweitpunkt in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt, auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verzichten.
2.3 Am Fiktionseintritt ändert schließlich auch der am 21. Juni 2019 und damit drei Tage nach Eintritt der Genehmigungsfiktion bekannt gegebene Ablehnungsbescheid vom 6. Juni 2019 nichts. Hierin kann insbesondere keine konkludente Teilaufhebung der fingierten Genehmigung gemäß Art. 42a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 48 ff. BayVwVfG erblickt werden (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 42a Rn. 47). Die spätere Ablehnung ging vielmehr ins Leere, da der Kläger bereits über eine antragsgemäße und wirksame fingierte Genehmigung verfügte (vgl. OVG Hamburg, B.v. 18.11.2010 – 3 Bs 206/10 – BeckRS 2011, 45950). Der Versagungsbescheid vom 6. Juni 2019 ist daher rechtswidrig, verletzte den Kläger in seinen Rechten und war aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
3. Da der Kläger die sog. Wiedererteilung seiner bis 22. Februar 2019 befristeten Taxigenehmigung vom 23. Februar 2017 zu spät beantragte, diese zwischenzeitlich durch Zeitablauf erloschen ist und der Kläger mit der beantragten Genehmigung auch nicht die Erweiterung seines Betriebs im Zuständigkeitsbereich der Beklagten begehrt, ist er als Neubewerber im Sinne des § 13 Abs. 5 Satz 5 PBefG anzusehen, mit der Folge, dass seine fingierte Genehmigung auf zwei Jahre zu befristen ist.
3.1 Das Personenbeförderungsgesetz selbst kennt den Begriff der „Wiedererteilung“ einer Taxigenehmigung nicht. In der Praxis wird von der Wiedererteilung einer Erlaubnis für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen gesprochen, wenn der Inhaber einer (zwingend befristeten, vgl. § 16 Abs. 4 PBefG bzw. § 13 Abs. 5 Satz 5 PBefG) Genehmigung vor Ablauf ihrer Geltungsdauer eine erneute Zuteilung „seiner“ Konzession begehrt. Beantragt er dies rechtzeitig und legt er die notwendigen Antragsunterlagen vor, erteilen die örtlich zuständigen Genehmigungsbehörden regelmäßig vor Ablauf der auslaufenden Genehmigung erneut eine befristete Konzession an den vorigen Inhaber (vgl. zu dieser Praxis Nrn. 3 und 5 der Allgemeinen Grundsätze des Bund-Länder-Fachausschusses Straßenpersonenverkehr zur Durchführung des Taxi- und Mietwagenverkehrs vom 15. Juli 1987, abgedruckt in Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsgesetz, Kommentar, Loseblatt, § 13 PBefG Rn. 45 ff.). Es kommt dann zu einem nahtlosen Übergang des genehmigten Taxibetriebs auf Grundlage einer neuen, wiederum befristeten Genehmigung. Begründet wird die Zulässigkeit einer solchen Wiedererteilung einer auslaufenden Konzession an sog. „Altunternehmer“ häufig unter Verweis auf die Regelung zum Besitzstandsschutz in § 13 Abs. 3 PBefG. Ob eine solche „bevorzugte“ Wiederteilung einer Taxikonzession an Altunternehmer unter dem Gesichtspunkt des Besitzstandsschutzes zulässig ist oder ob auch insoweit die gemäß § 13 Abs. 5 PBefG geführten Wartelisten einschließlich der dort vermerkten Neubewerber zu berücksichtigen sind, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (dafür etwa OVG NW, B.v. 3.9.2015 – 13 B 655/15 – juris Rn. 9 ff.; B.v. 2.4.2020 – 13 B 1616/19 – juris Rn. 13 ff; OVG Koblenz, B.v. 29.08.2017 – 7 A 11067/17.OVG – BeckRS 2017, 130435 Rn. 25; einschränkend VGH BW, U.v. 5.7.2017 – 9 S 8/16; U.v. 8.10.2018 – 9 S 804/17 – BeckRS 2018, 34114 Rn. 24; a.A. BayVGH, U.v. 1.7.1996 – 11 B 95.2169 – juris Rn. 23). Wird die Wiedererteilung der Genehmigung so rechtzeitig beantragt, dass eine nahtlose Fortführung des genehmigten Betriebes möglich ist, wird der Antragsteller bei der erneuten Zuteilung der Konzession als Altunternehmer behandelt, da er in der Betriebssitzgemeinde der örtlich zuständigen Genehmigungsbehörde zumindest bereits die zur Wiedererteilung anstehende Genehmigung besitzt (vgl. Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsgesetz, Kommentar, Loseblatt, § 13 PBefG Rn. 60). Seine neue Genehmigung ist dann auf maximal fünf Jahre zu befristen (§ 16 Abs. 4 PBefG).
Das Personenbeförderungsgesetz sieht zwar für die Wiedererteilung einer Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit Taxen keine Frist für die Antragstellung vor. Dies entbindet den Antragsteller aber nicht von der Obliegenheit, die Wiedererteilung unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen so zeitig zu beantragen, dass eine nahtlose Fortführung des Taxenbetriebs im Rahmen der erneuten Konzessionserteilung sichergestellt ist. Kommt der Antragsteller dem nicht nach und scheidet deshalb eine nahtlose Verlängerung aus, entfällt die Rechtsposition des Unternehmers; die Genehmigung wird „frei“ und steht damit zur Neuverteilung nach § 13 Abs. 5 PBefG an (OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 40; B.v. 3.9.2015 – 13 B 655/15 – juris Rn. 26; ähnlich zur Beantragung einer Genehmigungsübertragung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBefG VGH BW, U.v. 8.10.2018 – 9 S 804/17 – BeckRS 2018, 34114 Rn. 27 ff.). Hat der Antragsteller im Bereich der Betriebssitzgemeinde, in welcher er die Zuteilung einer Genehmigung beantragt, keine weitere Taxikonzession, ist er Neubewerber (vgl. Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsgesetz, Kommentar, Loseblatt, § 13 PBefG Rn. 60). Maßgeblich ist dann die Befristung nach § 13 Abs. 5 Satz 5 PBefG. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Genehmigung bei Neubewerbern für die Dauer von zwei Jahren zu erteilen ist. Die Bestimmung beansprucht für schriftlich erteilte und fingierte Genehmigungen gleichermaßen Geltung (BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – juris Rn. 16).
3.2 Der Kläger war hiernach zum Zeitpunkt des Fiktionseintritts am 18. Juni 2019 als Neubewerber anzusehen. Rechtsfolge des Eintritts der Genehmigungsfiktion aus § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG ist daher, dass die vom Kläger beantragte Genehmigung gemäß § 13 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 1 PBefG mit einer auf zwei Jahre befristeten Geltungsdauer als erteilt gilt.
Der Kläger versäumte die rechtzeitige Wiedererteilung seiner früheren, bis zum 22. Februar 2019 befristeten Konzession und er begehrt mit der Genehmigung auch nicht die Erweiterung seines Betriebs in der Betriebssitzgemeinde der Beklagten. Der Kläger beantragte erst am 20. Februar 2019 die Wiedererteilung seiner am 22. Februar 2019 auslaufenden Genehmigung und legte dabei entgegen § 2 PBZugV veraltete Unterlagen vor. Dies erfolgte erkennbar zu spät, als dass die Beklagte bis Ablauf der ursprünglichen Genehmigung über eine Wiedererteilung hätte entscheiden und einen nahtlosen Übergang des genehmigten Betriebes hätte ermöglichen können. Es sind auch keine durchgreifenden Gründe erkennbar, die den Kläger an einer rechtzeitigen vollständigen Antragstellung gehindert hätten. Die Beklagte hat den Kläger im ursprünglichen Genehmigungsbescheid vom 23. Februar 2017 explizit darauf hingewiesen, dass die Wiedererteilung drei Monate vor Ablauf der Genehmigung beantragt werden „soll“. Der dortige Hinweis war durchaus deutlich formuliert. Er konnte so verstanden werden, dass er sich nicht nur auf die Antragstellung bezieht, sondern auch auf die Vorlage erforderlicher Nachweise. Die Beklagte hat auch glaubhaft vorgetragen, dass sich die meisten Taxiunternehmer rechtzeitig mit ihr zur Verlängerung ihrer Konzessionen in Verbindung setzen. Ein Merkblatt, welche Nachweise bei einer Wiedererteilung vorzulegen sind, hält die Beklagte auf ihrer Homepage zum jederzeitigen Abruf bereit. Daher überzeugt der nicht näher substantiiert erhobene Einwand des Klägers nicht, er sei aufgrund eines familiären Trauerfalles an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert gewesen.
Die dem Kläger ursprünglich erteilte Konzession erlosch bereits am 22. Februar 2019 und mithin vor Eintritt der Genehmigungsfiktion am 18. Juni 2019. Dieser Folge kann auch nicht durch eine rückwirkende Verlängerung der Genehmigung gemäß Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG oder eine Wiedereinsetzung nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG entgegengewirkt werden. Denn mit dem Ablauf der Genehmigung erlischt das materielle Recht. Behördliche oder gesetzliche Fristen stehen nicht in Rede (vgl. OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 40). Da der Kläger auch nicht die Erweiterung seines Betriebes im Zuständigkeitsbereich der Beklagten begehrt, ist er als Neubewerber im Sinne des § 13 Abs. 5 Satz 5 PBefG einzustufen, sodass die fingierte Genehmigung eine Geltungsdauer von zwei Jahren hat.
Die zweijährige Geltungsdauer der bereits mit Ablauf der Fiktionsfrist am 18. Juni 2019 wirksam gewordenen fingierten Genehmigung beginnt erst ab Aushändigung einer entsprechenden Genehmigungsurkunde an den Kläger (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – juris Rn. 14 ff.; OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 12).
4. Der Anspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG auf Erteilung einer Genehmigungsurkunde (§ 17 PBefG) für die auf Antrag vom 20. Februar 2019 hin fingierte Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit einem Taxi ist auch spruchreif.
4.1 Da der Gesetzgeber nicht vor Augen hatte, dass Konkurrenten des Bewerbers um eine Taxigenehmigung anfechtungsberechtigt sein könnten, muss § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG dahingehend einschränkend ausgelegt werden, dass für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen eine Genehmigungsurkunde bereits ausgestellt werden darf, bevor die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 PBefG schriftlich erteilte oder nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierte Genehmigung unanfechtbar geworden ist (ausführlich dazu BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26/16 – juris Rn. 28 ff.; dem für Mietwagen folgend BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 11 CE 19.750 – BeckRS 2019, 7305 Rn. 25).
Schließlich macht § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG die Aushändigung einer Genehmigungsurkunde nicht davon abhängig, ob der Inhaber die subjektiven Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 PBefG erfüllt (BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 CE 19.750 – BeckRS 2019, 7305 Rn. 21). Zudem tritt die Fiktionswirkung des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG nach der gesetzlichen Regelung auch dann ein, wenn die materiell-rechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Ob der Kläger derzeit die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, insbesondere die streitige Frage, ob er einen Betriebssitz in A* … unterhält, ist daher nicht entscheidungserheblich. Gleiches gilt für den Verweis der Beklagten auf ihre Prognose im Rahmen des § 13 Abs. 4 PBefG, welche sich auf ein extern eingeholtes Gutachten von Oktober 2019 stützt, wonach öffentliche Verkehrsinteressen der Erteilung weiterer Genehmigungen im Taximarkt der Stadt A* … derzeit entgegenstünden sowie ihren Hinweis darauf, dass im Übrigen mehrere Bewerber auf der Warteliste Vorrang vor dem Kläger hätten.
4.2 Dem Kläger kann selbst bei Nichtvorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen im Zusammenhang mit der Aushändigung einer Genehmigungsurkunde auf Grundlage eines Fiktionseintritts auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung vorgehalten werden (dies in Betracht ziehend Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsgesetz, Kommentar, Loseblatt, § 15 PBefG Rn. 5). Der Kläger erstrebt nicht die Erteilung einer Genehmigungsurkunde für eine sogleich wieder aufzuhebende fingierte Genehmigung, sondern beruft sich auf den bereits kraft Gesetzes erfolgten Eintritt der Genehmigungsfiktion aus § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG; die Erteilung der Genehmigungsurkunde dient nach § 17 Abs. 3 und 4 PBefG lediglich zu deren Nachweis. Er macht damit in legitimer Weise von einer Regelung Gebrauch, mit der der Gesetzgeber seinem Interesse an einer zeitnahen, fristgemäßen Bescheidung seines Antrags Vorrang vor einer Prüfung der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen eingeräumt hat (OVG NW, B.v. 23.4.2020 – 13 B 1432/19 – juris Rn. 51 m.w.N.). Ergänzend ist aber darauf hinzuweisen, dass auch eine Rücknahme oder ein Widerruf einer als erteilt geltenden Genehmigung in Betracht kommen kann, wenn Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorlagen oder nachträglich entfallen (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – juris Rn. 36; allgemein zur Aufhebbarkeit fiktiver Genehmigungen: Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 42a Rn. 18 ff.; zu § 15 PBefG: Heinze/Fiedler in Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 30).
5. Nachdem die Klage im Hauptantrag vollumfänglich Erfolg hatte, war über die hilfsweise erhobenen Ansprüche nicht mehr zu entscheiden.
6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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